Wäre eine Aristokratie nicht besser als eine Demokratie?

Familiengerd  21.03.2025, 13:29
Wäre eine Monarchie nicht besser als eine Demokratie?
Aristokratie bedeutet "die Herrschaft der besten"

Was denn nun - "Monarchie" oder "Aristokratie"?

Krader303702 
Beitragsersteller
 21.03.2025, 14:23

Sollte glwich korrigiert werden

24 Antworten

Der grundgedanke hat durchaus seine Daseinsberechtigung. Wenn man es aber weiter denkt, so landet man schnell bei der gleichen naiven Sichtweise wie etwa beim Kommunismus.

Die Kompetenz zu haben ist eine Sache. Eine ganz andere ist es hingegen, im Interesse des Volkes zu handeln und nicht zu seinem eigenen Vorteil

Davon abgesehen ist es oft keine rein rationale Entscheidung, was das Beste ist, sondern hängt von subjektiven Werten ab. Diese werden dem Volk dann aufgedrängt, ohne dass dieses selbst über die Werte entscheiden kann. Die Aristokraten setzen damit also auch deshalb tendenziell ihre eigenen Interessen, anstatt die des Volkes durch.

Und natürlich ist es eine iliberale herrschaftsform, die zumindest meinen wünschen widerspricht.

Woher ich das weiß:Hobby – Großes Interesse, Selbststudium

Krader303702 
Beitragsersteller
 21.03.2025, 00:39
Eine ganz andere ist es hingegen, im Interesse des Volkes zu handeln und nicht zu seinem eigenen Vorteil

Genau das ist die Frage. Wie und wer führt die Prüfungen durch. Vielleicht sollten sie von Grund auf unterrichtet werden.

Reinkanation  21.03.2025, 13:25

Und dann wären da noch sachen wie Elitenprojektion und die Tatsache das einer der sein Amt sicher hatt seine eigenen Interessen schnell mal über die des Staates stellen würde. Das Problem haben wir ja in Staatsformen

HabeckFan  21.03.2025, 09:15

Und du möchtest behaupten dass eine Demokratie rational wäre

chaessus0000  21.03.2025, 00:42

der gleichen naiven Sichtweise wie etwa beim Kommunismus

Was ist am Kommunismus naiv?

Der Mensch lebte über 2mio Jahre im Kommunismus und erst seit 20.000 Jahren in elitären Systemen.

Dogetastisch  21.03.2025, 00:47
@chaessus0000

Das war eigentlich eher auf den Sozialismus als Übergangsphase zum Kommunismus bezogen im Sinne von Marx. Das Proletariat erlangt die Macht, um diese dann abzugeben, sprich um im allgemeinen Interesse zu handeln. Sowas hat noch nie geklappt und wird es auch nicht

Kommunismus kann in tribalistischen Kulturen auch durchaus funktionieren, aber so wird der Kommunismus meist nicht interpretiert.

chaessus0000  21.03.2025, 00:50
@Dogetastisch

Das ist nicht unbedingt das, was Marx meinte, das was du beschreibst ist der marxistisch-leninistische Weg, und diesen lehne ich auch komplett ab. Sozialismus lässt sich nur mit der Durchsetzung der wirklichen Demokratie ermöglichen. Mit Diktatur des Proletariats war diese gemeint.

law2k  21.03.2025, 00:52
@chaessus0000

Auf welche Stelle bei Marx beziehst du dich? Diktatur des Proletariats steht im Widerspruch zu Demokratie (=Herrschaft des Volkes). Es ist nicht das ganze Volk das Proletariat

Dogetastisch  21.03.2025, 00:56
@law2k

Ich habe das kommunistische Manifest nie selber gelesen, deshalb kann ich dir das nicht sagen. Aber von Diktatur das Proletariats auf Demokratie zu schließen, möchte mir nicht ganz ein. Hat er die Demokratie denn explizit gefordert?

law2k  21.03.2025, 00:58
@Dogetastisch

Mein Kommentar war an chaessus0000 gerichtet. Ich habe es gelesen, deswegen wundere ich mich über seine Auffassung dass die Diktatur des Proletariats die "wahre Demokratie" sein soll. Es gibt sogar extra einen Abschnitt im Manifest in dem Marx sich über Sozialisten lustig macht, die so etwas wie "wahre Demokratie" fordern. Er war eigentlich ziemlich unverblümt mit der Auffassung dass explizit nur eine Klasse an der Macht sein soll.

