Was haltet ihr vom deutschen Sexualstrafrecht?
Findet ihr es ausgewogen? Wo ist es zu lasch, wo zu streng? Was würdet ihr ändern?
Setzt du voraus, dass in diesem Laienforum Juristen unterwegs sind?
Jeder darf antworten :)
6 Antworten
Es ist in den letzen 25 Jahren ist das Strafrecht insgesamt größtenteils sinnloserweise mehrfach und aus den völlig falschen Gründen immer und immer wieder massiv verschärft worden.
Das Jemand gegen das Strafrecht verstößt, ist ja gerade KEIN Grund dieses zu verschärfen. Denn dann war die Tat ja strafbar.
Die einzige Verschärfung die aus den richtigen Gründen gemacht wurde, war die Neudefinition der Vergewaltigung. Denn hier gab es tatäschlich Fälle in denen Täter für strafwürdige Taten freigesprochen wurden.
Und es wird eine zentrale Frage immer bewust nicht gestellt. "Hätte das verschärfte Gesetzt die kongrete Tat die der Anlass der Verschärfung ist, verhindert". Denn die Antwort ist praktisch immer nein.
Denn wenn Jemand mit einen 30cm Messer Leute absticht, bringt es Nichts die zulässige Klingenlänge von 12cm auf 6cm zu reduzieren.
Wo ist es zu lasch, wo zu streng?
Es fehlt vor allem eine evidenzbasierte Überprüfung der Wirksamkeit.
Das beste Beispiel dafür ist das Sexpuppenverbot. Das wurde ja mit einer Begründung auf oder unter dem Nivau von Verschwörungstheorien erlassen und ist bei allen Experten bei der Anhörung komplett durchgefallen. Warum man den Zirkus von "Expertenanhörungen" im Bundestag überhaupt veranstaltet ist unklar. Als Experte muß man sich da ja komplett verarscht vorkommen. Es ist völlig unklar, welche Auswirkungen das überhaupt hat. Das müßte man halt empirisch überprüfen. Die Wirksamkeitsprüfung von Strafnormen sollte hier mindestens so gut sein wie die von Medikamenten.
Aber den absoluten Vogel in bezug auf das Strafrecht hat ohnehin Innenminister Dobrind mit den versehenlichen generellen Verbot von Druckluftwaffen abgeschossen. https://www.youtube.com/watch?v=qKM87e3IHss
Ich sag mal, wenn das Waffenrecht derart kompliziert ist, das selbst der Bundesinnenminister da nicht mehr durchblickt sollte man einen von den beiden unbedingt ersetzen.
Das, was im Gesetz dazu steht, finde ich im Großen und Ganzen schon okay. Gut, ein paar Ergänzungen hinsichtlich der strafrechtlichen Verfolgbarkeit von Upskirting und Catcalling wären in Deutschland auch schön.
Die Strafverfolgung ist allerdings der Punkt, wo es an vielen Stellen hakt und viel zu oft dazu kommt, dass Täter letztendlich doch nicht verurteilt werden und auch viele Opfer davor zurückschrecken, Taten überhaupt zur Anzeige zu bringen, weil der Weg bis zur Verurteilung an vielen Stellen mit Retraumatisierung und sogar immer noch Victim Blaming verbunden ist...
Klar, auch dabei müssen rechtstaatliche Prinzipien eingehalten werden. Dennoch sollte zumindest unter denen, die in diese Strafverfolgung beruflich eingebunden sind, ein Bewusstsein für die besondere Sensibilität solcher Fälle bestehen. Und solang immer noch Richter im Rahmen eines solchen Prozesses nach der Kleidung der Opfer fragen, ist das eben echt nicht der Fall, ganz zu schweigen von solchen skandalösen Urteilen wie dem, wo der Täter nur zu einer geringen Strafe verurteilt wurde, weil das ja sonst seiner beruflichen und privaten Zukunft im Wege hätte stehen können...
Guten Tag!
Da gibt es durchaus einige Verbesserungsvorschläge und Reformbedarf. Hierzu einige Beispiele, wo ich nachhaken würde:
- § 177 Abs. 1 StGB: Der Begriff des entgegenstehenden Willens ist nach objektiven Maßstäben zu bestimmen und nicht nach subjektiven. Der Wille muss erkennbar zum Ausdruck gebracht worden sein und richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Dieser kann sowohl ausdrücklich als auch konkludent erklärt werden (z.B. ausdrückliches Nein, wegdrehen des Körpers, negatives nicken oder weglaufen). Und das ist in der Praxis nicht immer einfach. Der Begriff ist aus meiner Sicht zu unbestimmt und verstößt nach Artikel 103 Abs. 2 GG gegen das Bestimmtheitsgebot.
- § 184 Abs. 1 Nr. 6 StGB: Die Sexualmoral hat sich in den letzten Jahren deutlich verändert. Im Fernsehen stößt man immer wieder auf Inhalte mit pornographischen Bezug. Ich halte die Versendung von pornographischen Inhalten unter Erwachsenen nicht für sinnvoll, da lediglich ein Eingriff in die unmittelbare Konfrontation besteht, der man sich einfach entziehen kann. Ich plädiere daher für eine Streichung dieser Vorschrift und die Herabstufung dieser Handlung als Ordnungswidrigkeit.
- § 183 StGB: Ein absolutes Männerdelikt. Fraglich ist, ob dieser noch zeitgemäß ist, zumal der § 183a StGB bereits sexuelle Handlungen in der Öffentlichkeit strafrechtlich erfasst, wozu auch das Onanieren unstreitig gehört. Da könnte man überlegen, den § 183 StGB zu streichen.
Mehr fällt mir jetzt nicht genau ein. Da müsste ich mich in die Literatur reinfuchsen. Das wären jedoch meine konkreten Vorschläge, wo der Gesetzgeber nachhaken sollte.
Mit freundlichen Grüßen
ChaosLeopard
Das interessiert mich nicht so, weil es mich nie betreffen wird, aber dass Männer massiv benachteiligt werden und Justizia da die Augenbinde nicht auf hat ist sehr beschämend für 1 Rechtstaat und Demokratie
Strafgesetzbuch (StGB) § 183 Exhibitionistische Handlungen
(1) Ein Mann, der eine andere Person durch eine exhibitionistische Handlung belästigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.
Dass sowas in einem Gesetz eines Rechtstaats mit der Bemühung für Gleichberechtigung steht ist verachtenswert. Gesetz muss für jeden gleich sein
Die fehlende Gleichberechtigung zwischen Frauen und Männern ist einfach nur traurig und beschämend.