Wieso wollen viele Jugendliche ein Auslandsjahr machen?

5 Antworten

Hier ein paar Gedanken zu deinen Fragen.

deswegen verstehe ich es nicht, wieso viele Jugendliche so eine große Entscheidung bereits mit so 16-17 Jahren treffen?! Was treibt sie dabei an?

Niemand aus meiner Familie oder meinem damaligen Bekanntenkreis hatte ein Austauschjahr gemacht, und ich hatte nur mal “irgendwie, irgendwo” gehört, dass irgendwelche Abiturienten aus reichen Elternhäusern irgendwie für ein Jahr in die USA fahren - und nicht weiter drüber nachgedacht.

Ich hatte dann allerdings mit etwa 14 angefangen, Japanisch zu lernen an der Volkshochschule, und war darüber ziemlich enthusiastisch. Zudem war das Internet noch relativ neu, und wir hatten noch nicht so lange den DSL-Anschluss, dank dem ich endlich ins Internet konnte, ohne dass die Telefonleitung blockiert wurde. Ich hatte deshalb die Nachmittage damit verbracht, im Internet herumzusuchen, ob es irgendeine coole Sache gibt, mit der ich mehr Japanisch lernen kann. Ich bin schnell auf Sprachreisen gekommen, und für die hätten meine Eltern eh niemals Geld gehabt, aber aus jugendlicher Neugier wollte ich wissen, was das jüngste Alter ist, mit dem man eine Sprachreise machen könnte, und so erfuhr ich davon, dass man einen Schüleraustausch nach Japan machen kann. Noch ein paar Internetnachmittage mehr war ich zu dem Schluss gekommen, dass ich mich das trauen würde, oder besser gesagt: trauen müsste, wenn ich wirklich Japanisch lernen will. Zumal ich allmählich auch in ein Alter kam, wo ich zu begreifen anfing, dass ich irgendwann ja eh mal „in die Welt da draußen“ hinaus muss (die Vorstellung, in eine Universität zu gehen oder zu einem Arbeitsplatz zu gehen war für mich ehrlich gesagt vergleichbar furchteinflößend). Was mich antrieb war also so ein bisschen eine Mischung aus „ich will Japanisch lernen“ und „Mutprobe mit mir selbst“.

Aber, ich frage mich, ob solche Jugendlichen es überhaupt wissen, was alles auf sie zukommen wird während eines Auslandsjahres?

Haha, nicht wirklich;) Da kann man so viel im Voraus lesen wie man will, und auch die Vorbereitung der Organisation kann so toll sein wie sie will (meine Organisation hat gut vorbereitet), aber letztendlich ist es ein Sprung ins kalte Wasser. Ich erinnere mich, wie ich gerade in den ersten Tagen mehrmals dachte “Aber ich kann doch jetzt nicht einfach so….” (…auf meine Gastfamilie treffen, in die Schule gehen, etc), aber ob ich es kann oder nicht, ich werde ;)

Macht man eigentlich Auslandsjahr komplett alleine oder meistens immer mit anderen Menschen?

Naja, im Prinzip macht man es zwar alleine, aber im Flieger sitzt man in der Regel mit anderen Austauschschülern, wenn sie zum selben Zielflughafen müssen. Und wenn es eine Vorbereitung vor Ort noch gibt, ist man da auch noch mit anderen Austauschschülern zusammen (auch mit denen aus anderen Ländern). Und naja, wenn man dann „allein“ in die Gastfamilie geht, fühlt man sich idealerweise auch nicht mehr allein, denn man ist ja mit der Gastfamilie zusammen. Das hängt natürlich von der gegenseitigen Chemie ab, aber so eine Sprachbarriere allein ist jedenfalls kein Grund, sich allein zu fühlen.

Ich bin fast 23, und ich würde mich nie trauen für 1 Jahr in ein Fremdes Land zu reisen

Das ist absolut ok. Ich versichere dir, dass es Dinge gibt, die ich mich jetzt mit deutlich älter nicht traue, obwohl viele andere sich sie trauen. Zum Beispiel einen fremden Schüler für ein Jahr bei mir aufzunehmen. Und weißt du, von welcher Personengruppe ich noch häufig höre, dass sie sich einen einjährigen Schüleraustausch nicht getraut hätten? Von Gasteltern! Ist es nicht paradox, wie Schüleraustausch nur funktioniert, weil sich die einen Beteiligten das eine und die anderen Beteiligten das andere trauen?

Und ich kenne so viele Leute, die keinen Schüleraustausch gemacht haben, zu denen ich aufblicke, weil sie dafür so viele andere Sachen gemacht haben im Leben.

ist man eigentlich nicht selbstbewusst, wenn man kein Auslandsjahr macht?

Ich möchte sogar sagen, dass ich ausgeprägtes Selbstbewusstsein teeeendenziell eher für nachteilig halte bei einem Austauschjahr, speziell in einem Land wie Japan. So Persönlichkeitsmerkmale wie „zu allem Ja und Amen sagen“, people pleaser sein, nicht gerne im Mittelpunkt stehen, sich Sachen nur zu trauen, wenn eine Autoritätsperson wie ein Lehrer es erlaubt hat, sich lieber erstmal angucken, wie andere irgendwas machen, also kurzum: ein kleines schüchternes Mäuschen zu sein, über das in Deutschland alle besorgt den Kopf schütteln, ist als Austauschschüler in Japan paradoxerweise ein power skill. Denn dort gibt es viel zu lernen und auch viele Fettnäpfchen, in die man auch selbstbewusst treten kann ;)

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Ich war ein Jahr als Schülerin in Japan

Weil es eine prägende Erfahrung für das Leben ist.

Du lernst die Sprache auf sehr guten Niveau, du wirst selbständiger und erlebst eine andere Kultur und ein anders Bildungssystem hautnah. Das ist einmalig. In dem Alter ist man besonders aufnahmefähig. Die so geschlossenen Freundschaften halten oft ein ganzes Leben.
Ein internationales Netzwerk zu haben ist eine tolle Sache

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

2 meiner Kinder und deren 3 Cousins/ Cousinen haben alle ein Auslandsjahr gemacht und dieses als sehr positive Lebenserfahrung empfunden.


daniell0013 
Beitragsersteller
 28.05.2025, 15:23

Und wenn man selber keins gemacht hat, weil man überhaupt noch nicht bereit war, hat man viel verloren oder nicht?

An sich verbringe ich viel Zeit online in englischen Gruppen (wir schreiben sehr viel auf englisch), und dadurch ist mein englisch auch enorm gestiegen.

Ein Auslandsjahr bietet neue Erfahrungen und Erlebnisse. Man lernt die Sprache mit der Zeit besser kennen und die Sprachfähigkeiten (skills) können ausgenutzt sowie verbessert werden. Ein wichtiger Punkt ist auch, neue Menschen kennenzulernen. Neue Kontakte knüpfen.


daniell0013 
Beitragsersteller
 28.05.2025, 15:17

Aber kann man auch genau so "klug" werden wenn man kein Auslandsjahr macht?

Weil man zwischen Abi und Studium die Zeit hat bzw. sie sich nimmt!