Dogetastisch  21.03.2025, 01:03
@law2k

Ah, ja ich achte manchmal nicht so sehr auf die Namen hier, sorry.

chaessus0000  21.03.2025, 01:21
@law2k

Die herrschende Klasse, also die Bourgeoisie, welche Demokratie verhindert, zu entmachten und als Übergang noch mit Staat eine Herrschaftsform zu etablieren, welche wirklich die Interessen der Mehrheit durchsetzt, das ist die Diktatur des Proletariats und meiner Ansicht nach überhaupt nicht undemokratisch, sondern um einiges demokratischer als bspw. jetzt. Marx meinte keine repressive Diktatur oder ähnliches. ICH BIN ABER DENNOCH KEIN MARXIST! Und vielleicht interpretiere ich einfach meine Vorstellungen als Sozialist zu viel dort rein.

Diese Vorstellung von Demokratie weicht stark von den heutigen Vorstellungen der ''liberalen Demokratie'' ab, welche in Wahrheit auch keine ist. Laut diesen Vorstellungen wäre es bspw. undemokratisch Unternehmer zu enteignen und den Privatbesitz an den Produktionsmitteln zu beenden. In Wahrheit ist der Privatbesitz an diesen das Undemokratische

law2k  21.03.2025, 16:05
@chaessus0000

Da stimmt mehreres nicht.

Erstens versucht die herrschende Klasse gar nicht Demokratie zu verhindern - im Gegenteil hört man von der Regierung doch an jeder Ecke dass es die Demokratie zu verteidigen gilt.

Zweitens ist das Proletariat nicht in der Mehrheit.

Drittens ist die Repression anderer Klassen nach der Machtergreifung des Proletariats natürlich repressiv und damit antidemokratisch. Es werden eben nicht die Interessen von jedem berücksichtigt, sondern nur die der Arbeiterklasse.

Du misst die real existierende Demokratie verglichen mit einem von dir konstruiertem Ideal. Das ist doch für eine Analyse der Welt gar nicht zielführend.

chaessus0000  21.03.2025, 16:32
@law2k

Erstens versucht die herrschende Klasse gar nicht Demokratie zu verhindern - im Gegenteil hört man von der Regierung doch an jeder Ecke dass es die Demokratie zu verteidigen gilt.

Die Regierung ist in erster Linie nicht die herrschende Klasse, sondern der Ausführer für die herrschende Klasse. Zudem wüsste ich jetzt nicht, dass Unternehmer im Interesse ihrer Arbeiter handeln, sondern im Interesse ihres Profits. Sie haben ein ernsthaftes Interesse daran, die Demokratisierung der Wirtschaft zu verhindern, also die von ihnen geführte Ausbeutung der Arbeitskraft ihrer Mitarbeiter weiterzuführen, weil sie andernfalls ihre politische und wirtschaftliche Macht verlieren würden. Ein anderes Beispiel für die Verhinderung der Demokratie ist der Lobbyismus führender Wirtschaftsmächte im Interesse einer Minderheit. Nur, weil irgendwelche Politiker von Demokratieerhaltung schwafeln, heißt das nicht, dass das wirklich ehrlich ist. Sie wissen es oft besser und heucheln halt.

Zweitens ist das Proletariat nicht in der Mehrheit.

Doch die Arbeiterklasse ist definitiv die Mehrheit; wenn man jetzt von Proletariat als die vollkommen besitzlose Arbeiterklasse spricht vielleicht nicht, aber dann reden wir doch einfach über die Diktatur der Arbeiterklasse (Demokratie der Arbeiterklasse) und sparen uns den Begriff Proletariat.

Die Arbeiterklasse ist jedenfalls definitiv die Mehrheitsbevölkerung, die Ausbeuterklasse logischerweise die Minderheit. Es muss immer mehr Arbeiter als Ausbeuter geben, Logik und so

Drittens ist die Repression anderer Klassen nach der Machtergreifung des Proletariats natürlich repressiv und damit antidemokratisch. Es werden eben nicht die Interessen von jedem berücksichtigt, sondern nur die der Arbeiterklasse.

Die Entmachtung und Enteignung der Ausbeuterklasse und Überführung ihrer Produktionsmittel in die Hände aller, auch die Hände von ihnen, nur jetzt wird eben geteilt, ist keine Unterdrückung, sondern Entmachtung und Enteignung und damit Beendigung der Unterdrückung ausgehend von der Ausbeuterklasse. Zudem geht ja die Repression, also Unterdrückung von Kritik, Widerstand, politischen Bewegungen, individueller Entfaltung, individuellen Bedürfnissen von der Ausbeuterklasse aus. Sobald sie dann entmachtet wurden und nicht mehr zur Ausbeuterklasse, sondern zur Arbeiterklasse gehören, können sie doch ganz demokratisch durch freie Wahlen an der Machtausübung im Staat teilhaben, theoretisch sogar in ihrem ehemaligen Interesse als Ausbeuter, sie werden halt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keine Mehrheit bekommen.

