Gibt es auch nur eine Redoxgleichung ohne Ionen, bei der es nicht genügen würde einfach nur die Anzahl der Elemente auszugleichen?
Mir stellt sich die Frage, warum man überhaupt so vorgehen sollte die Elektronen mittels Oxidationszahlen auszugleichen.
Allgemein ist mir erstmal aufgefallen, dass man jede Redoxgleichung in der auf beiden Seiten keine Ionen vorkommen auch einfach "normal" ausgleichen kann. Bei Reaktionen in denen jetzt natürlich auf beiden Seiten unterschiedliche Ladungsmengen vorkommen wird das algebraische Ausgleichen natürlich deutlich komplizierter je nach Fall und ich sehe ein, dass es dort leichter ist zuerst Elektronen Aufnahmen und Abgaben anzupassen, dann noch eventuelle Ladungen und noch nicht berücksichtigte Mengenverhältnisse. Doch gibt es auch nur eine einzige Redoxgleichung ohne geladene Spezien bei der es doch nicht ausreichen würde "normal" auszugleichen?
Mal einige Beispiele von Reaktionsgleichungen bei denen Elektronen wandern, die man jedoch normal ausgleichen kann:
Fe2O3 + 2Al --> 2Fe + Al2O3
Fe2O3 + 3CO --> 2Fe + 3CO2
Zn + 2HCl --> ZnCl2 + H2
Schauen wir uns jetzt jedoch Mal diese hier an:
MnO4{-} + H{+} + H2O2 --> Mn{2+} + H2O + O2
Hier wird es etwas schwieriger mit dem normalen Ausgleichen, jedoch nur aufgrund der Tatsache, dass wir hier mit unterschiedlichen Ladungen links und rechts starten...
(Konversationen bitte Beachten)
Berücksichtigst du nur Reaktionsgleichungen, bei denen die entstehenden Produkte schon freundlicherweise vom Lehrer vorgegeben sind?
Soll das darauf anspielen, dass mir Oxidationszahlen auch Informationen über die wahrscheinliche Zusammensetzung geben? Klar, aber wie siehts zB. mit Vanadium aus?
3 Antworten
H₂SO₄ + Al ⟶ Al₂(SO₄)₃ + SO₂
CrO₅ + H₂SO₄ ⟶ Cr₂(SO₄)₃ + O₂
S₄N₄ + HNO₃ ⟶ NO₂ + H₂SO₄
KMnO₄ + Mn₃O₄ ⟶ MnO₂ + KOH
Diese Gleichungen können nur auf eine Art richtiggestellt werden. Ob Du das lieber im Kopf mit Hi- und Herschubsen von Atomen oder mit systematischen Elektronenbilanzen machen willst, bleibt Dir überlassen — wenn Du die richtige Lösung hast, dann kannst Du sie natürlich sofort erkennen, und es ist denn egal, wie Du sie gewonnen hast.
Also probier mal; bei jeder Reaktion darfst Du noch zum Ausgleich H₂O nach Belieben dazunehmen. Ich werde morgen die Lösungen hier veröffentlichen; wenn Du schneller bist, dann kannst Du Dir unsterblichen Ruhm erwerben. Die Gleichungen werden immer schwieriger, und die letzten beiden konnte ich ohne Oxidationszahlen und Elektronenbilanzen nicht lösen.
Gleichungen, in denen geladene Teilchen auftreten, sind im Prinzip auch nicht anders. Du hast dann halt zusätzlich zu den einzelnen Elementen auch noch die Ladungsbilanz zu berücksichtigen. Wenn Du das im Kopf machen kannst, dann ist alles gut; wenn nicht, dann brauchst Du eine Krücke wie z.B. die Elektronenzählerei.
