Ist die Bibel die moralische Instanz unserer Gesellschaft oder wer sonst?

4 Antworten

Ist die Bibel die moralische Instanz unserer Gesellschaft

Nein. DIE Zeiten sind erfreulicherweise dann doch vorbei.

oder wer sonst?

Jeder für sich: "Über Moral und Weisheit hat jeder seine eigene Ansicht. Der Fisch sieht sie von unten, der Vogel von oben." (Chinesisches Sprichwort)

Entsprechend:

Viele Leute reden von Moral und sehen sie meistens auf ihrer Seite, aber wer legt fest, was moralisch ist und was nicht?

Da jeder eine eigene Moral hat, ist sie auch immer auf der Seite der Person, die sie anführt.

Es ist zwar strunzdumm, seine "Moral" als Maßstab für andere zu sehen, aber sehr beliebt, weil man auch allerdümmste Forderungen oder gar verbrecherischte Taten nicht sachlich begründen muss, wenn "die Moral" es nur gebietet.

Die größten Verbrechen der Menschheit wurden und werden mit "Moral" gerechtfertigt - aktuell gerade in Russland sehr beliebt. Sogar mal wieder die "christliche Moral".

Fundamental-christliche Menschen finden z.B. Homosexualität unmoralisch, weil es eben in der Bibel steht, oder warum sonst?

Ja. die armen, "verfolgten Christen"! (schluchz) Im "Kollosseum den Löwen zum Fraß vorgeworfen!" (heul) Belege? Keine.

Aber kaum war das Christentum Staatsreligion, fingen sie an, Homosexuelle auf dem Scheiterhaufen zu verbrennen.

Ihr Gott liebt es wohl heiß und knusprig.

"Ich verurteile das Christentum, ich erhebe gegen die christliche Kirche die furchtbarste aller Anklagen, die je ein Ankläger in den Mund genommen hat. Sie ist mir die höchste aller denkbaren Korruptionen (...) sie hat aus jedem Wert einen Unwert, aus jeder Wahrheit eine Lüge, aus jeder Rechtschaffenheit eine Seelen-Niedertracht gemacht (...) Ich heiße das Christentum den einen großen Fluch, die eine große innerlichste Verdorbenheit, den einen großen Instinkt der Rache, dem kein Mittel giftig, heimlich, unterirdisch, klein genug ist - ich heiße es den einen unsterblichen Schandfleck der Menschheit." (Friedrich Nietzsche, Philosoph)

"Die Religion der Liebe, die christliche, ist seit mehr als achtzehn Jahrhunderten gegen alle Andersdenkenden eine Religion des Hasses, der Verfolgung, der Unterdrückung gewesen. Keine Religion der Welt hat der Menschheit mehr Blut und Tränen gekostet als die christliche, keine hat mehr zu Verbrechen der scheußlichsten Art Veranlassung gegeben; und wenn es sich um Krieg und Massenmord handelt, sind die Priester aller christlichen Konfessionen noch heute bereit, ihren Segen zu geben, und hebt die Priesterschaft der einen Nation gegen die feindlich ihr gegenüberstehende Nation flehend die Hände um Vernichtung des Gegners zu einem und demselben Gott, dem Gott der Liebe, empor." (August Bebel, Politiker)

"Die positiven ganzheitlichen Erfahrungen vieler Naturreligionen hat das Christentum ausgemerzt. An die Stelle des Sanften, Lebensbewahrenden ist das Harte, Zerstörerische getreten. Die weißen Europäer, die als Konquistadoren, als Eroberer mit dem Schwert ihren Glauben verbreiteten, haben den Völkern Amerikas und Afrikas nicht nur die Lebensgrundlagen geraubt, sondern mit der Zerstörung der Religionen auch die kulturelle Identität. Und sie haben überall hin ihre unchristliche Philosophie mitgebracht: Besitz- und Profitsucht." (Günter Wallraff, Publizist)

Was bedeutet überhaupt Moral

Das diejenige Person, die sie anführt, üblicherweise unrecht hat (oder bestenfalls nur zufällig recht hat), und Fakten sie nicht interessieren.

und worin unterscheidet sich Moral von Gesetzen?

Im modernen Recht hat die Moral deswegen nichts zu suchen: "Wenn man sich auf der Welt umsieht, so muß man feststellen, daß jedes bisschen Fortschritt im humanen Empfinden, jede Verbesserung der Strafgesetze, jede Maßnahme zur Verminderung der Kriege, jeder Schritt zur besseren Behandlung der farbigen Rassen oder jede Milderung der Sklaverei und jeder moralische Fortschritt auf der Erde durchweg von den organisierten Kirchen der Welt bekämpft wurde. Ich sage mit vollster Überzeugung, dass die in ihren Kirchen organisierte christliche Religion der Hauptfeind des moralischen Fortschrittes in der Welt war und ist." (Prof. Bertrand Russell, Philosoph und Nobelpreisträger)

Die Menschenrechte haben die furchtbaren "göttlichen Gebote" abgelöst (aus heutiger Sicht waren die unmöglich von einem "liebenden Allwissenden", sondern eher von einem "psychopathischen Grenzdebilen"): "Zunächst wollen Sie sich bitte daran erinnern, dass es weder in der christlichen Bibel, noch im islamischen Koran Rechte des Individuums gibt.

