Mathestudium - noch Freizeit?

7 Antworten

Ich kenne mehrere Leute, die Mathe studieren und das sind keine isolierten Menschen, die nur daheim vor ihren Übungszetteln sitzen. Klar ist es zeitaufwendig (wie aber viele andere Studiengänge auch), aber wenn man sich gut organisiert, hat man auch noch genügend Freizeit daneben, genau wie in anderen Studiengängen eben. Da dich Mathe ja zu interessieren scheint, finde ich, ist es auf jeden Fall einen Versuch wert, man kann immer noch abbrechen.
Dir muss nur klar sein, dass jedes Studium eben fordert, sich damit auch außerhalb der Uni/Hochschule auseinanderzusetzen, egal ob Mathe, Medizin oder Französische Kulturwissenschaft!

Propagandalflol 
Fragesteller
 11.12.2019, 17:20

Das nenne ich doch mal eine gute Antwort, danke dir :)

Das beruhigt mich auch sehr

1
jeanyfan  11.12.2019, 20:32
Dir muss nur klar sein, dass jedes Studium eben fordert, sich damit auch außerhalb der Uni/Hochschule auseinanderzusetzen

Was meinst du damit? Dass man nicht meint, es sei damit getan, "nur" an die Hochschule zu gehen? Gibt es wirklich Leute, die das glauben?

Oder wolltest du damit sagen, dass es nicht wie für gute Schüler in der Schule vielleicht so ist, dass sie 80% durch den Unterricht verstehen und vielleicht 20% nochmal daheim nacharbeiten müssen. Sondern man wenn man Glück hat vielleicht 20% an der Hochschule versteht und sich 80% dann eben selbst irgendwie aneignen muss?

1
champion2013  11.12.2019, 23:51
@jeanyfan

Beides, denke ich. Durch die Schule kommen einige auch ohne viel Lernen durch und der größte Teil des Stoffs wird in der Schule vorbereitet (Hausaufgaben ausgeschlossen). Im Studium muss man eben mehr Eigeninitiative zeigen, sich außerhalb mit den Themen beschäftigen und mit nicht gestelltem Material (zB Bücher) arbeiten.
Und ja, ich denke schon, dass es Leute gibt, die das denken bzw sich nicht so recht dem Studentenleben bewusst sind...

0

Ich hab zwar Informatik studiert (und abgebrochen), aber auch einige reine Mathevorlesungen erlebt. Das Problem ist halt, dass du für ein reines Mathestudium - wenn du nicht grade wirklich eine extrem krasse Auffassungsgabe hast - schon eine ziemlich hohe Frustrationstoleranz brauchst, um dich nicht vollends demotivieren zu lassen. Und als Normalsterblicher ist es eben schwierig, wo man diese herkriegen soll, wenn es eher die Regel als die Ausnahme ist, dass du 90 Minuten in einer Mathevorlesung sitzt und nicht mal eine Kleinigkeit von dem verstehst, was dir die Leute da erzählen. Mir ging es oft so, dass man die Vorlesungen statt auf Deutsch genauso gut auf Chinesisch hätte halten können und ich hätte nicht weniger verstanden. Das heißt aus fachlicher Sicht war es inbesondere in den Mathevorlesungen komplett vertane Zeit, da überhaupt auch nur hinzugehen. Hinzu kam noch, dass ich die Atmosphäre und das Umfeld an der Uni absolut grausam fand. Alles läuft anonym ab, du sitzt in Vorlesungen mit Hunderten von Leuten und findest so gut wie keinen Anschluss, weil überall die Grüppchen an Leuten rumhocken, die sich von irgendwoher kennen und an die du nicht rankommst, weil es für die keinen Grund gibt, wieso sie sich mit dir beschäftigen sollten. Und wenn du dann nicht grade jemand bist, mit dem man sich beschäftigt, weil du es voll drauf hast und man davon dann profitiert, irrst du irgendwo alleine durch die Gegend und fragst dich tagtäglich, wozu du dort eigentlich hingehst, wenn es dir eh nichts bringt.

Erst als ich sämtliche Vorlesungen, Übungsblätter usw. komplett links liegen hab lassen und mir so viele Bücher selbst zusammengesucht habe, die wenigstens so geschrieben waren, dass ich ansatzweise mal etwas damit anfangen konnte, habe ich dann mal halbwegs etwas verstanden. Bestenfalls habe ich irgendwann dann aber mal nachvollziehen können, was andere Leute so machen (sprich Beweise halbwegs nachvollziehen können, wenn sie mal einigermaßen verständlich erklärt waren und nicht nur "trivialerweise dem Leser überlassen werden") und habe mich eben mit vielen Übungsaufgaben seriös soweit vorbereitet, dass ich die Klausuren erfolgreich bestanden habe. Ich bin tatsächlich durch keine einzige Klausur durchgefallen, die ich jemals an der Uni geschrieben habe.