Oh je, das mit den Lösungen ist untergegangen:
6 H₂SO₄ + 2 Al ⟶ Al₂(SO₄)₃ + 3 SO₂ + 6 H₂O
2 CrO₅ + 3 H₂SO₄ ⟶ Cr₂(SO₄)₃ + 3 H₂O + 3½ O₂
S₄N₄ + 40 HNO₃ ⟶ 44 NO₂ + 4 H₂SO₄ + 16 H₂O
4 KMnO₄ + 3 Mn₃O₄ + 2 H₂O ⟶ 13 MnO₂ + 4 KOH
Zwei andere kniffelige Beispiele:
2 FeSO₃ + K₂Cr₂O₇ + 6 H₂SO₄ ⟶ Fe₂(SO₄)₃ + Cr₂(SO₄)₃ + 2 KHSO₄ + 5 H₂O
CH₃CONH₂ + 8 H₂SO₅ ⟶ 2 CO₂ + 2 H₂O + HNO₃ + 8 H₂SO₄
Meiner Meinung nach ist das S₄N₄-Beispiel das härteste, weil ich dafür keine schnelle einfache Abkürzung gefunden habe — bei den anderen gab es immer einen Trick, wie ich das sofort hinschreiben konnte (den findet man aber auch nicht immer auf den ersten Blick). Dummerweise weiß ich aber nicht, wie realitätsnah die Oxidation von S₄N₄ wirklich ist.
Vielen Dank, das ist natürlich komfortabel. Ansonsten hätte ich es natürlich auch selber hingebastelt. Aber ich freue mich über die Musterlösung des Fachmannes :-)
Ich hatte die Lösungen mit der ursprüngichen Antwort gemeinsam geschrieben (als Kommentar) und einfach nicht abgeschickt (der Browser merkt es sich ja), weil ich dem Fragesteller eine Möglichkeit zum Herumbasteln geben wollte. Blöderweise habe ich dann vergessen, den Kommentar ein oder zwei Tage später abzuschicken.
Diese Beispiele sind natürlich dazu gemacht, einem naseweisen Schüler zu zeigen, wo der Lehrer den Hammer hingehängt hat. ☺
Ja, das ist oft sinnvoll... es kann aber auch ganz sachlich zeigen, warum man das Verfahren über Oxidationszahlen und Elektronen lernen muss.
Für die typischen Beispiele aus der Schulchemie mag das oft stimmen, aber es gibt jede Menge sehr komplexer Reaktionen, die man mal nicht so eben nach
AB + C -> AC +B
ausgleichen kann. Ich gebe dir aber recht, nach der Schule wirst du das nie wieder benötigen. Man könnte es also von der Schule an die Uni verlagern, für alle, die dann intensiv mit Chemie zu tun bekommen.
m.f.G.
anwesende
Ich hätte da noch eine Frage, es gibt ja feste regeln um Oxidationszahlen zuzuordnen, O hat -II, F -I etc. also es wird angenommen jede AB Bindung ist total ionisch nach Elektronenaktivitäten. Kann ich beim ausgleichen nicht eigentlich total zufällig jedem Element eine zufällige Oxidationszahl zuordnen (zum Beispiel für Sauerstoff -III und ja ich weiss, dass ist dem Sauerstoff ohne weiteres nicht möglich) und solange ich mich daran halte funktioniert das ausgleichen genauso gut wie für die "echten" Oxidationszahlen? Die einzige Regel ist, dass meine ausgedachten ox. Zahlen spezifisch gleich für jedes Element ist und abhängig von den Ladungen ist.
Leider sehe ich diesen Kommentar erst jetzt durch Zufall.
Ja, Du kannst Oxidationszahlen absolut beliebig vergeben (z.B. „Na⁺ᴵⱽO¯ᴵᴵ₂“, in Wahrheit hat hier O die unübliche Oxidationszahl −½), dann diese dazu benutzen, völlig hirnrissige Elektronenbilanzen zu generieren, und wenn Du die dann richtig kombinierst und ausgleichst und vereinfachst, dann bekommst Du die richtige Reaktionsgleichung. Das liegt daran, daß Oxidationszahlen die Elektronen in einem Teilchen aufteilen, aber keine Neuen erzeugen oder welche vernichten können (weil die Summe aller Oxidationszahlen die Ladung des Teilchens ergibt). Sie sind also nur Buchhaltung.
