Warum werden bei Kernfusion und Kernspaltung Energie frei?
Hallo,
der Physikunterricht und die vielen ungenauen Erklärungen des Internets haben mich total verwirrt. Vielleicht kann mir jemand einfach aber präzise erklären, warum beide Prozesse Energie freisetzen und was das mit Massendefekt und Kernbindungsenergie zu tun hat? Vielleicht gibt es auch eine Quelle, die das Thema nicht überkompliziert?
lg und Danke im voraus
6 Antworten
Ganz kurz uns simpel:
- Weil es für beide Prozesse Fälle (Atome, Nuklide) gibt, bei denen das Produkt leichter ist als die Ausgangsmaterialien. Das sind aber ben nur ganz wenige, bestimmte Atome.
- Durch diesen Massendefekt (-verlust) wird die entsprechende Energie frei, nach der Äquivalenzbeziehung von Einstein E=mc^2
Hallo Guest17383718,
Energie wird frei, wenn man sich in Richtung Eisen (26 Protonen) bewegt, sei es von oben durch Kernspaltung oder von unten durch Kernfusion.
Jeder Atomkern setzt sich aus elementaren Bausteinen zusammen, die Nukleonen heißen. Das ist ein Oberbegriff für Protonen und Neutronen. Sie bestehen aus noch "kleineren" Bausteinen, den sog. Quarks, zwischen denen eine Kraft wirkt, die so stark ist, dass sich ein Quark nicht von den anderen trennen lässt, ohne dabei neue Teilchen zu erzeugen.
Dieser Wechselwirkung zwischen den Quarks haben Physiker den phantasievollen Namen Starke Wechselwirkung gegeben. Sie ist wesentlich stärker als die stärkste makroskopisch beobachtbare Wechselwirkung, die elektrische. Wie bei der elektrischen Wechselwirkung gibt es auch Ladungen, die diese Kraft erzeugen; da es drei verschiedene Typen davon gibt, hat man sie "Farben" genannt. Ein Teilchen lässt sich nur isoliert beobachten, wenn es "farb"neutral ist.
Atome sind insgesamt elektrisch neutral; da sie aus elektrisch geladenen Teilchen bestehen und die Lsdungsverteilung nicht 100% symmetrisch ist, wirken zwischen ihnen auf kurze Distanz (ca. 10⁻¹ⁿ m) immer noch anziehende Kräfte, die als VAN DER WAALS- Kräfte bezeichnet werden.
Eine ähnliche Kraft wirkt in einem Atomkern auf noch viel kürzere Distanz (ca. 10⁻¹⁵ m) zwischen den insgesamt "farb"neutralen Nukleonen. Diese Kraft wird als Starke Kernkraft bezeichnet und hält auch Atomkerne mit mehreren Protonen gegen deren elektrische Abstoßung zusammen, wobei die Neutronen als eine Art Kitt fungieren.
Anziehende Kräfte erzeugen negative Bindungsenergien; schließlich muss man netto Energie reinstecken, um die Teilchen voneinander zu trennen. Beim Zusammenfügen wird daher netto Energie frei. Nun kommt es dafür aber auf die Bindungsenergie pro Nukleon an; auch sie "vertieft" sich bis zu einem gewissen Punkt, einem aus 26 Protonen und 30 Neutronen bestehenden Kern – stabiles Eisen.
Jenseits davon wird die Bindungsenergie pro Nukleon betragsmäßig wieder kleiner, da die mittleren Abstände zwischen den Nukleonen größer werden.
Atome versuchen den stabilsten energieärmsten Zustand zu erreichen und den finden wir beim Eisen.
Leichte Kerne liefern beim Verschmelzen Energie, d.h. ein kleiner Teil Masse wird in Energie umgesetzt. Kerne schwerer als Eisen sind hingegen instabil (radioaktiv) und versuchen unter Abgabe von Teilchen und Strahlung einen stabilen Zustand zu erreichen. Sie liefern somit durch Kernspaltung Energie.
Richtig, es gibt auch leichtere instabile Kerne, wenn das Verhältnis Protonen Neutronen nicht stimmt und stabile schwerere Kerne als Eisen (Blei ist korrekt). Trotzdem hat Eisen das tiefste Energieniveau, sodass die Fusion schwererer Kerne keine Energie mehr liefert.
Hier ist es gut erklärt warum, bzw. in welchen Fällen, bei beiden Prozessen Energie freigesetzt werden kann: https://www.youtube.com/watch?v=quaqEJU7ANc&t=358s
Der Zusammenhalt der einzelnen Elementarteilchen in einem Atomkern wird über die sogenannte Bindungsenergie gewährleistet. Die Starke Kernkraft, die zwischen den Elementarteilchen wirkt überwiegt die elektromagnetische Kraft, die für Abstoßung zwischen den Protonen sorgt. Bringt man das System des Kernes aus dem Gleichgewicht (z.B. durch gezielte Kollision mit einem Neutron; aber auch "zufällig" durch Quantenprozesse, den Alpha- und Beta-Zerfall) so zerfällt der Atomkern. Die resultierenden Kerne haben in Summe eine andere Bindungsenergie als der ursprüngliche Kern. Je nachdem ob die Summe negativ oder positiv ist wird Energie frei oder der Prozess kostet Energie. Analoges gilt für Kernfusion.
Alle Kerne schwerer als *Blei* sind instabil (radioaktiv).
Viele Kerne schwerer als Eisen sind instabil, andere hingegen sind stabil. Das Gleiche gilt für Kerne, die leichter als Eisen sind: Einige sind stabil, andere sind instabil.