Hey, woran erkenne ich ein Peroxid anhand der Reaktionsgleichung?

2 Antworten

Von Experte Picus48 bestätigt

Das ergibt sich immer in Zusammenhang mit den anderen Elementen, die die Ver­bindung bilden. Nur wenige Peroxide sind wirklich häufig, und mit Glück kann man sie sofort erkennen (z.B. Na₂O₂, BaO₂). Im allgemeinen gehst Du ungefähr so vor:

  1. Habe ich einen speziellen Grund, anzunehmen, es handle sich um ein Peroxid? Wenn ja, dann −I, sonst weiter
  2. Nimm an, es handle sich um ein normales Oxid, also −II. Berechne die übrigen Oxidationszahlen unter dieser Annahme. Ergibt sich etwas Unplausibles oder vielleicht sogar ein klarer Widerspruch zu dem, was man sicher weiß? Wenn nein, dann bleiben wir bei −II.
  3. Wenn ein Widerspruch auftritt, dann brauchen wir Fingerspitzengefühl und evtl. zusätzliche Informationen, um ihn auszugleichen. Im einfachsten Fall ergeben sich mit der Annahme von O¯ᴵ sofort sinnvolle und plausible Oxidationszahlen für die übrigen Atome, dann belassen wir es dabei

In der Praxis sieht das vielleicht so aus:

  • TiO₂. Die naïve Annahme ist Ti⁺ᴵⱽO₂, das ist plausibel, weil Titan vier Außen­elek­tro­nen hat und deshalb vierwertig sein kann (es steht ja auch in der vierten Neben­gruppe).
  • BaO₂. Die naïve Annahme ist Ba⁺ᴵⱽO₂, das überhaupt nicht plausibel, weil Barium nur zwei Außenelektronen hat und deshalb unmöglich vierwertig sein kann (es steht ja in der zweiten Hauptgruppe). Aber mit Ba⁺ᴵᴵO¯ᴵ₂ wird ein Schuh draus, also ist es wohl ein Peroxid.
  • CrO₅: Das Chrom kann ja unmöglich zehnwertig sein, also muß es sich um ein Peroxid handeln. Da man das Zeug aus Cr⁺ⱽᴵO₄²¯-Lösungen mit H₂O₂ herstellen kann, nehmen wir mal an, daß in dieser Verbindung Cr⁺ⱽᴵ auftritt, dann müssen vier O-Atome peroxidisch und das letzte oxidisch sein, Cr⁺ⱽᴵO¯ᴵ₄O¯ᴵᴵ. Diese verzweifelte Annahme stimmt auch (und läßt sich auch experimentell beweisen, z.B. durch eine Röntgenstruktur)
  • K₂S₂O₈: Die naïve Annahme K⁺ᴵ₂S⁺ⱽᴵᴵ₂O¯ᴵᴵ₈ ergibt keinen Sinn, weil Schwefel in der 6. Hauptgruppe steht und daher maximal sechswertig sein kann. Mit der Annahme von S⁺ⱽᴵ wird es richtig: K⁺ᴵ₂S⁺ⱽᴵ₂O¯ᴵ₂O¯ᴵᴵ₆. Wenn man an eine Strukturformel des Peroxidisulfat-Ions kommt, dann sieht man das auch ganz deutlich: ¯O₃S–‌OO–‌SO₃¯
  • Ag₂O₂: Daß es sich um ein Silber(II)oxid handelt, ist kaum zu glauben, weil Silber die Oxidationszahl +II haßt wie die Pest. Also könnte man ein Peroxid Ag⁺ᴵ₂O¯ᴵ₂ erwarten, aber das ist leider falsch, denn in Wirklichkeit enthält diese Verbindung Silber in der unüblichen Oxidationszahl +III: Ag⁺ᴵAg⁺ᴵᴵᴵO¯ᴵᴵ₂. Das ist der Formel zwar nicht anzusehen, man merkt es aber an der Reaktivität (beim Ansäuern bildet sich kein H₂O₂, wie sonst aus Peroxiden), und die Kristallstruktur beweist, daß zwei ver­schiedene Typen von Silberatomen nebeneinander vorliegen.
  • Bei Disulfiden hast Du ein ähnliches Problem. Pyrit ist z.B. FeS₂, und niemand mit wachem Verstand wird annehmen, daß es sich um ein Fe⁺ᴵⱽS¯ᴵᴵ₂ handeln könnte, weil vierwertiges Eisen so gut wie nie auftritt (Sr₂Fe⁺ᴵⱽO₄ als Beispiel). Also handelt es sich wohl um Fe⁺ᴵᴵS¯ᴵ₂, und die Kristallstruktur bestätigt es.
Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Chemiestudium mit Diss über Quanten­chemie und Thermodynamik

Inden Du Dir das andere Element ansiehst. Von Barium weißt Du, dass es meist die OZ +2 hat. Vom Sauerstoff ist bekannt, dass es AU?ER IN PEROXIDEN die OZ -2 hat. Wenn Du erkennst, dass da was nicht stimmen kann (In Deinem Beispiel müsste ja Barium die OZ + 4 haben, wenn Sauerstoff -2 hat), erkennst Du, dass Du es mit einer Ausnahme, mit einem Peroxid, zu tun hast. Mehr über Peroxide kannst Du hier:

https://de.wikipedia.org/wiki/Peroxide#Anorganische_Peroxide

nachlesen.