Habt Ihr Tipps und Empfehlungen für mich wegen meines neuen Pferdes?
Ich lebe auf einer kleinen Insel, da wird nicht viel Wert auf Tierschutz gelegt. Dementsprechend ist das, was ich jetzt erzähle hier "normal".
Zu mir: ich bin weiblich, 19 Jahre alt und hatte bisher nicht allzu viel Kontakt mit Pferden. Theoretisch hab ich mich viel mit ihnen beschäftigt, praktisch aber so gut wie gar keine Erfahrungen, da ich Reitschulen hier nicht für ihre Tierquälerei Geld in den Rachen werfen wollte.
Ich habe mir ein Pferd gekauft, vor 3 Wochen. Sie ist eine 6jährige Stute, Englisches Vollblut.
Sie ist auf dem Hof, wo ich sie gekauft habe, zur Welt gekommen. Sie wurde mit 4 Jahren eingeritten aber nicht lange geritten, in der Zeit auch in Rennen angetreten. Als der Besitzer die Arbeit wechselte und ein Kind bekam, wurde die Stute gar nicht mehr (!) bewegt und stand nur noch herum. Anderthalb Jahre lang.
Ich vermute, dass sie nicht gut behandelt wurde und er hat erzählt dass sie, als er sie eingeritten hat, auch sich mehrmals mit ihm überschlagen habe (als sie stieg).
Warum ich ein Problempferd gekauft habe? Weil ich mich in sie verliebt habe und sie sonst an einen Rennstall gegangen wäre. Und das ist hier viel viel schlimmer als in Deutschland.
Es ist ein bisschen schwierig für mich, alles strukturiert zu erklären. Es sind viele Infos, die ich geben möchte, damit Ihr ein genaues Bild von ihr haben könnt und mir evtl. irgendwie helfen könnt.
Hier auf der Insel einen guten Reitlehrer, Trainer oder sonstige ausgebildete Hilfe zu bekommen ist unmöglich. Das klingt für Euch vielleicht etwas komisch, ist aber so.
Sie steht jetzt auch bei mir in einem Offenstall, noch ohne Koppel-Partner, was nicht so bleiben soll.
Derzeit reite ich sie nicht.
Sie ist gesund, hat trotz der langen Standzeit Muskeln, ist etwas Vorderhandlastig, Zähne und Hufe sind laut TA in Ordnung. Aber der Rücken- und die Hinterhandmuskeln müssen gearbeitet werden.
Ich hab sie, wie gesagt erst seit 3 Wochen und kennen tue ich sie seit einem Monat.
Sie ist Barhufer und soll es auch bleiben. Hufschmied kommt nur einmal im Monat auf die Insel, wir haben am Donnerstag ihren ersten Termin zum Hufe machen.
Ich habe ein paar Probleme mit ihr:
- Sie kann nicht still stehen, wenn man sie putzen will. Zurzeit binde ich sie an und mache eine "Gasse" aus Seilen, sodass sie nicht herumlaufen kann und dann geht es, ich belohne stets gutes Verhalten. (Habt Ihr da andere Tipps?)
- Hufe geben ist recht problematisch: vorne will sie sie immer entziehen und hinten schlägt sie aus, nach einiger Zeit der Beharrlichkeit geht es aber. Gutes Verhalten wird belohnt
- Sie lässt sich an sich gut führen, einfangen ist auch kein Problem, sie freut sich immer, wenn ich komme
- Sie hört super auf meinen Befehl, wenn ich stehen bleiben will
- Länger stehen bleiben geht nicht. Sie versucht dann, weiterzugehen, mich zu beißen, schlägt mit dem Kopf und geht einfach (ich hab da keine Chance mehr, sie zu halten)
- Longieren kennt sie gar nicht. Wenn sie galoppiert oder trabt dreht sie schnell auf und fängt an unkontrolliert zu buckeln und zu steigen
- Vor der Peitsche und Gerte hat sie große Angst
- Sie lässt sich nicht biegen, also: Kurven, in denen sie außen läuft: kein Problem; aber Kurven, in denen sie innen läuft: da knirscht sie mit den Zähnen, versucht los zu traben...
