Autismus/Asperger?
Findet ihr den Begriff Asperger (-Autismus) gut oder nicht?
Welchen Begriff präferiert ihr?
Bitte gebt an, ob ihr selber Autist*in seid oder allistisch (nicht autistisch). Auch wäre eine Begründung wirklich interessant. Und was haltet ihr persönlich von “Aspie”, “the ‘tism”, “a touch of the tism”, “auf dem Spektrum/on the spectrum”? Findet ihr autistisch/autistische Person, Autist*in oder Person mit Autismus/Person die Autismus hat persönlich am angenehmsten zu verwenden und wie findet ihr es, so bezeichnet zu werden?
15 Stimmen
7 Antworten
Ich fand den Begriff schon immer ... na ja. Und bevor ich von Hans Aspergers Gräueltaten und Ansichten wusste, tat er mir ja schon ein bisschen leid, da ich den Nachnamen vom Klang her auch wirklich nie schön fand.
Spätestens seit ich weiß, dass er viele autistische Kinder im 2. Weltkrieg töten ließ, hörte das jedoch auf. Jetzt denke ich nur noch daran, wenn ich den Begriff "Asperger-Syndrom"/"Asperger"/"Aspie" höre/lese.
Natürlich darf sich jeder bezeichnen, wie er/sie möchte, aber man sollte zumindest wissen, was das für ein Unmensch war - na gut, Hitler und co. waren natürlich auch nicht dagegen - und ich bin trotzdem froh, dass seit dem ICD-11 (seit Anfang 2022) nicht mehr zwischen den einzelnen Unterformen differenziert wird, obgleich der Grund dafür weniger die schauderhafte Vergangenheit des Namensträgers ist, sondern die Tatsache, dass es Experten über Jahrzehnte nicht gelang, klare, einheitliche Unterschiede zwischen den Unterformen festzustellen. Viel zu oft würden sich die "Symptome" von einer zu anderen Unterform überschneiden, alles war eben sehr schwammig.
Ach ja, Funfact: Grunya Efimovna Sukhareva beschrieb Autismus lange vor Hans Asperger und Leo Kanner
Weder ist der Erhalt der "Asperger-Syndrom"/"Asperger-Autismus"-Bezeichnung aus historischem Sinne angebracht (Obgleich eugenik-befürwortende Weltanschauungen heutzutage leider immer noch an der Tagesordnung stehen), noch ist er praktisch - Meiner Meinung nach. Noch dazu geht sowas komplett gegen das, was das Autismus-Spektrum wirklich ist: ein Spektrum, welches nicht in "mild" oder "stark" eingeteilt werden kann
Welchen Begriff präferiert ihr?
Ich sage "Autismus" oder eben "Autismus-Spektrum-Störung". Ich sage auch, dass ich selber Autistin bin bzw. Autismus habe, ohne das genauer zu spezifisieren. Nicht zuletzt, da meine eigene Geschichte bezüglich meiner "mir zugeordneten Unterform" ziemlich verworren ist - Ist auch schon über 15 Jahre her.
“the ‘tism”, “a touch of the tism”
Wenn man das als autistische Person so spaßeshalber sagt, finde ich daran gar nichts schlimm. Habe ich auch schon gemacht. Hat was Lustiges, Auflockerndes.
“Aspie”
Na ja, ist halt eine Verniedlichungsform von Asperger und an dem Kerl war gar nichts niedlich. Aber wie bereits erwähnt soll sich jeder so nennen, wie er/sie will.
“auf dem Spektrum/on the spectrum”
Ehrlich gesagt ... Darüber habe ich nie nachgedacht. Ich stehe dem Begriff bisher neutral gegenüber. Wobei ... Wo genau auf dem Spektrum ist man denn und wie soll das mit dem der Tatsache konformgehen, dass es keinen "leichten" und keinen "starken" Autismus gibt? Genau: Gar nicht. Schließlich hat jeder Autist mehrere Spektren (Was ist nochmal die Mehrzahl von Spektrum?) und wäre in jeden Spektrum woanders. Aber es gibt nur ein Autismus-Spektrum. Es gibt kein "Noise-Sensitivity"-Spectrum, "Motor-Skills"-Spectrum, "Eye-Contact"-Spectrum, "Routine-Dependence"-Spectrum etc. pp.
