Deutschland: Verschuldung ist notwendig - aber an welchen Stellen?

5 Antworten

Wie kann die Außenhandelsbilanz nachhaltig ausgeglichen werden? Soll die Binnenwirtschaft durch Steuererleichterungen, Investitionsanreize oder staatliche Investitionen gestärkt werden?

Keine Frage: Ja! Für eine gesunde Wirtschaft darf es nicht Steuern regnen. Ich wäre für eine Senkung und auch Abschaffung von Steuern wie der CO2-Steuer, der Rundfunkgebühren, der Fluggebühren und dafür, dass etwas gegen die ständige Neuverschuldung gemacht wird!

Welche Rolle sollte der Staat übernehmen? Ist verstärkte Verschuldung gerechtfertigt, oder liegt die Hauptverantwortung bei privaten Akteuren?

Ich wüsste nicht, welchen Vorteil eine noch stärkere Verschuldung haben soll. Die privaten Akteuren tragen die leitende Mitschuld!

Ist die bisherige Klimapolitik sinnvoll? Sollte die Transformation stärker über die Angebotsseite gestaltet werden?
Die bisherige Klimapoltik kann auf jeden Fall nicht so weitergehen wie bisher: ja, man muss auch die Umwelt schützen und die Emmisionen senken, allerdings nicht so wie bisher! Die deutschen sollen selber entscheiden, ob sie E-Auto oder Verbrenner fahren, oder ob sie mit Kohle, Gas oder sonstiges heizen! Diese Energiestoffe würde ich ohne andere fossile Brennstoffe wie Öl fördern. Für den Strom sollte man auch mehr Kern- und Wasserkraft nutzen.

Wie können bürokratische und strukturelle Hürden abgebaut werden, die Investitionen blockieren?

Indem man nur das nötige auf dem Papier dokumentiert, also Steuern und Buchhandlungsdokumente. Als Beispiel kann man vergangene Lieferauftragspapiere von Logistikfirmen oder ähnliches, was halt nicht mehr benötigt wird, schneller wegschaffen.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Kenntnis über Gesellschaft 👥 und aktuelle Ereignisse 🌍
Wie kann die Außenhandelsbilanz nachhaltig ausgeglichen werden? Soll die Binnenwirtschaft durch Steuererleichterungen, Investitionsanreize oder staatliche Investitionen gestärkt werden?

Staatliche Investitionen darf es nur in staatliche Aufgaben geben, z.B. Infrastruktur, Schulen, Straßen. Die Wirtschaft weiß besser als jeder planwirtschaftende Politiker, was der Markt verlangt und was Gewinne ermöglicht. Daher müssen die Steuern gesenkt werden, sowohl für Unternehmen wie auch für Verbraucher, damit auch diese wieder investieren. Gegenfinanziert muss das werden durch Senkung der Sozialausgaben für arbeitsfähige aber arbeitsunwillige Menschen und völlige Streichung von Leistungen, die nicht unseren Interessen dienen (Fahrradwege in Peru sind ein Beispiel, aber ein riesiger Posten sind die Sozialleistungen für Menschen, die gar nicht hier sein dürften).

Welche Rolle sollte der Staat übernehmen? Ist verstärkte Verschuldung gerechtfertigt, oder liegt die Hauptverantwortung bei privaten Akteuren?

Schulden sind die Steuern von Morgen, die die nachfolgende Generation zu zahlen hätte. Der Staat sollte sich soweit möglich aus der Wirtschaft heraushalten. Es gibt Bereichen, in denen Marktregulierung sinnvoll ist (z.B. Gesundheitssystem), aber im Allgemeinen sind die größten Hindernisse Bürokratie und Steuern. Man muss nicht alles regeln.

Ist die bisherige Klimapolitik sinnvoll? Sollte die Transformation stärker über die Angebotsseite gestaltet werden?