- Sie will mich manchmal überholen, trabt dafür los, läuft eine Kurve um mich rum und wenn ich dann versuche, sie davon abzuhalten und weiter geradeaus zu laufen, droht sie mir und steigt auch manchmal leicht auf die Hinterbeine
- An manchen Tagen läuft es richtig richtig super, an anderen bin ich nach 2 Minuten unglaublich durchgeschwitzt und es ist echt gefährlich...
- Aber sie ist mir schon zweimal durchgegangen und davon galoppiert, kam jedoch auf mein Rufen hin nach wenigen Sekunden wieder und ließ sich einfangen
Aufsteigen hab ich noch gar nicht probiert, mir ist erstmal wichtig, dass sie Muskeln und Vertrauen aufbaut.
Sie ist sehr anschmiegsam, kuschelt gerne, in Gefahrensituationen sucht sie Körperkontakt zu mir (schmiegt die Nase an meiner Schulter).
Also, sie hat einen tollen Charakter und hat bereits auch eine Bindung zu mir aufgebaut (oder?)
Derzeit führe ich sie nur aus: 2 Stunden pro Tag und ein Ruhetag die Woche. Immer bergauf und bergab, klettern, usw.
Angefangen habe ich bereits mit Rückwärts-Richten, Gerten-Desensibilisierung und Arbeit im Round-Pen mit Trabstangen.
Vielleicht habt Ihr Tipps und Erfahrungsberichte, usw. für mich, was ich jetzt am besten für ein Training machen sollte, was sie als erstes Lernen sollte, wie ich mit den Schwierigkeiten, die ich mit ihr habe, umgehen kann, etc.
Kommentare wie: "gib sie ab" oder "hol die einen Trainer" bringen mir nichts. Das eine ist keine Option und das andere nicht möglich...
Ich will sie vielleicht irgendwann reiten können (nicht täglich), mit ihr spazieren gehen und Bodenarbeit machen.
Ich will alles (oder so viel wie möglich) richtig machen und sie glücklich machen.
Vielen Dank im voraus für Eure Hilfe!
7 Antworten
Naja, du machst schon einiges - schwierig ist halt, dass du völlig allein mit dem Pferd rumhampelst.
Als erstes sollte das Pferd einen Kumpel bekommen. Und einen Check vom Tierarzt oder auch manuellen Therapeuten - denn das Verhalten ist definitiv nicht normal und deutet auf Schmerzen hin.
Insel ist nicht gleich Insel - von welchem Land reden wir denn? Deutschland hat ja auch Inseln ;) Und die werden auch beliefert und auch dort kommen Leute hin.
Ich zerpflücke deine Punkte mal und bin bereit, mich hier in die Nesseln zu setzen - denn ja, es gibt inzwischen so geile Online-Kurse, wo man vieles von Grund auf lernt. Im Moment allen voran die Plattform "Key to horses", es gibt sicher noch andere, aber keins war bisher so authentisch wie dieses. Also ja, aus Überzeugung, wenn du bereit bist, viel Zeit zu investieren, schau dir das genauer an.
Sie kann nicht still stehen, wenn man sie putzen will. Zurzeit binde ich sie an und mache eine "Gasse" aus Seilen, sodass sie nicht herumlaufen kann und dann geht es, ich belohne stets gutes Verhalten. (Habt Ihr da andere Tipps?)
- Hufe geben ist recht problematisch: vorne will sie sie immer entziehen und hinten schlägt sie aus, nach einiger Zeit der Beharrlichkeit geht es aber. Gutes Verhalten wird belohnt
Das wird den Schmied sehr freuen - Übung, Übung, Übung. Wenn das Pferd keine Muskulatur hat, kann es auch nicht vernünftig auf 3 Beinen stehen. Als Huforthopädin gut gemeinter Rat: Wenn der Schmied die Hinterbeine so hoch zieht wie es viele machen, such dir eine andere Möglichkeit. Deshalb wäre hier interessant, um welches Land und was für eine Insel es sich handelt. Hätte dazu durchaus noch ein paar Ideen, dazu kannst du mir auch gerne privat schreiben.