chaessus0000  21.03.2025, 16:39
@law2k

Repressiv wäre es, wenn die Ausbeuter entmachtet werden und jetzt die Arbeiterklasse über sie die Macht ausübt ohne ihr Teilhaberecht. Aber die Repressiven, also Ausbeuter, zu entmachten, den anderen in der Gesellschaft machttechnisch gleichzustellen und sie in den demokratischen Prozess einzubinden, selbst wenn sie noch die Interessen der Ausbeuterklasse vertreten, obwohl sie dann zur Arbeiterklasse gehören, ist nicht repressiv, sondern die Beendigung von Repression. Repression ist nur möglich, wenn es wie jetzt zwei Klassen gibt, wenn es eine Klasse gibt, also alle an einem Strang ziehen, nicht.

law2k  21.03.2025, 16:40
@chaessus0000

Wenn die Regierung nur das ausführende Organ der herrschenden Klasse ist macht das doch in der Feststellung dass die ja doch für die Demokratie zu sein scheint keinen Unterschied. Die Demokratie als politisches System ist mit dem Kapitalismus als Wirtschaftsform hervorragend vereinbar.

wenn man jetzt von Proletariat als die vollkommen besitzlose Arbeiterklasse spricht vielleicht nicht, aber dann reden wir doch einfach über die Diktatur der Arbeiterklasse (Demokratie der Arbeiterklasse) und sparen uns den Begriff Proletariat.

Marx hat diesen Begriff und diese Definition nicht aus Jux und Tollerei gewählt. Was macht die von dir definierte Arbeiterklasse denn aus? Wenn sie jeden enthält der für Lohn arbeitet, dann hast du da Vorstände und hochbezahlte Professionelle drin. Die sind aber in der Regel ziemlich happy mit dem Kapitalismus, weil sie zu seinen Gewinnern zählen. Dieser Umstand ist es der das Proletariat als tatsächlich mittellose Klasse die in dieser Gesellschaft wirklich nix zu erwarten hat zur revolutionären Klasse erhebt. Das mit dem "nichts zu verlieren als die Fesseln" war schon auch wirklich so gemeint.

ist keine Unterdrückung, sondern Entmachtung und Enteignung

Wie nennst du denn erzwungene Entmachtung und Enteignung (freiwillig hergeben wird die besitzende Klasse ihre Produktionsmittel ja kaum)? Demokratisch? Dann sag doch gleich alles was du gut findest ist Demokratie und alles was du schlecht findest ist nicht Demokratie. Aber das ist keine sinnvolle Herangehensweise.

Sobald sie dann entmachtet wurden und nicht mehr zur Ausbeuterklasse, sondern zur Arbeiterklasse gehören, können sie doch ganz demokratisch durch freie Wahlen an der Machtausübung im Staat teilhaben, theoretisch sogar in ihrem ehemaligen Interesse als Ausbeuter

Das erübrigt sich doch dann sowieso. Wenn sie keine Produktionsmittel mehr haben dann können sie sich auch nicht mehr als optimale "Ausbeuter" anbieten. Dann gibt es keine Klassen mehr. Aber bis dahin muss man natürlich schon schauen, dass die mit der gesamten Macht über die sie jetzt tatsächlich verfügen nicht den Ansatz der neuen Gesellschaft direkt wieder kaputtmachen. Und dazu gehört definitiv Repression.

chaessus0000  21.03.2025, 18:55
@law2k

Die Demokratie als politisches System ist mit dem Kapitalismus als Wirtschaftsform hervorragend vereinbar.

Auf gar keinen Fall

Marx hat diesen Begriff und diese Definition nicht aus Jux und Tollerei gewählt. Was macht die von dir definierte Arbeiterklasse denn aus? Wenn sie jeden enthält der für Lohn arbeitet, dann hast du da Vorstände und hochbezahlte Professionelle drin. Die sind aber in der Regel ziemlich happy mit dem Kapitalismus, weil sie zu seinen Gewinnern zählen. Dieser Umstand ist es der das Proletariat als tatsächlich mittellose Klasse die in dieser Gesellschaft wirklich nix zu erwarten hat zur revolutionären Klasse erhebt. Das mit dem "nichts zu verlieren als die Fesseln" war schon auch wirklich so gemeint.

