Wäre es nicht sinnvoll für die Geschlechtsidentität einfach andere Begriffe zu verwenden anstelle von Mann und Frau?

12 Antworten

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Eins vorweg: ich akzeptiere viele unterschiedliche Menschen, aber ich habe auch meine Meinung dazu.

Wer damit nicht umgehen kann, sollte jetzt besser nicht weiter lesen.

Zum einen finde ich den Vorschlag mit den unterschiedlichen Bezeichnungen "sex" und "gender" nicht ganz so schlecht. Es wäre eine gute Kompromiss Lösung.

Allerdings müsste man im politischen festlegen, was wo wann gilt.

Ich möchte als Frau, dass die Schutzräume erhalten bleiben.

Ein Mann, der sich nur als Frau fühlt, aber biologisch gesehen noch ein Mann ist (mit Penis und allem was dazu gehört) hat in einer Frauen Umkleide nichts zu suchen.

Genau so, wie es absolut unfair ist, dass ein Mann mit seiner Statur an einem Frauenwettbewerb im Sport teilnimmt. Sowas geht meines Erachtens gar nicht.

LG ChrystalDragon7 🍀

Nein, weil es eben Männer und Frauen sind und da die Transitionen immer besser werden, macht es bald generell keinen Unterschied ob man trans oder cis ist.

Sollten zu dem biologischen Geschlecht, was ja immer gleich bleibt, noch eine andere Identität hinzukommen, kann man andere Begrifflichkeiten verwenden.

Es beim hat eben nicht immer gleich und wird durch die Transition verändert, aber man wird biologisch gesehen auch nicht zu 100% zur Frau zum Mann (Gender mässig aber schon). Man bleibt aber biologisch gesehen auch nicht zu 100% männlich oder weiblich. Der Körper verändert sich. Vielleicht wird es ja irgendwann möglich sein, auch körperlich eine 100% Transition zu machen.

Ich vermute der springende Punkt ist, dass die Begriffe Mann und Frau nun mal unlösbar mit dem biologischen Geschlecht verdrahtet sind.

Und genau das bezweifle ich. Das biologische Geschlecht wird anhand von 4 Kriterien definiert: innere Geschlechtsorgane, äußere Geschlechtsorgane, Chromosomensatz und Hormonspiegel. Nichts davon lässt sich aber im Alltag mal eben so als Unterscheidungskriterium heranziehen. Trotzdem laufen wohl die meisten durch den Alltag und behaupten Frauen und Männer unterscheiden zu können.

Woran aber machen sie das dann fest? Ich behaupte mal, es dürfte vor allem das äußere Erscheinungsbild sein. Die vier Kriterien des biologischen Geschlechts führen in der Regel zu charakteristischen Unterschieden zwischen Mann und Frau, insbesondere nach Abschluss der Pubertät, die wir in unserem Gegenüber erkennen können (Fettverteilung, Brustumfang, Stimmlage, Muskelmasse, etc.).

Jetzt gibt es aber beispielsweise Personen mit einem XY-Chromosomensatz, die aufgrund einer hormonellen Störung ein komplett weibliches Erscheinungsbild haben. Eventuell weiß die Person selbst nicht mal, dass sie einen XY-Chromosomensatz hat. Ich vermute also mal, dass jede(r) diese Person als Frau bezeichnen würde. Wenn ich mich jetzt auf das biologische Geschlecht zurückziehen würde, dürfte ich diese Person aber nicht als Frau bezeichnen.

Und dann werfen wir doch mal einen Blick auf Kim Petras. Wenn man sie auf der Straße treffen würde, würde man sie doch sicherlich als Frau einordnen. Jetzt kennt man bei dieser öffentlichen Person den Hintergrund und weiß, dass sie mit biologisch männlichen Merkmalen auf die Welt kam. Und genau da setzt bei einigen das Problem an und es wird erklärt, dass sie ja keine richtige Frau sei, weil sie ja schließlich biologisch männlich auf die Welt kam.