- Sie lässt sich an sich gut führen, einfangen ist auch kein Problem, sie freut sich immer, wenn ich komme
Na klar, sie hat ja auch derzeit keinen Kumpel. Übrigens in Deutschland tierschutzwidrig. Besorge schnellstens 1-2 andere Pferde oder Ponys - aber auch die brauchen Futter, Wasser, Erziehung und Ansprache. Evt kannst du hierbei mit einem Tierschutzverein zusammen arbeiten?
- Sie hört super auf meinen Befehl, wenn ich stehen bleiben will
Widerspricht sich mit Aussagen weiter unten
- Länger stehen bleiben geht nicht. Sie versucht dann, weiterzugehen, mich zu beißen, schlägt mit dem Kopf und geht einfach (ich hab da keine Chance mehr, sie zu halten)
Unerzogen, widerspricht sich aber auch wieder mit den ersten Aussagen. Muss man früh genug erkennen und schnell genug agieren.
- Longieren kennt sie gar nicht. Wenn sie galoppiert oder trabt dreht sie schnell auf und fängt an unkontrolliert zu buckeln und zu steigen
Klar, fehlende Balance.
- Vor der Peitsche und Gerte hat sie große Angst
Kann man ändern, muss man aber bewusst machen und das geht nicht mit 3 Sätzen hier beschrieben.
- Sie lässt sich nicht biegen, also: Kurven, in denen sie außen läuft: kein Problem; aber Kurven, in denen sie innen läuft: da knirscht sie mit den Zähnen, versucht los zu traben...
Wie denn auch ohne Muskulatur? Das Zähneknirschen ist ein starkes Zeichen für Schmerzen - da stimmt also irgendwas nicht. Würde aber Biegung auch erstmal außen vor lassen und mich auf geradeaus und Takt/Losgelassenheit beschränken vorerst. Zumindest solange du keinen roten Faden in deine Arbeit mit ihr bekommst.
- Sie will mich manchmal überholen, trabt dafür los, läuft eine Kurve um mich rum und wenn ich dann versuche, sie davon abzuhalten und weiter geradeaus zu laufen, droht sie mir und steigt auch manchmal leicht auf die Hinterbeine
Wenn sie bereits schafft, eine Kurve um dich rum zu laufen, bist du in deiner Reaktion VIEL zu langsam. Hier muss du schneller und deutlicher werden - aber auch das muss man vor Ort oder zumindest als Video sehen.
- An manchen Tagen läuft es richtig richtig super, an anderen bin ich nach 2 Minuten unglaublich durchgeschwitzt und es ist echt gefährlich...
Völlig normal, dass es schwankt. Hier musst DU lernen, dein Pferd besser einzuschätzen, was an dem Tag möglich ist.
- Aber sie ist mir schon zweimal durchgegangen und davon galoppiert, kam jedoch auf mein Rufen hin nach wenigen Sekunden wieder und ließ sich einfangen
Immerhin kommt sie wieder. Eventuell war das über die Uhr gedreht.
Im insgesamten brauchst du ein 1:1 Coaching/Unterricht/Mentoring/welche Begriffe auch immer dafür sinnvoll sind. Ich kann dir durch das Inkognito leider keine Nachricht schreiben, daher würde ich dich bitten, dass du dich bei mir einmal meldest. Falls du das nicht hier direkt machen möchtest, habe ich auch meine Homepage im Profil verlinkt. Dann ist das für dich "anonymer" bzw lässt sich hier nicht auf einen Usernamen zurückverfolgen.
Hallo,
Vielen Dank für Deine ausführliche Antwort!
Der Tierarzt war da, vor zwei Wochen bereits. Er sagte mir ja auch, dass sie etwas zu dick sei, zu vorderhandlastig und das die Hufe eben in Ordnung gebracht werden müssen (wurden sie ja seit 1,5 Jahren nicht!).