Die derzeitige Klimapolitik ist völlig aus dem Ruder gelaufen. Eine Klimapolitik, die nicht wirtschaftlich ist und den Wohlstand gefährdet, ist politisch nicht auf Dauer haltbar; abgesehen davon, dass Deutschland derzeit als Negativbeispiel gilt und uns niemand folgt.

Eine "Transformation" als planwirtschaftliches Unternehmen wird scheitern; sie muss von den Menschen getragen werden, oder sie findet nicht statt. Der Habecksche Ansatz "mal schauen, wie weit man gehen kann", ist nicht nur zutiefst undemokratisch, sondern er scheitert gerade krachend.

Wie können bürokratische und strukturelle Hürden abgebaut werden, die Investitionen blockieren?

Der Staat muss sich auf seine Kernaufgaben zurückziehen. Es ist nicht die Aufgabe des Staates, die Gesellschaft zu "transformieren", sondern der Gesellschaft und auch der Wirtschaft ein Leben in Selbstbestimmung zu ermöglichen.


FXG36 
Beitragsersteller
 19.11.2024, 14:29
Der Staat muss sich auf seine Kernaufgaben zurückziehen.

Absolut. Aber wie kann er auf der Makroebene ansetzen und Anreize schaffen, dass Haushalte und Unternehmen mehr investieren (=sich verschulden). Steuersenkungen allein?

tomaushamburg  19.11.2024, 14:37
@FXG36

Steuern senken und Regelungen vereinfachen oder streichen.

Wenn ich, um zu investieren (egal ob mir als Privatmann eine Solaranlage aufs Dach zu setzen oder als Unternehmer mit Waren zu handeln) erstmal einen Experten brauche, der mich durch den Förderdschungel (oder das Lieferkettengesetz) führt, was alles Zeit und Geld kostet, und dann auch noch kräftig besteuert werde, dann investiere ich vielleicht nicht, oder im Ausland.

Haushalte und Unternehmen werden sich nur verschulden, wenn die einen Return on Investment erwarten. Dafür müssen die Möglichkeiten da sein, Gewinne zu erzielen, und der Ausblick auf den Markt muss positiv sein.

Würdest Du Schulden machen, um z.B. in Berlin Wohnraum zu bauen, wenn es außer einem unrealistisch niedrigen Mietendeckel auch noch Diskussionen gibt, Vermieter zu enteignen? Eben.

Der Staat soll sich dort raushalten und die Wirtschaft machen lassen.

Niemand investiert, weil er eine staatliche Förderung erhält, und selbst wenn: auf der Anbieterseite sind die Subventionen bereits eingepreist (siehe Preise für E-Autos nach Wegfall der Förderung), und die Subventionen werden dadurch bezahlt, dass man von profitablen Betrieben Steuern einnimmt, die diese sonst für ihre eigenen Investitionen hätten verwenden können.

FXG36 
Beitragsersteller
 19.11.2024, 14:51
@tomaushamburg

Ich gehe d'accord mit deinen Beispielen und deiner Analyse. Steuern und Regelungen sind sicherlich ein wichtiger Teil. Genauso wichtig ist sicherlich die Reduktion von Unsicherheiten durch den Staat. Wenn es zu viele Unsicherheiten gibt ("Kommt ein Mietendeckel, oder vielleicht auch nicht?"), hat das einen negativen Effekt auf die Erwartungen und es wird eben nicht in den Wohnungsbau investiert.

Niemand investiert, weil er eine staatliche Förderung erhält

Unter gegebenen Rahmenbedingungen schon. Nichtsdestotrotz sehe ich Subventionen in Spezialbereichen ebenso kritisch. Die Anreize müssen m.E. auf einer Makroebene gesetzt werden.

Warum sollte man die Außenhandelsbilanz ausgleichen wollen ?

Es ist ein Vorteil mehr zu verkaufen als du kaufst. Das bei zu behalten wäre also sinvoll.

