Wie kann man eine Verfassung und Gesetze so "bauen", dass Korruption nicht möglich ist?
So, dass es auch nicht ausgehebelt oder umgangen werden kann, im Großen wie im Kleinen
https://www.youtube.com/watch?v=BTV7CzMNyWQ
Das Video ist ein heftiges Beispiel, gibt ja auch andere: Vucic, Sarkozy, Collor, Benko, Toledo, ... auf die nicht im Einzelnen eingangen werden soll, da es mir bei der Frage darum geht, wie Korruption sicher verhindert werden kann.
Fängt ja auch schon im Kleinen an.
"Das größte Werkzeug in der Korruption ist nicht Geld, sondern gegenseitige Abhängigkeit, man ist gegenseitig erpressbar", greift Antikorruptionsexperte Martin Kreutner Hocheggers Aussagen auf, "es gibt wenige Täter und Täterinnen, die sagen, ab heute bin ich korrupt, bei den meisten kommt man Schritt für Schritt hinein". Sich selbst gegenüber habe man Entschuldigungsmechanismen wie vermeintlich höhere Zwecke wie das Allgemeinwohl oder das Parteiwohl.
und
"Eine Hand wäscht die andere, beide waschen das Gesicht", den "imaginären Werkzeugkasten der Korruption" beschreibt er mit "Scheinkommissionen, Scheinstudien, Scheinargumente und Scheinrechnungen und Inserate"
Da ist kein Video...
jetzt da, hat das beim Frage erstellen nicht angenommen
5 Antworten
Das ist nicht möglich. Korruption fängt bei harmlosen Gefälligkeiten an. Pralinen für die Lehrerin. Man nimmt das Kind vom Schulleiter im Auto mit, wenn es regnet. Die Bank bietet wohlhabenden Kunden einen Espresso oder frisch gepressten Orangensaft an. Kredite nimmt man bei seiner Hausbank auch bei semi-offiziellen Projekten wie einem ans Parteizentrale und Privathaus genutzten Immobilie. Als Politiker nutzt man Netzwerke, um günstig an FFP2-Masken zu kommen und streicht die satten Provision ein.
Äh, Moment, an irgendeiner Stelle ist da etwas schiefgelaufen. Aber an welcher genau?!
Es wird immer eine Grauzone geben und ein Gesetz ist nur dann wirksam, wenn auch irgendjemand einen Vorgang anzeigt.
Letzte Woche habe ich mitbekommen, wie eine Schaffnerin der DB ein Auge zudrückte, als bei der zweiten Kartenkontrolle wegen Personalwechsel ein Deutschland-Ticket plötzlich deaktiviert war. Alle Umsitzenden (die den Fahrenden nicht kannten) bestätigten das. So ließ die Schaffnerin das durchgehen, obwohl es faktisch Schwarzfahren war. Ist das schon Vorteilsgewährung? Dürfte man sich dafür mit einer Packung Schokolade bedanken?
Gesetze in der Verfassung reichen nicht aus. Man braucht auch Kontrollen und ein Bewusstsein. Zudem ist Augenmaß erforderlich, um die Grauzonen sinnvoll zu halten und sich nicht ins Hemd zu machen.
An meinem Arbeitsplatz sind viele ausländische Studenten beschäftigt. Wenn die Anträge einreichen, klemmt immer wieder ein Geldschein am Vordruck. Hier ist es meine Verantwortung das höflich und klar abzulehnen. Zur Sicherheit können wir das intern dokumentieren. Es gibt aber keine Sanktionen für die Antragsteller.
Den Tag über kommen die Kollegen zu mir und fragen nach der Lösung ihrer Probleme – am besten sofort. Die Prioritäten setze ich dann fest. Mag sein, dass es dabei einen gewissen Einfluss hat, wenn die Leute am nächsten Tag selbstgebackenen Kuchen mitbringen und sich freundlich bedanken.
Ich kann Hard- und Software verbilligt "für Forschung und Lehre" einkaufen. Inventarisiert wird das erst, wenn ich die Rechnung vom Institut bezahlen lasse. Meine eigenen PCs darf ich legal damit ausrüsten. Aber wenn ich auch Freunde und Bekannte damit versorge ist das nicht legal - und nicht zurückverfolgbar! Hier kommt es also auf meine Korrektheit an.
Die Grenzen sind nicht trivial. Als Polizist, Lehrer, Richter oder Politiker muss man deutlich vorsichtiger sein.
könnte den Antragstellern nicht ein freundlicher Hinweis geschickt werden, in etwa "ein Geldschein verändert die Bearbeitung nicht"? Vielleicht aber viel Zusatzaufwand, für den dann keine Zeit da ist.
Danke für die Beispiele, ja ist echt nicht trivial.
Und es erfordert von allen die Einstellung, dass es vielleicht "im Einzelnen nicht so schlimm ist", aber in Summe und im Großen schadet es halt immens.
Und es wird halt irgendwann noch extremer, bis zu mafiösen Strukturen.
Solange man die "großen Beispiele" hat, die nicht geahndet werden, kann ich nachvollziehen, dass wer meint "warum soll ich dann nicht auch dürfen?". Ein anderer Grund wäre vmtl. noch, dem Arbeitgeber "eins auszuwischen" bzw. einfach zu meinen, dass das eigene Gehalt aufgebessert werden kann.
Ich sehe schon: viele Ansatzpunkte. Rein gesetzlich oder organisatorisch kann das nicht gelöst werden. Das geht viel mehr an das Bewusstsein aller Menschen.
