Ist die Kirche mitverantwortlich für den Judenhass bzw. für die Verbrechen welche aus diesem heraus erfolgt sind?

14 Antworten

Von Experte Udavu bestätigt

Wie so oft, ist die Antwort vielschichtiger und muss mit einem klaren Jein beantwortet werden.

Im mittelalterlichen Christentum waren Juden tatsächlich verhasst, aber nicht als "Jesusmörder" - das war in der Antike. Seit ca. 400 gab es jüdische Gemeinden in Deutschland und seitdem gab es eher erfundene Gründe: Hostienfrevel, Ritualmordlegenden und sie galten als Wucherer (Juden durften kein Handwerk ausüben, weshalb viele sich aufs Geldverleihen spezialisierten - was wiederum Christen verboten war).

Bei den Pestprogromen z.B. in Basel, Nürnberg, Speyer und anderswo ging die Gewalt von Bürgern und Zünften aus, die Kirche hielt sich zurück - wie auch die Landesherren, die für den Schutz der Juden verantwortlich waren.

Mit der Aufklärung war der religiös motivierte Judenhass überwunden. Seit dem standen biologistische und pseudowissenschaftliche Gründe im Vordergrund, der Rassistisch motiviert war.
Sozialdarwinisten, Nationalisten und Rassisten wären so oder so auf ein Feindbild gekommen, auch ohne christliche Vorreiter - wie man heute bei den Ressentiments gegenüber Ausländern aus dem Nahen und Mittleren Osten wiedererkennt. Wer anders ist und anders aussieht und anders lebt ist (für manche) ein Feind.

Ja, die Kirche ist da nicht nur mitverantwortlich, sondern wohl hauptverantwortlich.

Man darf das aber nicht zu eng auf die Juden eingrenzen - die Kirche war bis zum 2. Vaticanum grundsätzlich der Meinung, dass es Aufgabe der weltlichen Behörden wäre, alle Nicht-Christen zu verfolgen und zu bestrafen, also nicht nur die Juden, sondern auch Atheisten, Moslems, Heiden, Exkommunizierte etc.

Nur Christen sollten Bürgerrechte haben dürfen. Nicht-Christen dagegen durften z.B. nicht heiraten (und auf ausserehelichen Sex stand ja Gefängnis ...)

Eisenwind  04.05.2023, 11:01

Aha... willkommen in der Parallelwelt

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rr1957  07.05.2023, 10:27
@Eisenwind

ja, das war die katholische Idealwelt, die aber nur bis zum 18. Jahrhundert real existierte und durch die Aufklärung und die französische Revolution dann überwunden worden ist und nur noch in der vatikanischen Theorie noch weiterbestand

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Dazu kommt die völlig falsche und unbiblische Ersatztheologie (Substitutionstheologie), die lehrt, dass die Kirche Israel ersetzt hätte und dass Gott seine Verheißungen für Israel nicht einhalten wird.

Nach der Bibel sollen Christen dem Volk Israel mit Liebe begegnen und sie auf den Messias (Jesus Christus) hinweisen, wenn sich die Möglichkeit dazu ergibt.

Jegliche Form von Judenhass oder Antisemitismus ist absolut abzulehnen und zu ächten. Leider hat sich die Kirche in der Vergangenheit diesbezüglich nicht mit Ruhm bekleckert. Auch Martin Luther hat sich judenfeindlich geäußert und wurde deshalb sogar von den Nazis zitiert. Dabei hätte er es besser wissen müssen, da er doch die gesamte Bibel studiert und übersetzt hat. Traurig...

So sieht es aus (Offb.17,1-6).

Woher ich das weiß:Recherche

Ja, die Kirche ist mitverantwortlich.

Dabei muss man allerdings den Antijudaismus vom Antisemitismus unterscheiden, denn letzterer ist rein rassistisch motiviert und hat keinen religiösen Hintergrund.

Die "Gottesmordthese" ist ein zentraler Aspekt des Antijudaismus und wurde besonders durch die katholische Kirche und durch Martin Luther im 15. Jahrhundert unterstützt.

In den 1930er Jahren wurden diese Aspekte erneut durch die Nationalsozialisten aufgegriffen und es wurden Vereinbarungen mit der Kirche getroffen, die ihr eine wesentliche Macht im Staat gaben, jedoch auch in ihrer Kritik gegenüber den rassistischen Völkermorden einschränkten.

Heutzutage wird der Hass gegenüber Juden von der Kirche abgelehnt und verurteilt. Die verwerfliche Vergangenheit wird inzwischen immer öfter von Priestern und Päpsten kritisch angesprochen.