Wird die Kernbindungsenergie bei der Kernspaltung oder Kernfusion gleichzeitig höher und niedriger?

2 Antworten

Leichte Kerne werden durch Fusion stabiler und leichter, d.h. geben Energie ab. Die abgegebene Energie ist die Bindungsenergie, sie ist nun quasi negativ und müsste wieder zugeführt werden, um den ursprünglichen Zustand vor der Fusion zu erhalten.

Schwere Kerne sind instabil und zerfallen unter Energieabgabe bis zum stabilen Eisen. Sie geben also durch Spaltung Energie ab und werden leichter. Auch hier ist die Bindungsenergie die nun fehlende Energie, die für den Urzustand (ganzer Kern) wieder zugeführt werden müsste.

Woher ich das weiß:Recherche
Ralph1952  27.03.2024, 11:54

Ergänzung zum besseren Verständnis: Der Eisenkern ist am stabilsten und hat energetisch das tiefste und für ihn günstigste Niveau. Er kann weder durch Fusion noch durch Spaltung Energie liefern. Es müsste sowohl zur weiteren Spaltung als auch zur weiteren Fusion Energie hineingesteckt werden, nämlich die Bindungsenergie, die in den umgekehrten Prozessen zuvor auf dem Weg zum Eisen abgegeben wurde.

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Hallo leo93247,

die Graphen sind praktisch spiegelbildlich zueinander (an einer horizontalen Achse gespiegelt, genauer gesagt an der Nullinie) und sollen im Prinzip dasselbe aussagen.

  • Oben (englisch beschriftet) ist dargestellt, wie viel Bindungsenergie pro Nukleon ein Atomkern hat, wobei die bei ¹H, das aus einem einzelnen Proton natürlich 0 und bei allen anderen Atomkernen negativ ist.
  • Unten (niederländisch beschriftet) ist dargestellt, wie viel Energie man pro Nukleon hineinstecken müsste, um einen gegebenen Atomkern in seine Nukleonen zu zerlegen.

Stell Dir z.B. zwei Grafiken vor, von denen eine die Position eines Kellergeschosses unter dem Bodenniveau zeigt und die andere, wie hoch man von dort aus steigen muss, um das Bodenniveau zu erreichen. Zwei Seiten derselben Medaille.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – + Auseinandersetzung mit Gegnern der RT
leo93247 
Fragesteller
 27.03.2024, 08:58

Endlich verstanden! Danke, dass du mir immer solche ausführlichen Antworten geschrieben hast. :)

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leo93247 
Fragesteller
 27.03.2024, 09:30

Noch eine Frage: Die Bindungsenergie ist dann aber nicht die Energie welche den Atomkern zusammenhält, sondern die Energie, die ja benötigt wird um den Atomkern in die einzelnen Nukleonen zu zerlegen. So weit so gut. Wie nennt man aber dann die Energie, die den Atomkern zusammenhält. Ist das die starke Kernkraft und wenn ja gehört sie dann auch zur Gesamtenergie eines Atomkerns?

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SlowPhil  27.03.2024, 15:26
@leo93247
Die Bindungsenergie ist dann aber nicht die Energie welche den Atomkern zusammenhält, ...

Doch, bzw. die Starke Kernkraft ist das, was den Atomkern zusammenhält. Die Nukleonen liegen durch diese anziehende Kraft praktisch in einem Potentialtopf, dessen Energieniveau unter dem Niveau der Umgebung liegt, d.h., die Bindungsenergie ist die potentielle Energie der Nukleonen im Atomkern. Und die ist negativ.

... sondern die Energie, die ja benötigt wird um den Atomkern in die einzelnen Nukleonen zu zerlegen.

Das ist die andere Seite derselben Medaille.

Stell Dir vor, Du wohnst Parterre, und hier setzen wir das Nullniveau des Gravitationspotentials.

Du willst eine Kiste aus dem Keller holen, der 3 m tiefer liegt. Anders ausgedrückt, im Keller ist die Höhe −3 m.

Zusammen mit der Kiste hast Du die Gesamtmasse m = 100 kg, und mit der Gravitationsfeldstärke g = 9,81 m⁄s² ergibt sich ein Gewicht von m∙g = 981 N.

Im Keller hast Du die potentielle Energie Eₚ = m∙g∙h = −2943 J.

Somit musst Du die Arbeit von +2943 J verrichten, um aus dem Keller hochzusteigen.

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