Warum Krankenwagen bei Nervenzusammenbruch?

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Von Experte iwaniwanowitsch bestätigt

Es gibt im medizinischen Sinne keinen "Nevenzusammenbruch".

Aber psychische Ausnahmesituationen und auch psychologische bzw. psychiatrische Erkrankungen können z.T. derart eskalieren, dass eine akute medizinische Hilfe erforderlich ist. In krassen Fällen gefährdet die Person sich selbst oder andere. Und bei medizinischen Notlagen wird nunmal der Rettungsdienst gerufen.

Man muss allerdings klar sagen, dass der Rettungsdienst keine psychischen Probleme lösen kann. Wir können die Vitalfunktionen sichern und den Patienten in eine geeignete medizinische Einrichtung bringen, mehr nicht.

Deshalb rollt der Rettungsdienst oft zu Fällen an, in denen er nicht helfen kann. Die Hilfe, die wir leisten können (Transport in nächste Klinik), ist oft übertrieben und auch vonseiten der Patienten nicht gewünscht... was anderes geht aber schlichtweg nicht, außer eben zu sagen "körperlich ist alles okay" und wieder zu gehen. Ist für beide Seiten frustrierend.

Bei der "Akuten Belastungsstörung" (Umgangssprachlich "Nervenzusammenbruch") sind belastende Ereignisse der Auslöser. Die Psyche kann damit nicht umgehen, es fehlen Bewältigungsstrategien und das System bricht zusammen - ähnlich wie bei einem überlasteten Computer.

Damit einhergehend kann es zu Bewusstseinstrübung, Betäubung, Wahrnehmungsstörung, Desorientiertheit, das Gefühl neben sich zu stehen, Wut oder Teilnahmslosigkeit kommen, begleitet von unkontrolliertem Schwitzen, Herzrasen, Zittern, Übelkeit usw.

Ein RTW ist sinnvoll, damit der Betroffene nicht sich selbst verletzt und physische Schäden davon trägt (z.B. durch Ohnmacht und Sturz) oder noch schlimmere Folgen (z.B. Herzinfarkt) kommen.
Für die erste Hilfe der Seele ist ein Notfallseelsorger sinnvoll. Rettungsdienst und NFS sprechen sich auch ab, wer wie lange da bleibt. Oft geht der Rettungsdienst recht schnell wieder, die Notfallseelsorge bleibt lang! Sie stellt soziale Kontakte her, hilft bei der Befriedigung von Grundbedürfnissen (die in solchen Phasen oft vergessen werden) und geht erst, wenn der Betroffene in weiteren guten Händen ist.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung
iwaniwanowitsch  08.01.2022, 12:39

Um einen Sturz zu verhindern, braucht man definitiv keinen Rettungsdienst!

Zwischen psychischer Überlastung und einem Herzinfarkt besteht keinerlei kausaler Zusammenhang.

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Chris428  08.01.2022, 13:12
@iwaniwanowitsch

Das ist klar. Es ging um den Schaden nach einem Sturz, z.B. durch Ohnmacht.

Herzinfarkte passieren dennoch im Zusammenhang mit belastenden Ereignissen. Na, dann verbuchen wir die Herzinfarkte beim Hochwasser im Ahrtal oder beim Sturm auf das Kapitol mal unter Zufall.

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iwaniwanowitsch  08.01.2022, 13:17
@Chris428

Bei Bewusstlosigkeit ist der Rettungsdienst auf Grund der Lebensgefahr ganz klar indiziert, aber eben nicht um einen Sturz zu verhindern. Übrigens wird man nicht bewusstlos, weil man stürzt.

Da keiner von uns beiden diese (angeblichen, da keine Studien hier verlinkt sind) Fälle kennt und keiner von uns diese Patienten behandelt hat, kannst weder du noch ich dazu eine Aussage treffen.

Fakt ist: zwischen einer psychischen Ausnahmesituation, die (völlig logisch) eine Belastung darstellt und einem Myokardinfarkt gibt es keinen kausalen Zusammenhang. Die Grundlage für einen Myokardinfarkt sind durch arterielle Plaques verstopfte Herzkranzgefäße. Dieser Prozess benötigt einige Jahre Vorlauf.

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Ich hatte mal einen Nervenzusammenbruch, den einzigen in meinem Leben, nachdem meine Hündin gestorben ist.

