Warum ist holländisch eine Sprache, schwitzerdütsch aber ein Dialekt?

6 Antworten

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Das Niederländische ist nach der Staatsgründung 1648 bewusst als neue Staatssprache geschaffen worden, wobei zunächst die niederländischen und die flämischen Dialekte überkuppelt werden mussten. Die Einführung des Unterschieds von Dativ und Akkusativ ist dabei nicht gelungen (es gibt nur bei den Pronomina einen kläglichen Rest mit "hun" und "hen"), aber z.B. wurde das deutsche Reflexivum (als "zich") per Planungsentscheid übernommen.

Niederländisch hat damit eine recht klar definierte Norm (Algemeen Beschaafd Nederlands).

Ob das Analoge auch für Schwizerdütsch gesagt werden kann, weiß ich nicht. Ich vermute mal, nein. Ich denke, auch da geht es um eine Familie von alemannischen Dialekten.

Auch Plattdeutsch hat keine definierte Norm, sondern ist eine Familie von Varianten des Niederdeutschen. Ebenso gibt es keine Norm des Flämischen, weshalb Belgien das Niederländische als eine seiner Staatssprachen angenommen hat.

In der Schweiz selber gibt es auch noch verschiedene Schwiizerdütsch-Dialekte. Diese Dialekte weisen auch wieder kleine Unterschiede auf, je nach Bezirk und Altersgruppe.

Während alle Deutschschweizer sich ziemlich ähnlich anhören, gibt es ein oder zwei Kantone, deren Dialekt heraussticht.

Zum Beispiel das Wallis.
Das Walliserdeutsch stammt vom Höchstallemanisch ab und wird im Wallis, in Italien, Österreich und sogar in Teilen von Argentinien gesprochen.

Wieso Holländisch eine Sprache ist, und Schweizerdeutsch nicht, weiss ich nicht.

Mit freundlichen Grüßen👍🏻  

Herkunft und Verbreitung vom Walliserdeutsch - (Deutsch, Deutschland, Sprache)

Aus linguistischer Sicht gibt es kein ganz scharfes Kriterium zur Unterscheidung von Dialekten und Sprachen, beides ist eher ein gradueller Unterschied, kein prinzipieller. Es ist auch richtig, dass die schweizerdeutschen Dialekte gemeinsam mit Elsässisch, Schwäbisch und Bodenseealemannisch zu einem alemannischen Sprachraum gehören, der somit in 3 Staaten verteilt liegt.

Im Gebrauch lässt sich aber ein Unterschied feststellen zwischen Niederländisch und Schweizerdeutsch (was übrigens keine einheitliche Variante ist, sondern in zahlreiche Untervarianten zerfällt, die z.T. auch untereinander nicht gut verständlich sind): Zeitungen (und andere Publikationen) benutzen in der Schweiz in aller Regel Standarddeutsch, wohingegen die schweizerdeutschen Varianten zumeist nur mündlich benutzt werden.

Das ist in den Niederlanden anders, man könnte sagen, dass Niederländisch eher eine sog. Ausbausprache ist als Schweizerdeutsch (durch die Standardisierung und Verwendung in Zeitungen, Büchern).

Natürlich kann man auch Schweizerdeutsch schreiben, das ist aber zumeist auf bestimmte Literaturformen beschränkt (wie etwa Heimatdichtung). Zudem gibt es keine standardisierte Schreibweise (in jeder Region schreibt man das ein wenig anders).

OlliBjoern  18.05.2018, 20:06

Der Unterschied ist ähnlich wie zwischen Luxemburgisch (Ausbausprache mit standardisierter Schreibweise) und den Varianten des Moselfränkischen, wie sie in Deutschland benutzt werden - auch letztere sind oft nicht verständlich für jemanden, der nur Standarddeutsch spricht, sie sind aber nicht standardisiert.

Es gibt zwar Heimatdichtung in Moselfränkisch, aber auch an der Mosel erscheinen die Zeitungen in Standarddeutsch.

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Das eine ist eben eine anerkannte Sprache, das andere nicht.
Ich denke hauptsächlich daher das die Schweizer die Wörter hauptsächlich nur anders aussprechen. Wenn sie aber schreiben ist das fast wie deutsch, außer wenige Bezeichnungen. Außerdem gibt es Regionen in Deutschland, wo ähnlich wie in der Schweiz gesprochen wird.
Niederländisch dagegen ist eine ganz andere Sprache mit ganz anderer Rechtschreibung.
Französisch und Spanisch zB sind ja auch ähnlich aber eben doch ganz anders, so wie Deutsch und Niederländerisch auch.

