Wie gefällt euch meine Kurzgeschichte?
Von Familie zu Fremden
Ein leeres Blatt Papier lag auf Nicola`s Schreibtisch. Sie wollte so viel sagen, aber schien einfach nicht die richtigen Worte zu finden. Ein Karussell von Gedanken drehte sich rasend schnell in ihrem Kopf. Nur noch dieser Brief war notwendig, damit Nicola Frieden schließen konnte.
Sie setzte den Stift an: "Hallo Papa."
Augenblicklich strich sie das Wort "Papa" wieder durch. Sie wollte ihn nicht mehr so nennen. Sie fühlte sich komisch dabei, ihn so anzusprechen.
Ein nächster Versuch: "Hallo Thomas. Seitdem wir uns das letzte Mal gesehen haben, sind zwei Jahre vergangen. Und ehrlich gesagt, habe ich entschieden, dass es auch das letzte Mal bleiben soll. Du bist mir nicht egal, aber du hast mir dennoch wehgetan. Ich weiß nicht, ob ich dir jemals verzeihen kann, was du mir angetan hast. Ich hasse dich nicht, das kann ich nicht. Selbst, wenn ich es wollte."
Nicola unterbrach. Ihr stiegen die Tränen in die Augen. Sie dachte, es würde einfach werden, das zu schreiben, aber sie hatte sich getäuscht. Lange war ihr nichts mehr so schwer gefallen, wie diese Zeilen zu verfassen.
Und Nicola schrieb weiter: "Bei unserem letzten Treffen, hätte ich dir Vorwürfe machen können, dich wütend anschreien können. Aber stattdessen blieb ich stumm. All meine Wut, habe ich in mich hineingefressen, weil ich es nie anders gelernt habe. Ich wünschte, ich hätte damals die Entscheidung getroffen, laut zu sein. Dir zu sagen, wie sehr ich mich dafür schäme, deine Tochter zu sein. Auf irgendeine Art werden wir immer miteinander verbunden sein. Aber ich habe mich nie einem Menschen so fremd gefühlt wie dir."
Nicolas Lippen zitterten und die Tränen liefen wie ein kleiner Wasserfall über ihre Wangen. Sie fühlte Wut und Trauer zugleich. Sie war nicht nur auf ihren Vater wütend, sondern auch auf sich selbst. Ihre Tränen hinterließen einen oder zwei Tropfen auf dem Papier und die Tinte verschwamm ein wenig.
Plötzlich driftete ihr Blick nach links ab. Dort lag das Foto, das Nicola und ihren Vater zeigte. Sie wirkten glücklich. Allerdings wusste Nicola genau, dass sie alles andere als glücklich war. Sie trug eine Maske, die all ihre wahren Gefühle verbarg.
Und Nicola schrieb weiter: "Ich kann von dir keine Entschuldigung erwarten. Dennoch wünsche ich mir, dass du deine Fehler realisierst. Nicht für mich. Sondern für dich. Ich möchte, dass du weißt, dass ich dir trotz aller Wut nichts Schlechtes wünsche. Aber es ist besser für mich, wenn wir von nun getrennte Wege gehen.
Deine Nicola."
Beendet. Sie hatte es geschafft. Sie fühlte sich leichter, als sie den Brief in den Umschlag schob. Das Bild schob sie ebenfalls in diesen Umschlag. Um abzuschließen.
"Habe ich das richtige getan?", sprach Nicola laut zu sich selbst.
Und dann hörte sie auf einmal eine Stimme: "Natürlich hast du das."
Verblüfft drehte Nicola den Kopf. Dann erblickte sie dieses sanftmütige Lächeln, was ihr immer in Erinnerung geblieben war. Frau Lesinger, die Bibliothekarin. Nicola lächelte wehmütig. Sie hatte so viel Zeit in Frau Lesingers Bibliothek während ihrer Jugend verbracht. Immer, wenn es Nicola schlecht ging, war Frau Lesinger da und hatte stets einen guten Rat für sie.
"Was, wenn es doch die falsche Entscheidung ist?", fragte Nicola.