Allerdings war es dann eben ne Freude über einen gewissen Erfolg und kein wirklicher Spaß an der Sache, mit der ich mich da beschäftigt habe. Ich hab es immer damit verglichen, wie wenn du abnehmen willst und du dir eben als Mittel zum Zweck eine Sportart suchst, bei der du dann auch keine Freude und keinen Spaß empfindest, während du sie ausübst, sondern wo das einzige gute Gefühl danach dann ist zu sehen, dass es dir wenigstens körperlich irgendwie gut tut.

Ich hab das alles nur ertragen, weil ich wenigstens mal abends oder am Wochenende immerhin ein paar Dinge in Form von Freunden, mit denen ich was unternommen habe, hatte, wo ich dann wenigstens etwas hatte, auf das ich mich freuen konnte als "Belohnung" quasi. Hätte ich das nicht gehabt, wäre ich wahrscheinlich vollends verzweifelt an allem.

Ich hab auch mal ein paar Semester Tutorien gehalten an der Uni, was mir dann tatsächlich mal Spaß gemacht hatte und wo ich bei den Leuten, die in meinem Tutorium waren, auch gut ankam, weil sie fanden, dass ich den Stoff gut erklären konnte. Aber spätestens wenn ich dann eben mit Leuten aus meinem Semester in der Tutorenbesprechung saß, hab ich dann eben gemerkt, dass ich meistens nicht mal deren Fragen verstanden habe, die sie dann teilweise gestellt haben.

Irgendwie war es immer so ein "Zum Sterben zu viel, zum Leben zu wenig" bei mir. Und dafür, dass ich in der Schule Mathe immer gerne gemacht habe, weiß ich bis heute nicht, wieso ich mit dem Studium so gnadenlos gescheitert bin damals.

Das soll dich jetzt nicht demotivieren, ich würde dir nur folgende Tipps geben:

  • Mach reine Studiengänge wie Mathe nur, wenn du zu Schulzeiten wirklich auch gedacht hattest "Am liebsten hätte ich alle anderen Fächer abgewählt". Ansonsten überleg dir irgend nen Kombinationsstudiengang wie Wirtschaftsmathe oder sowas. Da hast du dann wenigstens auch mal noch was Anderes und musst dich nicht tagein, tagaus von morgens bis Abends mit Mathe rumschlagen.
  • Sei dir bewusst, dass du an ner Uni gnadenlos in der Masse untergehen kannst, es ist wahnsinnig schwer, da ernsthaft mit Leuten in Kontakt zu kommen, weil jeder so sein eigenes Ding durchzieht und du da schon sehr genau nen eigenen Plan brauchst, wie du vorwärts kommen willst, und auch das Selbstvertrauen und die Stärke, das alleine verwirklichen zu können. Wenn dir das nicht so liegt, sondern du eher ein etwas überschaubareres Umfeld brauchst, schau vielleicht lieber nach Alternativen zu einer Massen-Uni.

Ich stelle das jetzt alles nicht als allgemeingültige Aussagen hin, es gibt sicherlich genügend Leute, die mit einem Mathestudium absolut glücklich sind und für die es wahrscheinlich auch nicht mehr Aufwand bedeutet als für manche Leute die Schulzeit. Es sind einfach nur recht subjektiv die Erfahrungen, wie es mir damals ging. Aber ich war und bin vermutlich für das, was und vor allem in welchem Umfeld ich das in dem Alter damals gemacht habe, auch einfach gnadenlos überfordert gewesen.

Jensek81  11.12.2019, 18:36

"Alles läuft anonym ab, du sitzt in Vorlesungen mit Hunderten von Leuten und findest so gut wie keinen Anschluss, weil überall die Grüppchen an Leuten rumhocken, die sich von irgendwoher kennen und an die du nicht rankommst, weil es für die keinen Grund gibt, wieso sie sich mit dir beschäftigen sollten."

Noch nie wurde die allgemeine Hörsaal-Sitatuon so gut zusammengefasst wie von jeanyfan..

