Sollte Ekelgefühl/Ablehnung innerhalb der Gesellschaft als alleinige Grund eines Verbotes haltbar sein

11 Antworten

An was denkst du denn da konkret?

Ekel ist an sich ja ein sinnvolles Gefühl, es warnt vor zB möglichen Krankheiten. Daher ist es zb sinnvoll zu verbieten, dass Menschen in der Fußgängerzone ihr Geschäft verrichten - dabei könnten nämlich Krankheiten übertragen werden.

Wenn jetzt gefordert würde, dass sich zb übergewichtige Menschen im Freibad bedecken, hat das keinen gesundheitlichen Aspekt - sondern nur einen diskriminierenden. Die Aussage von einigen, dass sie de Anblick ekelt, ist hier kein Argument für ein Verbot.

Eine sehr schöne Frage.😊

Sollte man etwas alleine darum verbieten dürfen, weil es bei der Mehrheit ein Ekelgefühl und das Gefühl, dass das einfach falsch sei, hervorruft, wenn es keine anderen haltbaren Gründe gibt?

Kurz und knapp: nein.

Und um es doch noch etwas ausführlicher zu machen, mag ich das mal am Thema "Inzest" veranschaulichen, das ja auch hier in den anderen Antworten und Kommentaren schon genannt wurde.

Das Inzestverbot wird neben dem "Ekel" meist damit gerechtfertigt, dass etwa bei der Fortpflanzung unter Geschwistern die Gefahr von Erbkrankheiten beim Nachwuchs signifikant höher ist als bei "normalen Paarungsakten". So weit so gut.

Nur: warum ist dann in Deutschland die Cousinenehe weiterhin erlaubt? Untersuchungen haben gezeigt, dass auch hier ein deutlich erhöhtes Krankheitsrisiko besteht als bei durchschnittlichen Paaren. Trotzdem wird es nicht verboten. In Deutschland wird diese Form der Beziehung offenbar mehrheitlich nicht als anstößig empfunden.

Lustig daran ist, dass man hier sehr schön die unterschiedliche Urteilsfindung in verschiedenen Kulturkreisen sehen kann. In den meisten US-Bundesstaaten ist die Cousinenehe zum Beispiel verboten und wird, redet man darüber mit den Menschen, als verachtenswert und abstoßend empfunden.

Warum denkt ihr so, wie ihr denkt?

Vermutlich deshalb, weil ich es nicht für wünschenswert halte, auf Basis persönlicher Befindlichkeiten anderen Menschen eine Lebensweise aufzwingen zu wollen. Genau so wenig, wie ich anderen Menschen dieses Recht gewähren möchte, so wenig beanspruche ich es für mich selbst.

Und wenn ihr der Ansicht seid "Nein", steht ihr dann dafür ein, selbst, wenn es um Themen geht, die ihr ebenfalls abstoßend fändet?

Alles andere wäre Heuchelei.

Beispiel: es gibt in den USA Menschen, die sich für "moderate-pro-cannibalism-legislation" aussprechen - zu Deutsch: für das Recht eines Menschen, nach seinem Tod zu einem Snack für "Kannibalen" verarbeitet zu werden.

Ich selbst finde das absolut widerlich... Aber wenn es möglich ist, so etwas auf gesundheitlich und medizinisch vertretbare Weise umzusetzen und wenn es dafür Interessenten gibt... Dann kann ich mich gemäß meiner Philosophie nicht für ein Verbot aussprechen.

Schön, dass es noch andere Menschen gibt, die unsinnige bauchgefühlsgeleitete Sitten hinterfragen.

F. mich ist klar, dass Dinge nicht bloß mit Ekelargumentation verboten werden sollten.

Man nehme das Beispiel Homosexualität aus der Vergangenheit.

U. auch jetzt sind viele Dinge verboten, mit denen niemandem geschadet wird:

Inzest zwischen Volljährigen, die aufgrund Gleichgeschlechtlichkeit oder Zeugungsunfähigkeit keine Kinder zeugen können

Sex mit Leichen (finde ich absolut abstoßend, aber du hast ja explizit danach gefragt, ob man den eigenen Ekel zu reflektieren bereit ist)

Urinieren im Wald wie jedes andere Tier

etc.


hamberlona  11.09.2024, 00:34

Auch beim Sex mit Leichen ist der entscheidende Unterschied: Spielt er sich im Verborgenen ab, oder wird anderen Menschen Ekel zugemutet?

guitschee 
Beitragsersteller
 10.09.2024, 21:04

Du glaubst nicht, was ich schon für heftige Streits mit manchen Leuten hatte, weil "das macht man so", als Argument gebracht wurde, oder eben "das macht man nicht". Willst du eine "allergische" Reaktion von mir? Dann muss man genau diese Sätze sagen. Ich meine, manche Sachen finde ich auch, dass man die einfach nicht macht, aber im Allgemeinen bekomme ich innerlichen Ausschlag von diesem "Argument"...

guitschee 
Beitragsersteller
 10.09.2024, 21:08
@guitschee

Beim Urinieren im Wald: davon rate ich ab, ich hatte da mal einen Bremsenstich an unguter Stelle, deswegen :-D - als Frau habe ich ja aber auch keinen Schlauch und muss daher mehr entblößen ...

Zu Nekrophilie fiel mir gerade ein, habe ich tatsächlich genau diese Frage vor ein paar Jahren mir mal zu gestellt.

Ekel setzt Wahrnehmung voraus. Was sich im Verborgenen abspielt, in der Diskretion der Privatsphäre, kann nicht mit Ekel als Begründung verboten werden, denn Fremde nehmen es nicht wahr, können sich also auch nicht davor ekeln.

Viele Ekel-Gründe lassen sich mit dem gesellschaftlichen Konsens der Benimm-Regeln im Zaum halten, so dass es übertrieben wär, sie gesetzlich zu verbieten.

Nein, es sollten verbote verboten werden.


guitschee 
Beitragsersteller
 10.09.2024, 13:52

Manche Verbote finde ich ganz gut ... Man sollte zum Beispiel niemanden ermorden dürfen ...

hamberlona  10.09.2024, 14:02
@guitschee

Das ist ein völlig anderes Thema. Ekel und Ethik sind zweierlei. Bitte ordne und sortier erstmal Deine eigenen Gedanken und lies, was Du gefragt hast.

guitschee 
Beitragsersteller
 10.09.2024, 14:03
@hamberlona

Meine Gedanken sind sortiert. wickedsick grenzt seine Antwort ja in keiner Weise ein - also auch nicht in Bezug auf Sachen wie Mord, sondern befürwortet im Prinzip eine völlige Anarchie. Daher meine Antwort, auf seine Antwort, dass ich, unabhängig meiner eigentlichen Frage einer Anarchie nicht zustimmen würde und einige Verbote richtig finde.

wickedsick05  10.09.2024, 15:31
@guitschee

Ich spreche von zukünftigen verboten. Ich spreche vom Status quo. Verbote die bereits existieren müssen auf Validität geprüft werden. Grundgesetz und Menschenrechte sind dabei zu beachten.

Bodhgaya  11.09.2024, 01:22

Wie passt das damit, dass du Veganismus, die Grünen und Religion verbieten möchtest?