Was für einen Sinn hat die aktuelle Cannabis-Regelung?
SPD, Grüne und FDP haben in der letzten Legislaturperiode Cannabis teillegalisiert. Seitdem darf man Cannabispflanzen zu Hause oder zusammen mit anderen in Anbauvereinigungen züchten.
Gleichzeitig ist der Handel mit Cannabis weiterhin illegal. Der Vertrieb über Läden scheitert bisher an EU-Recht. Und weil der Bedarf den privaten Anbau bei Weitem übersteigt, stammt der Großteil des Cannabis weiterhin vom Schwarzmarkt. Die organisierte Kriminalität gedeiht.
Die Polizei muss den Handel mit Cannabis weiterhin verfolgen. Oft kann sie das jedoch nicht, weil Dealer genau jene 25 Gramm mit sich führen, die man legal besitzen darf. Insofern findet eine gigantische Verschwendung von Ressourcen statt.
Was für einen Sinn macht es, dass die Polizei den Handel mit Cannabis verfolgt, man dieses jedoch gleichzeitig alleine oder legal anbauen darf?
17 Stimmen
5 Antworten
Gekifft wird auch, wenn es verboten ist. Jetzt ist man aber nicht mehr unbedingt auf Dealer angewiesen. Man hat die Wahl.
Weil es nicht mehr verboten ist, kann man offener damit umgehen. Und aufklären.
Und diese Dealer haben noch ganz andere Sachen im Angebot, die viel gefährlicher sind. Sind junge Menschen erst mal in diesen Kreisen unterwegs, kann das in die Hose gehen.
Hier sollte der Gesetzgeber nachbessern.
Der Besitz und Konsum im öffentlichen Raum gänzlich untersagen.
Angebautes Cannabis darf das eigene Grundstück, die eigene Wohnung nicht verlassen.
Legaler Handel sollte ähnlich wie der legale Handel mit BTM aufgebaut werden. Mit ähnlichen Auflagen .
Es ist das Maximum, was Lauterbach angesichts der Widerstände der Länder und Europas herausholen konnte. Für sich genommen ist da natürlich immer noch eine Menge Unsinn enthalten, aber immerhin ist die Tür jetzt einen Spalt weit offen und die ist auch kaum wieder zuzukriegen.
Der einfache Kiffer, der sich sonst nichts zuschulden kommen lässt, wird jetzt wenigstens nicht mehr verfolgt und kriminalisiert.
Die Polizei verfolgt den illegalen handel. Du kannst ja auch nicht einfach so ohne Schanklizens Bier verkaufen.
Das neue Gesetz ist nicht perfekt, sogar relativ weit entfernt davon. Das heißt aber nicht, dass es gar keinen Sinn macht. Es erlaubt Millionen mündigen Cannabis nutzenden Bürgern den Umgang damit, ohne pauschal kriminalisiert zu werden. Sowie natürlich die Möglichkeit, sich selbst bzw. über Vereine damit zu versorgen. Wir reden hier von einer Sache, deren unmittelbare Auswirkungen in aller Regel nur die tuende Person selbst betreffen. Derartiges unter Strafe zu stellen, ist nach modernen rechtsstaatlichen Prinzipien zumindest fragwürdig. Mal ganz von den inzwischen vielfach auf nationaler und internationaler durch Fachleute gewonnenen Erkenntnissen darüber, wie schädlich die Prohibition selbst ist.
Komisch finde ich die immer wieder auftauchende Behauptung, dass der Schwarzmarkt unter dem neuen Gesetz irgendwie gedeiehn würde, bzw. besser gedeihen würde, als er es unter der Prohibition, und zwar exakt wegen der Prohibiton, getan hat und ohne Teil-Legalisierung weiter tun würde. Belege dafür scheint es nicht zu geben.
Wir wissen durch Umfragen, dass Millionen Menschen Cannabis selbst anbauen, bzw. das zum Zeitpunkt der jeweiligen Befragung zumindest vorhatten. Wir wissen abgesehen davon durch Umfragen und von Apothekern sowie deren Versorgern, dass durch die vereinfachte Möglichkeit der Verschreibung wesentlich mehr Menschen Cannabis per Rezept beziehen. Vgl.:
- Haben Sie seit der Cannabis‑Legalisierung Cannabis-Samen zum Zwecke des privaten Eigenanbaus gekauft?, https://yougov.de/topics/politics/survey-results/daily/2024/05/13/d2f5a/2
- Cannabiskonsum seit Legalisierung, https://research.appinio.com/#/de/survey/public/ORr30aL67
- Cannabis-Umfrage: Schwarzmarkt für Deutsche erste Wahl – Eigenanbau und Medizinalcannabis immer beliebter, https://www.cantourage.com/blog-posts/cannabis-umfrage-schwarzmarkt-fur-deutsche-erste-wahl---eigenanbau-und-medizinalcannabis-immer-beliebter
- DIE GROSSE KONSUMENTEN UMFRAGE!, https://x.com/brokkolisseur/status/1828008274467197352
- Cannabis: Illegal ist nach wie vor normal, https://www.apotheke-adhoc.de/rubriken/detail/medizinisches-cannabis/cannabis-illegal-ist-nach-wie-vor-normal/
- Apotheker über das Cannabis-Geschäft: „Ich habe einen Rohgewinn von 50.000 Euro im Monat“, https://www.fr.de/panorama/apotheke-medizinisches-gras-apotheke-rezept-cannabis-zr-93349111.html
- Umfrage: Wieviel #Cannabis hast Du seit dem 01.04.2024 im Vergleich zur Zeit davor vom #Schwarzmarkt gekauft?, https://x.com/multitalentfrey/status/1848317045508841905
- Cannabis-Importe 2024 auf Rekordkurs – deutlicher Anstieg im dritten Quartal, https://krautinvest.de/cannabis-importe-2024-auf-rekordkurs-deutlicher-anstieg-im-dritten-quartal/
- Germany Has Become The World's Largest Cannabis Importer: Here Are The Stocks Benefiting, https://www.benzinga.com/markets/cannabis/25/05/45627457/germany-has-become-the-worlds-largest-cannabis-importer-here-are-the-stocks-benefiting
Nach allem, was wir wissen, versorgen sich immer mehr Konsumenten vollständig oder zumindest teilweise selbst, bzw. beziehen medizinischen Cannabis. Entsprechend dürften die Umsätze der Dealer eher sinken als steigen. Interessant ist hier insbesondere der Vergleich mit Apotheken-Gras, welches Teils für wenige Euro pro Gramm verkauft wird. Wir reden hier von einem Produkt von pharmazeutischer Qualität, das garantiert nicht gestreckt ist. Illegale Produzenten können da schlicht nicht mithalten. Ich halte es entsprechend für naheliegend, dass Schwarzmarkt-Akteure jetzt weniger mit Cannabis verdienen als noch vor zwei Jahren. Auch wenn es immer noch illegalen Handel gibt, ist eine teilweise Einschränkung davon meines Erachtens immer noch besser, als den Dealern 100 % des Geschäfts zu überlassen.
Mit einer richtigen Legalisierung, die auch Fachgeschäfte beinhaltet, wären noch einmal wesentlich weniger Menschen auf den Schwarzmarkt angewiesen. So kann man es z.B. in Kanada beobachten. Vgl: Canadian Cannabis Survey 2024: Summary, https://www.canada.ca/en/health-canada/services/drugs-medication/cannabis/research-data/canadian-cannabis-survey-2024-summary.html