"Nicola, die Frage nach dem "wenn" ist nicht immer die richtige Frage. Im Leben muss man so viele Entscheidungen treffen, ohne vorher zu wissen, ob du die richtige Entscheidung triffst. Jede Entscheidung, die du triffst, hält verschiedene Abzweigungen bereit. Was, wenn du damals nicht zu mir in die Bibliothek gekommen wärst? Dein Leben würde sicher anders aussehen. Was, wenn du dir keine Katze geholt hättest? Genau dieselbe Antwort. Du kannst nie im Voraus wissen, ob es die richtige Entscheidung sein wird. Habe Vertrauen in dich und deine Entscheidungen. Ich habe immer gewusst, dass du deinen Weg finden wirst", erklärte Frau Lesinger sanft.
Nicola nickte stumm. Frau Lesinger hatte recht. Sie musste sich selbst vertrauen. Sie musste mutig genug sein, schwere Entscheidungen selbst zu treffen. Und langsam verschwamm das Bild der Bibliothekarin wieder, was eben noch so klar vor Nicola`s Augen war.
(ich werde die Kurzgeschichte noch überarbeiten)
5 Antworten
Im Großen und Ganzen finde ich deine Kurzgeschichte gut. ^^ Es gibt aber noch ein paar kleine Details und Tipps, die mir einfallen.
Zuerst einmal schreibt man den Genitiv von Nicola, also Nicolas, nicht mit Apostroph. Das macht man im Englischen. ^^
Du könntest zu Beginn die Szene etwas langsamer einführen, wenn Nicola schon länger am Schreibtisch sitzt. Du sagst, dass sie schon lange versucht, den Brief zu schreiben, in der Geschichte geht sie aber ziemlich schnell dazu über, dass sie ihn fließend verfassen kann. Ich würde zu Beginn den Fokus ein wenig detaillierter auf ihre Umgebung und auf ihre Verfassung lenken. Vor allem ist es wichtig, dass dem Leser klar wird, wo sie sich wirklich befindet, damit später keine Irritation passiert. Denn auch ich habe mich gewundert, als von der Bibliothek gesprochen wurde.
Ich würde den Schreibtisch ein bisschen mehr beschreiben und das Foto, das darauf ist, bereits kurz ansprechen. Außerdem würde ich beschreiben, wie Nicola dort sitzt, in welcher Haltung usw. Hat sie die Hände vielleicht in ihren Haaren vergraben? So etwas bringt mehr das Gefühl rein, dass der Brief sie verzweifeln lässt.
Wenn du dann später beschreibst, wie Nicola den Brief schreibt, könnte man noch genauer darauf eingehen, wie schwer es ihr fällt. Damit meine ich, dass sie nochmal hinterfragt, ob sie die richtigen Worte schreibt. Schließlich sitzt sie ja schon lange an dem Brief, hat es also schon viele Male neu versucht.
Wenn dann der Blick zu dem Bild kommt, würde ich es nicht als plötzlichen Blick bezeichnen. Das klingt ein wenig, als hätte eine höhere Kraft ihren Kopf da hinbewegt. Man schaut ja nicht plötzlich zu etwas hin, es sei denn, dort gab es ein lautes Geräusch oder so. Wenn du das Foto vorher schon einmal erwähnt hast, kannst du es hier besser aufgreifen. Dann wirkt ihr Blick nicht so willkürlich.
In dem Moment, wenn die Bibliothekarin erscheint, würde ich nochmal betonen, dass Nicola in ihrem Zimmer sitzt. Ich würde beschreiben, wie verblüfft sie darüber ist, diese Frau zu sehen, also noch stärker, als du es bisher tust.
Ich hoffe, dass dir meine Ideen ein wenig helfen. Viel Erfolg noch beim Überarbeiten!
Lg
Stimmt, ist mir im Nachhinein auch aufgefallen. Danke
Ich musste es mehrmals lesen, um rauszubekommen, um was es sich handelt. Und ganz sicher bin ich mir immer noch nicht. Oder besser: Du schreibst ein wenig um den heißen Brei herum. Der "Brief" ist so ein wenig die Aufforderung: Wasch mich, aber mach mich nicht nass. Sie will ihrem Vater etwas sagen, traut sich aber nicht. Sie wirft ihm Dinge vor, nennt sie aber nicht.
Klar, man kann (und sollte) nicht immer alles beim Namen nennen und dem geneigten Leser auch Spielraum lassen. Dann muss ich aber Wegweiser einbauen. Hier ist es eine Bibliothekarin und eine Katze. Aber ich würde mal vermuten, dass beide nicht zum Ziel führen und dass Du eigentlich etwas ganz anderes sagen willst.
