Wahlrechtsreform nach irischem Vorbild?
Hallo :)
Gestern waren ja die irischen Parlamentswahlen. Dabei ist mir aufgefallen, dass das Wahlsystem der Iren viel praktischer ist:
- In jedem Wahlkreis werden mehrere (!) Abgeordnete gewählt (meist zwischen 3 - 5)
- Die Wähler können (!) die Kandidaten nach Präferenz ordnen (1, 2, 3, usw...)
Wahlauszählung:
- Es wird ein Quorum berechnet (abhängig von der Anzahl der Stimmen und der verfügbaren Mandate)
- Ein Kandidat, der das Quorum erreicht, wird gewählt
- Überschüssige Stimmen eines gewählten Kandidaten werden nach den Präferenzen verteilt
- Kandidaten mit den wenigsten Stimmen scheiden aus, und deren Stimmen werden ebenfalls umverteilt
Dadurch würden kleinere Parteien auch repräsentiert werden -> Weniger Stimmen gehen verloren -> Demokratischer
Was denkt ihr über diesen Vorschlag? :)
5 Antworten
Ich befinde mich momentan in Irland und habe mich ein wenig mit dem dortigen Wahlsystem auseinandergesetzt. Dabei fällt mir auf, dass es extrem ineffizient wirkt, unglaublich kompliziert aufgebaut ist und in vielerlei Hinsicht merkwürdig erscheint. Es ist schwer nachzuvollziehen, wie die Stimmenauszählung und die Zuweisung der Mandate genau funktionieren. Die Wahlmethoden und Prozesse sind so verwirrend, dass sie für Außenstehende kaum durchschaubar sind.
Im Vergleich dazu bevorzuge ich ganz klar das Wahlsystem in DE. Es erscheint mir deutlich übersichtlicher, nachvollziehbarer und effizienter. Dort habe ich das Gefühl, dass jede Stimme auf einfache und transparente Weise gezählt wird, was Vertrauen in den demokratischen Prozess schafft. In Irland dagegen bleibt oft das Gefühl zurück, dass die Komplexität des Systems die Fairness oder Nachvollziehbarkeit eher behindert als fördert.
Grapy
Ich halte das irische System mit den 3- und 4-Sitzern für viel zu kompliziert; das ist so ähnlich wie das System des Kumulierens und Panaschierens, bei dem die Wahlzettel 2m lang sind und die Leute die Übersicht verlieren, wen oder was sie überhaupt eigentlich wählen…
In der Schweiz wird aber bei einer Wahl nicht jeder Stimmzettel drei oder viermal ausgezählt wie das in Irland zur Bestimmung der 1., 2., 3. und 4. Präferenz der Fall ist. Meines Wissens nach liegt das Wahlergebnis in der Schweiz stets noch am selben Abend vor, in Irland vielleicht nach einer Woche…
Könnte man das nicht verhindern, in dem beispielsweise jede Partei nur eine bestimmte Anzahl von Abgeordneten je Wahlkreis aufstellen darf?
Hilft auch nicht so viel - durch die Vergabe mehrerer Stimmen pro Wähler an verschiedene Parteien oder Kandidaten unter Reihung nach Präferenz wird die Sache einfach viel zu unübersichtlich und auch anfällig für Fehler bei der Auszählung; in Irland muss für jede Präferenz neu ausgezählt werden - somit wird jeder Stimmzettel mindestens dreimal gezählt; deswegen dauert das auch mit dem Wahlergebnis so lange…
Das stimmt. Man ist aber nicht gezwungen zu ,,präferieren".
Dann ist aber die Stimme für den zweiten und alle weiteren Kandidaten verloren…
PS: Ich hab mir gerade nochmal Gedanken über Deinen Vorschlag gemacht, dass jede Partei bspw. in einem 4-Sitzer nur einen Kandidaten aufstellen darf: wenn beispielsweise eine Partei 70% Unterstützung in dem Wahlkreis hätte, würde sie nur einen Parlamentssitz über die Erstpräferenz erhalten, drei weitere Parteien, die zusammen auf maximal 30% Unterstützung kommen, würden aber die drei restlichen Sitze über die Zweit- bis Viertpräferenz erhalten. Somit wäre die Partei mit 70% Wahlunterstützung mit 25% der Sitze des Wahlkreises im Parlament vertreten, drei weitere Parteien mit maximal 30% Unterstützung aber mit 75% der Sitze des Wahlkreises - das ist somit alles andere als fair…🤣
Das stimmt zu einem gewissen Grad. Man könnte jedenfalls vorgeben, dass pro Wahlkreis maximal nur so viele Abgeordnete einer Partei aufgestellt werden dürfen, wie viele Sitze für den Wahlkreis auch existieren. Somit wäre es etwas ,,begrenzter" + die kleinen Parteien stellen meist sowieso nur einen Kandidaten je Wahlkreis auf, um die Chance in das Parlament einzuziehen, zu erhöhen.
Hört sich kompliziert an.
Wenn es dir um Quorum und keine Stimmenverluste geht, schau in unsere Wahlgesetze: Minimum 5%, Zweitstimme für Anteil, Erststimme für Namen...
...Problem solved...
= Deine Empfehlung aber gerne Richtung USA weitergeben! ;o)
Ich halte von diesem Vorschlag nichts. Viele kleine Parteien könnten die Regierungsbildung weiter behindern. Ich finde es schon ganz gut, dass es eine Sperrklausel gibt, die zu viele "Einzelkämpfer" in den Parlamenten verhindert.
In Polen gibt es zwar auch eine Sperrklausel, allerdings wird diese anders berechnet. Das führt dazu, dass in Polen 26 Parteien im Parlament vertreten sind. Ich halte das nicht für zielführend.
Die Sperrklausel wäre unnötig, wenn das Koalitions-Oppositions-Prinzip abgeschafft wird.
Das hatten wir schon mal, wir brauchen keine zweite DDR.
Das ist nicht nötig, es geht in einer Demokratie mit vielen Parteien.
Den Gedankengang kann ich nachvollziehen. Jedoch zeigt Irland, dass die Regierungsbildung ,,machbar" und die Parteienlandschaft im Parlament überschaubar ist. Die 3 ,,großen" Parteien erhalten sogar zusammen mehr als ⅔ der Sitze.
In der Schweiz kann man auch kumulieren und panaschieren und die Wahlen sind nicht kompliziert. Liegt unter anderem daran, dass die nicht einen einzelnen riesigen Wahlzettel haben und man Briefwahl als Standard hat.