Änderungsmotivation steigern (Psychotherapie)?

3 Antworten

Ja, das kenne ich – aus beiden Perspektiven. Und ich finde es sehr mutig, dass du das so offen ansprichst. Denn genau hier liegt ein ganz zentraler Punkt in jeder tiefen Veränderung: Die Bereitschaft, etwas Vertrautes loszulassen, obwohl es vielleicht noch gebraucht wird – oder wenigstens vertraut wirkt.

Warum fällt Veränderung oft schwer, obwohl wir leiden?

Weil jedes Muster, selbst wenn es schädlich ist, eine Funktion erfüllt hat. Es hat dich durch schwierige Zeiten gebracht. Es hat dich vielleicht geschützt, betäubt, distanziert, stabilisiert.

Veränderung heißt nicht nur: Ich lerne etwas Neues.

Sondern auch: Ich verabschiede etwas, das mir lange gedient hat.

Das ist kein Mangel an Motivation – das ist psychologisch gesehen ein innerer Loyalitätskonflikt.

Was hilft, die Änderungsmotivation zu steigern? 1. Ursprüngliche Funktion des Musters würdigen

Frag dich mal: Was hat dieses Verhalten (z. B. Rückzug, Kontrolle, Vermeidung) mir damals ermöglicht? Wovor hat es mich geschützt?

Diese Anerkennung ist oft der erste Schritt, damit dein System bereit ist, es freizugeben.

2. Nicht auf Ziele, sondern auf Beweggründe schauen

„Ich will mich ändern“ ist zu abstrakt.

Konkreter wird es mit: Warum will ich mich ändern? Für wen? Für was? Was wäre möglich, wenn ich dieses Muster loslassen könnte – auch wenn es schwerfällt?

Schreib dir drei Sätze auf, die mit „Ich möchte mich verändern, weil …“ beginnen – nicht perfekt, sondern ehrlich.

3. Ambivalenz zulassen

Es ist okay, gleichzeitig zu wollen und zu zögern.

„Ein Teil von mir will … – ein anderer Teil hat Angst davor.“

Diesen inneren Dialog bewusst zu führen (auch in der Therapie), entlastet ungemein. Du musst dich nicht entscheiden – du darfst verhandeln.

4. Mini-Schritte statt Komplett-Change

Frage dich: Was wäre ein kleiner Schritt in Richtung Veränderung, der mir nicht sofort alles nimmt?

Z. B. ein neues Verhalten testweise ausprobieren – nicht „für immer“, sondern „für heute“. Das senkt den Druck.

Noch eine kurze Ergänzung: du solltest auch immer im Bewusstsein haben, dass die Verantwortung für den Erfolg der Therapie bei dir liegt, nicht beim Therapeuten oder bei jemand anderem. Der Therapeut ist für den Prozess verantwortlich, nicht für das Ergebnis. Du bist ein erwachsener Mensch und trägst die volle und alleinige Verantwortung für das, was du tust - und - für das, was du nicht tust und du hast die Konsequenzen für jede Entscheidung, die du triffst oder die du nicht triffst zu tragen.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Ich helfe Menschen, ihre innere Balance wiederzufinden

Da überlegt man sich folgendes:

1) Was hast Du davon, deine Muster beizubehalten? Welche Vorteile hat das, welche Nachteile?

2) Was hast Du davon, diese zu verändern? Welche Vorteile, welche Nachteile hat das?

So funktioniert Motivationsarbeit. Man macht sich vor allem ausführlich Gedanken zu den "Kosten" des Musters (und zu den möglichen "Vorteilen").


Physiker97 
Beitragsersteller
 05.07.2025, 15:01

Ja, verstehe. Bin gespannt, wie sich die Therapie entwickelt. Kommt wohl auch öfters vor, dass Therapien bei fehlender Änderungsmotivation abgebrochen werden

Klar, es ist normal, Bock auf Therapie zu haben, aber doofe Muster zu ändern ist echt schwer – das nennt man Ambivalenz. Damit du mehr Lust auf Veränderung kriegst, rede offen mit deinem Therapeuten. Zusammen könnt ihr Pro und Contra von Veränderungen abwägen, kleine, realistische Ziele setzen und jeden Fortschritt feiern. Wenn du Rückschläge als Teil des Prozesses siehst, bleibst du leichter am Ball und gehst gestärkt aus jeder Erfahrung hervor.