Und da schließt sich der Kreis wieder: die biologischen Merkmale können wir im Alltag anhand eines flüchtigen Blicks bei anderen Personen nicht erkennen. Wir müssen uns erstmal anhand des äußeren Erscheinungsbildes orientieren. Von daher halte ich die Idee, die Begriffe Mann und Frau fest mit dem biologischen Geschlecht zu verbinden, unsinnig.

Jeder Mensch wird von mir so behandelt, wie er behandelt werden möchte. Fühlt sich ein Mensch mit biologisch männlichem Geschlecht dem weiblichen Geschlecht zugehörig, bricht zumindest mir kein Zacken aus der Krone, wenn ich diesen Menschen auch als Frau sehe. Umgekehrt natürlich genauso.

Das hat nichts mit Diskriminierung zu tun [...]

Genauso bedeutet meine Haltung nicht gleich, dass ich biologische Fakten nicht anerkennen würde. Wobei es bei beiden Seiten auch immer noch auf die Wortwahl ankommt. Denn vieles ist trotzdem feindselig und verletzend gemeint, auch wenn es eine Aussage an sich nicht sein mag.

Ein Kompromiss ist notwendig, sagst Du? Wie wäre es denn, wenn sich jeder nicht nur stur an seinem Weltbild festkrallt, sondern auch mal über seinen Schatten springt und andere Menschen einfach leben lässt, wie es sich für sie richtig anfühlt? Dann könnten wir nämlich endlich mal über wirkliche und uns alle betreffende Probleme debattieren.

Dackelpapa  02.06.2023, 11:15

Klare Worte!

So und nicht anders !!!!

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Wäre es nicht sinnvoll für die Geschlechtsidentität einfach andere Begriffe zu verwenden anstelle von Mann und Frau?

Bevor man neue Begriffe einführt würde ich zunächst versuchen, die Verwendung der bestehenden Begriffe zu klären:

Ein Mann ist ein erwachsener und männlicher Mensch.

Eine Frau ist ein erwachsener und weiblicher Mensch.

Byrne, Alex (2020). Are women adult human females? Philosophical Studies 177 (12):3783-3803.

Männlich im engsten Sinne meint biologisch männlich, also ein Lebewesen, das darauf angelegt ist Spermien oder Pollen zu produzieren. (Weiblich entsprechend Eizellen)

Roughgarden, J. (2013). Sex versus Gender. In Evolution’s Rainbow: Diversity, Gender, and Sexuality in Nature and People. University of California Press.

Im weiteren Sinne bezeichnet männlich Eigenschaften, die bei biologisch männlichen Individuen einer Spezies häufiger bzw. stärker ausgeprägt vorkommen. (Entsprechend bei weiblich)

Wie verwenden wir die Begriffe "Mann" und "Frau" in unserer Sprache ?

Wenn jemand beobachtet: "Da vorne geht ein Mann bei rot über die Ampel.", dann will er damit nicht sagen, dass der Mensch, der da über die Straße geht Hoden hat. Er will sagen (und mehr hat er auch nicht beobachtet), als dass da ein Mensch über die Ampel geht, der wie ein Mann aussieht. Die Aussage wäre in meinen Augen nicht falsch; selbst wenn der Mann tatsächlich ein Trans-Mann (also streng genommen eine Frau) ist.

Warum sagen wir nicht: "Da vorne geht ein Mensch" oder noch krasser: "Da vorne geht ein Lebewesen" ? Ich denke das hat mindestens zwei Gründe:

  1. Einen moralischen: Menschsein und unser Geschlecht hat viel mit unserer Identität zu tun hat. Es wäre schlicht unhöflich und würde der Person einen Teil ihrer Würde nehmen, das Geschlecht oder gar Menschsein nicht implizit zu erwähnen.
  2. Einen pragmatischen: Unser Hirn ist so verdrahtet, dass es uns innerhalb von Millisekunden eine Einschätzung gibt, welches Geschlecht eine Person hat. Das geht schneller als die Haarfarbe. Deshalb kommunizieren wir das Geschlecht oft oft implizit mit.

Aus erstem Grund wäre es mindestens unhöflich, wenn nicht sogar diskriminierend, bei Trans-Menschen ihre gelebte Geschlechtsidentität nicht entsprechend in der Sprache implizit mit zu kommunizieren. Deshalb wird so viel Wert auf Pronomen gelegt, weil vor allem diese für diese implizite Kommunikation gebraucht werden.

