Wie überwindet man eine tiefsitzende Einsamkeit?
Wenn ich mit einer anderen Person interagiere, möchte ich mich reflexartig zu einer Kugel aufrollen und mich verstecken, wie ein Käfer. Ich stehe zu anderen Menschen wie gleiche Pole eines Magneten. Ich kann mit ihnen auch auf alltäglicher, oberflächlicher Ebene nicht interagieren, egal wer es ist. Ich habe meine Jugend in Isolation verbracht, hatte nie soziale Kontakte außerhalb der Schule, aber auch dort hatte ich keine richtigen Freunde, nie mit jemandem geredet. Ich habe noch nie ein richtiges Gespräch geführt, ich wüsste auch nicht, wie das funktioniert.
Schon immer begleitet mich ein intensiver Selbsthass. Ich kann mich teilweise nicht als menschlich ansehen, oder als sei ich meinen Mitmenschen nicht ebenbürtig. Permanent spüre ich eine Leere in meinem Kopf und meiner Brust, als wäre ich kein kompletter Mensch, sondern nur ein Trümmerhaufen. Ich kann mich nicht für mein eigenes Leben begeistern. Wenn ich Dinge unternehme, dann nur, weil ich angst habe, sonst das Leben zu verpassen. Aber Spaß, Motivation oder Stolz kann ich nie empfinden.
Ich habe mich so weit in mich zurückgezogen, dass ich andere Leute und teilweise die Realität nicht mehr erreichen kann. Nüchtern halte ich das Leben kaum noch aus. Nüchtern bin ich unglücklich, betrunken oder high aber auch. Alleine bin ich unglücklich, unter Leuten umso mehr. Ich weiß nicht, ob ich mir überhaupt Ziele setzen kann. Meistens will ich nirgendwo und niemand sein.
Ich kann sowohl mein äußeres, als auch mein inneres nicht mehr ertragen. Die letzten Jahre habe ich immer nur darauf gewartet, dass der Tag vorbei ist, über Wochen, Monate, Jahre. Eigentlich habe ich immer nur auf den Tod gewartet, wollte mich immer nur verstecken.
Jetzt bin ich plötzlich hier, aber irgendwie auch nicht. Irgendwie ist auch dieser Tag schon vorbei, irgendwie sind schon wieder Jahre vergangen. Vielleicht habe ich es nie gelernt, mit anderen Leuten zu kommunizieren. Jetzt ist das Abitur vorbei, eigentlich eröffnet sich jetzt das Leben für mich. Aber trotzdem fühlt es sich so an, als wäre ich in meinen letzten Tagen.