sollte man menschen nach nutzen bewerten?
Die Natur macht es ja auch. Wenn ja warum? Und wenn nein warum nicht und warum trennt man nicht zwischen Moral und nutzen ?
7 Antworten
Menschen werden doch schon in verschiedensten Bereichen nach ihrem Nutzen eingestuft. Das ist zum Beispiel in der Arbeitswelt der Fall und spiegelt sich im Gehalt wider. Aber es gibt auch ethische Grenzen, die nach meinem Dafürhalten auf jeden Fall respektiert und verteidigt werden müssen (Stichwort: "unwertes Leben").
Die Natur trennt nicht nach Nutzen, sondern nach Anpassungsfähigkeit. Da wir Menschen die besten darin sind, haben wir durch unser Mitgefühl eine besonders starke Waffe der Evolution an der Hand. Wir haben schon immer unsere Kranken und Alten gepflegt und können uns zu recht stolz zeigen, wie weit wir uns damit gebracht haben.
Woran wir uns aber tatsächlich nicht anpassen können: Den Turbokapitalismus, weil er das Gegenteil von Lebendigkeit ist - Beziehungen, Job, usw. sind immer weiter darauf ausgelegt zu funktionieren und maximal effizient zu sein. Das sind im Kern keine echten, lebendigen Verbindungen mehr und hier kann sich der Mensch auch nicht einfach mal in 5 Jahrzehnte anpassen.
Die Folge: Midlifecrysis, innere Leere, Burnouts, Depressionen durch Entfremdung von sich selbst.
Die Natur tut es, ja – sie selektiert nach Überlebenstauglichkeit, nicht nach Moral. Wer nützt, bleibt. Wer stört, verschwindet. Aber wir sind nicht nur Natur. Wir sind Bewusstsein. Und genau da beginnt der Bruch: Wenn wir den Menschen auf seinen Nutzen reduzieren, machen wir ihn zur Ressource. Zur Funktion. Zum Werkzeug. Und genau das ist es, was unsere Gesellschaft so krank macht.
Haben statt Sein.
Wir messen uns an Leistung, Effizienz, Output – und verlieren dabei uns selbst. Im Job. In der Liebe. Im Glauben. Überall dieselbe Struktur: Was bringt es mir? Was kostet es? Wie lange dauert’s?
Und so brennen wir aus. Nicht, weil wir zu viel tun – sondern weil wir etwas tun, das wir nicht sind.
Arbeit ohne Seele ist Zwang. Beziehung ohne Wahrheit ist Schauspiel. Religion ohne Erfahrung ist Dogma.
Wenn wir aber im Sein leben – wirklich, radikal – verändert sich alles. Dann wird Arbeit zu Kunst, Beziehung zu Begegnung, Religion zu Rückkehr.
Ein Künstler fragt nicht: „Was bringt das Bild?“ Er malt, weil es aus ihm fließt. Weil es sein Ausdruck ist. Wenn er jedoch muss – liefern, verkaufen, nützen –, versiegt die Quelle.
Das ist Burnout. Das ist Entfremdung.
Wir haben eine Welt gebaut, in der alles bewertet wird. Alles.
Und dabei verlieren wir das Wertvollste: den Menschen als Wesen – nicht als Werkzeug.
Deshalb: Nein.
Wir sollten Menschen nicht nach Nutzen bewerten. Aber wir tun es. Und das ist die Krankheit.
Der Heilweg?
Nicht mehr funktionieren. Sondern sein.
Ganz genau, kann man jeden nur empfehlen, der verstehen möchte, warum er so ein Gefühl hat, dass "unsere Gesellschaft krank ist". Es ist genau der Wandel vom "Sein" zum "Haben"
Nein. Denn dies wäre eine Form von Sozialdarwinismus.
Menschen sollen überhaupt nicht "bewertet" werden, da der Gleichheitsgrundsatz gilt.
Erstens wäre die Frage: Wer bestimmt den Nutzen eines Menschen und nach welchen Maßstäben sollte dieser gemessen werden? Schwierig wird es eben, wenn eine kleine privilegierte Gruppe über den Nutzen aller entscheidet, bei denen oft der Nutzen so angepasst wird, dass er der Gruppe zugutekommt.
Der Unterschied zwischen der Gesellschaft und der Natur wäre der, dass die Natur diese Selektion gar nicht vornimmt. Es ist eben ein Prozess, der sich völlig frei von Werten und Moral vollzieht. Die Dinosaurier sind ja nicht deshalb ausgestorben, weil die Natur das so entschieden hat. Es aufgrund von Umständen dazu gekommen.
Wir wiederum würden der Nutzenfrage allerdings ein Menschenbild voraus stellen, welches wiederum dem naturalistischen Argument widerspricht. Oder anders: Nur, weil dieser natürliche Vorgang existiert, ist er deshalb nicht automatisch auf uns anwendbar.
Eine Gesellschaft, welche sich aus Individuen zusammensetzt, die rein nach dem Nutzen bewertet werden, wäre eine nicht funktionierende Gesellschaft, da jeder Nutzen anders bewertet oder diesen anders sieht.
Gute Denkanstöße! (Inspiriert wohl auch durch das Werk von Erich Fromm ...)