Ließ sich Tolkien vom Ring des Gyges inspirieren?

3 Antworten

Tolkien hat wie jeder andere gebildete junge Mann seiner Zeit Latein und Alt­griechisch gelernt und konnte daher antike Texte lesen.

Ich kann mich nicht erinnern, bei Shippey oder Carpendet etwas über den Ring des Γύγης und seinen Einfluß auf Tolkien gelesen zu haben. Aber interessanterweise gibt es bei Wikipedia eine lange Liste von Links zu diesem Thema:

J.R.R. Tolkien was familiar with Plato's myth[7] and had possibly read part of the story's original text in Ancient Greek;[8] the fable influenced his own writing on The Lord of the Rings.[9][10][11][12][13][14]
Woher ich das weiß:Hobby – Lese Tolkiens Werk schon länger als es die Filme gibt

Dumby435 
Beitragsersteller
 29.06.2025, 21:26

Danke!

Kann es sein, dass das englische Wiki etwas ausführlicher ist?

Im deutschen stand das nämlich nicht 😅

indiachinacook  29.06.2025, 21:27
@Dumby435

Deutsche Wikipedia kann man vergessen, außer für Themen mit starkem Bezug in wenigstens einem deutschsprachigen Land.

Als Inspiration weiß ich nur beowulf und allgemein diese Art von alten Sagen und Heldenerzählungen, Nordisch, keltisch, germanisch. Da gibt es bestimmte Motive die auch in Herr der ringe vorkommen und mittlerweile relativ allgemeingültige für fantasy sind

Ich kannte diese Story bis eben nicht, aber es würde mich wundern, wenn Tolkien das nicht gekannt hätte.

"Nach Platon (Politeia 2,359b-360d) benutzte ein Vorfahre des Gyges einen unsichtbar machenden Ring, sowohl um die Königin zu sehen, als auch um die Macht zu erringen. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass der Vatername des Gyges (Daskylos) und Ring (Daktylios) im Griechischen sehr ähnlich sind. Platon erzählt, dass der Vorfahre Gyges’ als einfacher Hirte (siehe auch AttisParis…) eines Tages in einer Erdspalte, die sich nach einem Erdbeben gebildet hatte, eine Höhle entdeckte, in der er ein hohles Pferd aus Bronze und darin wieder einen übermenschlich großen Leichnam fand, von dessen Finger er einen Ring abzog. Als er an diesem Ring drehte, wurde er unsichtbar. Am Königshof verführte er mit Hilfe dieses Ringes nun die Königin, tötete den König und riss die Herrschaft an sich."

Diese griechische Quelle war ihm bekannt, denke ich.

Allerdings gibt es sicher eine weitere Quelle, das ist der Ring Andvaranaut aus der nordgermanischen Mythologie (Andvari war ein Zwerg, der auch mit Wasser in Verbindung stand, eine Eigenschaft, die auch Gollum hatte).

Andvaranaut – Wikipedia

Andvari ist bei Wagner der Zwerg "Alberich".

Man beachte auch die Passage aus der Edda

"Das Gold, das Gust[2] besaß
wird zwei Brüdern den Tod bringen
und acht Edlen Streit.
Mein Schatz wird niemand nützen"

Die zwei Brüder sind bei Tolkien eben Gollum (Smeagol) und sein Bruder (und Gollum stirbt ja am Ende auch noch). Und es gibt ja die "Ringgeister" (die sind zwar neun, aber nun ja...).

Zudem gibt es auch in der Edda Draupnir.

Draupnir (altnordisch Draupnir ‚der Tröpfler‘) ist in der nordischen Mythologie der Zauberring Odins, von dem in jeder neunten Nacht acht gleich schwere Ringe abtropfen. 

Draupnir – Wikipedia

"Gandalf" steht ja wörtlich in der Edda, ebenso "Eichenschild" und zahlreiche Zwergennamen (auch Fili, Kili usw.) siehe "Dvergatal". Gandalf ist wörtlich Stab-Elf (gandur = Stab, den hat er ja immer dabei). Das ist alles altwestnordisch.

Dvergatal – Wikipedia

Meduseld (die goldene Halle in der Riddermark) ist übrigens aus einem anderen Epos, dem Beowulf (und auch Theoden hat eine Parallele dort, im Beowulf ist es Hroðgar). Auch Hroðgar hat ein ähnliches Problem wie Theoden, in der Gegend gibt es einen Troll (Grendel). Die Namen der Riddermark sind konsequent angelsächsisch (Eowyn, Eomer usw.).

Radagast und Smaug stammen aus dem slawischen Raum.
Dass Radagast eine Verbindung zu Vögeln hat, ist auch kein Zufall, das gehört zu diesem slawischen Mythos.

Gandalf trägt zudem Züge des weisen Zauberers Väinämöinen aus der Kalevala (finnisches Nationalepos). Dass Gandalf am Ende die Welt der Menschen auf einem Schiff verlässt, hat eine Parallele zur Kalevala. Finnisch spielte eine Rolle bei der Erfindung seiner Sprache "Quenya".

In der Tat klingt z.B. "Ai! Laurië lantar lassi súrinen" etwas finnisch.