Ich bin ausgeflippt, ich dachte wirklich, ich werde für den Rest meines Lebens schreien. Ich wollte nie wieder damit aufhören.

Ich war außer mir, das trifft es am besten, ich war nicht mehr ich.

Es war kein Krankenwagen da, ich wäre auch nicht ins Krankenhaus gegangen aber ich wurde eine Zeit lang behandelt.

Das wollte ich freiwillig, so viel Verstand hatte ich noch.

verreisterNutzer  07.01.2022, 22:54

Was wäre der Grund, wenn es Lehrern passiert? (Während des Unterrichts) Wie soll man da als Schüler reagieren?

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vanillakisskiss  07.01.2022, 22:56
@verreisterNutzer

Keine Ahnung, ich kann nur von mir reden.

Als Schüler solle man natürlich andere Lehrer darüber informieren, was sonst?

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Silo123  08.01.2022, 14:32
@verreisterNutzer

Ich würde in erster Linie andere Lehrer informieren. Ich denke, daß da echt die meisten Schüler schon aufgrund des Alters TOTAL mit überfordert sind. Ich sage ganz ehrlich für mich, daß ich in dem Alter damit extrem überfordert gewesen wäre, obwohl ich eher reif für mein Alter war.

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Warum wird ein Krankenwagen bei einem Nervenzusammenbruch gerufen?

Ist das IMMER so? Hoffentlich nicht.

Weil einige Menschen der Meinung sind, dass man bei jedem Furz den Rettungsdienst rufen soll/kann.

Bei psychischen Erkrankungen ist der Rettungsdienst in den seltensten Fällen der richtige Ansprechpartner. Wir sind weder für den Umgang mit solchen Patienten geschult, noch können wir in diesen Situationen wirklich etwas machen. Wir können nur, bei Patientenwunsch, transportieren. Bei einem "Nervenzusammenbruch" (was auch immer das sein soll), ist der Patient kurzfristig psychisch völlig überlastet. Daran kann auch ein Transport in eine Psychiatrie (ich wiederhole: das einzige, was der RD machen kann) nichts ändern. Das ist eher ein Fall für fürsorglich Betreuung durch Freunde und Verwandte oder die Telefonseelsorge.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung
Jxlien26  17.06.2022, 00:33

sowas kann nur wieder von jemanden kommen der noch nie Nervenzusammenbrüche oder Panikattacken erlebt hat. Ich wünsche es dir zwar nicht aber sowas einen "Furz" zu bezeichnen macht mich wütend. Mach sowas erstmal durch und dann sehen wir weiter.

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Ich würde , wenn ich sowas sehen würde, keinen Krankenwagen rufen, aber dennoch einen Notarzt. aber sogar denn nur bei sehr krassen Fällen, wenn ich selbst total hilflos wäre, kein Ansprechen über längere Zeit möglich wäre, oder sich die Person selbst oder andere verletzten würde. Oder aber, wenn ich einen SEHR wichtigen Termin hätte, einfach nicht bleiben könnte. Ansonsten tue ich mir das eher selber an, weil aus der Psydhiartrie kommen die Leute dann leider nicht so selten nicht mehr so schnell raus. Meist kommen die Leute dann aber in ein paar Stunden wieder runter- ist echt anstrengend Und am Ende bin ich selber dicht am Nervenzusammenbruch( ich selbst bin da eigentlich selbst nicht belastbar, aber schaffe meist dennoch, die Leute runterzubringen )

PS:Auf Schocksymptome, Hyperventilation..... achte ich nebenbei auch

iwaniwanowitsch  08.01.2022, 12:38

Du kannst keinen "Notarzt rufen". Ein Notarzt kommt ausschließlich in Verbindung mit einem Rettungswagen und auch nur wenn die Vorraussetzungen für dej Notarzteinsatz gegeben sind. Dazu zählt eine psychische Überlastung definitiv nicht.

Wann welche Rettungsmittel kommen, kann der Anrufer nicht entscheiden, das obliegt dem Disponenten, dem du dein Hilfeersuchen schilderst.