Der staat sollte die Rolle übernehmen die er übernommen hat und das wäre in diesem Fall die Infrastruktur. Damit das aber funktioniert muss das System weg das man in dem Baubereich keine Rücklagen bilden darf. So ist bei jeder größeren Investition eine Neuverschuldung notwendig bis man irgendwann keine Kredite mehr bekommt und alles liegen bleibt.

Also erstmal das System Weg das man keine Rücklagen beim Baubudget bilden darf dahin das man Rücklagen für Renovierungen und größere Neubaus bilden MUSS.

Anschließend eine einmalige massive Verschuldung um den Investitionsstau auf mehr oder minder 0 zu bringen.

Die bisherige Klimapolitik ist nicht sinvoll. Sie ist viel zu lasch ausgelegt. Selbst in den Best-Case-Szenarios wo jeder staat der Welt dasselbe machen würde wie De reicht das nicht um eine absolute Klimakatastrophe zu verhindern.

Die Bürokatischen Behinderungen lassen sich vermutlich nur durch eine vorübergehende Bürokratieerhöhung ändern. Das System ist festgefahren es funktioniert nicht es den Behörden zu überlassen sich selbst zu entschlacken. Daher braucht es (so lächerlich das auch klingt) eine Behörde zum Bürokratieabbau. Ohne einen Weisungsbefugten der alle möglichen behörden in Bund, Ländern und Gemeinden Auflagen geben kann wird das nichts werden.


FXG36 
Beitragsersteller
 19.11.2024, 14:31
Warum sollte man die Außenhandelsbilanz ausgleichen wollen ?
Es ist ein Vorteil mehr zu verkaufen als du kaufst. Das bei zu behalten wäre also sinvoll.

Wenn das Ausland verstärkt auf Protektionismus setzt und z.B. Einfuhrzölle erhebt, kann dies aber erhebliche Probleme bringen. Insb. auch wenn deutsche Geschäftsmodelle vom Ausland adaptiert und "ingesourced" werden. Die Binnenwirtschaft ist zu schwach bzw. nicht geeignet, die Angebote deutscher Unternehmen ausschöpfend nachzufragen. Automotive, Maschinen/Anlagen, Chemieerzeugnisse und weitere Industriegüter sind großenteils darauf ausgelegt, exportiert zu werden.

Asporc  19.11.2024, 14:35
@FXG36
Wenn das Ausland verstärkt auf Protektionismus setzt und z.B. Einfuhrzölle erhebt, kann dies aber erhebliche Probleme bringen

Aha es könnte Probleme bringen welche aber darauf hinauslaufen das einnahmen wegbrechen.

Also sorgen wir selber dafür das die Einnahme wegbrechen und das sicher ? Macht nicht wirklich viel sinn oder ?

FXG36 
Beitragsersteller
 19.11.2024, 14:47
@Asporc
Also sorgen wir selber dafür das die Einnahme wegbrechen und das sicher ?

Dass wir selber aufgrund diverser politischer Fehlentscheidungen dazu beitragen, ist unbestreitbar.

Die Einnahmen können jedoch auch unabhängig von uns wegbrechen und das können wir nicht beeinflussen. Und dann war es das mit dem Exportüberschuss und bedeutet Verarmung und Verelendung, wenn wir das binnenwirtschaftlich nicht auffangen können.

Also inwiefern macht das keinen Sinn?

Asporc  19.11.2024, 14:53
@FXG36
Also inwiefern macht das keinen Sinn?

Es macht keinen Sinn weil du ein Vielleicht/Problem zu einem sicher/Problem machst.

Natürlich könnte man Maßnahmen einleiten die den Binnenmarkt stärken für den Fall das z.B. USA und China massiv Zölle einführen.

Aber die eigene Wirtschaft zu zerlegen weil sie vielleicht auch zerlegt werden würde wenn wir das nicht selber machen ist schlichtweg dumm.