Ich weiß nicht, ich habe seit der Zeit Marx einfach für mich die Vorgehensweise weiterentwickelt und halte nichts von gewaltsamer Revolution. Möglicherweise hat meine Ausdrucksform (Entmachtung und Enteignung) das etwas verwässert. Grundsätzlich ist wichtig, dass all dies nicht von heute auf morgen, sondern innerhalb eines langen, demokratischen Prozesses passieren wird. Marx ist zwar ein wichtiger Vordenker, einer der wichtigsten, dass heißt jedoch nicht, dass all seine Vorstellungen die absolute Wahrheit sind und es nur so in den Sozialismus führt. Die Welt hat sich ja zusätzlich auch noch stark verändert, so dass man heute überhaupt keine gewaltsame Revolution, die wahrscheinlich eh nicht zum Sozialismus führen würde, mehr machen kann. Würde Marx heute noch leben, hätte ehr ja eben auch komplett andere Vorstellungen.

Das erübrigt sich doch dann sowieso. Wenn sie keine Produktionsmittel mehr haben dann können sie sich auch nicht mehr als optimale "Ausbeuter" anbieten.

Man muss anerkennen, dass das Privateigentum an Produktionsmitteln Repression bedeutet, derzeit also tagtäglich Repression herrscht. Und wenn die demokratische Mehrheit für eine Abschaffung des Privateigentums in diesem Sinne ist, dann ist es legitim und nicht repressiv die Ausbeuterklasse zu enteignen.

Mein Ansatz ist im Grunde folgender:

Demokratisches Kapital innerhalb des Kapitalismus aufbauen, welches bspw. den Arbeitern in Privatbetrieben zeigt, dass die demokratischen Betriebe einfach besser sind (mehr Mitbestimmung, Beteiligung an Gewinnen kein Lohn, bessere Arbeitsbedingungen, freundschaftlichere Verhältnisse, mehr Effizienz)

Stück für Stück auch gestützt durch das demokratische Kapital sozialistische Kräfte innerhalb der Politik etablieren (diese fördern dann bspw. demokratische Betriebe mehr als private, verhängen z.B. hohe Strafbeträge für Ausbeutung im Betrieb)

Mediale Macht aufbauen. Sozialistische, aufklärende und klassenbewusstseinschaffende Medien als Gegensatz zu den bürgerlichen, den Menschen dummhaltenden Medien

Wenn sie jeden enthält der für Lohn arbeitet, dann hast du da Vorstände und hochbezahlte Professionelle drin

Ich würde mal behaupten, für die absolut meisten innerhalb der Arbeiterklasse ist sehr viel Luft nach oben. Letztlich hängt die Überwindung des Kapitalismus und Etablierung des Sozialismus aber auch einfach davon ab, den Menschen wieder zum wirklich humanistischen Denken zu bringen und auch den ''Gewinnern'' des Kapitalismus klarzumachen, dass das System wie es jetzt ist, den Menschen krank macht und obwohl sie zwar innerhalb des System monetär reich sind, sind sie es in den allermeisten Punkten eben nicht. Ob nun Arbeiterklasse oder Ausbeuterklasse, aus menschlicher Sicht, aus Sicht von dem, was wirklich Erfüllung dem Menschen bringt, gibt es keine Gewinner, sondern nur Verlierer im Kapitalismus.

law2k  21.03.2025, 21:00
@chaessus0000

Du behauptest die Vorgehensweise von Marx weiterentwickelt und über ihn hinausgegangen zu sein, hast ihn aber entweder nicht gelesen oder nicht verstanden, das geht aus deinen Ausführungen klar hervor. Ich kann nur an dich appellieren dich ernsthaft mit dem was er geschrieben hat zu befassen. Er hat sich auch mit solchen Argumenten wie deinen dauernd auseinandergesetzt. Ansonsten kannst du noch 60 Jahre mit Moral argumentieren während das Kapital läuft wie geschmiert und währenddessen schlimmstenfalls auch noch Leute mit Fehlschlüssen von einer wirklich radikalen Kritik abhalten.

Ein kleiner Hinweis zum Einstieg: Da es das herausragende Merkmal der Ware Arbeitskraft es ist, dass sie imstande ist mehr Wert zu erzeugen als für ihre Reproduktion benötigt ist kann der Kapitalist auf Moralebene einfach argumentieren dass ihm der Mehrwert zusteht. Er bezahlt ja nur den gerechten Preis der Arbeitskraft als Gut, und liefert dem Arbeiter dafür aus seiner Hand das nötige konstante Kapital (in Form von Werkzeugen, Maschinen...) um die Arbeit zu verrichten. Siehst du anders? Mag sein. Das ist das Problem mit Moral. Zu subjektiv. Und rate mal, wer in einer vom Kapital dominierten Gesellschaft bestimmt welche moralischen Argumente gültig sind und welche nicht.

chaessus0000  21.03.2025, 21:24
@law2k

Ich habe zu keinem Zeitpunkt auf Grundlage der Moral argumentiert, sondern auf der, der Interessen.

Ich habe ihn gelesen, halte jedoch vieles für falsch, vor allem in der heutigen Zeit.