Das Dilemma ist hier wohl, dass Du den eigentlichen Grund des Tochter-Vater-Zerwürfnisses auf der einen Seite hast, auf der anderen die Zerrissenheit, ob eine getroffene Entscheidung richtig ist und schließlich die ganz normale Abnabelung, wenn man seinen eigenen Weg gehen muss. Zu viel, finde ich. Das macht die Geschichte ziemlich "matschig".
Wie gesagt - wird auch noch überarbeitet. Und es geht auch um richtige Entscheidungen und nicht um das Dilemma selbst
wird auch noch überarbeitet.
Mach das.
Und es geht auch um richtige Entscheidungen
Wenn das "auch" im Sinne von "zentral" gemeint ist, dann ist der Inhalt des Briefes viel (!) zu dominant. Ich würde den überhaupt nicht wörtlich darstellen, sondern nur die Gedanken der Schreiberin dazu.
Abgesehen vom Deppenapostrophen eierst du ziemlich um den heißen Brei herum. Das wird nicht jedermanns Sache sein. Ist es autobiografisch gefärbt?
Eigentlich ist es keine Geschichte, denn dann würde sie aus verschiedenen Blickwinkeln verschieden Sichtweisen einfangen. So ist es nur eine einseitige Anklage oder Schuldzuweisung, ohne dass sich der Leser ein Bild über die Gegenseite machen könnte.
In einer Geschichte wird kein Urteil gefällt, sondern der Leser angeregt, sich selbst eine Meinung zu bilden.
Du solltest dich nicht gleich als "Autorin" bezeichnen, das wirkt recht selbstgefällig.
Es ist generell besser, über etwas zu schreiben, wo man sich auskennt. Da kommen die Gefühle viel authentischer rüber. Allerdings sollte es nie völlig autobiografisch sein und man sollte so weit drüber weg sein, dass man es aus der Distanz betrachten kann.
also ganz ehrlich selber absolut nichts auf die reihe kriegen aber andere runtermachen... klingt ganz so wie einer der sich selber hasst weil er sein leben komplett versaut hat: mangels freunde, mit viel zu viel selbstbewusstsein und noch viel mehr zeit.
Und ja, der Herr De Worde wird mich jetzt wegen falschem satzbau anmeckern, aber das bezeugt nur, dass er einfach keine kritik verträgt. Schönen Tag noch
also ganz ehrlich selber absolut nichts auf die reihe kriegen
Das finde ich interessant, wie du an diese Erkenntnis gelangt bist. Selbstverständlich brauchst du von niemandem einen Rat annehmen und auch nicht deine Freunde, die mit dem Daumen-runter schnell dabei waren. Am besten klopfst du mit dieser Einstellung gleich bei einem Verlag an, da brauchst du nicht so lang auf Antwort zu warten.
Hab schon vor 12 Jahren solche Sprüche zu hören bekommen. Und weißt du was aus diesen unbelehrbaren, lernresistenten beleidigten Leberwürsten geworden ist? Nein. Und du kannst es dir auch nicht denken, da bin ich mir sicher.
Keine Ahnung, wo du bemerkt haben willst, dass ich keine Kritik vertragen kann.
Wie alt bist du eigentlich? 12/13? Und weshalb nennst du dich nicht "Ichfrage"?
mir gefällt dein Schreibstiel sehr gut und auch Inhaltlich gefällt mir die Geschichte. Das einzige was du vielleicht anders machen könntest, ist, dass du am Anfang bereits erwähnst, dass Nicola in der Bibliothek ist. So war es etwas irritierend als auf einmal die Bibliothekarin da war, weil ich mir davor vorgestellt habe, dass sie an ihrem Schreibtisch in ihrem Zimmer sitzt. Aber abgesehen davon, habe ich nichts auszusetzen
Nicola war auch nicht in der Bibliothek. Frau Lesinger war auch nicht in Person da. Das muss ich noch klarer darstellen
Großartig, finde da kein manko. Für mich perfekte Story :)
Top. Ich würde gerne noch etwas ergänzen. Dieser Satz fängt mit der man-Form an (Allgemein) und bezieht sich dann auf die "du"-Form.(Nicola persönlich). Das sollte einheitlich sein.