Frage zum alten Testament der Bibel?

9 Antworten

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Auch im Alten Testament finden sich Stellen über Vergebung und Feindesliebe z. B.:

  • "Hat dein Feind Hunger, so speise ihn mit Brot; hat er Durst, so gib ihm Wasser zu trinken!" (Sprüche 25,21).
  • "Siehst du den Esel deines Feindes unter seiner Last erliegen, könntest du es unterlassen, ihm zu helfen? Du sollst ihm samt jenem unbedingt aufhelfen!" (2. Mose 23,5).

Wichtig ist aber, dass das Gesetz des Mose aus dem Alten Testament dem Volk Israel gegeben wurde und nicht Christen. Dieses Gesetz wurde von Jesus erfüllt (vgl. Matthäus 5,17) und zu seinem Ende bzw. Endziel gebracht (vgl. Römer 10,4). Deshalb stehen Christen nicht unter dem Gesetz des Mose (vgl. Galater 3,23-26).

chrisbyrd  20.12.2023, 22:04

Manchmal werden Stellen im Neuen Testament aber auch falsch verstanden. Ein gutes Beispiel dafür ist die Aussage mit dem Hinhalten der anderen Backe (Wange), wenn man auf die eine geschlagen wird.

Behauptung: Diese Aussage von Jesus ist genial und wird in taktischen Selbstverteidigungsseminaren als beste Taktik überhaupt gelehrt!

Das hört sich erst einmal komisch an, aber die genannte Stelle wird häufig falsch verstanden und noch falscher ausgelegt.

Denn: Sollten Christen sich überall verprügeln lassen, ohne sich zu wehren? Sollten sie zuschauen, wenn andere Christen verprügelt werden und sich darüber freuen, dass diese die andere Backe hinhalten können? Das ergäbe doch irgendwie nur wenig Sinn und würde die gesellschaftliche Ordnung gefährden.

Zu der Bibelstelle mit dem "Hinhalten der anderen Backe" ist zu sagen, dass es dabei nicht um Selbstverteidigung oder körperliche Angriffe, sondern um Rache und Beleidigungen geht.

Im griechischen Urtext steht das Wort "rhapizo", das einen Schlag mit dem Handrücken ins Gesicht bedeutet. Dies war eine Geste, die z.B. ein Herr gegenüber seinem Knecht tun durfte. Bei Gleichgestellten galt sie als schwere Beleidigung, die nach rabbinischem Recht doppelt bestraft wurde. Deshalb soll man sich durchaus beleidigen lassen, ohne sich zu wehren. Und man soll sich nicht rächen, was wohl die Kernaussage dieser Bibelstelle ist.

Deshalb ist der Vorschlag, auf Beleidigungen nicht zu reagieren und auf Rache zu verzichten, die beste Taktik, um Streit zu deeskalieren und schlimmere Auseinandersetzungen, die über verbale Angriffe hinausgehen, zu vermeiden.

In taktischen Selbstverteidigungsseminaren, in denen es um Notwehr und Nothilfe geht, wird diese Strategie durchaus als wichtige Möglichkeit der Deeskalation und Prävention gelehrt.

An diesem Beispiel sieht man wieder, wie lebensnah und -praktisch Jesus die Menschen belehrte.

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chrisbyrd  23.12.2023, 18:34

Vielen Dank für den "Stern", ganz liebe Grüße und Gottes Segen!

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Hallo meridius,

ich verstehe Deine Überlegungen sehr gut, doch zwischen den Aussagen Jesu auf der einen und dem Handeln Gottes im Alten Testament auf der anderen Seite besteht bei näherem Hinsehen gar kein Widerspruch!

Es stimmt zwar, dass im AT von Kriegen die Rede ist, die von Gott angeordnet wurden. Es gibt jedoch keinen Grund, ihn deswegen als rachsüchtigen Gott anzusehen. Zum Beispiel wird gerade bei den Kanaanitern deutlich, wie langmütig und geduldig Gott mit ihnen war. Er duldete Jahrhunderte lang ihre sittliche Entartung (z. B. Inszest, Kinderopfer oder Sodomie u. a.), bevor er schließlich gegen sie vorging.

Auch sein eigenes Volk, die Israeliten, behandelte Gott äußerst geduldig. Sie verfielen im Laufe Ihrer Geschichte immer und immer wieder in Götzendienst und übertraten seine Gesetze auch in anderer Hinsicht, obwohl sie sich freiwillig bereit erklärt hatten, seine Gesetze zu befolgen.

Daher schrieb König David zu recht: "Er hat uns selbst nicht nach unseren Sünden getan; noch hat er nach unseren Vergehungen das auf uns gebracht, was wir verdienen. So fern der Sonnenaufgang ist vom Sonnenuntergang, So weit hat er unsere Übertretungen von uns entfernt. (Psalm 103:10, 12).

