Mein Vater versteht Menschen in Deutschland nicht?
Mein Vater ist Türke und er kam als Gastarbeiter hier nach Deutschland mit 17 Jahren. Er hat gearbeitet und gearbeitet, hat 5 Kinder versorgt und hat drei schichtig gearbeitet.
Er sagt, dass er die Jugendlichen in Deutschland nicht versteht, er sieht sie als Menschen, die ihr Potenzial nicht nutzen.
Was meint ihr? Ich bin selber 19, werde in paar Tagen 20 und ich komme mir vor wie ein Lappen, wenn ich darüber nachdenke was mein Vater erlebt hat und was ich für ein Kind bin im Gegensatz zu ihm.
16 Antworten
Hallo, viele Menschen arbeiten im 3-Schicht-Betrieb und 8 Stunden täglich, in der Industrie ist das normal. Da ist dein Vater nicht der einzigste Mensch. Nach seinen Aussagen stellt er es aber so dar.
Versorgt hat die 5 Kinder wohl eher deine Mutter, er war ja bei der Arbeit. Er hat sie gezeugt und vielleicht das Geld dafür nach nach Hause gebracht und sich am Wochenende mit ihnen abgegeben. Ich weiß doch, wie das läuft.
Ich habe einen ganz großen Respekt vor unseren Jugendlichen hier in Deutschland, sie gehen zur Schule, lernen fleißig, damit sie einen guten Abschluss bekommen und machen danach eine gute Ausbildung oder gehen studieren. Natürlich sind da ein paar darunter, die ihr Potenzial nicht ausschöpfen, aber das ist die Minderheit, die gibt es in allen Ländern.
Ich finde es nicht richtig, hier die Gastfreundlichkeit unseres Landes zu genießen und dann über die hiesigen Leute zu schimpfen.
Dein Vater hat schon mehr erlebt, als du, das ist ja völlig normal, er ist ja auch viel älter als du. Du bist noch jung und hast noch nicht so viel Lebenserfahrung, wie er. Damit braucht er nicht anzugeben, sorry, aber das stößt mir gerade unangenehm auf.
Du hingegen bist kein Waschlappen, nur weil du noch jung bist! Du hast dein Leben noch vor dir, du kannst vieles erreichen und wirst es erreichen. Vielleicht gehst du noch zur Schule, was nicht falsch ist, im Gegenteil, du tust was für die Bildung und das ist nie falsch. Vielleicht machst du noch eine Ausbildung, das ist doch völlig in Ordnung, du kannst ja nicht schon, weiß der Geier, für eine Position erreicht haben.
Stell dein Licht nicht so unter den Scheffel und stelle deinen Vater auf keinen Sockel! Betrachte das Ganze mal realistisch. Ich will niemandem zu nahe treten, aber dein Vater soll auf dem Boden der Tatsachen bleiben und dir kein schlechtes Gewissen einreden.
Du bist unter anderen Bedingungen und mit anderen Erfahrungen aufgewachsen. Darüber kannst Du Dich freuen und es ist schön, dass Du Deinen Vater dafür respektierst.
Du musst Dich hier und heute anderen Herausforderungen stellen und Dein Leben organisieren. Das wird auch nicht immer ganz leicht sein.
Mach das Beste aus Deinen Möglichkeiten auch wenn diese ganz anders sind als die Deines Vaters. Dann habt ihr beide Grund stolz zu sein.
Naja die Zeiten ändern sich, dein Vater ist unter ganz anderen Bedingungen aufgewachsen.
Einige Jahrzehnte früher galt, du bist krank? Schön für dich, Geld dafür gibt es keines. Urlaub? Kein Problem, brauchst nicht mehr wieder kommen.
Weitere Jahrzehnte davor galt, es wird von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang gearbeitet.
Dinge ändern sich, es steht jedem frei, das zu tun was er will, das wird sich auch entsprechend positiv oder negativ auf den Wohlstand der Person auswirken.
Für jemanden der die Dinge ganz anders erlebt hat, sieht das natürlich entsprechend anders aus, als für jemanden der in dieser Zeit aufwächst.