Wenn du Angst davor hast dir die Knochen zu brechen schließt du eine Versicherung ab die dafür sorgt das du gut gepflegt wirst wenn du dir die Knochen birchst. Du nimmst aber keinen Stein und Zertrümmerst dir deine Knochen selber weil es vielleicht ja auch passieren würde wenn du das nicht selbst machst.

Du willst die eigene Wirtschaft sabotieren weil es sonst vielleicht jemand anderes macht das ist dasselbe.

Statt die Wirtschaft selbst zu sabotieren kann man sich maßnahmen überlegen die die Sabotage abschwächen. Aber man macht es nicht selber.

FXG36 
Beitragsersteller
 19.11.2024, 14:58
@Asporc
weil du ein Vielleicht/Problem zu einem sicher/Problem machst.

Die Eintrittswahrscheinlichkeit und Schadenshöhe dieses Risikos ist nicht gerade gering. Alleine die Trump-Agenda kann zu erheblichen Problemen führen. Er hat bereits angekündigt, Strafzölle auf deutsche Produkte zu erheben und gleichzeitig den Produzenten angeboten, ihre Werke in den USA aufzubauen, um dem zu entgehen. Davon abgesehen werden die Wettbewerbsbarrieren unserer Legacy-Unternehmen immer kleiner. China holt massiv auf und perspektivisch viele deutsche Produkte zu günstigen Preisen substituieren.

Aber die eigene Wirtschaft zu zerlegen weil sie vielleicht auch zerlegt werden würde wenn wir das nicht selber machen ist schlichtweg dumm.

Auf jeden Fall. Das habe ich auch nicht gefordert.

Wenn du Angst davor hast dir die Knochen zu brechen schließt du eine Versicherung ab die dafür sorgt das du gut gepflegt wirst wenn du dir die Knochen birchst. Du nimmst aber keinen Stein und Zertrümmerst dir deine Knochen selber weil es vielleicht ja auch passieren würde wenn du das nicht selbst machst.

Übertragen auf den internationalen Handel gibt es solche Versicherungen aber nicht.

Du willst die eigene Wirtschaft sabotieren weil es sonst vielleicht jemand anderes macht das ist dasselbe.

Wie kommst du darauf? Ich will, dass kluge Maßnahmen und Anreize geschaffen werden, dass die deutsche Wirtschaft robuster wird.

Die Gründe für die positive Außenhandelsbilanz liegen in den Spargewohnheiten der drei zentralen volkswirtschaftlichen Akteure

Nein, nicht ganz. Ursprünglich lag die Außenhandelsbilanz daran, dass wir billig importiert und teuer exportiert haben. Irgendwann haben die günstigen Importe nicht mehr ausgereicht bzw. sind die Importpreise gestiegen. Die heutige positive Außenhandelsbilanz ist eine Kombination aus Kaputtsparen im Ursprungsland und einer gesunden Wirtschaft im Absatzmarkt. Für Absatz benötigt man Konsumenten und zwar in Form von Endverbrauchern. Bis zur Jahrtausendwende war der europäische Markt ein relevanter Absatzmarkt. Innerhalb des ersten Jahrzehnts mit der Weiterentwicklung und Öffnung ausländischer Entwicklungs- und Schwellenländern und somit neuer Märkte, hat sich der Fokus schlagartig auf das internationale Ausland geändert. Man wollte in fremden Währungsräumen mit Premiumimporten die inländischen Firmen angreifen. Der Euro als Ausgangswährung ist in dieser Hinsicht jedoch schwierig, da dieser in der Regel deutlich höher bewertet ist, als jede andere Währung weltweit. Die Agenda 2010 hat nicht nur Deutschland, sondern ganz Europa erheblich geschadet, da Deutschland schlagartig von einem Hochlohn- in ein Niedriglohnland umgewandelt wurde und Deutschland jegliche Konkurrenz im europäischen Ausland den gar ausgemacht hat. Man hat allen Partnerländern die Konkurrenzfähigkeit gestohlen.