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Silo123  08.01.2022, 13:01
@iwaniwanowitsch

Kann sein, daß das den Anrufer die Entscheidung nicht obliegt. Ich habe in meinem Leben bisher nur einmal einen Notarzt gerufen, tatsächlich über die 112, ich war, weil es mir super schlecht ging, nichtmal mehr in der Lage die Nummer vom ärztlichen Bereitschaftsdienst rauszusuchen. Ich fühlte mich nur sterbenskrank! Das Fieberthermoter zeigte mittlerweile ÜBER 41°C an. Ich war alleine (außer Säugling dabei, den ich aber auch nicht mehr versorgen konnte).

Wadenwickel und co schaffte ich nicht mehr. Ich ließ nach dem Anruf die Wohnungstür offen stehen und beschrieb kurz den Weg zu meinem Zimmer. Ich glaube, daß der Notarzt ohne Krankenwagen kam. Als der kam, bekam ich nur noch wenig mit. Ich bekam eine Spritze und am nächsten Tag war ich eigentlich schon wieder fit.

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iwaniwanowitsch  08.01.2022, 13:13
@Silo123

Ein Notarzt (in Form eines Notarzteinsatzfahrzeuges oder Rettungshubschraubers) kommt niemals alleine zum Einsatz. Das ist taktisch gar nicht möglich, weil: ohne Rettungswagen kein Transport. In dem Fahrzeug, in der der Notarzt kommt (PKW oder Kleinbus) kann kein Patient transportiert werden.

Die Alarmierung erfolgt immer in Form von Eskalationsstufen: Krankentransport, Rettungstransport, Rettungstransport mit Notarztbegleitung. Die Versorgung der meisten Patienten schaffen wir als nichtärztliches Personal allein, ein Notarzt kommt nur dazu, wenn bestimmte, nicht freigegebene Medikamente oder Maßnahmen angewandt werden müssen oder der Notruf bereits eine schwerwiegende Erkrankung oder Verletzung (zB Herzinfarkt, starke Atemnot, bewusstlose Person, Vergiftung, Sturz über drei Meter, Verkehrsunfall mit Geschwindigkeit größer 30km/h, also prinzipiell Lebensgefahr) vermuten lässt.

Auf jedem Rettungsmittel sind mindestens zwei Personen eingeteilt, ergo bei dramatischeren Notfällen ist man mindestens zu viert am Patienten.

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Silo123  08.01.2022, 13:26
@iwaniwanowitsch

Was meinst also Du, mit mehr Kenntnissen als ich , was damals in meinem Fall zum Einsatz kam? Medikament im Einsatz? wohl ein potentes fiebersenkendes Mittel (wurde i.v. gegeben, da bin ich sicher)

Im Falle eines Nervenzusammenbruches würde ich aber, wenn überhaupt, eher den ärzlichen Notdienst anrufen. Aber wenn die Person sich oder andere verletzen würde, würde ich vermutlich soagar die 112 anrufen. Das ist eine Nummer, die ich nichtmal in absoluten Stresssituationen vergesse

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iwaniwanowitsch  08.01.2022, 13:45
@Silo123

Könnte Perfalgan oder Ibuprofen gewesen sein, das senkt Fieber. Das Problem an Medikamenten ist, dass sie in jedem Rettungsdienstbereich (Landkreis oder Stadt) unterschiedlich sein können. Klar gibt es Medikamente (Epinephrin zum Beispiel), die überall vorgehalten werden, aber eben auch völlig unterschiedliche. Das sehe ich ja zum Beispiel hier bei uns im Ruhrpott: jede Feuerwehr macht ihr eigenes Ding und wenn man zur überörtlichen Hilfe fährt (im Ballungsraum sehr häufig) ist das jedes mal eine Wundertüte.

Puh auch der... nicht wirklich zielführend. Der ist ja überhaupt erstmal nur außerhalb der Praxisöffnungszeiten im Dienst, dann dauert es, bis der kommt, bis dahin haben sich die Patienten ja meistens beruhigt und der ist, wie der Rettungsdienst, für die Versorgung physischer Beschwerden da. Gibt halt Fachbereiche in der Medizin, die echt sehr speziell sind (Zahnheilkunde oder, wie in diesem Falle: Psychiatrie). Das beste Medikament in diesem Falle sind echt Freunde, Verwandte, nahe stehende Menschen, die Geborgenheit geben, trösten, den Patienten vor allem kennen und auch mal in den Arm nehmen können. Die Telefonseelsorge ist auch immer ein sehr guter Ansprechpartner.

