Sehr große Angst zu sterben?

11 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Hi,

Dein Text hat mich direkt an meine Kindheit erinnert, ich weiss noch das mein Vater mit mein Onkel über den tot geredet haben und was wohl danach kommt , ich konnte wochenlang nicht mehr ruhig schlafen, hatte Alpträume, die Vorstellung vom nix danach kann ein fast um den Verstand bringen. Das war mehr oder weniger mein erster Kontakt zum Tod, das erste Mal beschäftigt ein das wirklich voll. Es ist wirklich ein seltsames Gefühl ein bisschen als würde ein der Boden unter den Füßen weggezogen werden. Man könnte sagen ich war danach total verstört und vor mir stand diese uns fremde Macht, der Tot den man weder kennenlernen kann noch wegschieben kann.

Irgendwann erkennt man aber das nicht der Tot das Ziel ist, sondern der komplette Weg dahin. Aus nur 80 Jahren werden wertvolle Jahre die man genießen kann, ich habe dadurch gelernt meine Lebenszeit als wertvoller als jedes marterielles Gut zu Betrachten. Das hilft ungemein seine Zeit nicht zu verschwenden und auch Grenzen zu setzen.

Als Altenpfleger kann ich dir dazu sagen das das altern mich persönlich an einen langen Abschied erinnert, man wird Haustiere verlieren die man mag, Menschen, Besitz und zum Schluss sich selber. Ich stelle mir das vor wie eine Reise im Zug mal steigen welche neu ein und mal steigen welche aus und irgendwann hat man auch seine endhaltestelle erreicht, entscheidend ist das man während der Fahrt eine gute Zeit hatte mit tollen Gesprächen, tollen Menschen und tollen eindrücken vom leben, wenn der Zug am Ende der Tour stehen bleibt hält ein nix mehr im Zug der nun leer ist.

Und was danach kommt ist Glaubenssache, als Altenpfleger hab ich häufig Kontakt zum Tot, manchmal gelingt es uns ihn noch zu verjagen aber er kommt halt immer wieder zurück. Viele meiner Patienten haben vor den tot Halluzinationen gehabt, überproportional häufig von bereits verstorbenen Familienmitgliedern, oftmals kamen die um sie abzuholen. Was nun pathologisch ist oder übersinnlich lässt sich leider nicht differenzieren. Es kommt halt nur irgendwie sehr häufig vor. Auch hatte ich eine Patientin die kurze Zeit klinisch tot war und zurückgeholt wurde, sie beschrieb mir was sie in der kurzen Zeit sah und sie beschrieb tatsächlich einen Tunnel mit warmen Licht am Ende und ein Hochgefühl von Glück und Trost, sie sagte mir auch das sie seitdem sich auf das Ende freut weil sie weiss das es wunderschön wird. Auch gibt es in der Altenpflege 2 wichtige Aberglauben, einmal die 3er Regel die nahezu immer auch eintrifft, sprich stirbt einer, gehen 2 weitere mit bis wieder ruhe einkehrt und es von vorne beginnt, die Anzahl der Personen lässt mich an den Tot fahrend in ein Taxi denken, mehr passen da halt nicht rein 😄 und der zweite Aberglaube ist es der Seele zu erlauben zu gehen, verstirbt jemand muss das Fenster geöffnet werden damit seine Seele hinausgehen kann, habe das einmal vergessen und den Schrecken meines Lebens bekommen weil eine geschlossene (!) Tür aufeinmal aufging, ich denke er war sauer und hat dann einfach die Tür genommen 😄 was einfach auch zum Leben dieses malochers wunderbar gepasst hätte 😄 all diese Erfahrungen haben zumindest bei mir etwas Ruhe geschafft, ich glaube mittlerweile fest das da noch was kommt oder man wenigstens mit ein gefühl der Freude und des glücks gehen kann und noch 2 Beifahrer hat zum quatschen 😃😄

Ich denke übrigens nicht das das Auseinandersetzen mit den tot vom Psychotherapeuten geheilt werden kann, diese Angst ist echt und hat absolute Daseinsberechtigung, was du ändern kannst ist der Umgang mit deinen leben, was du nicht mit grübeln über das unvermeidliche verschwenden solltest, sondern es im Hinterkopf abspeicherst das du sterblich bis, es schützt dich ja auch vor falschen Entscheidungen. Die Kapazität die du nun verbrauchst kannst du besser im hier und jetzt gebrauchen, mache dir vielleicht mal eine liste mit sachen die du in den jahren erleben möchtest und Arbeite daran sie zu erreichen. 🙂

waldfeeliebe 
Fragesteller
 07.01.2022, 10:47

Danke dir! Das ist die hilfreichste Antwort für mich ❤

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jww28  07.01.2022, 11:18
@waldfeeliebe

Und von mir alles Gute ❤ das geht vorüber dauert nur lange bis man sich damit abgefunden hat und das leben wieder im Vordergrund steht, nicht umsonst kann ich mich an die geschichte aus meiner Kindheit so gut erinnern sowas beeindruckt ein nachhaltig.

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Lasst uns darauf vertrauen dass dieser Kreislauf von leben und sterben wichtig und richtig ist. Es war nie anders, alles ist im ständigen Zerfall und genau das macht das Leben auch lebenswert.