Mit dem Vertrag von Maastrich hat die Stillstandspolitik in Europa sowie die teilnehmenden Nationen angefangen. Der Vertrag legt Rahmenbedingungen fest, insbesondere durch die Einhaltung einer Schuldenbremse, stillstand zu fördern. Aber auch andere Richtlinien machen Europa zu keinem interessanten Innovationsstandort. Entwicklung, Innovation und Fortschritt erfordern es, dass sich die Geldmenge M1 stets erhöht und für Konsum zur Verfügung steht. Der Verbraucher muss mit ausreichender Kaufkraft ausgestattet sein, sodass er in der Lage ist, innovative Produkte zu kaufen. Wenn heute eine Technologie vom Stellenwert eines Computers oder Smartphones auf dem Markt kommt, könnten sich 60% der Menschen in Deutschland diese Innovation in den ersten Jahren nicht leisten, ohne Abstriche bei den anderen Ausgaben unternehmen zu müssen.

Die neoliberale Lobby hat kein Interesse an der europäischen Binnenwirtschaft. An jeder Ecke sollen Konsumausgaben verhindert werden. Viele Probleme des Staates sind Probleme mit den Konsumausgaben, für die es kein Geld gibt und niemals in der Debatte stehen. Es geht immer nur um Investitionen, also Rückfluss zu den Unternehmen. Gehälter sollen möglichst niedrig gehalten werden und man soll von seinem niedrigen Gehalt noch eine private Altersvorsorge in Form von Unternehmensanteilen beginnen. Man will gar keine Produkte im europäischen Binnenmarkt verkaufen, weil man für jedes im Auslandsverkauf mehr Marge erzielt.

Jetzt, wo die Auslandsmärkte dicht machen und Zölle einführen und der Heimatmarkt durch die eigenen unternehmerischen Entscheidungen in Scherben liegt, ist jeder Schuld, nur nicht die Unternehmer und deren politischer Lobby.


FXG36 
Beitragsersteller
 18.03.2025, 11:20

Danke für die umfangreiche, interessante Antwort.

Die heutige positive Außenhandelsbilanz ist eine Kombination aus Kaputtsparen im Ursprungsland und einer gesunden Wirtschaft im Absatzmarkt.

Genau das habe ich ja beschrieben: Die Investitionen sind seit Jahren konstant niedrig, während die Leistungsbilanzüberschüsse seit der Corona-Pandemie wieder ihr Hoch erreicht haben. Da der Staatshaushalt in den letzten 15 Jahren in etwa ein Saldo von +/-0 hatte, muss die verbleibende Differenz durch höhere Ersparnisse gedeckt werden. Diese überschüssigen Ersparnisse (Haushalte+Unternehmen) führen nunmal zu Kapitalabflüssen ins Ausland, damit die volkswirtschaftliche Identität als Gleichung aufgehen kann.

Man wollte in fremden Währungsräumen mit Premiumimporten die inländischen Firmen angreifen. Der Euro als Ausgangswährung ist in dieser Hinsicht jedoch schwierig, da dieser in der Regel deutlich höher bewertet ist, als jede andere Währung weltweit.

Aber immerhin ist er dafür besser geeignet als die D-Mark, die noch höher bewertet war. Die Strategie müsste aus dieser Perspektive demnach sein, immer mehr Länder mit katastrophaler Bonität in den Euroraum zu holen, um mehr Abwertung zu erzielen... /Ironie off

Der Vertrag legt Rahmenbedingungen fest, insbesondere durch die Einhaltung einer Schuldenbremse, stillstand zu fördern.