OlliBjoern  18.05.2018, 20:19

In der Schweiz gibt es auch deutliche grammatikalische Unterschiede zum Standarddeutschen, so hat z.B. Walliserdeutsch Genitivformen, die z.T. auf -u (weiblich, Singular) und -o enden (Plural). Etliche Formen des Althochdeutschen sind hier noch besser bewahrt als z.B. im Standarddeutschen. Das Wort "gsi" ist wohl kaum nur eine andere Aussprache von "gewesen".

Bereits Schwäbisch hat grammatikalische Unterschiede.

Was die standardisierte Rechtschreibung angeht, hast du natürlich Recht.

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Hast du dich mit der Schreibweise dieser beiden Sprachen mal auseinandergesetzt?

Holländisch ist eine eigene Sprache, da nicht nur anders gesprochen, sondern auch anders die Worte geschrieben werden.

Die Schweiz ist da eher wie Österreich: Ein Österreicher mit einem starkem Dialekt, wird man als Deutscher wohl kaum verstehen. Aber da die Worte gleich, wie in Deutschland geschrieben werden, handelt es sich um einen Dialekt.

Das macht die Unterschiede zwischen Sprachen und Dialekte aus.

Lukomat99  18.05.2018, 18:58

Wenn wir wollten, könnten wir total anders schreiben.

Meistens schreiben wir, wie wir sprechen. Es gibt keine Grammatik.

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OlliBjoern  18.05.2018, 20:27
@Lukomat99

Ich weiß (man kann auch in einem schweizerdeutschen Dialekt schreiben).

Aber eine Grammatik ist ein deskriptiver Begriff, auch wenn man kein bewusstes Regularium anwendet, so gibt es auch in den schweizerdeutschen Dialekten Grammatiken (die auch untereinander verschieden sein können).

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swisssdog  19.05.2018, 19:26
@Lukomat99

,,,,,,,,,Meistens schreiben wir, wie wir sprechen,,,,,,, sooooooooooo ein Quatsch . Meistens schreiben wir in der Schweiz ( Schule, Firma, Zeitungen Aemter usw usw )Schweizerhochdeutsch, welches ALLE Menschen mit Deutschkenntnissen lesen können

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Lukomat99  22.05.2018, 01:08
@swisssdog

Ich schreibe in der Freizeit, wie ich spreche. Und die ist bei mir zum Glück noch reichlich vorhanden.😜

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OlliBjoern  18.05.2018, 20:25

"Aber da die Worte gleich, wie in Deutschland geschrieben werden, handelt es sich um einen Dialekt."

Das stimmt aber nicht so ganz. In der Schweiz gibt es viele Wörter, die im Standarddeutschen unbekannt sind. "luege" statt "schauen" oder im Wallis "ghirme" für "ausruhen", die Liste kann man sehr lange fortsetzen ("Znüni" statt "Frühstück" usw.).

Es gibt lexikalische und auch grammatikalische Unterschiede. Es ist nicht nur eine andere Aussprache der Wörter.

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Jack19X1  18.05.2018, 20:53
@OlliBjoern

Doch, eigentlich schon. Und da haben wir es schon:

Du schriebst "im Standartdeutschem unbekannt", das bedeute, dass diese Worte ausschließlich von (kleinen Gruppen/) Einheimischen verwendet wird, und nicht in der gesamten Schweiz. Das macht es auch zum Dialekt.

Nur wenn es für jedes Wort, so ca. 75% der Worte eine andere Schreibweise gibt und im gesamten Land verbreitet/bekannt ist.

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OlliBjoern  18.05.2018, 21:08
@Jack19X1

Ich argumentiere ja gar nicht gegen den Dialekt-Status (man kann das so sehen). Ich meinte ja nur, dass es einen Unterschied zwischen der gesprochenen Sprache gibt (mit vielen abweichenden Wörtern zum Standarddeutschen!) und der Schriftsprache (die auch in der Schweiz Standarddeutsch ist).

Das sind 2 verschiedene Varianten: was Schweizer schreiben, und was Schweizer sprechen. Das nennt man "Diglossie".

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Jack19X1  18.05.2018, 21:15
@OlliBjoern

Ach so. Aber es ist ziemlich schwierig, aus einem gesprochenem Dialekt eine eigene Sprache zu machen. Man müsste immer wieder das Standartdeutsch sich angucken, und dann versuchen eine eigene Schreibweise zu etablieren. Das ist auch mit sehr viel Aufwand verbunden, und dann auch noch zu versuchen, diese Worte in der Bevölkerung bekannt zu machen. So viel Arbeit und Aufwand bürdet sich kaum Einer auf.

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