Also, erstmal kurz vorweg: Du wärst ein Idiot wenn du keine Angst vor dem Tod hättest. Jedes Lebewesen hat einen Überlebenstrieb und der ist in meinen Augen natürlich der Urheber für eine generelle Angst vor dem Tod. Nun wurde uns Menschen allerdings die Fähigkeit geschenkt (ob von der Evolution oder Gott (das muss jeder für sich wissen)), komplexe Gedankenstrukturen zu entwickeln, welche es uns natürlich ermöglichen ein Thema, bei dem einem ohnehin schon mulmig wird, kaputtzudenken, oder eben den Gedanken selbst über alle Maße zu strapazieren. Wenn es sich in deinen Gedanken um gar nichts anderes mehr dreht, kann soetwas schnell manisch werden und zu dem bekannten "Teufelskreislauf" führen. Addiert man nun noch die Kirche hinzu, die sich über Jahrtausende beste Mühe gegeben hat, das Verhalten von Menschen, gerade MIT der Angst vor dem Tod, zu manipulieren, hat man den perfekten Cocktail um genau das zu fördern was du gerade durchmachst. Leider sind viele, gerade christliche Lehren über den Tod derart grausam und gesellschaftlich verankert, dass es schwierig ist, diese beiseite zu legen, auch wenn man nicht daran glaubt oder den Gedanken bewusst miteinbezieht. Es hinterlässt ein unangenehmes Gefühl. Zusammenfassend kann man also sagen, dass deine Angst vor dem Tod natürlich ein Produkt deiner Umgebung, deiner Erfahrungen und deiner biologischen Natur ist. Die Wertschätzung die du deinem Leben zollst, ist natürlich nicht zu vergessen, denn je höherwertig etwas ist, desto schützenswerter ist es für das Individuum.

Wie kannst du also da rauskommen? Mit Eigenleistung und auch nur damit (insofern Hilfegesuche an anderer Stelle ertraglos waren). Du selbst musst den Kreislauf durchbrechen, wie das geht können dir aber maximal Menschen sagen, die dich kennen und selbst das ist echt ne harte Nuss.

Hier wird man dir lediglich Tipps geben können und der beste wird wahrscheinlich sein, das verschrobene Bild des Todes abzulegen. Was lebt, stirbt. Das ist unumstößlich und damit muss man sich auseinandersetzen. Und ich meine wirklich auseinandersetzen, bis man den Gedanken akzeptiert kann. Außerdem sollte man, bis es soweit ist (dass man stirbt) sehen was gerade passiert und seine Verlustängste ablegen. Genieß was du hast, anstatt dich damit auseinanderzusetzen was passieren könnte, wenn du es verlierst. Darum kann man sich Gedanken machen, wenn es vor der Tür steht.

Der beängstigende Gedanke des Todes wird nicht völlig erlöschen. Selbst ich, der den Tod wirklich als rationale Begebenheit betrachtet, habe hier und da Angst davor. Beispielsweise Nie wieder einen Sonnenauf-oder Untergang zu sehen.

Wir wissen nicht was dann kommt. Vielleicht ja wirklich das nächste große Abenteuer oder halt auch eben nichts. Aber eins wissen wir: du wirst es akzeptieren müssen und da der Tod sicher kommt, lebe dein Leben mit Stolz :).

Vergiss einfach nicht, dass auch du noch älter und reifer werden wirst und in 5Jahren hast du vielleicht schon eine ganz andere Sicht auf die Dinge.

Sorry, dass ich dir zusammenfassend keine bahnbrechende Lösung anbieten kann, aber die gibt es einfach nicht.

Alles Gute

xlikex  07.01.2022, 15:56

Warum ist man deiner Meinung nach ein Idiot, wenn man keine Angst vor dem Tod hat?

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Slide2904  07.01.2022, 16:23
@xlikex

Weil jedes Lebewesen darauf gepolt ist sein eigenes Überleben zu sichern.

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Das wir irgendwann gehen müssen lässt sich nunmal leider nicht verändern. Deine Therapeuten wollen dir lediglich raten, dein Leben zu genießen und zu leben und dich nicht dein Leben lang mit deiner Angst auseinander zusetzen. Und das solltest du eben auch versuchen. Wenn du diese Gedanken bekommst, so lenke dich ab. Du hast ja nunmal keinen Gewinn daraus, dich ständig mit negativen Gedanken zu befassen. Leider wird dir anderweitig sonst auch keiner helfen können.. du musst halt aktiv versuchen was dagegen zu tun. Und ja wie jemand schrieb vllt würde dir ein anderer Therapeut mehr helfen.. einen Versuch wäre es ja zumindest wert.

Ich kenne deine Angst. Womöglich leidest du unter einer generalisierten Angststörung. Dabei sind "normale" Ängste nämlich nochmak stärker ausgeprägt. Wenn dir deine Therapie nicht hilft solltest du darüber nachdenken, deinen Therapeuten zu wechseln.

Aber ja, ich kenne diese Angst. Wobei ich eher Angst habe schwer Krank zu werden und qualvoll zu sterben. Aber diese Angst ist auch nicht besser :/