Manchmal kann man sehr ausgefallene Redoxreaktionen sogar mit genau diesem System schnell lösen: Man wählt die Oxidationszahlen für exotische Verbindungen einfach so, daß sich bequem weiterrechnen läßt. Solange die Summe der Oxidationszahlen die Ladung ergibt, kommt man zu richtigen Resultat.
Andererseits gibt es schon gute Gründe, weshalb man die Oxidationszahlen normalerweise genau so bestimmt wie es in Lehrbüchern angegeben ist: Man kann oft Verbindungen je nach Oxidationszahl zu Gruppen zusammenfassen (z.B. Na₂SO₃, SO₂ SOCl₂, SF₄, alle mit S⁺ᴵⱽ), und das spiegelt sich auch im realen Verhalten der Stoffe wieder. Manchmal scheitert das System aber auch (H₂Te ist eine kräftige Säure, obwohl Te elektropositiver als H ist und man die Oxidationszahlen daher lt. Regeln als H¯ᴵS⁺ᴵᴵ schreiben müßte), und dann pfeift man darauf.
Also nur als Gedankenexperiment und auch nur im rahmen des ausgleichen von Reaktionen.
Na gut, dass stimmt natürlich aber man muss ja immer im Rahmen schauen was man erreichen will und was nur gerüste sind, die numerisch völlig relativ arbeiten. Ich muss da irgendwie an den Lagrange Formalismus denken oder generell Dinge die gleich bleiben, solange fundamentale Abhängigkeiten gleich bleiben.
Und ja, man muss das Rad natürlich nicht immer neu erfinden, nur gehört es zu meinem Lernprozess aufzuschlüsseln wie viel wirklich von der thematischen Substanz drumherum wegfallen kann, so dass es trotzdem noch funktioniert.
Also ob H2O meine H jetzt (+I) oder (+7) sind und mein O (-14) oder -II ist doch eigentlich egal, Hauptsache ich halte mich an meine festgelegte Konvention und achte darauf daß es abhängig von der Gesamtladung ist.
Ich könnte mir vorstellen, daß es für die reine Rechnung evtl. gehen könnte.
Aber als Folge davon müsste man dann alle anderen Redoxpare ebenfalls mit 7 multiplizieren, so daß wieder nur die jetzigen Zahlen, aber alle erweitert mit 7 dastünden. Dann hast du aber das Problem, daß deine mit 7 erweiterte Formel nicht mehr die molare SDP Erhöhung und SMP Erniedrigung erklären könnten. Also hättest du ein neues mathematisches Modell kreirt, das aber die realität nicht widergibt.
Ich könnte natürlich auch sagen das meine erfundenen keine "Oxidationszahlen" sind, sondern temporäre Hilfsgrößen um Chemische Reaktionen leichter auszugleichen. Ohne hilfsgrößen müsste das ganze in manchen fällen so ausarten, nur damit man am Ende links und rechts jeweils gleiche anzahlen von Elementen und Ladungen hat (wenn denn Ionische Stoffe vorkommen) : http://pubs.sciepub.com/wjce/3/3/4/index.html
Immerhin sind Reduktionstisch nur folgende zwei Dinge zu beachten:
- The first condition for balancing any chemical equation asserts the law of conservation of mass.
- The next condition asserts the net reactant charge must be equal to the net product charge.
Es gibt auch komplexe, unübersichtliche Redoxreaktionen. Die einfachen sind zum Einüben!
Ja ist meine Annahme richtig? Abgesehen das es bei komplexeren simpler ist mit Oxidationszahlen zu arbeiten?
Wow, sehr ghyle! Habe mir erlaubt, die Beispiele für unterrichtliche Zwecke herauszukopieren ;-)