Du behauptest die Vorgehensweise von Marx weiterentwickelt und über ihn hinausgegangen zu sein

Nein, ich behaupte nicht direkt die Vorgehensweise von Marx weiterentwickelt zu haben, sondern habe für mich lediglich den Gedanken der gewaltsamen Revolution zur Erreichung einer sozialistischen Gesellschaft abgeschrieben. Selbst WENN Marx das absolut anders sah. Der historische Materialismus sieht nicht zwangsweise vor, dass revolutionäre gesellschaftliche Umbrüche gewaltsam sein müssen. Vor allem heute ist es wie gesagt unrealistisch as fck. Allgemein ist es natürlich wichtig und gut auf Theorie von Vordenkern zurückgreifen zu können, man sollte jedoch nicht stur Dinge schlucken und daran festhalten.

In späteren Schriften deutete Marx übrigens selbst an, dass in entwickelten Demokratien eine friedliche Revolution denkbar wäre. Auch Engels betonte später, dass sich mit parlamentarischer Mehrheit sozialistische Veränderungen durchsetzen ließen.

Wie gesagt mein Konzept ist: Demokratisierung der Wirtschaft (Aufbau demokratisches Kapital), Aufbau sozialistischen Einflusses innerhalb der Parlamente, Aufbau sozialistischer Medien.

Statt über alte Theorie zu schreiben und ''dem was Marx gesagt hat'' würde mich mal interessieren, was du davon hältst, von diesen ''3 Pfeilern'' und der Erreichung des Sozialismus auf diesem Weg

chaessus0000  21.03.2025, 21:33
@law2k

Ich habe oft das Gefühl, Marx wurde in vielen Punkten sehr falsch verstanden. Bspw. haben viele die Vorstellung, er wollte einfach nur Bürgertum für alle.

Kennst du Erich Fromm? Ich empfehle, auch zum besseren Verständnis was Marx, als Philosoph gesehen, wollte, aber auch generell, dich (falls du ihn nicht kennst) mit Erich Fromm zu beschäftigen

law2k  21.03.2025, 21:38
@chaessus0000

Doch, die Argumente waren moralisch. Du bist dir ja sogar so sicher in deiner moralischen Einschätzung dass du meinst zu wissen, nicht mal die Kapitalisten wären wirklich glücklich mit der bestehenden Ordnung.

Der historische Materialismus sieht nicht zwangsweise vor, dass revolutionäre gesellschaftliche Umbrüche gewaltsam sein müssen.

Das stimmt. Allerdings kam Marx ja aus bestimmten Gründen zu dem Schluss, dass das nötig sei. Es geht ja nicht darum zu sagen "Marx hat das gesagt, daher stimmt es" sondern zu sagen "Er zeigt, warum es anders wohl nicht geht". Er wäre, wenn es ginge nicht gegen einen demokratischen Wandel. Zitat dazu von Marx und Engels:

Es wäre wünschenswert, wenn dies geschehen könnte, und die Kommunisten wären sicherlich die letzten, die sich dem widersetzen würden. Die Kommunisten wissen nur zu gut, dass alle Verschwörungen nicht nur nutzlos, sondern sogar schädlich sind. Sie wissen nur zu gut, dass Revolutionen nicht absichtlich und willkürlich gemacht werden, sondern dass sie immer und überall die notwendige Folge von Bedingungen waren, die völlig unabhängig vom Willen und der Leitung einzelner Parteien und ganzer Klassen waren.

Sie sehen aber auch, dass die Entwicklung des Proletariats in fast allen zivilisierten Ländern gewaltsam unterdrückt wurde und dass die Gegner des Kommunismus auf diese Weise mit aller Kraft auf eine Revolution hingearbeitet haben. Wenn das unterdrückte Proletariat endlich zur Revolution getrieben wird, dann werden wir Kommunisten die Interessen der Proletarier mit Taten verteidigen, wie wir sie jetzt mit Worten verteidigen.

In späteren Schriften deutete Marx übrigens selbst an, dass in entwickelten Demokratien eine friedliche Revolution denkbar wäre. Auch Engels betonte später, dass sich mit parlamentarischer Mehrheit sozialistische Veränderungen durchsetzen ließen.

Das war transient an die Bedingung geknüpft, dass das Proletariat in der Mehrheit ist und die vollen politischen Rechte hat, kein Dogma. Und so ist die Situation ja nicht.

Vor allem heute ist es wie gesagt unrealistisch as fck.

Und wie haut es mit der demokratischen Reform so hin? Was wurde da so erreicht die letzten 100 Jahre? Das Argument geht doch in die Richtung genau so gut.

