Warum kühlt heißes Wasser schneller ab, wenn man die Eiswürfel erst später hinzugibt?

6 Antworten

Hallo,

tatsächlich habe ich mich mal ganz praktisch im Alltag mit einem sehr ähnlichen Problem befasst:

Früher habe ich meinen Morgenkaffee mit Milch getrunken. Ich habe mir den Kaffee frisch gebrüht, eine Tasse eingeschenkt, und einen Schuss Milch aus dem Kühlschrank hineingegeben. Dann bin ich ins Bad gegangen, in der Hoffnung, dass der Kaffee in der Zwischenzeit auf eine trinkbare Temperatur abgekühlt ist. Meist war er mir aber immer noch zu heiß. Ich bin dann nach einem längeren Denkprozess dazu übergegangen, die Milch erst direkt vor dem Trinken zuzugeben. Erklärung: der sehr heiße Kaffee ohne Milch hat eine hohe Temperaturdiffernz zur Umgebung. Er gibt daher in derselben Zeit mehr Wärme an die Umgebung ab. Je geringer das Temperaturgefälle wird, desto langsamer verläuft der Prozess. Wenn ich also die kalte Flüssigkeit (anstatt der Eiswürfel in deiner Frage) sofort zugebe, dann ist das Gesamtergebnis, die Temperatur der Mischung, nach einer gegebenen Zeit, sagen wir zehn Minuten, höher als wenn ich die heiße Flüssigkeit zunächst für neuneinhalb Minuten in einer Umgebung belasse, zu der ein höheres Temperaturgefälle besteht, und erst dann die kalte Flüssigkeit aus dem Kühlschrank hole und hineingebe.

Inzwischen trinke ich meinen Kaffee schwarz, und muss leider mit seiner sehr hohen Temperatur klarkommen...

Von Experte indiachinacook bestätigt

Der Schlüssel liegt in indiancooks Antwort.

Allerdings ist die Frage, was man genau unter "schneller abkühlen" versteht.

  • bis zu einer bestimmten Temperatur?
  • bis auf Raumtemperatur?
  • unter Raumtemperatur?
  • nur bis das Eis geschmolzen ist?
  • oder soll noch Rest-Eis übrigbleiben (null Grad)?

Wenn man es nur kurzfristig betrachtet, also bis das Eis geschmolzen ist, dann ist es logischerweise schneller, wenn man das Eis sofort hinzugibt.
Aber längerfristig kommt man tiefer, wenn man zuerst Luftabkühlung zulässt, und erst für die zweite Phase Eis hinzugibt. Ideal ist, wenn noch etwas Eis übrig bleibt, so erreicht man die tiefste Temperatur, nämlich null Grad.
Grafisch ungefähr so vorstellbar:

Bild zum Beitrag

 - (Physik, Wasser, Energie)

MichiVDKlippe 
Fragesteller
 25.05.2024, 13:12

Vielen lieben Dank für die gute Antwort! Ohne es aussprechen zu wollen habe ich mir so ein tolles Diagramm genau gewünscht! Intuitiv ergibt es auch Sinn! Hast du das selber erstellt?

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atoemlein  25.05.2024, 13:48
@MichiVDKlippe

Ja, das habe ich selber erstellt. Skizziert mit MSPAINT.
Ich habe das Verhalten aber nie messtechnisch verifiziert, die Grafik ist also nur qualitativ zu verstehen und weist ev. auch noch gedankliche Fehler auf. Zu beachten ist zum Beispiel noch, dass das schmelzende Eis die Flüssigkeit verdünnt und das Flüssigkeitsvolumen erhöht.
Kommentare erwünscht.

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Da liegst du falsch. Wenn du eine niedrige Temperatur erreichen willst, dann wäre dein Weg richtig. Wenn du aber schnell abkühlen willst, dann mach die Eiswürfel sofort rein. Das liegt einfach an der nutzbaren Kühlenergie. Diese besteht aus dem Unterschied zwischen der warmen und der kalten Flüssigkeit. Ist dieser Unterschied sehr groß, so läuft die Kühlung schneller ab. Ist sie kleiner, so ist es langsamer.

Das kann man gut beim Erwärmen einer Flüssigkeit in der Natur beobachten. Z.B. wenn heiße Lava ins Meer fließt. Ein sehr schneller und damit reaktiver Prozess.


Viktor1  25.05.2024, 00:46
Da liegst du falsch

nee du

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RStroh  25.05.2024, 08:45

Der Hauptanteil der Kühlung kommt von der Schmelzwärme des Eiswürfels.

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Von Experte Hamburger02 bestätigt

Heißes Wasser kühlt auch ohne Eis ab, einfach durch Wärmeleitung. Die Abkühl­geschwindigkeit ist proportional zum Temperaturunterschied — von 90 °C auf 80 °C geht also viel schneller als von 40 °C auf 30 °C (bei 25 °C Raumtemperatur geschätzt sechsmal schneller).

Die Abkühlung mit Eis hat aber eine andere Kinetik. Wenn man eine bestimmte Menge Eis in warmes Wasser kippt, dann senkt das Eis die Temperatur näherungsweise um denselben Betrag, weil der Hauptbeitrag aus der Schmelzwärme kommt, und die ist immer dieselbe.

Also: Heißes Wasser kühlt von selbst recht rasch ab, daher verschwendest Du das Eis nicht ans heiße Wasser, sondern wirfst es erst hinein, wenn die Abkühlung durch die Umgebung nicht mehr effizient ist.

Dabei habe ich angenommen, daß Dein Ziel die Raumtemperatur ist, und daß Du nur eine fixe Menge Eis zur Verfügung hast.

  • Wenn Du unter Raumtemperatur abkühlen wirst, dann ist es sowieso klar, daß Eiszugabe ins heiße Wasser nichts hilft, weil Du das Eis dringend für die Abküh­lung unter Raumtemperatur brauchst, das geht ja keinesfalls von selber.
  • Wenn Du beliebig viel Eis einsetzen kannst, dann hau sofort rein was geht und fertig — auch auf die Gefahr, daß das Schmelzwasser Dein Getränk zu sehr verdünnt.

MichiVDKlippe 
Fragesteller
 25.05.2024, 13:15

Dankeschön für die tolle und ausführliche Antwort!

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Der Temperaturgradient von 80 zu 20 ist groß, die Kurve der Abkühlung ist anfangs schnell. Erreicht das Wasser 21 Grad dauert es sehr lange bis es 20 Grad hat weil der Gradient noch 1 Kelvin hat.

Wartet man also bis z.B. 30 Grad, gibt dann das Eis hinzu, dann kann dieses Eis den Gradienten von 10K schnell schaffen und vermutlich je nach Menge noch bis 0 Grad bis es vollständig geschmolzen ist.