Byrne, Alex (2023). Pronoun Problems. Journal of Controversial Ideas 3 (1):1-22.

Etwas anders sieht es aus, wenn jemand explizit über einen Trans-Mann sagt: "Tom ist eine Frau." Das kann je nach Kontext unhöflich, indiskret oder diskriminierend sein oder auch absolut adäquat. Falsch ist es jedoch nie. Falsch wäre in jedem Kontext die Aussage: "Tom ist ein Mann." Aber: Nicht jede Wahrheit muss ausgesprochen werden ! Deshalb sollte man solche Aussagen lassen. Sie sind in der alltäglichen Kommunikation auch nicht nötig. Wann hast du das letzte mal explizit über jemanden gesagt, er sei ein Mann oder eine Frau ?

daher wäre ein Kompromiss notwendig.

Ja. Und der aktuelle Kompromiss ist so, dass man beim sprechen über / mit Trans-Menschen das von ihnen gewünschte grammatikalische Geschlecht (Genus) verwendet und ihren Genitalstatus / biologisches Geschlecht nicht ungebeten offenbart.

Dieser könnte so aussehen, dass man ähnlich wie bei "sex" und "gender" einfach unterschiedliche Begrifflichkeiten verwendet.
Für das "sex", dem biologischen Geschlecht nimmt man wie gehabt die Begriffe Mann und Frau.

Ja, das würde eine klare und unmissverständliche Sprache ermöglichen. Es ist aber nicht nötig und geht an den tatsächlichen Anforderungen an unsere Kommunikation vorbei.

Es ist nicht nötig, weil wir schon jetzt effektiv kommunizieren können. Aus dem Kontext ergibt sich meist sehr deutlich, was man kommuniziert; ob nun gerade die Rolle bei der Fortpflanzung, der Kleidungsstil im Vordergrund steht oder ob das Geschlecht nur implizit aus Höflichkeit / Pragmatismus mit impliziert wurde. Sollte das einmal nicht der Fall sein (z.B. im Austausch über Transsexualität), dann kann man die Begriffe qualifizieren (z.B. "Mann im biologischen Sinne", "Trans-Frau", "Geschlechtspräsentation", "Geschlechtsidentität").

Es geht am eigentlichen Problem vorbei: Wenn behauptet wird, Trans-Frauen seien Frauen, dann geht es im Kern nicht darum, den Begriff "Frau" neu zu definieren, sondern darum, Privilegien, die Frauen vorbehalten sind, auch für Trans-Frauen einzufordern. Das funktioniert mit so einer platten Äquivokation natürlich nicht. Es ist ein verfänglicher, irreführender Slogan, der produktivere Diskurse verhindert hat. Das Manöver wird schnell durchschaut (wurde aber selten adäquat entlarvt) und hat dadurch Trans-Menschen in der öffentlichen Wahrnehmung mehr geschadet als genutzt. Es braucht keine neuen Begriffe um dieses rhetorische Manöver sichtbar zu machen.

Es ist so, dass Frauen (und Männer) für viele der Privilegien für Frauen gekämpft haben und noch kämpfen. Die wenigsten der Privilegien hängen direkt mit ihren Keimzellen oder ihrer Geschlechtsidentität zusammen. Jetzt erleben wir gerade, wie verhandelt wird, welche Privilegien auch für Trans-Frauen gelten können / müssen.

Klassische Beispiele sind: Damensauna, Damensport, Sammelumkleiden, Wehrpflicht. In keinem dieser Beispiele werden Frauen aufgrund ihrer Geschlechtsidentität (fühlt sich als Frau) oder ihrer Keimzellen (biologische Frau) privilegiert. Welches in jedem Einzelfall die entscheidenden Kriterien sind, unter denen eine Trans-Frau die entsprechenden Privilegien erhält, ist in der Gesellschaft zu verhandeln. Hierbei wird es keine Universallösung geben, wie es der Slogan "Eine Trans-Frau ist eine Frau" suggeriert.