Die Studenten holen die bearbeiteten Anträge bei uns wieder ab. Dann erklären wir, dass wir und alle Kollegen für ihre Arbeit bezahlt werden und das in Deutschland keine Schmiergelder genutzt werden. Falls irgendjemand anderes sie zu Schmiergeld auffordern würde, sollen sie sich an uns wenden und wir kümmern uns dann darum.
Das ist ein Vorteil in Deutschland: Wenn ich unserem Justiziar Bescheid sage, dass eine Sekretärin Geld nimmt, kümmert der sich sehr schnell und präzise darum. Man muss nicht erwarten, dass er einfach das doppelte kassiert und die Klappe hält.
Solange man die "großen Beispiele" hat, die nicht geahndet werden, kann ich nachvollziehen, dass wer meint "warum soll ich dann nicht auch dürfen?"
Genau! Darum fand ich die "Masken-Deals" von Politikern zu Beginn der Corona-Maßnahmen extrem kontraproduktiv. Politikern sollte eine Vorteilsnahme vollständig verboten werden.
Bei den Griechen gab es da einen starken Ansatz: Politisch Aktive, also Bürgermeister, Richter usw. hatten kein Einkommen, brauchten aber auch nirgendwo zu bezahlen. Sie konnten irgendwo anklopfen und am Abendessen teilnehmen. Damit fehlte das Interesse Geld anzunehmen. Ob dann allerdings ein Hammelbraten bessere Behandlung als Gurkensalat nach sich zog, ist natürlich wieder so eine Sache.
Wenn ich mich kurzfristig an Schmiergeldern bereichere, gelange ich damit ein Stückchen mehr in eine Gesellschaft, in der ich schlechter lebe. Das hier ist meine Gesellschaft und meine Handlungen tragen ihren Teil dazu bei. (Darum schraube ich auch die Haltestangen im Bus wieder fest, wenn ich eine lockere Stelle bemerke. Die werden nur abends inspiziert und ich habe sowieso immer etwas Werkzeug im Rucksack.) Das Bewusstsein dafür in den Bürgern zu stärken ist Teil der Aufgabe der Politik. Gute Beispiele abzugeben wäre da hilfreich.
Danke für deine Kommentare, waren sehr hilfreich für mich.
Sehr gerne. Das ist der Sinn von GuteFrage und so macht die Teilnahme hier auch Spaß. Das tröstet über die Penisfragen, Mobbing und Polit-Hetze sowie "ich bin geiler im Besserwissen als du" gut genug hinweg, um mich nicht abmelden zu müssen. 😉
Gar nicht, da Menschen auch Regeln brechen… Korruption ist schon jetzt verboten und wenige Beamte/Vertragsbedienstete gehen darauf ein, weil ihnen ihr Job eben wichtiger ist. Bei Politikern hält es sich zumeist auch in Grenzen (obwohl sich vor allem rechts der Mitte einige besonders gerne Dinge sponsern lassen, bei der „Wirtschaftsnähe“ auch nicht weiter verwunderlich).
Zu 100% vermeiden kann man das also schlicht nicht, gleiches gilt für Mord, Steuerhinterziehung, illegale Einwanderung, Sexismus… man müsste jeden 24/7 komplett überwachen.
ich gehe davon aus, dass der Großteil der Beamten/Vertragsbediensteten und Politiker:innen nicht korrupt ist. Ist halt auch eine Frage (wie bei einer anderen Antwort diskutiert), wo es anfängt. Beim angebotenen Getränk bei einer Besprechung, oder erst bei "richtigen" Geschenken. Da gibt es meines Wissens auch Richtlinien.
Natürlich gibt es Richtlinien, zB „ortsübliche Geschenke“ (die klassische Flasche Wein), Kugelschreiber, Kalender, Handtücher etc sind nicht problematisch… wer sich dafür bestechen lässt, ist nicht die hellste Kerze.
Nachdem man nicht jeden 24/7 überwachen kann (bzw. das in einer offenen, freiheitlichen Gesellschaft auch nicht will) lässt sich das nicht zu 100 % ausschließen.
es geht nicht um jeden, sondern um das Beeinflussen von Behörden, den dort Angestellten und Politikern aller Stufen.
Relevant ist dann die Veränderung einer Entscheidung. Da kann vielleicht angesetzt werden, wie es zu einer Entscheidung kam, was sie beeinflusst hat.
Auch für Angestellte in Behörden gilt das oben Geschriebene.
Die Alternative wäre ein totalitärer Staat, in dem jeder auf Schritt und Tritt überwacht würde.
Aber wer überwacht diejenigen, die da überwachen? Quis custodiet ipsos custodes?
Stasi und KGB lassen grüßen.
Hä, wie soll das gehen. Wer besticht, hält sich sicher nicht an Gesetze, ebensowenig der, der die Bestechung annimmt.
es gibt doch jetzt schon Gesetze gegen Korruption, braucht man die dann auch nicht? https://de.wikipedia.org/wiki/Gesetz_zur_Bek%C3%A4mpfung_der_Korruption_(2015)
Wie kann man eine Verfassung und Gesetze so "bauen", dass Korruption nicht möglich ist?
Gar nicht.
stimmt, die Frage, wo es anfängt, und wann es "ein Auge zudrücken" ist.
Einerseits könnte ein Vorteil des Entscheidenden sein (was bei der Schaffnerin ja nicht war, evtl. dass sie weniger Arbeit damit hat) andererseits ein Nachteil für die Gesellschaft oder die Mitbewerber.
Also: