Was haltet ihr vom Gendern?
67 Stimmen
17 Antworten
Viel halte ich davon nicht, zumal der Einfluss von Sprache viel zu weit überschätzt wird. Sprache und Geisteshaltung sind wie Mond und Erde. Die Sprache ist der Mond und die Geisteshaltung ist die Erde. Der Mond hat einen kleinen Einfluss auf die Erde, stabilisiert sie und sorgt für Flut und Ebbe, während die Erde den größeren Einfluss auf den Mond hat, weil dieser auf eine Umlaufbahn um die Erde bei der Umkreisung der Sonne gezwungen wird.
Entsprechend ist meine Haltung zu dem Thema. Nur weil jemand anders spricht, wird sich die Geisteshaltung nicht verändern. Wenn ich Vorurteile über Menschen mit bestimmter Hautfarbe habe, ist die Bezeichnung egal, weil das Wort sich verändert, das Bild aber nicht.
Wer nun fragt, was mit Bild gemeint ist, so gebe ich mal ein einfaches Beispiel: Man denke mal an das Wort "Professor", ohne weitere Erklärung. Die meisten haben vermutlich einen Menschen im weißen Kittel vor sich oder sogar einen Mann entsprechend den Figuren Emit Brown von "Zurück in die Zukunft" oder Professor Eich aus der "Pokemon"-Serie vor sich. Weil diese Bilder mit dem Wort Professor verknüpft sind. In der Wirklichkeit könnte aber auch ein Mensch mit der Erscheinung eines Punkers, einem General oder Beamten sein.
Zudem habe ich mit der Betonung des Geschlechts ein Problem, weil es auch die umgekehrte Wirkung haben kann. Im Maschinenbau wird sprachlich z.B. erst unterschieden, wenn ein entscheidender Unterschied festzustellen ist. Wenn man gleiches auf die Geschlechter als Arbeiter anwendet, kann Gendern also die Unterschiede zwischen männlichen und weiblichen Arbeiter betonen und so ein Unterschied erzeugen - z.B. in der Leistung - der real gar nicht vorhanden ist.
Texte, die mit Sternchen oder ähnlichem geschrieben sind, finde ich einfach furchtbar. Texte werden unnötig komplex (und Deutsch ist ohnehin keine einfache Sprache). Ich lasse mir vereinzelt Texte per Sprachausgabe vorlesen und dort lenkt es ebenfalls total ab. Als Frau fühle ich mich bei Kolleg*in auch nicht angesprochen. (Und was ist bitte ein Kolleg) Ich bin entweder eine Kollegin, hätte aber auch überhaupt kein Problem mit Kollege. Meist ist es völlig unnötig das Geschlecht zu betonen. Entweder es ergibt sich aus dem Kontext oder es ist schlicht egal.
Gerade wenn Sätze länger werden, wird es komplett verwirrend
Mein*e sympatische*r Kolleg*in trifft seinen*ihren Chef*in.
(Ich glaub so müsste es dann richtig sein. Aber selbst mit Muttersprache Deutsch finde ich es völlig verwirrend).
Es diskriminiert vor allem Leute, die tatsächlich Probleme mit Sprache allgemein haben. Sei es, weil sie eine Rechtschreibschwäche haben, eine Lernbehinderung, Deutsch erst lernen, eine Sehschwäche haben (und z.B. Screenreader nutzen) etc.
Neulich habe ich Mitglieder*innen gelesen. Was denn eine Mitgliederin? Es gibt ja ich nicht Der Mitglied.
Meinetwegen kann natürlich Karl Heinz von Nebenan gerne gendern. In öffentlichen Texten oder Berichterstattungen hat es aber nichts verloren. Auch darf es nicht verlangt werden.
Ich finde es z.B. affig, dass meine Kollegen, die berufsbegleitend studiert haben, in ihrem Arbeiten schreiben mussten: "Zur besseren Lesbarkeit wird das generische Maskulinum verwendet". Wir arbeiten im Krankenhaus und dementsprechend befassten sich beide Arbeiten mit diesem Bereich. Wenn sie nun von Patienten schrieben, dann geht man doch nicht davon aus, dass es nur Männer sind. Entweder man erwähnt es explizit (wenn es relevant ist) oder es betrifft eben beide. Wir waren lange Zeit ein reines Frauenteam und dennoch haben wir uns immer als Kollegen bezeichnet und nicht als Kolleginnen. Seitdem in Texten zunehmend gegendert wird, lese ich halt überwiegend auf Englisch oder Dänisch. Dann bleibt es mir erspart.
Genderpflicht ist ein Eingriff in die Meinungsfreiheit, solange es noch unterschiedliche Bereiche in der Deutschen Sprache gibt, die in mehrerlei Hinsicht korrekt sind.
Kürzlich im WDR-Fernsehen in einem Beitrag eine etwas aufgeregte Erzieherin im Interview: "KinderInnen und Schüler..." Oder vor einer Weile Annalena Baerbock " SteuerInnenentlastungsgesetz"...
Und immer wieder frappierend, wenn man sich einen Text genauer ansieht, wie sorgfältig am Anfang gegendert wird und dann immer nachlässiger; auch von überzeugten Anhängern der Gendersprache.
Hallo,
es kommt auf die Form des Genderns an.
Das auf den (Gender)Stern oder sonstige Zeichen reduzierte Gendern sowie das Gendern durch substantivierte Partizipien (Studierende, Mitarbeitende, Lehrende usw.) sowie andere "Wortungetüme" lehne ich ab!
Deshalb nutze, spreche und schreibe ich den Genderstern auch nicht, und es nervt mich ungemein, wenn ich Nachrichtensprecher und Fernsehmoderatoren ihn aussprechen höre - was heißt aussprechen, es ist ja vielmehr eine Kunstpause.
Als Frau bin ich selbstbewusst genug, dass ich keine Lippenbekenntnisse brauche und keine Probleme mit dem generischen Maskulin habe.
Ich nutze allein Beidnennungen (Studentinnen und Studenten, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Lehrerinnen und Lehrer usw.), und diese auch nicht konsequent und durchgehend.
Daneben verwende ich je nachdem, ob ich jemanden duze oder sieze, bei der Anrede die Pronomen du, dein, dir, dich oder Sie, Ihr, Ihnen, Sie. Ansonsten verwende ich die Personalpronomen ich, du, er, sie, es, wir, ihr, sie und die entsprechenden Possessiv- und Objektpronomen.
Das ist meiner Meinung nach völlig ausreichend; für manche Leute sogar schon viel zu viel.
So oder so, es sollte weder eine Genderpflicht noch ein Genderverbot geben.
AstridDerPu