War die Wiedervereinigung ein Fehler?

4 Antworten

Ehrlich gesagt, denke ich das oft. Die DDR war wirtschaftlich am Ende. Das lag natürlich teilweise an der Sowjetunion, aber eben auch an den Bürgern der DDR. Auch wenn die Verantwortung später der Treuhand in die Schuhe geschoben wurde.

Im Gegensatz beispielsweise zu den Balten haben die meisten Ostdeutschen sich hinter dem Vorhang versteckt und auf die wirtschaftliche Hilfe aus dem Westen gewartet. Anders als die Balten ließ man sich durch ständige Wirtschaftshilfen über Wasser halten. Deshalb wäre es vielleicht besser gewesen, wenn die DDR erhalten geblieben wäre und sich der Osten selbst geholfen hätte.

https://www.bundestag.de/resource/blob/550094/8e17e37a176c0f9c69150314bed6894d/wd-4-033-18-pdf-data.pdf


Crack  02.02.2025, 09:31
Auch wenn die Verantwortung später der Treuhand in die Schuhe geschoben wurde.

Dass die Treuhand in Teilen falsch gehandelt hat, ist keine Schuldzuweisung, sondern in vielen Fällen gesichert.

https://www.mdr.de/geschichte/ddr/deutsche-einheit/treuhand/praesidentin-birgit-breuel-anstalt-bilanz-fehler-100.html

Geraldianer  02.02.2025, 09:43
@Crack

Ich habe damals in vielen DDR-Betrieben gearbeitet. Beispielsweise bei Zeiss. Nicht bei der Treuhand. Das Warenwirtschaftssystem dort hatte eine gewaltige Fertigungstiefe, keine Arbeitsteilung zwischen Unternehmen. Durch die Währungsunion verfünffachten sich die Löhne, Märkte im Osten, im Westen und im eigenen Land waren so nicht zu halten.

Es war für Ökonomen damals absehbar, dass die Industrie im Osten zusammenbrechen würde. Kohl ließ 1989 von Thilo Sarrazin eine »Prognose« schreiben, dass nur 30 % der Arbeitsplätze in der Industrie verloren gehen würden. Aber als 1995 fast 90 % der Arbeitsplätze 1995 verschwunden waren, musste er der BA verbieten, diese weiterhin statistisch zu erfassen.

Geraldianer  02.02.2025, 10:28
@Crack

Für mich ist das Treuhandargument ein Beispiel dafür, wie die Ostdeutschen von ganz Links bis zu den Faschisten als Kollektiv die Verantwortung für ihr Handeln nach außen abschieben. Diese fehlende Individualisierung vermisse ich im Osten. Und ich frage mich, warum das im Baltikum viel besser funktioniert.

CorgiMcweasel  02.02.2025, 19:17
@Geraldianer

das mit dem Baltikum habe ich mich auch gefragt...trifft aber auch zumindest teilweise auf Slowenien zu

Ein Fehler war es nicht, aber man hätte es anders angehen sollen. Letztendlich wurde es von den Bürgern eher als Übernahme denn als Vereinigung gesehen. Die Restwirtschaft wurde z.B. endgültig platt gemacht, teils um Konkurenz aus der Welt zu schaffen, teils um sich nur die Taschen zu füllen. Dadurch sank die Begeisterung im Osten rapide ab. Daß der Osten dann als Billiglohngebiet genutzt wurde machte die Sache nicht besser. Klar war am Anfang nicht die Produktivität wie im Westen gegeben, aber jetzt nach über 35 Jahren gibt es immer noch - teilweise erhebliche - Differenzen im Lohngefüge.

Du schreibst in Teilen Unsinn.

Der Soli wurde ja von allen bezahlt, war für den Golfkrieg eingeführt worden und wurde nicht nur für die neuen Bundesländer verwendet.

Selbst wenn die Einheit sehr viel Geld gekostet hat, "Westdeutschland" hat sich dadurch viele billige Produktionsstätten und vor allem einen großen Absatzmarkt von rund 17 Millionen gesichert. Ich will nur an die Zerschlagung fast aller Firmen durch die Treuhand erinnern, den Reibach machte eher nicht die Ostdeutschen, sondern überwiegend Westdeutsche.

Der Osten ist ganz sicher nicht "faschistisch".
Ja, insgesamt ist die AfD stärker als im Westen, aber auch da findest Du viele Wahlkreise mit 20% plus. Und selbst wenn hier 1/3 die AfD wählt, gibt es noch 2/3, die das nicht tun.

Je länger Dein Text wird, umso unsinniger wird er,
bis hin zu offensichtlichem Blödsinn.


Silicium58  02.02.2025, 09:48
"Westdeutschland" hat sich dadurch viele billige Produktionsstätten und vor allem einen großen Absatzmarkt von rund 17 Millionen gesichert

Glaubst du, dass die Bundesrepublik diesen ohne Wiedervereinigung nicht gehabt hätte?

Die DDR wäre scharf auf Unterstützung und Investitionen gewesen. Hätten sie nicht sehr viel dafür getan, wenn man es ihnen abverlangt hätte?

Crack  02.02.2025, 10:00
@Silicium58

Gemeint ist damit, dass so gut wie alle ostdeutschen Firmen von Westdeutschen übernommen wurden. Dabei wurde nicht nur die Kontrolle übernommen, also der Gewinn abgeschöpft, sondern auch unliebsame Konkurrenz beseitigt. Das wurde mittlerweile alles weitgehend aufgearbeitet und ist unzweifelhaft.

