Warum sprechen die in NRW teilweise so komisch?

5 Antworten

Von Experte OlliBjoern bestätigt

Ganz reines Hochdeutsch in der Form scheint es tatsächlich nicht zu geben. Eine zumindest leichte Einfärbung, was bestimmte Aussprachemuster angeht, hat eigentlich jeder. Auch in Hannover, die ja angeblich das "reinste" Hochdeutsch sprechen sollen, ist das der Fall. Ihre Alltagssprache ist vielleicht zu rund 90-95 % mit dem geschriebenen Wort identisch, deshalb diese Behauptung.

Allerdings ist es schon ein Unterschied, ob jemand nur eine leichte Einfärbung, was Betonung und Rhythmus angeht oder richtige dialektale Besonderheiten aufweist, denn in Dialekten neigt man dazu, teilweise ernsthaft beim mündlichen Kommunizieren von der Schriftsprache abzuweichen und eigene Sonderformen zu bilden, die dir jeder engagierte Deutschlehrer/Germanist eigentlich sofort als "falsch" anstreichen würde. Ein Beispiel: In weiten Teilen des mittel- und süddeutschen Raums (Bayern, Schwaben, Franken, Hessen etc.) neigt man dazu, aus dem "nicht" beim Reden ein "net/nit" zu formen. Oder aus "ein bisschen" so Dinge wie "ä bissle". Teilweise finden die schon aus reiner Gewohnheit der Anwender ihren Weg in die schriftliche Kommunikation, was persönlich ich weniger toll finde....

Zu NRW: Auch in Nordrhein-Westfalen gibt es verschiedene Regionen, wo die Leute leicht bis stark unterschiedlich sprechen. Ich z.B. komme aus dem Münsterland, das zur Großregion Westfalen gehört. Allgemein spricht man hier ein eher "korrektes" Hochdeutsch, nur manchmal fallen kleine Besonderheiten auf, so werden ab und an bestimmte Endungen ein wenig beim Sprechen verschluckt - aus dem "nicht" wird in der Aussprache manchmal z.B. "nich' ".

Im Rheinland sprechen die Leute dagegen schon wieder ein wenig bis merklich anders. Also wenn du die Kölner ihr "Kölsch" labern hörst, dann kann man z.B. auch schon von einem echt heftigen Dialekt reden!

Frage: woher stammst du denn ursprünglich, dass du diese Frage stellst?

Ach ja und ich persönlich war doch relativ erstaunt, als ich z.B. mal in Sachsen war und einer von den Einheimischen dahinten mich sofort anhand meiner Aussprache geographisch ziemlich korrekt einordnen konnte ("bei Münster/Osnabrück die Ecke...")! Du siehst also: "Reines" Hochdeutsch in der Form gibt es nicht, einen leichten Einschlag hat jeder (unbewusst)!

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung

Die meisten Leuten würden eher sagen, dass man im Raum Hannover (also Südniedersachsen) das "beste" Hochdeutsch spricht. Auch wenn man dort früher niederdeutsche Dialekte benutzt hatte. In NRW gibt es keinen einheitlichen Dialekt, es gibt zahlreiche verschiedene, je nach Region.

Westfälisch (Münsterland)
Niederfränkisch (nördlich von Köln, Richtung Niederlande)
"Kölsch" und Dialekte des Kölner Umlandes
Bergisch
"Ruhrdeutsch"
Siegerländer Dialekt (gehört schon zum Moselfränkischen)

Sicher habe ich noch etwas vergessen bei der Auflistung. Und die "komischen Wörter" haben vermutlich ihren Ursprung in einem dieser zahlreichen Dialekte. Vor allem der Kölner Stadtdialekt ("Kölsch") hat zahlreiche an die niederländische Sprache erinnernde Ausdrücke.

In Bezug zur Tür könnte man in Köln z.B. das hören: "nit trekke, däue" (nicht ziehen, drücken/stoßen). In den Niederlanden heißen diese Verben trekken und duwen (das Wort "Trecker" ist eine Entlehnung aus dem Niederländischen).

Kölsch wandelt einige Konsonanten ab, so sagt man "Zick" statt Zeit und "hück" statt heute. "Zitt säät de Kappesbuur" - das verweist auf den Unterschied zwischen Kölsch und dem Dialekt der ländlichen Umgebung. Und "de Kappesbuur" ist der Kohlbauer, denn Kappes = Kohl.

Witzig sind einige Kölsche Schimpfwörter, "Dat is ene fiese Möpp."
In den Niederlanden bedeutet das Verb mopperen so viel wie "grummeln, das Gesicht verärgert verziehen" usw. Daher vermutlich das Wort "Mops".

Hochdeutsch im Sinne von Standarddeutsch ist eine Neuschöpfung des 16./17. Jahrhunderts (aus der Zeit von Luther und danach), aber man hat natürlich auch schon vorher verschiedene Arten von Deutsch gesprochen, eben diese Dialekte, die z.T. bis heute in Anwendung sind.

Reines Hochdeutsch wird nirgends gesprochen; nicht in NRW und auch nicht in Hannover. Dialekte und dialektalen Einfluss gibt es überall, und darunter fallen gerne auch einmal Ausdrücke, die es andernorts nicht gibt. Komisch ist daran nichts.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Doktor der Englischen Sprachwissenschaft
Ontario  27.08.2023, 08:15

Mir fällt dabei auf, dass viele dort z. B. bei dem Wort Fisch , das als "Füsch" aussprechen. Oder bei der Zahl verzig, "vürzig" sagen.

Bei der Sendung XY ungelöst kommt Imme einer vom LDK der dann nach Anruferergebnisse gefragt wird. Bei dem fällt auf, dass er oft, habne, gebne, anstatt haben oder geben sagt.

Ich habe , obwohl ich im gesamten Bundesgebiet rumkomme, noch nie jemanden gehört, der die deutsche Sprache absolut korrekt, also das sog. Hochdeutsch, spricht.

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Adomox  27.08.2023, 08:17
@Ontario

Das liegt daran, dass Hochdeutsch eine normierte Standardsprache ist - Standardhochdeutsch - die so nirgends "natürlich" vorkommt.

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Hallo,

niemand spricht "reines Hochdeutsch". Es fließen immer Regiolekte und Dialekte mit ein.

Das gilt auch für NRW, ich erinnere nur an Ruhrpott-Deutsch, https://www.ruhrgebietssprache.de/grammatik.html, Düsseldorwer Platt, 'niederrheinisches Platt', Kölsch, Öcher Platt, ...

um nur ein paar nutzen.

AstridDerPu

Das beste Hochdeutsch sprechen die Niedersachsen. Genauer in Hannover.

Umfrage: bestes Hochdeutsch in Hannover
24 Prozent der Befragten nennen den Raum oder die Stadt Hannover als Ort, an dem das beste Hochdeutsch gesprochen wird, gefolgt von Niedersachsen allgemein (14 Prozent) und Nordrhein-Westfalen (6 Prozent).