Ein anderes Beispiel ist Gottes Vorgehen bei der Sintflut. Handelte hier Gott hart und unbarmherzig? Keineswegs! Auch wenn Gott durch sie zweifellos Menschen vernichtete, sollte man eines nicht vergessen: Zum einen war, wie die Bibel beschreibt, "die Schlechtigkeit des Menschen ausnehmend groß" und "die Neigung der Gedanken seines Herzens allezeit nur schlecht" (1. Mose 6:5).

Zum anderen ließ Gott die damalige Menschheit durch Noah mehrere Jahrhunderte lang vor dem bevorstehenden Ereignis warnen und sie hätten ihr Leben retten können, wenn sie wie Noah und seine Familie in die Arche gegangen wären.

Dass sich das Gottesbild im AT von dem des NT nicht unterscheidet ist dadurch zu erkennen, dass auch im NT davon die Rede ist, dass Gott über Böse und gottlose Menschen ein Gericht bringen wird: "Aber durch dasselbe Wort sind die Himmel und die Erde, die jetzt sind ... aufbehalten für den Tag des Gerichts und der Vernichtung der gottlosen Menschen. (2. Petrus 3:7) Ein ähnlicher Gedanke wird in 2. Thessalonicher 1:6-9 hervorgehoben)

Man könnte sich nun fragen, warum Gott überhaupt gegen Menschen vorgeht, wenn er doch kein rachsüchtiger Gott ist? Nun, würde er nie gegen diejenigen vorgehen, die bewusst böse handeln, dann wäre er im Grunde genommen ein Herrscher, der zwar Gesetze erlässt, sie aber nicht durchsetzt. Er würde damit Leid und Ungerechtigkeit sozusagen Tür und Tor öffnen.

Gott wird das Böse aber nicht für immer dulden. Das stärkt unser Vertrauen zu ihm und gibt uns die sichere Hoffnung, dass sich die Verhältnisse hier auf Erden eines Tages bessern werden. Dann wird das in Erfüllung gehen lassen, was in den Psalmen wie folgt vorausgesagt worden ist: "Wer Böses tut, den wird Gott ausrotten. Wer jedoch dem Herrn vertraut, der wird das Land besitzen. Es dauert nicht mehr lange, dann ist es mit den Bösen aus und vorbei! Wo sind sie geblieben? Nicht die Spur wirst du noch von ihnen finden!" (Psalm 37:9, 10, Hoffnung für alle).

LG Philipp

meridius 
Fragesteller
 23.12.2023, 13:13

Danke für deine Mühe und Zeit

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Hallo meridius,

Damals waren Strafen wie auspeitschen oder steinigen "ganz normale" Alltags-Situationen.

Gott hat damals mit der Sprache gesprochen, die die Menschen selbst gesprochen haben.

Und wer genauer ließt, sieht, dass die beiden höchsten Gebote von Jesus (Nächstenliebe und Gottesliebe) genau so 1:1 auch schon im alten Testament stehen. 💖🙏

Schon im alten Testament hat Gott seinen wahren Willen gezeigt, aber er ist den Weg mit den Menschen gegangen.

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Gott musste erst seine Gebote geben, damit der Mensch erkennt was gut und böse ist. Erst danach, nach dieser Erkenntnis konnte Gott den zweiten Schritt gehen: Vergebung und Gnade durch Glaube.

Das Alte Testament, vor allem die Bücher Moses sind wesentlich älter als das Neue Testament. Sie besitzen ein etwas anderes Gottesbild. Zusätzlich richten Sie sich nur an eine ganz spezielle Gruppe, zu einer ganz bestimmten Zeit. Daher sind die Aussagen dort teilweise ziemlich merkwürdig.

Jesus erklärt die Schrift neu. Er klärt über Missinterpretationen auf. Anders als die Gesetzte in Leviticus, gelten seine Gesetzte für alle. Die Gesetze der Bücher Moses sind an einen heimatlosen Normadenstamm gerichtet. Dies sind völlig andere Voraussetzungen als für den gewöhnlichen Menschen. Jesus gibt ein neues Gesetz. Der alte Vertrag gilt nicht mehr, weil er für eine ganz bestimmte Zeit und einen bestimmten Umstand ausgelegt war. Der Neue Vertrag unterliegt dem nicht. Er treibt den Menschen zu idealen Handeln an.

Die harten Strafen sollten eine Lehre sein. Damit die Menschen verstehen wie schlimm die Sünde ist, und daß Gott sie bestraft. Diese Lektion ist auch heute noch wichtig. Sünden können aber vergeben werden, wenn wir sie einsehen, bereuen und Buße tun. Dann erhalten wir Barmherzigkeit. Gott lehrt uns also zunächst die Schwere der Sünde und Schuld. Er warnt uns vor der Strafe. Seine Barmherzigkeit bietet uns dann die Vergebung und führt uns zu Einsicht und Reue. Damit dann auch zur Vergebung. So können wir der Strafe entgehen. Aber nur dann.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Praktizierender Katholik. Lese viel zu Glaubensfragen.