Was haltet ihr von Neurodiversität als Konzept?

11 Antworten

nichts.

es werden da viele Störungsbilder als Normvarianten verharmlost.

ein schwerer Autismus ist zB keine Normvariante, wie das der Begriff der Neurodiversität nahelegt, sondern eine schwere Behinderung!


VitaminaC 
Beitragsersteller
 11.08.2025, 13:18

Finde ich auch. Die Diagnose Autismus bekommt man grundsätzlich auch nur dann, wenn man im Leben in bestimmten Punkten wirklich beeinträchtigt ist. Auch wenn es Autisten gibt, die scheinbar problemlos in der Gesellschaft funktionieren (die leiden aber vielleicht irgendwann an Depressionen, Burnout und stressbedingten körperlichen Krankheiten).

horribiledictu  11.08.2025, 13:24
@VitaminaC

ich red von wirklich schwerem Autismus: Intelligenz nicht messbar, in jedem Handgriff auf Hilfe angewiesen, kaum Sprache aktiv udn oder passiv...

also nicht von jemandem, der völlig selbständig lebt, aber halt bei sozialer Interaktion ein bisschen "seltsam" rüberkommt!

VitaminaC 
Beitragsersteller
 11.08.2025, 13:30
@horribiledictu

Man nennt es heute "Autismusspektrumstörung" (ASS). Auch Menschen mit einer leichten Form des Autismus' werden Autisten genannt. Den Begriff Asperger für "leichte Ausprägungen von Autismus" nutzt man heute nicht mehr. Und nur weil der Autismus von außen betrachtet nicht beeinträchtigend wirkt, kann es trotzdem eine massive Beeinträchtigung oder zumindest große Herausforderung für den Autisten selbst sein.

Autisten sind alle neurodivergent, egal in welcher Ausprägung. Da unterscheidet man nicht.

Kerze06  11.08.2025, 20:00
@VitaminaC

Genauso isses. Für die Leute die sich das nicht vorstellen können, die meisten Autisten sind wie Schauspieler im Umgang mit anderen Menschen. Falsches Lächeln, falsche Höflichkeitsfloskeln, falsches Vorspielen von positiven Emotionen. Oft haben Autisten keine oder nur ein Teil dieser vorgespielten Emotionen in dieser Situation.

Allerdings muss man differenzieren, Autisten haben Emotionen die auch stark oder noch stärker sein können als bei Neurotypen. Da das ständige Schauspielern zusätzlich zu anderen nicht änderbaren Belastungen auf Autisten einwirkt und es natürlich keine Möglichkeit gibt das in Alltag zu verhindern entwickeln viele Autisten Depressionen etc.

Natürlich sind auch viele oder sogar die meisten Autisten an sozialer Interaktion interessiert, aber haben viele Eigenschaften die ihnen das schwer bis unmöglich macht und da der Mensch ein Sozialleben ebenso braucht wie Nahrung, Flüssigkeit und Schlaf, ist es auch ähnlich belastend wie der Mangel an diesen.

Was natürlich auch ist, dass es sehr viele kulturell bedingte Denkweisen, Verhaltensweisen und die Benutzung von Wörtern gibt, die logisch und objektiv betrachtet ziemlich dumm und auch schädigend sind, was die Gesellschaft leider nicht von selbst bemerkt. Das führt natürlich auch zu Konflikten mit Autisten, die in dem Fall die besseren Menschen sind, das muss man ganz klar sagen.

horribiledictu  11.08.2025, 20:37
@Kerze06
 Falsches Lächeln, falsche Höflichkeitsfloskeln, falsches Vorspielen von positiven Emotionen. Oft haben Autisten keine oder nur ein Teil dieser vorgespielten Emotionen in dieser Situation.

nun, also DAS geht aber JEDEM so!

Wunderbar. Stellt es doch ein Unterscheidungsmerkmal dar: "Wir" Neurotypischen und "ihr" Neurodiversen, für die wir eine Bezeichnung schufen, um euch - für unsere Verhältnisse jedenfalls - (valide) kategorisieren zu können.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Diagnostizierte Autismus-Spektrum-Störung

VitaminaC 
Beitragsersteller
 11.08.2025, 13:55

Warum ist es gut, wenn man in "wir" und "die anderen" unterscheidet?

Desparativum  11.08.2025, 13:56
@VitaminaC

Weil das gemeinhin Struktur und Orientierung bringt. Es ist eine Vereinfachung und danach lechzen die Menschen.

Ja, alles, was Du genannt hast.

Neurodivergente Menschen funktionieren anders, und es geht als betroffene Person darum, Experte für sich selbst zu sein, und dabei ist es hilfreich, diese Verschiedenheit anzuerkennen. Allerdings natürlich möglichst in einem nicht pathologisierenden Sinne.

Für mich klingt es erst einmal nach einer sinnvollen Entwicklung. Ich kenne jemanden der stark Richtung Asperger-Autismus tendiert, diesen aber nicht diagnostiziert hat. Er ist einfach anders und tut sich schwer und wurde auch schon mal längere Zeit mit einer Fehldiagnose in der Psychiatrie festgehalten, weil andere nicht mit ihm klar kamen. Das Konzept der Neurodiversität könnte eventuell helfen, solchen Menschen gerechter zu werden, was wiederum seinem Umfeld zu Gute käme.


VitaminaC 
Beitragsersteller
 11.08.2025, 13:38

Das Problem bei Autismus ist die stark individuelle Ausprägung. Jeder Autist ist anders. Z.B. sind manche hypersensibel (nehmen sämtliche Reize wahr), während andere hyposensibel sind (nehmen Reize kaum wahr). Manche haben extreme Probleme damit Gestik, Mimik und Tonlage richtig zu interpretieren, anderen fällt es leicht. Manche können ihre Gefühle nicht erkennen und benennen (Alexithymie), während andere das sehr gut können. Manche sind hochintelligent und haben einen Doktortitel, schaffen es aber nicht sich alleine die Schuhe zuzubinden, während andere durchschnittlich intelligent sind, aber vielleicht überhaupt nicht studieren oder arbeiten können, weil es sie zu sehr stresst.

Ich spreche ja von "Neurodivergenz".

Ob als Konzept, darüber habe ich mir keine Gedanken gemacht.

Viel wichtiger finde ich, dass dies nicht mehr als "psychische Krankheit" bezeichnet wird.
Denn das ist so falsch, wie es nur geht.