Bis zur Wiedervereinigung hat der Westen zwar auch schon im Osten Waren gekauft, das aber in viel geringerem Umfang und das als Käufer, nicht als Produzent in Eigenregie.

Verkauft wurden Waren aus dem Westen in kaum nennenswerter Menge, den im Osten fehlten einfach die Devisen dafür.

Silicium58  02.02.2025, 10:10
@Crack
Gemeint ist damit, dass so gut wie alle ostdeutschen Firmen von Westdeutschen übernommen wurden. Dabei wurde nicht nur die Kontrolle übernommen, also der Gewinn abgeschöpft, sondern auch unliebsame Konkurrenz beseitigt. Das wurde mittlerweile alles weitgehend aufgearbeitet und ist unzweifelhaft.

Ich persönlich zweifel daran auch nicht.

Aber das, was du beschreibst, ist schlicht purer Kapitalismus. Also das System, nach dem die DDR-Bürger wie verrückt geschrien haben.

Warum denkst du, dass man den DDR-Bürgern die negativen Aspekte des Kapitalismus hätte ersparen sollen?

Und glaubst du, dass Übernahme und Gewinnabschöpfung von DDR-Unternehmen ohne Wiedervereinigung komplett unmöglich gewesen wären?

Akka2323 
Beitragsersteller
 02.02.2025, 10:27
@Silicium58

Da war doch alles marode und runtergekommen. Ich war oft auf Verwandtenbesuch dort, es war schlimm.

Crack  02.02.2025, 11:00
@Silicium58

Natürlich war die D-Mark und die Wiedervereinigung eine Entscheidung großer Teile der Ossis. Viele waren erstens aber auch der DDR müde und wollten Veränderungen, egal wie. Zweitens waren sie aber auch blind und naiv, was durch den Westen noch befeuert wurde, ich erinnere an die "blühenden Landschaften" Kohls.

Mir geht es nicht darum, dass der Kapitalismus nun mal so ist, wie er ist, das wussten auch die Menschen im Osten. Es geht um das WIE, wie das geschehen ist, und das war oft reines Raubrittertum, wie sogar viele beteiligte Politiker und Treuhandchefs unumwunden zugeben.

https://www.mdr.de/geschichte/ddr/deutsche-einheit/treuhand/betriebe-verkauf-volkseigentum-100.html

Man kann also sicher nicht sagen, die DDR war pleite und es war nichts zu holen.
Für einige war es eine Goldgrube.

Zitat:
"Die Treuhand hat in großem Umfang deindustrialisiert und hat damit bis heute den Osten zurückgeworfen. Um es mal drastisch zu sagen: Die Treuhand hat aus dem Osten einen Ein-Euro-Laden gemacht. Und wer hat profitiert davon? 85 Prozent sind an westdeutsche Investoren gegangen und die restlichen 15 sind nicht bei den Ossis geblieben, sondern gingen an ausländische Investoren.“

https://www.deutschlandfunk.de/umstrittene-treuhand-bilanz-zwischen-dichtung-und-wahrheit-100.html

Akka2323 
Beitragsersteller
 02.02.2025, 09:44

Der Osten war doch völlig pleite. Da war doch nichts zu holen. Mein Neffe in Ostberlin hat Zimmermann gelernt. Der Ausbilder hat den Eltern gesagt, es gäbe keine Zimmermannshämmer im Osten. Wer eine Oma hätte, solle die nach Westberlin schicken, damit die da vom Begrüßungsgeld einen kauft. Wir haben unserer Tante ein Konto bei einer Westberliner Bank eingerichtet, sie hat dann den Hammer gekauft, Rasierklingen und all so ein Zeug, was es drüben nicht gab. Da war doch alles marode.

Crack  02.02.2025, 10:48
@Akka2323
Der Osten war doch völlig pleite. Da war doch nichts zu holen.

Zahlreiche Betriebe wurden für die bekannte 1 D-Mark verkauft, dann zerschlagen und in Teilen weiterverkauft. Einfache Logik sagt, dass da sehr viel mehr hängengeblieben ist, als die investierte 1 D-Mark. Sonst hätte das auch niemand mit Verstand angefasst.

Zitat:
"werden die Kombinate zerschlagen und potentielle Käufer dürfen sich die Filetstücke aussuchen. Unter teils dubiosen Umständen verscherbelt die Treuhand rund 50.000 Immobilien, knapp 10.000 Firmen und mehr als 25.000 Kleinbetriebe. Dass sie in zahllosen Fällen weder die Bonität der Käufer prüfte noch die Einhaltung der Verträge überwachte, ist aktenkundig. Die DDR gilt in diesen Jahren als ein riesiger Schnäppchenmarkt und die Kritik an dem Gebaren der Treuhand wächst von Jahr zu Jahr. "Die Treuhandanstalt ist hilflos gegenüber der Vielzahl von Vorwürfen, die überwiegend berechtigt sind", gibt selbst Treuhand-Chef Rohwedder 1991 unumwunden zu."

https://www.mdr.de/geschichte/ddr/deutsche-einheit/treuhand/betriebe-verkauf-volkseigentum-100.html

Nein. Mit Sicherheit nicht.

Die Art der Umsetzung enthielt dutzendweise Fehler.