1

Es drommt kauf an...ähem..kommt drauf an. Ich selbst habe, gerade jetzt unmittelbar vor den Weihnachtsferien keine ruhige Minute mehr, da man gerade jetzt wortwörtlich mit Übungsaufgaben zugeschissen wird. Aber ich brauche auch extremst lange, bis ich etwas verstanden habe, also nimm mich nicht als Vorbild. Ich kenne Leute, die am Wochenende 3 Mal feiern gehen (Freitags, Samstag und Sonntags-Nacht) und trotzdem bessere Noten als ich haben, tw. sogar als Tutor arbeiten.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Jedes Studium verlangt volle Mühe, wenn man es gut abschließen möchte!

Propagandalflol 
Fragesteller
 11.12.2019, 17:17

Und inwiefern beantwortet das jetzt exakt meine Frage?

0
Liesche  11.12.2019, 17:29
@Propagandalflol

Wie viel Freizeit man beim Studium hat, hängt doch damit zusammen, wie gut man ist. Wenn Du aus den Vorlesungen viel weißt, wirst Du auch genügend Freizeit haben, Mathe ist ja nicht ausschließlich ein Lernstudium.

0

Ich weiß nicht wie das heute ist, sondern kann dir nur aus der Erfahrung von vor 35 Jahren berichten.

Wir hatten im Grundstudium je Semester einen Aufwand von etwa 12-16 SWS Vorlesung, dazu etwa 8-10 SWS Übungen, macht also zwischen 20 und 25 Stunden reine Stoffvermittlung. Dazu kam noch mal etwa die selbe Zeit für das selbständige Nacharbeiten und die Bearbeitung der Übungen. Vor den großen Klausuren (bei uns zum Ende der vorlesungsfreien Zeit, über zwei bis drei Semester Stoff) habe ich drei bis vier Wochen die selbe Zeit in die Vorbereitung gesteckt.

Das bedeutet dass ich ein wenig mehr Aufwand als ein durchschnittlicher Arbeitnehmer hatte, aber ohne dessen Verantwortung und Einschränkungen, außerdem habe ich mich mit einem Thema beschäftigt was mir Spass macht.

Daneben hatte ich genug Zeit meinen damaligen Hobbys (Gerätturnen, Volleyball, Modellfliegen) nach zu gehen und mich politisch zu betätigen. Da meine Freunde aus dem selben Umfeld kamen blieb natürlich auch für die genug Zeit.

Wichtig ist, dass du Begeisterung und Leidenschaft für das Fach mit bringst. Das ist die wesentliche Voraussetzung für ein erfolgreiches Studium. Lass dich nicht von anderen verrückt machen. Ein Mathestudium ist toll und faszinierend, du wirst in Themen vorstoßen die dir jetzt noch völlig unbekannt sind. Viel Spaß und Erfolg dabei!

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Dipl.Math.
Propagandalflol 
Fragesteller
 11.12.2019, 17:27

Vielen Dank, deine Antwort hilft mir sehr. :) Darf ich noch fragen, wie du beruflich heute tätig bist?

0
DerRoll  11.12.2019, 17:29
@Propagandalflol

Ich arbeite als IT Projektmanager bei einer Tochtergesellschaft einer großen deutschen Versicherung. Für eine Karriere in der Forschung war ich leider nicht talentiert genug :-).

0
Propagandalflol 
Fragesteller
 11.12.2019, 17:33
@DerRoll

Ah, okay. :) Ich möchte sowieso anschließend gerne in die Wirtschaft gehen (und dort am liebsten auch sehr viel Geld verdienen ;D), daher bin ich mir auch noch nicht sicher, ob ich Mathematik oder Wirtschaftsmathematik studieren soll. Wie groß war denn dein Informatikanteil im Studium? Und würdest du sagen, dass man da Vorkenntnisse brauch?

0
DerRoll  11.12.2019, 18:23
@Propagandalflol

Ich verdiene zwar sehr gut, aber schwerreich werde ich nicht.

Ich hatte Informatik als Nebenfach, d.h. 12 SWS im Vorstudium und 12 SWS im Hauptstudium. Ich gebe aber zu dass ich im Hauptstudium keinerlei Informatikvorlesungen besucht habe, sondern alles aus den Scripten und den Unterlagen erarbeitet habe (6SWS grafische Datenverarbeitung, 6SWS Robotik). In Mathe war das anders, da habe ich das nur in Topologie so gemacht.

Vorkenntnisse brauchst du eigentlich keine. Ich konne ein wenig BASIC und Pascal und hatte eine Facharbeit zu Numerische Integration geschrieben, da war aber der Matheteil deutlich mehr als der Programmieranteil.

Für BWL habe ich keinerlei Gespür, die WiWis an der Uni haben mich ohne Ende genervt. Aber wenn es dir liegt, ok.