Es gibt nur Pflichten und Gebote und Verbote, aber keine Rechte. Es ist eine Entwicklung der Europäer und der Nordamerikaner seit der sogenannten Aufklärung, seit Beginn des 17. Jahrhunderts, aber immerhin: Es ist ein europäisch-nordamerikanisches Konzept. Es ist kein Konzept, das aus dem Christentum hervorgegangen ist, es ist kein Konzept, das aus dem Islam hervorgegangen ist, sondern es ist aus der europäischen Aufklärung im Kampf gegen die Kirche, im Kampf gegen den Papst ... Der hat noch Galilei verurteilt, weil er etwas lehrte, was die Kirche nicht wahrhaben wollte." (Altbundeskanzler Helmut Schmidt)

Und Einschränkungen der universellen Rechte erfordern keine "Moral", sondern Ethik. Moral ist beliebig, Ethik ist sachlich begründbar.

"Der Soziologe Niklas Luhmann schreibt, es sei 'die vordringlichste Aufgabe der Ethik, vor Moral zu warnen.' Moral ist die Fortsetzung der Religion mit anderen Mitteln. Sie bleibt immer subjektiv. Alles lässt sich mit ihr begründen." (Florian Schroeder, Kabarettist und Autor

Und so schließt sich der Kreis ...

Moral ist das biegsamste "Material" auf diesem Planeten. Man kann sie immer wieder anpassen, so wie man sie gerade braucht. Als man noch Frauen auf dem Scheiterhaufen verbrannte, war es von der Moral absolut gedeckt, sich an einem kalten Tag an diesem Feuer die Hände zu wärmen. Niemand hat sich daran gestört, bis es verboten war, Menschen zu verbrennen. Plötzlich war genau das unmoralisch.

Unter den Nazis war es unmoralisch Juden zu verstecken und sie vor dem sicheren Tod zu schützen. Ein paar Jahre darauf drehte sich die Moral schon wieder und es war unmoralisch auch nur daran zu denken, andere umzubringen.

Moral lässt sich immer wieder anpassen und die Religionen tun so, als hätten sie die "richtige" Moral gepachtet. Dabei sind das genau die gleichen Hetzer wie alle anderen.

Selbst im Gefängnis haben die Leute ihre eigene Moral, auch wenn die sich deutlich von dem unterscheidet, was der Normalbürger als Moral ansieht.

Das beste ist es, wenn man sich an den Gesetzen orientiert und daraus eine eigene Moral entwickelt.

"Ist die Bibel die moralische Instanz unserer Gesellschaft?" -Hoffentlich nicht:

"Euer Auge soll kein Mitleid zeigen, gewährt keine Schonung! Alt und jung, Mädchen, Kinder und Frauen sollt ihr erschlagen und umbringen. Beginnt in meinem Heiligtum! Macht den Tempel unrein, füllt seine Höfe mit Erschlagenen!" (EZ 9,1-8a; 10,18-22)

"So tötet nun alles, was männlich ist unter den Kindern, und alle Frauen, die nicht mehr Jungfrauen sind; aber alle Mädchen, die unberührt sind, die lasst für euch leben." (4. Mose 31,17-18)

"So zieh nun hin und schlag Amalek und vollstrecke den Bann an ihm und an allem, was es hat; verschone sie nicht, sondern töte Mann und Frau, Kinder und Säuglinge, Rinder und Schafe, Kamele und Esel." (1. Samuel 15,3)

"Es sollen auch ihre Kinder vor ihren Augen zerschmettert, ihre Häuser geplündert und ihre Frauen geschändet werden." (Jesaja 13,16)

"Aber in den Städten dieser Völker hier, die dir der Herr, dein Gott, zum Erbe geben wird, sollst du nichts leben lassen, was Odem hat, sondern sollst an ihnen den Bann vollstrecken, nämlich an den Hetitern, Amoritern, Kanaanitern, Perisitern, Hiwitern und Jebusitern, wie dir der Herr, dein Gott, geboten hat, …" (5. Mose 20,16-17)

Kurzum: Die Bibel ist ein Sammelsurium an Selbstermächtigung zu Grausamkeiten, die heute hoffentlich niemand mehr ernst nimmt. Und ja, sie ist auch ein Hort der Beliebigkeit, weil sich zu jeder Aussage X auch irgendwo das exakte Gegenteil von X findet. Allein schon aus diesen Gründen scheidet sie als moralischer Kompass aus.

"Moral" ist stattdessen ein Wertekanon, der im stetigen Wandel ist, eine Art "durchschnittliches sittliches Empfinden", das sowohl über die Zeit als auch zwischen den Kulturen erheblich schwankt und von den jeweiligen Gesellschaften ihrer Zeit und Kultur immer auf's neue ausgehandelt wird.

Moral und Werte sind gesellschaftlich ungeschriebene „Richtlinien“ die in der jeweiligen Gesellschaft als fast schon „selbstverständlich“ oder zumindest als Anspruch gelten.

Diese Moral und diese Werte können sich je nach Gesellschaft unterscheiden, da die Menschen Werte und Moral selbst gestalten. Somit hat das Christentum beispielsweise andere Vorstellungen als beispielsweise der Islam.

Ich stehe ja eher auf der Seite von Nietzsche und sage, dass wir traditionelle von der Religion auferlegte Werte aufbrechen und für uns selbst neu festsetzen sollten. Weg von der Auferlegung eines durchweg „guten“ Wertesystems hin zu einer aufgeklärten Welt, in der sich jeder Mensch selbst entfalten und seine eigenen Werte schaffen kann. Frei von äußerer Einwirkung und religiösen Dogmen.