Die Schuldenbremse gilt jedoch nicht für Unternehmen. Und das sind die ersten, die investieren müssten, damit das Inlandsprodukt steigt, der Stillstand überwunden und Wohlstand aufgebaut werden kann. Innovationen und Wachstum kommen nur selten vom Staat, weil der nicht effizient investieren kann. Das Problem ist: Die Unternehmen tun es eben nicht, weil der Staat keine nachhaltigen Anreize setzt. Staatsschulden können, wenn sie wirklich zielführend platziert sind, natürlich ein Hebel sein.

Viele Probleme des Staates sind Probleme mit den Konsumausgaben, für die es kein Geld gibt und niemals in der Debatte stehen. Es geht immer nur um Investitionen, also Rückfluss zu den Unternehmen. [...] Entwicklung, Innovation und Fortschritt erfordern es, dass sich die Geldmenge M1 stets erhöht und für Konsum zur Verfügung steht.

Investition ist letztlich der entscheidende Motor für Wachstum und nachhaltigen Wohlstand. Man muss hier Anreize setzen, dass die Binnenwirtschaft gestärkt wird, Kapital weniger abfließt, und auch die Produktivität wieder gesteigert wird. Diese ist seit Jahren auf einem Tief. Gelddrucken und es lediglich für den Konsum bereitstellen, bedeutet auf Dauer Inflation und mehr Dysfunktionalitäten in unserem System. Selbst ein Hardcore-Keynesianer würde hier einlenken und z.B. eher Steuererleichterungen für Haushalte fordern.

Die neoliberale Lobby hat kein Interesse an der europäischen Binnenwirtschaft.

Das Problem ist m.E. nach erstmal ein deutsches und in den Geschäftsmodellen unserer Industrie zu verorten. Wir haben einen überdurchschnittlichen Anteil unseres BIP im verarbeitenden Sektor der zu großen Teilen auf den Exportmarkt (B2B) fokussiert. Das wurde so aber nicht von irgendeinem geheimen Zirkel geplant, sondern hat sich organisch ergeben. Das Problem ist, dass sich seit den 1990er Jahren (und spürbar seit den letzten 10 Jahren) so viel Filz angesammelt hat und die Unternehmen ihre internationale Stellung verlieren. Die Qualität und Differenzierung deutscher Produkte ist vergleichsweise nicht mehr so hoch, dass die hohen Preise gerechtfertigt werden können. Zumindest geht der Trend dahin.

Die Unternehmen haben im größeren Stil ihren Pioniergeist aufgegeben, Risiken vermieden und zu wenig innoviert/investiert. Und nun ist der Zeitpunkt gekommen, wo die Standortbedingungen zunehmend unattraktiver werden und dementsprechend mehr ins Ausland verlagert wird. Alternativ wird man zu einem Nokia 2.0.

Ich denke, die zentrale Frage ist, wie man hier eine kluge Kehrtwende einlegen kann...

Die Agenda 2010 hat nicht nur Deutschland, sondern ganz Europa erheblich geschadet, da Deutschland schlagartig von einem Hochlohn- in ein Niedriglohnland umgewandelt wurde und Deutschland jegliche Konkurrenz im europäischen Ausland den gar ausgemacht hat.

Dies war wohl tatsächlich eine Lobby-Aktion: Aufgrund der oben beschriebenen Dynamik kann man dies als Subvention für die Unternehmen auffassen, damit sie international kompetitiv bleiben (Henne-Ei). Eigentlich hätte dann schon klar sein müssen, dass dies nicht nachhaltig ist und von Dauer sein kann.

ist jeder Schuld, nur nicht die Unternehmer und deren politischer Lobby.

Staat und Unternehmen sind gleichermaßen für diesen Rückbau unseres Wohlstands verantwortlich. Die Politik hat es versäumt, kluge und nachhaltige Rahmenbedingungen zu setzen - z.B. Anreize für mehr Diversifikation, Handel und Binnenwirtschaft. Die Unternehmen tun das, was sie von Natur aus tun: (kurzfristige) Gewinnmaximierung. Und im Zweifelsfall sind insb. die größeren opportunistisch und nicht an den Staat gebunden, was das Dilemma verschärft.