0
jeanyfan  11.12.2019, 20:38
@DerRoll

Irgendwie beneide ich Leute wie dich, die so über ihr Studium reden und das tatsächlich gerne gemacht haben. Ich frag mich bis heute, was ich falsch gemacht habe, dass ich das nicht mal ansatzweise sagen könnte im Nachhinein, sondern es schon reicht, dass es mir schlecht geht, wenn ich nur an mein Studium von damals denke.

0
DerRoll  11.12.2019, 21:37
@jeanyfan

Hmm. Das wichtigste was ich ja schon geschrieben habe war die Leidenschaft und die Faszination wirklich nahezu jeden Tag etwas neues zu lernen. Dazu die Möglichkeit, mir meine Zeit in einem ziemlich großzügen Rahmen selbst einteilen zu können. Ich gebe zu dass ich ziemlich priveligiert war, meine Eltern haben mir das Studium finanziert, arbeiten um Geld zu verdienen mußte ich nur für Luxus wie z.B. mein Auto.

Weiter hatte ich ein (vielleicht etwas illusorisches) Selbstvertrauen. Ich habe mich einfach nicht davon unter Druck setzen lassen, dass ich in den ersten Semestern 70-80% der Übungsblätter abgeschrieben habe. Statt dessen habe ich mich bemüht, dass was ich abschreiben wenigstens zu verstehen und reproduzieren zu können. Das hat dazu geführt dass ich einerseits mir nicht zu viel Streß gemacht habe, aber andererseits den Stoff gut genug verstanden hatte um am Ende die wichtigen Klausuren zu bestehen.

Ich kann mich noch an die Worte meines Informatik-Profs im ersten Semester erinnern: "Studium ist die letzte freie Zeit ihres Lebens. Nutzen Sie sie". Und ich kann guten Gewissens sagen dass ich sie genutzt habe.

Schade, dass es bei dir nicht so geklappt hat. Das ist wirklich eine Erfahrung, die ich jedem und jeder gönne.

0
jeanyfan  11.12.2019, 22:02
@DerRoll

Ich kann mich auch noch an die Sprüche "Die Studium ist die beste Zeit des Lebens" erinnern. Und dachte mir damals nur "Dann will ich gar nicht wissen, was danach kommt". Wie gesagt, ich hab alle Klausuren bestanden, die ich geschrieben hatte und hab ein Vordiplom mit glaub ich 2,1 gehabt und auch die vier oder fünf Klausuren im Hauptdiplom hab ich zwischen 1,0 und glaub ich am Schlechtesten 2,7 bestanden. Aus Interesse oder Spaß habe ich da nur das wenigste gelernt. Das lag aber auch daran, dass die Art und Weise, wie man das präsentiert bekam, eben kein Interesse, sondern nur Lernen aus Frust bei mir erzeugt hatte. Im Wesentlichen war ich eben gut drin, mich seriös auf Klausuren vorzubereiten und dafür war Mathe bzw. Informatik die aus meiner Ansicht damals noch tauglichste Materie.

Ich kam mit dem Umfeld dort nie zurecht, hatte so gut wie keinen Anschluss oder mal Leute, mit denen man ernsthaft was zusammen arbeiten oder auch mal von denen man "nur" die Übungsblätter hätte abschreiben können. Gefühlt war es immer ein "Du versuchst dich krampfhaft jemandem aufdrängen zu wollen, damit du nicht ganz alleine rumirrst, und Leute, die mal mehr als "nur" nichts gegen dich haben, findest du eh nicht. Deshalb hab ich jeden Tag im Wesentlichen gehasst, wo ich wusste, dass ich da überhaupt hin soll.

Ob es jetzt so profane Gründe hatte, dass ich gependelt bin, oder einfach zu sehr die Schulatmosphäre gewohnt war, in der man eben nicht so gnadenlos untergeht wie an einer Uni, weiß ich nicht. Wahrscheinlicher sehe ich eher an, dass ich eigentlich ein guter Schüler war und durchaus sicherlich ein intelligenter Mensch, für ein eigenständiges Studium aber dann wohl doch ein zu naiver Mensch, weil mir in dem Maße dann wahrscheinlich doch die Fähigkeit und das Interesse gefehlt hatte, ein Studium eigenständig zu etwas zu machen, wo man zum Schluss dann auch weiß, wozu man sich das antut und wozu es führen soll.

Aber nachdem dann aus anderen Gründen gravierende gesundheitliche Probleme kamen, aufgrund derer ich mir bis heute keine Gedanken um einen ansatzweise regulären Job machen brauche, hatte sich das Thema dann eh irgendwann erledigt gehabt.

0