Und "heute ist es unrealistisch" sagte man vor jeder Revolution ;)

Statt über alte Theorie zu schreiben und ''dem was Marx gesagt hat'' würde mich mal interessieren, was du davon hältst, von diesen ''3 Pfeilern'' und der Erreichung des Sozialismus auf diesem Weg

Ich schreibe nicht über diese alte Theorie weil ich den Marx als Person so toll finde, sondern weil die Argumente auch heute noch zutreffen.

Davon abgesehen: nichts. Aufbau demokratischen Kapitals gibt es doch schon, z.B. in Form von Genossenschaften. Hilft nichts, setzt die Marktmechanismen und das Privateigentum nicht außer Kraft. Im besten Fall agiert die Belegschaft als "virtueller Kapitalist". Das ist keine Verbesserung. Aufbau sozialistischen Einflusses innerhalb der Parlamente - nimm mal Deutschland als Beispiel. Das Privateigentum ist unveränderlich im GG festgeschrieben. Selbst wenn da eine Mehrheit zustande käme - was nie passieren wird weil so eine Partei verboten würde, wenn sie je eine relevante Prozentzahl erreichte (auch das wird eher nicht passieren, nichtmal die sozialdemokratische Linke gilt als wählbar). Aufbau sozialistischer Medien ist da noch das sinnvollste. Aber nur um zutreffende Argumente an die Arbeiterklasse zu verbreiten, aus den Argumenten muss dann auch eine unabhängige Organisation folgen.

law2k  21.03.2025, 21:41
@chaessus0000
Ich habe oft das Gefühl, Marx wurde in vielen Punkten sehr falsch verstanden. Bspw. haben viele die Vorstellung, er wollte einfach nur Bürgertum für alle.

Das zu sagen und dann Erich Fromm zu empfehlen ist schon ziemlich lustig.

Eine Betrachtung von Marx als "Philosoph"? Wozu? Er war explizit anti-philosophisch.

Das hat so ein bisschen was von diesem bürgerlichen "Ja da hat der Marx eine schöne Gesamttheorie geschaffen, aber guck doch mal wie der Mensch in der echten Welt ist..." Dieses so-tun-als-ob man nicht peilen würde (okay, manche peilen es vielleicht wirklich nicht) dass der Marxismus eine wissenschaftliche Analyse der Ökonomie und gleichzeitig eine immanente Kritik dieser ist.

law2k  21.03.2025, 21:51
@law2k

Ach und noch zur Entwicklung der Gesellschaft und der "Gegenöffentlichkeit", da es ja die letzten Jahrzehnte andauernd Sozialisten gab die meinten mit so einer demokratischen Kritik wird das jetzt was werden: es sieht aktuell eher danach aus, als könnte man für das was wir hier heute schreiben in 10 Jahren schon wieder ins Lager gezerrt werden. Selbst kleine marxistische Zeitschriften werden von der BRD beobachtet oder verboten, für das äußern des Wortes "Profitmaximierung" kassiert man ein Berufsverbot (Poettinger; auch schön schizophrene Gesellschaft - den Profit soll man maximieren, aber wer's ausspricht dass es so ist, der macht sich als Staatsfeind verdächtig!) und das Programm auch der linkeren Parteien ist erstmal Unterordnung unter den Staatszweck, vor allem für den Fall dass mal wieder ein Krieg in naher Zukunft anstehen sollte. Am besten macht man sich dann auch noch fürs gewaltsam eingezogen werden bereit.

Und dann soll man das Ideal der Demokratie verteidigen und hoffen dass diesmal in ein paar Jahren sicher alle gescheit werden und was tolles wählen was damit Schluß macht?

chaessus0000  21.03.2025, 22:07
@law2k

Ich danke dir für deine Ausführungen, wirklich. Was genau ist nun dein politischer Punkt, deine Position?

law2k  21.03.2025, 23:08
@chaessus0000

Ich mag "Marxist" als Label nicht so sehr. Zum einen weil es so sehr an einer Person hängt, zum anderen weil es schon von so vielen Bewegungen verwendet wurde z.B. der "Marxismus-Leninismus" (dessen größte Leistung die totale Verfälschung von Marx' Schriften war - danke UdSSR). "Kommunist" ist okay, allerdings verschreckt dieses Wort Leute dermaßen dass ich mich so selbst eigentlich nie nenne.