Na ja, sie stoppt, wenn ich ihr das Kommando gebe, aber will nicht mehr als, keine Ahnung, 3-5 Sekunden stehen bleiben...
War vielleicht etwas unglücklich formuliert ^^
Ich schreibe Dich später per PN an.
Danke auf jeden Fall, dass Du Dir die Zeit genommen hast, mir etwas weiterzuhelfen!
Ich will alles (oder so viel wie möglich) richtig machen und sie glücklich machen.
Dann behandle sie einfach wie ein Pferd! Dazu gehört als aller erstes mal artgerechte Haltung und ein Tier nicht zu vermenschlichen und zum zweiten sich selbst hinten an zustellen. Wenn ich meinem Pferd nicht bieten kann was es braucht, weil ich es nicht besser weiß, die Möglichkeiten dazu nicht habe, dann ist es einfach nur egoistisch, es zu behalten und weiterhin try and error zu machen. Auf deine einzelnen Punkte gehe ich hier nicht ein, das würde den Rahmen sprengen, weil bei dir einfach wirklich wenig Wissen vorhanden ist.
Nur soviel: ohne dieses Tier gründlichst durch checken zu lassen (TA) und erstmal einer fähigen Osteo anzuvertrauen, mit einem Trainer der dir zeigt, wie du vorgehst und woran ihr arbeitet um sowohl Vertrauen zu dir aufzubauen, dem Pferd Sicherheit zu geben - von der es in seinem bisherigen Leben wohl nicht so viel hatte... - als auch die Gesundheit des Pferdes zu stärken, brauchst du einfach nicht anfangen.
Es tut mir leid, sicher nicht was du hören wolltest, aber sowas ist einfach falsch verstandene Tierliebe! Menschen tun Tieren leider nichts Gutes, wenn sie nicht wissen, wie sie mit ihnen umgehen sollen, was gut für das jeweilige Tier ist und was man besser sein lässt. Was DU als gut erachstest ist noch lange nicht das, was dein Pferd als gut erachtet. Und das zeigt es dir. Teils sehr deutlich, wie du es hier beschreibst.
dein problem liegt darin, dass du dummerweise ein pferd gekauft hast und gar nicht in der lage bist, damit was anzufangen.
es geht ihr bei dir nicht besser. im gegenteil.
und lernresistent bist du auch noch.
musst du sehen, wie du klarkommst.
die lösung des problems dürfte etwa 120.000 euro kosten, wenn du korrektur und ausbildung fürs pferd willst und noch mal 40.000, wenn du auch entsprechend ausgebildet werden willst.
oder die lösung bringt dir 3.000 euro für den verkauf.
Du hast keinerlei Erfahrung im Umgang mit Pferden und laut deiner Aussage auch keine Möglichkeit, dir Hilfe zu organisieren.
Du hat noch nie Bodenarbeit gemacht geschweige den das du jemals geritten bist.
Und kaufst dir eine tickende Zeitbombe?
Ist dir klar was mit dem Pferd passiert, wenn es dich verletzt?
Da heißt es dann nicht das du keine Ahnung hattest, da heißt es dann das das Pferd lebensgefährlich ist und weg muss.
Und dann kommt es zum Schlachter.
Du willst Tierlieb sein und es besser als die ganzen Tierquäller machen?
Dann gib das Pferd an jemanden mit Pferde Erfahrung., damit es eine Chance auf ein gutes Leben hat
Uff ... das ist alles suboptimal ... und ja, Du kannst auch ohne Reiten (was Du mit einem anderen Pferd von Grund auf Lernen mußt!) mit einem Pferd glücklich sein.
Aber ... es muss unbedingt Weidehaltung mit Pferdegesellschaft haben, sonst läuft gar nix.
Und Du hast ein Ex-Rennpferd, das eine komplett andere Ausbildung erfahren hat, als das normale Reitpferd ... ein Vollblüter ist sehr sensibel und mag nicht "gegängelt" werden. Das heißt 100 %ig Konsequenz und Berechenbarkeit Deinerseits.
(Morgen geht's weiter)