FinisTerrae  18.03.2025, 13:23
@FXG36
Investition ist letztlich der entscheidende Motor für Wachstum und nachhaltigen Wohlstand.

Da unterscheiden sich unsere Meinungen. Es gibt nicht das einzelne Schlüsselmoment, welches für Wachstum und Wohlstand verantwortlich ist. Realinvestitionen und Privatkonsum stehen mindestens auf Augenhöhe, wenngleich ich den Konsum für die Wirtschaft noch etwas höher verordnen würde.

Geld muss in Bewegung bleiben und zwar in dem Geldkreislauf zwischen Staat, Unternehmen und Privat (Binnenwirtschaftskreislauf). Realinvestitionen in Dinge, bei denen wirklich gearbeitet werden muss (Neubau, Instandhaltung, Modernisierung, Neuentwicklung etc.) fließt ein großer, wenn nicht sogar der größte Teil des Geldes in Lohn und Handel. Hier findet Wertschöpfung statt. Eine Realinvestition macht jedoch nur dort Sinn, wo auch Nachfrage für das fertige Erzeugnis besteht. Eine jede Investition an jedem Punkt der Lieferkette ist immer auf einen Endverbraucher / Konsumenten angewiesen. Das gilt auch für komplexe B2B-Lieferketten. Am Ende einer jeden Lieferkette oder Lieferketten-Kette wartet ein Endverbraucher, der Nachfrage für dieses Produkt benötigt. Neben gefühlsmäßigen Motivationen, die man mal mehr oder weniger beeinflussen kann, spielt auch die verfügbare Kaufkraft eine entscheidende Rolle.

Die Finanz- und Spekulationsmärkte sind grundsätzlich kein Teil der Wertschöpfungskette und auch kein Teil des Binnenwirtschaftskreislaufs (ausschließlich die Primärmärkte sind dort zu verordnen). Die Finanz- und Spekulationsmärkte stellen eher ein kleines eigenes Taschenuniversum dar, dass neben der Realwirtschaft besteht. Alle Vermögenswerte die auf den Sekundär- und Tertiärmärkten gehandelt werden, verteilen das Geld hauptsächlich zwischen Privaten und Unternehmen, der Staat ist hier zum größten Teil raus. Durch den fehlenden Staat fehlt eine Verteilungsfunktion des Geldes, dass sich in diesem abgekapselten Markt immer stärker auf einzelne Spieler konzentriert. Weiterhin entzieht dieser Markt der Realwirtschafts das Geld und bindet es dort.

Wenn der Staat sich nicht traut, diesen Finanz- und Spekulationsmärkten den Riegel vorzuschieben, muss er Investitionen in die Realwirtschaft lukrativer / konkurrenzfähiger machen. Ein Fehler ist es jedoch, die Lohnkosten dafür anzugreifen.

An gar keiner Stelle müssen wir Schulden machen. Im Moment benutzen die Parteien und ganz besonders die SPD die Einnahmen des Staates als Zuckerbrot für ihre Klientel. Sie schieben ihren Wählern Geld zu und hoffen, dass die sich bei der nächsten Wahl daran erinnern. Das ist so viel Geld, dass der Staat nicht in der Lage ist, genügend Einnahmen zu generieren. Die Bürger, aber auch die Firmen haben sich so sehr an das Prinzip Gießkanne gewöhnt, dass sie gar nicht auf die Idee kommen, mit dem auszukommen, was da ist. Dabei weiß jede Hausfrau, dass sie nicht über ihre Verhältnisse leben kann. Alles was sie ausgibt, muss auch verdient werden.


FXG36 
Beitragsersteller
 19.11.2024, 14:20
An gar keiner Stelle müssen wir Schulden machen.

Schulden werden gemacht. Aktuell ist es das Ausland. Sollten wir die Leistungsbilanzüberschüsse inkl. aller internationaler Risiken beibehalten?