Ja, also weniger ein Fan von, aber juckt mich aktuell nicht so krass.
Findet ihr autistisch/autistische Person, Autist*in oder Person mit Autismus/Person die Autismus hat persönlich am angenehmsten zu verwenden und wie findet ihr es, so bezeichnet zu werden?
Bei anderen verwende ich entweder "Autist"/"Autistin" oder "Person mit Autismus" ("hat Autismus"/"dein/ihr/sein Autismus") oder manchmal auch "autistische Person" - Das wechselt bei mir, je nach Lust und Laune und jenachdem, was die Person für sich verwendet.
Für mich persönlich wechselt es auch zwischen denen, aber wenn ich mich entscheiden müsste, würde ich sofort, definitiv und ohne mit der Wimper zucken "Autistin" wählen. Ich bin Autistin. Ich habe keinen Autismus. Mein Autismus ist nichts, was ich mit mir herumführe, was ich ablegen kann. Es ist kein Handtäschchen o.Ä.
Dass ich es abwechsle liegt auch mehr daran, dass ich ein kleines bisschen Variation in meinen Texten haben und nicht jedes Mal das selbe Wort wiederholen will.
Aber alles in einem bin ich für Identity-First-Language und ich fand den Kritikpunkt, man würde damit zu viel Augenmark auf den Autismus und nicht auf den Menschen dahinter legen, falsch und ableistisch. Ich meine: Karen, willst du mir etwa sagen, du musst dir zuerst meinen Autismus "wegdenken", um mich als vollwertigen Menschen anzusehen? Davon abgesehen gibt es keinen "normalen Menschen hinter dem phösen, phösen Autismus" und wie um alles in der Welt soll man den Autismus ignorieren können, wenn mein Gehirn wortwörtlich, seit ich geschlüpft bin, autism.exe auf Windows98 laufen lässt?
Und:

Sukhareva ist mir neu, ich habe leider noch nie von ihr gehört (wie das ja so oft mit Frauen aus der Zeit ist), werde mich da gleich mal reinlesen, danke für den Link!
Ich finde den Begriff gut, ich mag nur den Klang von dem Wort nicht. Manche sehen auch ein Problem bei der Herkunft des Namens, wobei ich eher an das Wort Asper (Lat. Rai/Streng) denke.
Die Begriffe: "Auf dem Spektrum" und "Touch of the tism" oder acoustic mag ich persönlich gar nicht.
Hab zwar noch keine Diagnose aber viele Anzeichen dass ich Autismus haben könnte deswegen steh ich auch schon auf einer Warteliste für eine Psychologin 👩⚕️ die sich damit auskennt ich denke es reicht wenn man sagt dass jemand autistisch ist und gut ist man muss das nicht unterteilen und das wird ja jetzt auch gar nicht mehr gemacht
Einfach, weil heute nicht mehr strikt zwischen unterschiedlichen Autismus-Formen unterschieden wird, sondern man von einem Spektrum but. einfach von Autismus spricht. Alle Betroffenen, die ich kenne, bezeichnen sich selbst als Autist, nicht als Asperger-Autist, Aspie etc. Auch nicht als „Person mit Autismus“ - vermutlich, weil das so nach Krankheit klingt, dabei ist Autismus durchaus Teil der Identität. Entsprechend habe ich das in meinem Sprachgebrauch einfach übernommen.
Mir persönlich ist recht egal, wie man es bezeichnet. Ich halte mich dabei gerne einfach an das, was mir nahe stehende Betroffene bevorzugen.
P.S. Danke, dass du „allistisch“ und nicht „neurotypisch“ schreibst! 👍
Exakt, genau deshalb fand ich es gut 🙂 Ich hatte die Erklärung nur weggelassen. In dem Sinne danke für die Ergänzung!
Weshalb ich keinen Sinn in Unterteilungen sehe, ist hier erklärt.
Wobei das ja zwei Wörter mit unterschiedlichen Bedeutungen sind.
Allistisch = Nicht autistisch
Neurotypisch = Nicht neurodivers, also weder Autismus, noch ADHS oder andere neurologische Entwicklungs"störungen" (um mal den ICD-11 zu zitieren).