Sollte Naloxon für Opioid-Abhänige in Deutschland eurer Meinung nach leichter erhältlich sein wie in den USA und Kanada
https://www.pharmazeutische-zeitung.de/2018-04/kanada-naloxon-notfallset-verhindert-drogentote/
In Deutschland ist Naloxon verschreibungspflichtig.
Es neutralisiert die Wirkung von Opiaten und Opioiden und wird des halb bei einer Überdosis von Opioiden und Opiaten verwendet.
4 Antworten
Danke für dieses wichtige Thema! Ich spreche mich ganz klar für eine erleichterte und flächendeckende Verfügbarkeit von Naloxon aus. In unserer täglichen Arbeit (Drogenberatungsstelle mit niedrigschwelligem Kontaktladen) erleben wir immer wieder, wie akut lebensbedrohlich Opioidüberdosierungen sein können. Oft wären sie vermeidbar, wenn Naloxon schnell zur Hand wäre.
Naloxon ist ein sicheres und nebenwirkungsarmes Medikament, das keine psychoaktive Wirkung besitzt und nicht mißbraucht werden kann. Außerdem eignet es sich hervorragend für die Anwendung durch Laien, vor allem in Form von Nasensprays und nach einer entsprechenden Schulung. Die Erfahrungen aus der Praxis belegen deutlich, dass niedrigschwellige Zugänge zu Naloxon die Zahl drogenbedingter Todesfälle messbar senken (z.B. Quelle 1, Quelle 2).
Deine Frage ist irreführend oder zumindest nicht richtig formuliert.
Sollte Naloxon für Opioid-Abhängige in Deutschland eurer Meinung nach leichter erhältlich sein....?
impliziert, dass Opiat-Abhängige leichter Naloxon bekommen/erhalten sollten, dabei können Opiatabhängige, die wegen einer möglichen Überdosierung Naloxon akut brauchen, dieses Mittel sich in aller Regel nicht selbst verabreichen.
Richtig ist allerdings, dass Naloxon vermehrt zur Ausstattung von Polizei, Notfallhelfern, Sanitätern, Sicherheitspersonal gehören sollte, um bei (richtig erkannter) Überdosierung Naloxon auch (lebensrettend) einsetzen zu können.
Die Bereitschaft sich als Opiatabhängiger in der Anwendung von Naloxon praktisch unterweisen zu lassen und sich anschließend rechtsverbindlich zu verpflichten, Naloxon permanent mitzuführen, um anderen Abhängigen im Notfall damit das Leben zu retten, ist sicherlich durch eine Prämienvergabe in Form von 'Goodies' (aus der Asservatenkammer der jeweiligen Staatsanwaltschaften) förderbar und insofern ein hehres Ziel.
Ich fürchte, Hendrik Streeck hat anderes im Sinn.
praktisch unterweisen zu lassen und sich anschließend rechtsverbindlich zu verpflichten, Naloxon permanent mitzuführen
Das wäre mir neu, dass durch die Schulungen eine rechtlich verbindliche Verpflichtung besteht. Bei den Schulungen, die wir in der Vergangenheit für Take Home Naloxon gehalten haben, war das zumindest nicht der Fall. Aber über Prämien aus der Asservatenkammer würde sich bestimmt der eine oder die andere freuen :-)
Das Problem mit Naloxon ist, dass es bei Süchtigen schwere Entzugserscheinungen auslösen kann. Man kann von einer Überdosis sofort in den Entzug rutschen. Da wäre es schon sinnvoll, wenn ein Arzt dabei wäre, wenn das passiert.
Das ist tatsächlich auch so vorgesehen: wenn Naloxon verabreicht wird, muss immer auch ein Notruf abgesetzt werden. Einerseits wegen des Entzugs, aber auch deshalb, weil die Wirkung von Naloxon nach etwa 90 wieder weg ist und man dann wieder in die Überdosierung rutschen kann.
Naloxon ist für User eher uninteressant. Drückeberger machen sich keine großen Gedanken über eine Überdosis. Ausserdem ist eine Überdosierung so gut wie nie mehr heutzutage die Todesursache und letztlich müsste jemand das Spray ja verabreichen. Kein Junkie der abkackt kommt auf die Idee sich seinen Turn kaputt zu machen. Selbst wenn es der letzte wäre.
Puh, das sehe ich anders. In so ziemlich jeder Hinsicht.
- Überdosierungen mit Opiaten/Opioiden sind bei den so genannten Drogentoten immer noch recht häufig die Todesursache.
- Ja, das Spray muss durch andere verabreicht werden. Nicht, weil die Person selbst das nicht machen möchte, sondern das mit einer akuten Überdosierung schlicht und ergreifend nicht mehr kann.
- Deswegen umso wichtiger, dass möglichst viele User, aber auch andere Personen, mit denen sie zu tun haben (Beratungsstellen, Kontaktläden, Polizei, Angehörige) mit Naloxon ausgestattet sind, um der betreffenden Person dann helfen und deren Leben retten zu können.
Wenn du mal genauer nachlesen magst, findest du hier alle wichtigen Infos:
https://www.naloxontraining.de/
Viele Grüße
Peter vom DigiStreet-Team der Drogenhilfe Schwaben
Ich kann ja nur von meinen Erfahrungen sprechen. Und denen der Leute die ich kenne. Das sind etwa hundert Leute die an mittell- oder unmittelbaren Konsum gestorben sind. Und davon 3 oder 4 an einer Überdosis Heroin. Das letzte Mal vielleicht vor 20 Jahren. Mit einer möglichen Ausnahme vor relativ kurzer Zeit.
Ich habe noch nie einen Junkie kennengelernt der für Naloxon mehr als akademisches Interesse aufgebracht hat.
Liebe Grüße zurück
Manu, 25 Jahre Nadel
Hm, okay. Dann sind deine Erfahrungen anders als unsere. In Augsburg kennt und schätzt die Szene Naloxon. Wir haben hier recht regelmäßig Notfälle wg. Opiat-Überdosierung und auch schon häufig (erfolgreiche) Naloxon-Einsätze.
VG Peter
Den Gedanken kann ich gut nachvollziehen. Allerdings ist es ja häufig so, dass Opiat-Konsumierende sich immer wieder in Situationen befinden, in denen jemand anderes während ihrer Anwesenheit konsumiert. Da kann es durchaus Leben retten, wenn jemand Naloxon dabei hat und im Umgang damit gut geschult wurde.