Evolutionstheorie=schöne Menschen bekommen schöne Kinder?

14 Antworten

Schönheit ist subjektiv und hat nichts mit der Lebensfähigkeit zu tun.


eieiei2  21.03.2025, 17:02

Mit der Lebensfähigkeit hat sie nichts zu tun, aber sexuelle Attraktivität ist ein entscheidender Faktor bei der Partnerwahl. Schöne Tiere bekommen mehr Nachwuchs. Vor allem bei Arten, die nicht lebenslang den selben Partner haben.

Tiere mit besonders aufwändigen Prachtmerkmalen sind dadurch sogar in ihrer Überlebensfähigkeit beeinträchtigt. Sie sind bei der Partnerwahl aber trotzdem im Vorteil und geben deswegen öfter ihre Gene weiter als weniger schöne Artgenossen. Ein besonders schöner Pfau der trotz seines offensichtlich die Mobilität behindernden Federschmucks gesund ist und überlebt, muss gute Gene haben und ist als Partner für Pfauenweibchen deswegen interessant.

Bei Menschen spielt Schönheit zwar bei der Partnerwahl eine Rolle, hat durch langfristige Partnerschaft und aktive Familienplanung aber keinen Einfluss auf die Kinderzahl.

Hallo,

Laut der Evolutionstheorie von Darwin müssten schöne Eltern automatisch schöne Kinder bekommen.

Nein!

Zunächst einmal ist Schönheit ein äußerst subjektives Merkmal. Im Lauf der Zeit sind Schönheitsideale in menschlichen Gesellschaften Veränderungen unterworfen: in der Zeit kurz nach nach dem Zweiten Weltkrieg galten bei uns Frauen als besonders schön, die trotz dieser Zeit des Mangels durchaus etwas üppiger gebaut waren. Ab den 60er Jahren, der Zeit der Töchter dieser Frauen, wandelte sich das Ideal dann zu extrem schlanken Frauen. Und für Frauen und Männer gelten mitunter ganz unterschiedliche Schönheitsideale. Was ist, wenn bei dem besonders "schönen" Paar die Töchter mehr dem Vater ähneln und die Söhne der Mutter?

Bei einem Merkmal kann es durchaus auch sein, dass ganz verschiedene Ausprägungen als schön gelten. Gehen wir beispielsweise einmal davon aus, in unserem fiktiven "schönen Paar" hätten beide wunderschöne Nasen, sie eine hübsche , kleine rundliche Stupsnase, er eine ziemlich große, aber wohlgeformte. Was ist, wenn die Kinder eine Kombination aus beiden haben, zB ziemlich große, runde "Himmelfahrtsnasen"? (Nichts gegen eine solche Nasenform, vielleicht ist sie das neue Schönheitsideal!)

Und überhaupt, wie eine Person aussieht, der Phänotyp, zeigt immer nur einen Teil der Genetik. Rezessiv vererbte Merkmale, die hetreozygot vorhanden sind, werden nicht ausgeprägt. Bei Kindern mit einem entsprechenden Partner könne sie dann aber homozygot auftreten und susgeprägt werden.

Evolution bevorzugt keine "Schönheit" im ästhetischen Sinne, sondern Merkmale, die das Überleben erhöhen. Was als schön gilt, variiert stark zwischen Kulturen und Zeiten. In den 1920ern galt eine androgyne Figur als ideal, in den 1950ern waren kurvige Körper gefragt. In manchen Kulturen gelten Narben, füllige Körper oder ungewöhnliche Merkmale als attraktiv. Das ist ein Beweis dafür, dass es keine universale Schönheitsnorm gibt.

Darwin sprach von "Survival of the fittest" — das bedeutet "am besten angepasst", nicht "am schönsten". Merkmale wie Gesundheit, Stärke, Intelligenz oder soziale Anpassungsfähigkeit sind wichtiger für die Evolution als Symmetrie oder makellose Haut.

Schönheit hat nichts mit der Lebensfähigkeit zu tun und was Menschen als schön empfinden verändert sich ständig und ist sehr individuell.


ScrappyFlappy 
Beitragsersteller
 21.03.2025, 15:10

Das ist objektiv betrachtet falsch. Schönheitsideale waren zu jeder Zeit an genauen körperliche Merkmalen zu bestimmen.

Müsste die Natur dementsprechend nicht alle unpassenden/unattraktiven Gene ausselektieren, und den besseren Merkmalen Vorzug gewähren?

Schönheit liegt im Auge des Betrachters. Oder anders ausgedrückt: es gibt nicht nur eine Merkmalsvariabilität des unter der Selektion stehenden Geschlechts, sondern auch eine Variabilität hinsichtlich der Präferenzen beim wählenden Geschlecht. Das trifft auf den Menschen ganz besonders zu. Um nur mal ein ganz einfaches Beispiel zu nennen: die Beliebtheit roter Haare bei einer Frau reichen in etwa von "Igitt, eine Hexe" bis hin zu "es gibt nichts, was verführerischer aussieht".

Dann hängt die Partnerwahl außerdem von vielen unterschiedlichen Faktoren ab, nicht nur vom Aussehen. Es spielen z. B. gemeinsame Interessen ebenso eine Rolle wie gute Versorgerqualitäten, Charakter, genetische Kompatibilität, ... Das alles ist so komplex, dass man praktisch kaum die Kompatibilität zweier Individuen miteinander vorhersehen kann.

Und schließlich muss nicht zwingend immer nur eine Strategie die evolutionär erfolgreichste sein. Es können auch mehrere Strategien von Erfolg gekrönt sein. Ein Beispiel dafür sind Satellitenmännchen oder Sneaker, die sich anders verhalten als territoriale Männchen, aber trotzdem Erfolg haben. Beispiele dafür findet man bei Mollusken, Fischen und Vögeln (Kampfläufer).

Und was auch eine Rolle spielt: sexy sein ist nicht alles. Will heißen: neben der sexuellen Selektion muss man immer noch im Hinterkopf haben, dass dieselben Individuen gleichzeitig auch noch unter der natürlichen Selektion stehen und der sexuellen Selektion quasi Grenzen setzt. Ein Hirschgeweih etwa ist möglichst groß der Hingucker für die Hirschkühe; aber der Hirschbulle mussdas Geweih trotzdem noch mit sich herumtragen und vor Feinden fliehen können.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Biologiestudium, Universität Leipzig