"Schäme mich für Deutschland" – Streit mit Botschaft
Für die deutsche Botschaft stellt eine Passverlängerung eine unlösbare Aufgabe dar.
Wer Deutschland mit Genauigkeit, Pünktlichkeit und Effizienz verbindet, dürfte eines Besseren belehrt werden:Denn eine süddeutsche Wienerin (58) soll nicht das einzige Opfer eines beispiellosen Bürokratie-Desasters in der Wiener Botschaft der benachbarten Bundesrepublik sein. Sie erlebte Erstaunliches:
Denn der Versuch, einen am 23. Oktober des Vorjahres abgelaufenen Pass zeitgerecht zu verlängern, endete im monatelangen Chaos – und schließlich ohne gültiges Reisedokument. "Am 26. September 2024 war mir nach der Rückkehr einer Reise aufgefallen, dass ich mich um die Verlängerung meines Reisepasses kümmern muss", beginnt die 58-Jährige ihre Geschichte.
Gesagt, getan: Auf der Homepage der deutschen Botschaft wird darauf hingewiesen, dass man online einen Termin buchen müsse – fairerweise wurde gleich auf Probleme mit der Druckerei hingewiesen, wodurch mit bis zu 10 (!) Wochen Wartezeit zu rechnen sei – soweit so gut: "Der erste freie und für mich mögliche Termin war der 13. Jänner 2025 – diesen habe ich gebucht", so die seit mehr als 30 Jahren in Wien lebende Deutsche.
Denkste: Zwar erschien die gebürtige Deutsche gewohnt pünktlich trotz dreieinhalb Monaten Wartezeit zeitgerecht in der Botschaft ein. Doch dort teilte man ihr diplomatisch mit, dass sie im Buchungssystem nicht zu finden sei. "Anscheinend war das beim Anklicken abgestürzt", vermutete man vor Ort ein technisches Problem, da auch keine Bestätigungs-E-Mail ankam.
Termin-Posse nahm kein Ende
"Einen neuen Termin konnte man mir vor Ort jedoch nicht anbieten, da allein Online-Einbuchungen erlaubt sind", ärgerte sich die Wahl-Wienerin maßlos, zückte jedoch sofort das Smartphone – und erschrak: "Weder am Tag, noch in den nächsten sechs Monaten gab es Termine". Diese würden "immer freitags" freigeschaltet, vertröstete man sie vor Ort.
Auf der Homepage stehe hingegen, dass montags zwischen 10 und 11 Uhr und donnerstags zwischen 16 und 17 Uhr neue Termine freigeschaltet werden. "Was stimmt da nun?", wunderte sich die Wienerin – und wurde abschließend für ihre bewahrte Contenance gelobt. "Einige trommeln hier auf die Tische", gab man zu.
Die Betroffene weiß nun wieso: Denn in der darauffolgenden Woche scheiterte sie erneut am Buchungssystem. "Da war wohl jemand anderer schneller mit dem Ausfüllen der erforderlichen Formulare", lautete die Erklärung des Botschafts-Personals per Mail. "Ein Taylor-Swift-Ticket zu bekommen, ist einfacher", ärgerte sich die Deutsche in "Heute".
Nach einer Beschwerde bekam sie nun einen Termin zugeteilt – an einem Tag, an dem sie nicht kann. Dass ihre um 27 Euro erworbenen biometrischen Passbilder bald ablaufen, stellt noch das geringste Problem dar.
"Ich schäme mich für Deutschland! Es war einmal ein gut organisiertes, wirtschaftlich erfolgreiches Land. Aber das ist einige Jahre her…"Der Pressedienst der deutschen Botschaft versprach auf "Heute"-Anfrage so schnell wie möglich zu den Vorwürfen Stellung zu beziehen, eine Antwort stand noch aus.
Was denkt ihr darüber?11 Antworten
Ernsthafte Frage: Was ist daran neu und schockierend? Das unsere Bürokratie hochgradig dysfunktional ist, ist seit Jahren bekannt.
- Sie hat verbaselt, rechtzeitig einen neuen Pass zu beantragen.
- Sie hat versucht, einen Termin zur Passbeantragung zu buchen, das hat aber nicht geklappt (es kam keine Bestaetingungsmail).
- Obwohl ihr nie ein Termin bestaetigt wurde, erschien sie an dem Tag, fuer den sie einen Termin buchen wollte, bei der Botschaft und erwartete, dennoch einen Pass beantragen zu koennen. Dort wurde sie abgewiesen, weil sie keinen Termin hatte (worauf auf der Website der Deutschen Botschaft in Wien deutlich hingewiesen wird).
- Sie hat nicht versucht, einen Termin bei einem der deutschen Konsulate in Oesterreich zu buchen, um dort einen neuen Pass zu beantragen, obwohl auf der Botschaftswebsite ausdruecklich auf die Moeglichkeit hingewiesen wird. Dort sind Termine teilweise deutlich kurzfristiger zu bekommen als bei der Botschaft. Ich habe es mal bei allen durchgespielt und haette bei einem sogar heute noch einen Termin fuer morgen bekommen und bei zwei anderen fuer Anfang/Mitte Februar.
Bei allem Verstaendnis fuer ihre Veraergerung, sie haette ihren neuen Pass schon laengst haben koennen, wenn sie alle ihr zur Verfuegung stehenden Moeglichkeiten genutzt haette.
Ich selbst lebe im aussereuropaeischen Ausland und bin daher zwingend darauf angewiesen, stets im Besitz eines gueltigen Passes zu sein. Daher kuemmere ich mich auch immer schon mindestens 18 Monate vor Ablauf meines Reisepasses um einen neuen.
Ich schäme mich mehr für die AfD, als für das Bürokratieversagen.
Ja, die Bürokratie ist schon ein Monster, der irgendwie unbesiegbar scheint. Ich gebe zu, ich bin da ziemlich glücklich, dass ich auf dem Land lebe und ohne Termin praktisch alle "Amtsgeschäfte" erledigen kann.
Alltag in Deutschland. Das ist in Bremerhaven das gleiche Bürokratie Spiel.