In einigen Jahrzehnten wirst du vielleicht deine Ansicht haben, wie sich die Dinge entwickelt haben, vielleicht zum positiven, vielleicht auch nicht.
er sieht sie als Menschen, die ihr Potenzial nicht nutzen.
Und woran macht er das fest?
Ich bin selber 19, werde in paar Tagen 20 und ich komme mir vor wie ein Lappen, wenn ich darüber nachdenke was mein Vater erlebt hat
Na ja, sei doch froh, dass du es besser hast. Verglichen mit dem, was meine Großeltern nach dem Krieg durchmachen mussten, kann sich dein Vater wie ein Lappen vorkommen.
Es gibt immer irgendwann und irgendwo jemanden, dem es besser oder schlechter geht.
Alex
Er hat unter heftiger Armut gelebt,
das haben meine Großeltern auch.
selbst ein Stück Butter war Luxus,
Butter hatten meine Großeltern nicht.
hat Schießereien erlebt als Kind im Dorf
Auch das erlebten meine Großeltern. Mein Großvater wurde zudem gefoltert, meine Großmutter misshandelt.
Wurde von seinem Vater geschlagen,
Davon hätte mein Großvater geträumt, dass es nur sein Vater gewesen wäre, der ihn geschlagen hat und nicht die Russen, die ihn gefoltert haben.
Vielleicht hast du es nicht schlecht gemeint, aber wenn du vor mir gesagt hättest, dass mein Vater sich im Gegensatz zu deinen Großeltern wie ein Lappen vorkommen kann,
Dann ist das so. Natürlich ist es unsinnig, das erlittene Unrecht und Leid des einen gegen das erlittene Unrecht und Leid eines anderen aufzurechnen. Aber genau das macht dein Vater.
hätte ich dich weggecheckt.
Interessanter Diskussionsstil, den dir dein Vater(?) da beigebracht hat ...
Mach weiter so. Ich bin nicht böse auf dich 😎.
Ignoriere es. Die Welt ändert sich nun mal. Mein Opa vezeichnet die 4 Tage Woche als absoluten Mist und das würde die Wirtschaft komplett zerstören.
Es ist einfach die Generation die sich nicht mehr auf neues Denken einlassen kann.
Naja, diese Generation hat aber auch in vielen Dingen Recht.
Beide haben gute und schlechte Argumente.
Ich bin auch dafür, dass man sich nicht mehr kaputt Arbeiten muss und auch eine gute Freizeit hat. Man arbeitet um zu leben und nicht andersrum.
Andererseits kommt nichts von nichts. Wenn man sich was leisten will muss man auch dafür Arbeiten. Da verzichtet man gerne auf Freiheit und arbeitet lieber, damit man sich das leisten kann.
Die vier Tage Woche ist in vielen Bereichen gar nicht durchführbar. Krankenhäuser, Kindergärten, Polizei, Feuerwehr usw. hätten viel zu wenig Personal, das ja heute, bei der 5 Tage Woche schon zu knapp ist.
Ich wollte jetzt nicht drüber diskutieren, aber nur so zu Klärung. Das weiß ich. Habe auch nie davon geredet, dass es überall umgesetzt werden kann.
Das sind meist auch die Berufe wo schon die 40h Woche überschritten wird.
Du kennst meinen Vater nicht und weißt auch nicht was er durchmachen müsste als Kind. Er hat unter heftiger Armut gelebt, selbst ein Stück Butter war Luxus, hat Schießereien erlebt als Kind im Dorf. Wurde von seinem Vater geschlagen, musste als 6 jähriger schon arbeiten und war der älteste von seinen Geschwistern, also müsste er die ganze Verantwortung übernehmen und sich um die Familie kümmern.
Vielleicht hast du es nicht schlecht gemeint, aber wenn du vor mir gesagt hättest, dass mein Vater sich im Gegensatz zu deinen Großeltern wie ein Lappen vorkommen kann, hätte ich dich weggecheckt.