Was haltet ihr vom Gendern?

Das Ergebnis basiert auf 106 Abstimmungen

Ich hasse es! 38%
Ich finde es nicht gut. 18%
Ich finde es gut. 14%
Kommt darauf an wie man gendert. 9%
Neutrale bzw. Keine Meinung 9%
Andere Antwort 8%
Ich liebe es! 3%

20 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet
Ich finde es gut.

Ich bin für gendergerechte Sprache, da ich gendersensible(re)/genderneutrale(re) Sprache generell für eine sinnvolle und auch nicht unwichtige Maßnahme. Sehr wohl gibt es aber Dinge, die wichtiger sind - das streitet aber auch wirklich niemand ab.

Passend eingesetzt ist Gendern für mich dann, wenn es aus einer Kombination der verschiedenen Formen und nicht aus dem strikten Einsatz einer einzigen Variante besteht.

Dazu gehört auch, dass man versteht, bei welchen Wörtern eine "gegenderte" Variante angebracht ist und bei welchen nicht, einem klar ist, dass nicht jede Situation/jeder Kontext eine gendersensible/-neutrale Anpassung der Sprache benötigt, und dass nicht jede Form gendergerechterer/-neutralerer Sprache (aktuell) gleichermaßen barrierefrei ist.

Außerdem ist gendersensible Sprache kein Allheilmittel, sondern ein Baustein von vielen für eine Gesellschaft, in der Nicht-Männer sichtbarer sind als in unserer heutigen, da durch gendersensible Sprache der männliche Bias im Deutschen, welcher sprachwissenschaftlich nachgewiesen ist, gemindert wird. Ich befürworte zudem weder Zwang noch Verbot.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – ich forsche als Linguist zum Thema "Gender(n)"
Neutrale bzw. Keine Meinung

Mir ist die Gendersprache völlig egal. Im Gegensatz zu Befürwortern und genauso auch Gegnern, die permanent darauf herum reiten, habe ich wirklich wichtigere Probleme und Angelegenheiten, mit denen ich mich befassen muss.

Die Gendersprache in ihrer jetzigen Form, die ich als selber nonbinärer Mensch ebenfalls für sehr sperrig und undurchdacht halte, wäre schon längst wieder verschwunden, wenn diese laute Mehrheit, die angeblich dagegen ist, nicht wäre. Das mag für Manchen vielleicht erst mal paradox klingen. Würde man auf die Gendersprache sowie deren befürwortende Minderheit jedoch einfach nicht eingehen und sie schlicht ignorieren, hätte sich dieses Aufreger-Thema bereits vor Ewigkeiten selber erledigt.

Gerade die lauten Gegner der Gendersprache erreichen exakt das Gegenteil von dem, was sie erreichen wollen: Durch ihr permanentes Aufmerksammachen auf die Gendersprache sorgen sie mit dafür, dass diese sich langfristig in den Köpfen der Menschen manifestiert.

Liebe Grüße.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Experte bzgl. Grau- & Asexualität; Ende 2012 eigenes Outing.

LastDayofEden  18.02.2024, 10:24

Ganz herzlichen Dank für diesen sehr differenzierten, persönlichen und wohldurchdachten Kommentar!

Ich bin cis-herero-w und aus ganzem Herzen bereit, jeden Menschen so zu nehmen, wie er ist, egal, wie er aussieht, wie er sich fühlt und welches Leben er führen möchte (sofern er dabei weder sich selbst noch andern schadet, versteht sich).

Aber ich fürchte wirklich, dass einige Menschen, die meist noch nicht mal betroffen sind, eine Aktionitis an den Tag legen, um aus ihrer Sicht Benachteiligte zu ihrem "Recht" zu verhelfen, dass ich wirklich oft das Gefühl habe, dass sie mehr Schaden anrichten als etwas Positives bewirken.

Ich bin ziemlich überzeugt, dass die Mehrheit der Nonbinären und anderen Menschen, die sich nicht in den üblichen "Schubladen" wiederfinden, am liebsten einfach ein ruhiges, ihnen entsprechendes Leben führen möchten, umgeben von Menschen, die sie so akzeptieren, wie sie sind und dieses Thema auch nicht ständig aufgreifen.

Selbst ich als "Normalo" werde ja durch die Sprache nicht zu 100% widergegeben, das ist gar nicht möglich. Wenn man mit als "Frau" bezeichnet, deckt das meinen biologischen Körper und mein Eigenempfinden ab. Was es nicht abdeckt, sind meine männlichen Anteile, die ich sehr wohl habe, und die ich nach Belieben auspacken kann, wenn mir danach ist.

Und ganz ehrlich: Mir ist es ganz recht, dass die Sprache mich in diesem Punkt nicht "outet", denn dann kann ich frei über diesen Anteil verfügen - ICH bestimme, wann und wem gegenüber ich ihn zeige!

Würde ich hingegen (nur als Beispiel) als "Mannsweib" bezeichnet, wäre ich sofort abgestempelt und würde vermutlich einiges an Abwertung erleben müssen. Meine weiblichen Anteile wären dann plötzlich "weniger wert".

Es kann also durchaus auch Vorteile haben, in eine Schublade gesteckt zu werden, weil man dann unauffällig bleiben kann - und gerade wenn es um das Thema Diskrimination geht, kann doch genau das auch als Erleichterung empfunden werden.

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oklein  18.02.2024, 14:46

Ich möchte gerne auf einen Absatz von Dir eingehen: "Würde man auf die Gendersprache sowie deren befürwortende Minderheit jedoch einfach nicht eingehen und sie schlicht ignorieren, hätte sich dieses Aufreger-Thema bereits vor Ewigkeiten selber erledigt."

