Wie kann man Notwehrprovokation nachweisen?
Wie weist man nach, dass jemand jemanden zum Angriff provoziert hat, um dann vom Recht der Notwehr Gebrauch zu machen?
Wenn es nur Aussagen von Zeugen oder Betroffenen sind, sind diese nicht unbedingt verlässlich.
Außerdem könnte ein Zeuge nicht unbedingt zwischen fahrlässiger und absichtlicher Provokation unterscheiden.
Bei fahrlässiger Provokation ist das Recht zur Notwehr eingeschränkt, aber wenn auch ich im Affekt handle, kann es auch mir nicht übel genommen werden, oder?
Und was tun, wenn jemand Einen zum Schlag provoziert, um dann nicht zu antworten, sondern bloß um anzuzeigen?
Ist der geschlagene Minderjährig und man nicht, ist man automatisch am Arsch, oder?
Und falls der Minderjährige doch absichtlich notwehrprovoziert, dann wird das eigene Strafmaß verringert (falls man volljährig ist) und das Notwehrrecht des Minderjährigen auch, richtig?
Die Fragen hätte ich gerne beantwortet, danke
4 Antworten
Strafrechtliche Sachverhalte "wie ist das wenn" kann man kaum pauschal beantworten. Das liegt immer am Einzelfall und an der Würdigung der objektiven Tatsachen durch die Justiz.
Und wenn 2 gegenseitig sich zunächst verbal und dann körperlich angehen, wo soll das Notwehr, provozierte Notwehr, Affekt usw sein, wo beginnt das und wo hört es auf - deshalb wird objektiv geprüft und dann entschieden.
Wie weist man nach, dass jemand jemanden zum Angriff provoziert hat, um dann vom Recht der Notwehr Gebrauch zu machen?
Wie du schon sagst, kann man das u.a. durch Zeugenaussagen nachweisen. Ob der Richter diesen Aussagen dann glaubt, ist ihm selbst überlassen.
Außerdem könnte ein Zeuge nicht unbedingt zwischen fahrlässiger und absichtlicher Provokation unterscheiden.
Der Zeuge soll das ja auch gar nicht entscheiden, er soll nur seine Sicht auf den Sachverhalt schildern. Die Staatsanwaltschaft/der Richter entscheiden dann für sich, ob die Provokation absichtlich war oder nicht.
Bei fahrlässiger Provokation ist das Recht zur Notwehr eingeschränkt, aber wenn auch ich im Affekt handle, kann es auch mir nicht übel genommen werden, oder?
Wenn man im Affekt handelt, muss es davor ja eigentlich schon eine Provokation/Handlung durch die Gegenseite (etwa eine Kränkung) gegeben haben. Da müsste man dann im Einzelfall entscheiden, ob die eigene Provokation wirklich schuldhaft war.
Und was tun, wenn jemand Einen zum Schlag provoziert, um dann nicht zu antworten, sondern bloß um anzuzeigen?
Wenn man dann zuschlägt, hat man sich idR strafbar gemacht.
Dass die Person dich provoziert hat, hat nicht unbedingt eine Auswirkung auf deine Strafbarkeit (bei einem Totschlag hätte es z.B. unter Umständen eine Auswirkung, weil man dann eventuell einen minder schweren Fall des Totschlags annehmen könnte).
Die Person kann dann idR auch erfolgreich Anzeige erstatten.
Ist der geschlagene Minderjährig und man nicht, ist man automatisch am Arsch, oder?
Nicht unbedingt.
Wenn das Kind noch unter 14 und damit schuldunfähig war, wäre das Notwehrrecht eingeschränkt (aber nicht ausgeschlossen).
Wenn es ein Jugendlicher war, ist das Notwehrrecht meines Wissens nach überhaupt nicht eingeschränkt.
Und falls der Minderjährige doch absichtlich notwehrprovoziert, dann wird das eigene Strafmaß verringert (falls man volljährig ist) und das Notwehrrecht des Minderjährigen auch, richtig?
Das kann ich nicht zu 100% nachvollziehen.
Wenn der Minderjährige dich nicht absichtlich provoziert und du dann zuschlägst, hat er ein Notwehrrecht (wenn auch u.U. ein eingeschränktes).
Das Strafmaß wäre bei dir u.U. niedriger, wenn deine Schuld durch die Provokation niedriger ist (vgl. etwa § 46 I StGB). Das ist aber eine Einzelfallentscheidung. Das gilt übrigens auch, wenn man selbst nicht volljährig ist, und auch, wenn der Provozierende kein Kind ist.
PS: Übrigens ist auch bei einer Absichtsprovokation das Notwehrrecht nicht gänzlich ausgeschlossen.
Wenn etwa jemand einen anderen provoziert und dieser dann das Leben des Provozierenden bedroht, kann für den Provozierenden ein Notwehrrecht bestehen, damit er sein Leben retten kann.
Nicht ganz, der 16-Jährige dürfte sich nur verteidigen, wenn sein Leben bedroht ist (oder vielleicht auch wenn seine körperliche Unversehrtheit schwer bedroht ist), nicht bereits wenn er irgendwie bedroht ist.
Und es geht da auch nicht darum, dass der Täter nur Angst bekommt, dass ihm etwas zustoßen könnte, sondern darum, dass ihm tatsächlich etwas zustoßen könnte.
Letztendlich muss man verstehen, warum es die Einschränkung und den Ausschluss des Notwehrrechts überhaupt gibt: Um einen Missbrauch des Notwehrrechts zu verhindern.
Wenn solch ein Missbrauch trotz Absichtsprovokation nicht vorliegt, etwa weil der Täter nach der Provokation an seinem Leben bedroht wird und nun wirklich einfach sein Leben retten will, soll das Notwehrrecht ausnahmsweise nicht ausgeschlossen sein.
Die sg. Putativnotwehr.
https://de.wikipedia.org/wiki/Putativnotwehr
schwierig und daher abzuraten
Solche Fragen lassen sich nicht pauschal beantworten, sondern bedürfen der Einzelbewertung.
Also wenn ein 16-Jähriger einen 40-Jährigen absichtlich provoziert, dann darf er sich auch vollständig verteidigen, sobald er die Angst bekommt, dauerhaften Schaden zu erleiden (also faktisch sofort), richtig?