Meine politische Position ist, so wie Marx das schon geschrieben hat in einem Satz am einfachsten so zusammenzufassen: Aufhebung des Privateigentums. Genauer ausgeführt: Beim wissenschaftlichen Studium des Kapitalismus lässt sich nachweisen, dass diese Wirtschaftsweise für das Wohlergehen der gesamten Menschheit einfach nicht taugt. Damit gilt es sich auseinanderzusetzen, und diese radikale Kritik schlüssig zu erörtern und darzulegen. Das ist die eine Seite. Aber - ich zitiere nochmal Marx: "Die Waffe der Kritik kann die Kritik der Waffe nicht ersetzen". Aus den Widersprüchen und Schlussfolgerungen die man aus der Analyse der wirklichen Welt so zieht, muss ein Programm entwickelt werden wie man den Laden umkrempelt. Allerdings nicht mit dem Ziel, das prophetisch an "die Massen" zu bringen, sondern damit, sobald die Situation revolutionär wird, die Arbeiterklasse eine klare Doktrin hat. In Zeiten von revolutionär ungünstiger Situation (z.B. aktuell) zu versuchen "die Leute" zu überzeugen ist sinnlos, höchstens kann man einzelne Personen überzeugen bei denen es sinnvoll erscheint. Deswegen schreibe ich auch ellenlange Paragraphen hier - du hast ja Interesse daran. Ich würde damit Leute nicht auf der Straße anquatschen. Das ginge nach hinten los. Das beste was man aktuell abseits von der Analyse tun kann ist den Arbeitskampf zu unterstützen. Dabei ist erstmal zweitranging welche konkreten Siege (z.B. Lohnerhöhungen) dabei erzielt werden, und primär wichtig dass die Arbeiterklasse ein Bewusstsein für ihre Position und eine erweiterte Assoziation entwickelt. Alles weitere folgt daraus.

Literatur die ich empfehlen kann wären Marx/Engels (duh), in Teilen auch Lenin. Was aktuellere Zeitschriften im deutschen Sprachraum angeht den Gegenstandpunkt (auch hier nicht vollständig, sowieso immer alles mit kritischem Auge lesen und prüfen ob die Argumente schlüssig sind). Bei 99ZUEINS gibt es manchmal auch was brauchbares. Ebenso in großen Teilen die Artikel aus den verschiedenen Veröffentlichungen der italienischen kommunistischen Partei, zu finden auf quinterna.org, sinistra.net oder libriincogniti.wordpress.com; auch auf international-communist-party.org gibt es einige gute Texte (hervorzuheben ist insbesondere die "Sammlung der Partei-Thesen" - eine Kollektion besonders lesenswerter Artikel).

Menydous900  21.03.2025, 00:40

Wir hatten im Ansatz so eine Herrschaftsform während Corona.

Da haben Virologen fast die Politik nach wissenschaftlichen Fakten gemacht zum Leidwesen der Bevölkerung

Dogetastisch  21.03.2025, 00:43
@Menydous900

Stimmt so nicht ganz. Die Regierung hat ihren Kurs teilweise unabhängig von den Meinungen der Wissenschaftlern durchgesetzt. Das war ja auch bei den zuletzt veröffentlichten RKI-Daten ersichtlich.

In unserer parlamentarischen Demokratie gibt es aber tatsächlich parallelen zu einer Aristokratie, nur dass die Machthaber leider nicht einmal die besten sind...

Menydous900  21.03.2025, 00:50
@Dogetastisch

Ja aber hätte sie es tatsächlich so gemacht wie die Virologen es empfholen haben,dann wäre uns ein langer Lockdown umd viele Tote erspart grbliebrn.

Dogetastisch  21.03.2025, 01:01
@Menydous900

Das könnte schon sein. Wobei die Diversität der Meinungen unter Wissenschaftlern wohl auch größer war, als es die Medien vermittelten.

So oder so, das Problem wäre hier wieder gewesen, dass es nicht nur auf wissenschaftliche Fragen ankommt sondern auch auf Werte. Und diese wahlmöglichkeit und Herr schlugen die virologen gerne bei ihren Handlungsempfehlungen.

Ich denke eine Synthese aus beidem könnte aber durchaus gut funktionieren, also eine Demokratie mit aristokratischen Elementen.

Im traditionellen China gab es ein sehr anspruchsvolles Prüfungssystem.

Der Kaiser konnte nicht überall hinkommen und/oder seine Befehle mit Lichtgeschwindigkeit verschicken. Daher strenge Prüfungen zur Schaffung einer hochkulturellen Elite.

Das System hat auch unter nicht-chinesischen Herrschern sich weitgehend erhalten.

Es war vielleicht das bestmenschenmögliche Modell einer "Herrschaft der Besten".

Nicht erst im Opiumkrieg ist es dann gescheitert.

Einer, der durch die Prüfung fiel, wurde der vielleicht beste chinesische Dichter:

Li Bai. War das Auswahlsystem unzureichend??

Der beste Dichter war sicher weder der beste Verwaltungsbeamte oder der beste Feldherr.

Nicht nur aufgrund des Opiumkriegs ist das Chinesische Kaiserreich zusammengebrochen, obwohl nicht-chinesische Herrscher, die China erobert haben, praktisch immer das System beibehalten haben. Oder weil?

Die chinesischen Entdeckungfahrten wurden mit viel größeren Schiffen und mehr Mannschaftsmitgliedern unternommen als die Fahrten des Kolumbus und Vasco da Gamas. Sie wurden abgebrochen und die Energie in den Bau der chinesischen Mauer gesteckt.

Waren die Besten nicht gut genug? Waren sie nicht genügend raffgierig? Zu starr an der konfuzianischen Lehre ausgerichtet?


EstherMontanus  21.03.2025, 09:54

Die Prüfungen hatten nur mit den tatsächlichen Anforderungen der Verwaltung wenig zu tun.

Es gibt zwei Widersprüche in dem Modell:

Bewertung der Besten

Eine Bewertung setzt bereits die Einigkeit über ein Bewertungssystem voraus. Und die Kriterien für eine Bewertung sind wesentlich dafür, wer wie gut bewertet wird. Da es aber kein "kanonisches", quasi aus sich selbst heraus entstehendes, immer gutes Bewertungssystem gibt, muss es durch Menschen eingeführt und fortentwickelt werden.

Das ist nicht nur ein Henne-Ei-Problem, sondern ein grundlegend moralisches. Und wer kontrolliert diese Menschen, dass sie zumindest keine Fehler oder noch schlimmer in eigener Hybris vermeintlich allgemeine, aber doch dann private Ziele verfolgen? – !

Zudem sitzt Du mit der Bezeichnung "Aristokratie als Herrschaft der Besten" einer Selbstdarstellung der Aristokraten auf. Sehr wohl in eigener Hybris und aber auch in Rechtfertigung, was sie anderen Menschen antun, also eine gewollte Selbstdarstellung als "Gutmenschen". Eine Beschönigung eines miesen Zustands.

Paradoxon des guten Diktators

Denn es bleibt dabei, dass nicht ein kleiner Teil der Gesmtheit ihren Willen aufzwingen darf. Das ist das Paradoxon des guten Diktators (oder einer Gruppe "der Besten"): Einer muss ja nur vorgeben ("die Besten der Besten der Besten …"), was zu tun ist, und wenn dann das alle machen, funktioniert es viel besser.

Nur dumm, wenn der "gute Diktator"/"die Aristokraten" mal eine andere Meinung hat/haben, als ich selbst, dann wird aus dem "guten" ein "böser" Diktator. Oder: Nur weil eine Stelle diktatorisch zufälligerweise die richtige Direktive ausgibt, wird sie dadurch nicht weniger diktatorisch!

Demokratische Prozesse sind eine hehre Errungenschaft und dürfen auch nicht für noch so gute Ziele aufgegeben werden.

Es muss also weiter so bleiben, dass wir in den Diskurs treten und die beste Lösung für alle zu finden. Dabei darf es aber nie zur Spaltung kommen, wir müssen im Dialog miteinander bleiben, wir können keinen Riss in der Gesellschaft brauchen (wie in US Amerika).

Demokratie

Und damit sind wir zurück in der Wirklichkeit. Dem angeblichen Ausspruch des früheren, britischen Premiers nach, ist von allen schlechten Systemen die Demokratie das beste. Etwas sehr pessimistisch formuliert. Hm. Aktuelle Entwicklungen zeigen, dass es wichtig ist, die "Kosten der Demokratie" auszuhalten, im Diskurs zu bleiben und sich nicht ängstlich ins Private und hinter falsche, simplifizierte Versprechen zurückzuziehen. Wer sich von der "res publica"/"öffentlichen Sache", der Republik (Sic!), zurückzieht, dient weder den eigenen Interessen, noch der Nation, also der Gemeinschaft von Leuten, die im Hier und Jetzt sich für die res publica einsetzen und sie mitgestalten wollen.

Das sind alle, das fängt vor der Schwelle meiner Haustür an und gilt für alle, nicht nur für einige "Politiker".

Aber das bleibt: Das alle sich immer wieder zusammentreffen müssen, um Auszuwählen, was für uns unter allen Angebotsbündeln das wichtigste ist und wem wir zutrauen, das umzusetzen. Nennt sich Wahlen und ist bisher die beste Lösung, ohne kanonisches Bewertungssystem die auszuwählen, die die zentralen Entscheidungen treffen sollen. 😎

Prinzipiell könnte sie das sein. Allerdings endet so etwas meistens im totalen Chaos.


Krader303702 
Beitragsersteller
 21.03.2025, 00:32

Ja früher oder später fällt jedes System. Gab es mal eine solche Aristokratie?