Wie soll ein in Ausbildung befindlicher Mensch (Berufsausbildung oder Studium) agieren, wenn der Lehrkörper eine gendergerechte Ausarbeitung verlangt und/oder dies auch in die Benotung einfließen soll? Einfach ignorieren geht ja dann wohl nicht.

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xxxxxx  18.02.2024, 14:59
@oklein
[...] wenn der Lehrkörper eine gendergerechte Ausarbeitung verlangt und/oder dies auch in die Benotung einfließen soll?

Mich wundert, dass dagegen nicht schon längst jemand geklagt hat. Bei einem solchen Genderzwang stelle ich nämlich jegliche Gesetzeskonformität infrage.

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oklein  18.02.2024, 15:45
@xxxxxx

In der Ausbildung oder im Studium? Stelle Dir einmal die REALEN Konsequenzen vor, selbst wenn Du gewinnst.

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Kommt darauf an wie man gendert.

Also ich finde gendern an sich nicht schlimm, aber manchmal nervt es mich. In einer E-Mail an die Schüler würde mich nicht stören, wenn da nur steht "Schüler" und nicht "Schüler/-innen". Ich finde, wenn man bei solchen Sachen gendert ist es okay.

Ich hatte aber auch Mal in Deutsch als Aufgabe, eine Email geschrieben und dann wurde mir gesagt, dass ich doch bitte gendern solle. Ich fände das überflüssig. (Ich will dadurch keinen angreifen)

Mein Vater hat mal erzählt, dass "Lehrer" auch weiblich sein kann, weil das Wort Lehrer jemanden beschreibt der lehrt. Deswegen heißt es Lehrer. Es ist einfach die Tätigkeit. Somit würde es nochnicht mal ein eigenes Wort für männliche Lehrer geben. Und beschwert sich da jemand? Wenn ja habe ich es noch nie mitbekommen.

Schönen Sonntag noch :)

Kommt darauf an wie man gendert.

Gendern an sich hat für mich nichts Negatives. Wenn manche Mitmenschen glauben, sich in der binären Welt nicht wiederzufinden, dann kann dies im privaten Bereich gerne auch entsprechend - mit Hirn und Verstand - formuliert werden.

Im öffentlichen Leben, insbesondere im Bereich Bildung, Jurisdiktion und ÖRR hat das Gendern mit Sonderzeichen und Sprechpausen aber nichts zu suchen. Hier geht der Schutz von Minderheiten, die darauf angewiesen sind, eindeutig vor. Bsp.: Gendern - Deutscher Blinden- und Sehbehindertenverband e.V. (dbsv.org)

Gleiches gilt für den internationalen Bereich, z.B. in Wirtschaft und Forschung. Wie soll sich der Rest des Planeten mit der deutschen Sprache befassen, wenn theoretisch 83 Genderarten Berücksichtigung finden müssten. Man erkläre einem einreisewilligen Inder (nur als Beispiel für Berufe in IT oder Statik), wie das Bewerbungsschreiben aussehen muss.

Aufgrund der deutschen Mentalität, alles immer gleich bis ins Detail festzulegen, würde eine offizielle Regulierung auch zu Exzessen wie zu 83 verschiedenen öffentlichen WCs führen. Man muss sich auch nur einmal die ASR 4.1 für Sanitärräume zu Gemüte führen(BAuA - Regelwerk - ASR A4.1 Sanitärräume - Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin) und das auf alle Arten ausweiten.

Des Weiteren sind für unzählige Begriffe auch Sonderregelungen zu treffen. Es gibt zwar eine Krankenschwester aber keinen Krankenbruder und schon gar keine Drittformen. Wenn man nun überall eine neutrale Firm wählen wollte, wäre Deutsch m.E. nahezu unlernbar.

Final ist für mich die Frage, in wie weit auch das Interesse der absoluten Mehrheit der Bevölkerung auch schützenswert ist.

Andere Antwort

Ich finde es eine schwierige Sache. Die deutsche Sprache ist nicht darauf angelegt, elegante Lösungen für die Inklusion beider und möglicher weiterer Geschlechter anzubieten.

Kein Mensch sagt zum Beispiel: "Männer, Frauen und Intersexuelle lebte früher als Jäger und Jägerinnen und Sammler und Sammlerinnen" (wird auch mit Sternchen nicht besser).

Wir sagen: "Der Mensch lebte früher als Jäger und Sammler", und damit sind ALLE Geschlechter gemeint, selbst wenn es in vielen Gemeinschaften üblich war, dass die Männer auf die Jagd und die Frauen sammeln gingen, was aber ja wirklich nichts zur Sache tut.

Es geht um die Lebensweise einer ganzen Gemeinschaft, die ALLE MItglieder umfasst.

Vielleicht sollte man das Geschlecht in der Sprache einfach ganz abschaffen und nur noch eine Form brauchen:

"Ich möchte Arzt werden" (sowohl eine Frau wie ein Mann und alle dazwischen und ausserhalb machen die gleiche Ausbildung, warum brauchen wir verschiedene Bezeichnungen dafür?!).

"Ich bin Hebamme" (der Beruf ist klar, er kann von einem Mann, einer Frau oder irgendwem dazwischen oder ausserhalb dieser Kategorien ausgeführt werden).

Und so weiter.

PS: OK, "Brautperson" als neutrale Bezeichnung für die Hälfte eines Brautpaares klingt blöd, aber "Braut" und "Bräutigam" sind genau so doofe Wörter, wir haben uns bloss dran gewöhnt!