Als Rettungsdienst sind psychiatrische Notfälle immer sehr... unbefriediegend. Man kann de facto nichts wirklich machen. Man kann mit den Leute quatschen, ja. Das kann aber jeder andere auch, in diesem Falle sind die oben genannten Menschen uns in puncto Kompetenz haushoch überlegen, weil sie entweder den Patienten kennen oder dafür ausgebildet sind (Seelsorger), das sind wir nämlich nicht. Wir sind in der Versorgung somatischer Beschwerden ausgebildet. Was wir könnten, ist die Patienten in die Psychiatrie bringen (was aber auch VÖLLIG sinnlos ist das Problem nur verlagert). Psychiater sind keine Seelsorger und ganz ehrlich, hättest du Bock drauf, alleine (aufgrund Corona) in eine Psychiatrie gefahren zu werden, nur weil du grade eine akute Überlastung hast? Das ist ja keine Krankheit, wie ein Herzinfarkt, der behandelt werden muss. In diesem Falle braucht man Ruhe, Trost, meinetwegen ne Kippe, seinen Hund zum streicheln. Das alles können Rettungsdienst und Psychiatrie nicht bieten. Der psychiatrische Notfall, in dem wir helfen können ist zum einen eine Hyperventilation (die nicht durch erste Hilfe, in die Tüte atmen) beendet werden kann und die Zwangseinweisung, bei der es aber auch nur um einen Transport geht.

Aber wenn die Person sich oder andere verletzen würde, würde ich vermutlich soagar die 112 anrufen.

In diesem Punkt hast du absolut Recht! Dann besteht auf Grund einer akuten Eigen- oder Fremdgefährdung defitiniv ein Grund die 112 anzurufen. Wenn die Gefährdung weiterhin besteht, wird der Patient auch zwangseingewiesen.

Aber die meisten Patienten in einer psychischen Überlastung sind weit weg von diesem Stadium und kommen selbst wieder dort raus.

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Silo123  08.01.2022, 14:16
@iwaniwanowitsch

Denkst Du, daß in meinem Fall damals echt ein Rettungswagen kam? Ich hätte sowas echt nicht mehr mitbekommen.. Mir ging es sowas von beschissen!!!

Der nächste Fall bei- NUR über 40°C Fieber, ging aber schon Richtung 41°C, da war ich aber nicht allein, da rief auf meine Anweisung hin meine Mitbewohnerin meine Hausärztin an, aber war viel weniger dramatisch! Zusätzlich Psittakoseverdacht. Die kam dann irgendwann in der Mittagspause oder abends (weiß das nicht mehr so genau). aber das war NICHT so hochakut und ich war ftoh, daß meine Mitbewohnerin echt erstmal zuhause blieb.

Aber bei psychischen Sachen:

Alles was ich da machen kann, mache ich auch als Ersthelfer. Die Tüte kenne ich natürlich auch und ja bekannte Personen können da sicher besser helfen und ja, ich sehe mich dann auch in der Verantwortung, selbst, wenn ich die Person nicht näher kennen sollte. Manchmal rate ich sogar dazu, sich erstmal die Kante zu geben (sprich Alkohol) aber nicht bei unbekannten- die ticken oft unter Alkohol noch mehr aus..

Es ist immer eine Situation mit der ich mich ziemlich überfordert fühle, ich tue dennoch, was ich kann. Verdammt schwierig ist die Situation, wenn ich weiter eine Selbstmordgefahr sehe, wie dann entscheiden? (mein bester Freund hat dann(ich war nicht die Ersthelferin- habe davon gar nichts mitbekommen), als das passierte, Selbstmotd begangen- das Trauma meines Lebens (konnte viele Jahre darüber nicht sprechen)-ich mache den Ersthelfern aber KEINEN Vorwurf))

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iwaniwanowitsch  08.01.2022, 17:50
@Silo123

Kann ich nicht wirklich drüber urteilen, wenn ich nicht dabei war. Aber wenn du sagst, dass du ein Medikament bekommen hast, schließe ich auf einen Rettungswagen und ein Notarzteinsatzfahrzeug. Jeweils beide sind mit mindestens zwei Einsatzkräften besetzt. Kann gut sein, dass der Disponent aufgrund deines (vermutlich schon beim Notruf bestehenden) präkollaptischen und beinahe deliranten (deiner Beschreibung nach) Zustandes direkt ein NEF (Notarzteinsatzfahrzeug) mitgeschickt hat. Ja, das glaube ich dir, starkes Fieber lässt es einem richtig dreckig gehen. Hatte ich erst nach der zweiten CoVid-Impfung.

Das ist super, dass du die erste-Hilfe-Maßnahmen kennst und auch bereit bist, sie anzuwenden! Außer "Beine hoch" (meistens zudem völlig unangebracht) beherrschen nicht viele Menschen im Erwachsenenalter die erste Hilfe. Kinder sind da fitter. Ich habe schon spitzen Druckverbände von 10-jährigern übergeben bekommen. Wenigstens die Laienreanimation klappt in den letzten Jahren zunehmend besser.

Und außer Hyperventilationsmaske vorhalten (nichts anderes als ne Plastiktüte, nur in "schick) machen wir auch nicht. Kommt der Patient GAR NICHT mehr raus, dann muss mit sedierenden Medikamenten nachgeholfen werden. Das ist aber sehr selten. Mit gutem Zureden und Rückatmung klappt es eigentlich immer.

Puh... Alkohol... Ich weiß worauf du hinaus willst und ist menschlich gesehen auch absolut in Ordnung... Aber das ist missbräuchlicher Konsum, sagt der medizinisch ausgebildete Teil in mir, der menschliche sagt: ja komm... überlebt man auch und wer hat das noch nicht gemacht. Ist echt ein zweischneidiges Schwert. Weil bessern tut sich dadurch nichts, man verdrängt das Problem nur und du glaubst gar nicht, wie schnell sich das Gehirn an Alkohol adaptiert.

Ja, also bei Suizidgefahr hört der Spass definitiv auf, da muss man aufpassen wie ein Flitzebogen, um die Grenze zwischen "hat derjenige nur aus Affekt gesagt" (was öfter vorkommt) und "ist eine ernst zu nehmende Drohung". Wenn ein Mensch das halbwegs glaubhaft sagt, würde auch ich, auch unter der Gefahr, dass man mir böse ist, den Rettungsdienst einschalten.

Nehmen wir mal an: Person X hat auf Grund eines Trauerfalles gesagt, sie bringe sich um. Person Y hat das mitbekommen und alarmiert aus Sorge den Rettungsdienst. Wir kommen dazu, sprechen mit beiden, möglichst getrennt, um die Emotionen zu beruhigen, Person Y schildert das weiter glaubhaft, Person X streitet die Suiziddrohung ab. Wem glaube ich? Sehr situationsabhängig und tun müssen wir als Behördenvertreter und medizinisch ausgebildete Kräfte in der Garantenstellung etwas. Zuerst würde man den Patienten natürlich freundlich/motivierend und später bestimmt überreden, sich in einer Klinik untersuchen zu lassen. Mitkommen MUSS der Patient nach dieser Aussage, weil a) eine Eigengefährdung nicht ausgeschlossen werden kann und b) eine psychiatrische Diagnose vor Ort weder ausgeschlossen noch bestätigt werden kann (nebenbei: ein psychisch völlig klarer, orientierter und geschäftsfähiger Patient darf auch bei Lebensgefahr absolut über seine medizinische Versorgung urteilen). Weil im Falle einer Suizidandrohung bei dem leisesten Verdacht einer psychischen Beeinträchtigung keine klare Entscheidungsfindung durch den Patienten vermutet wird und durch die Drohung eine klare Eigengefährdung vorliegt, wird der Patient zwangsweise für 24h (oder kommt nach Überredung freiwillig mit) in einer psychiatrischen Klinik untergebracht. Das ist dann aber nicht mehr meine Gehaltsklasse als Rettungsassistent, dann kommt sowieso ein Notarzt dazu, der den medizinischen Teil des Verfahrens abklärt und Vertreter des Ordnungsamtes (bei uns auch der Einsatzleitdienst der Feuerwehr), die die rechtlichen Belange abklären. Wenn der Patient sich weigert, darf keiner dieser vorgenannten Kräfte Zwang anwenden, das darf nur die Polizei. Im Grunde sind das äußerst unangenehme Einsätze, weil man dem Patienten in seiner Ausnahmesituation noch mehr Stress bereitet und sicher nicht hilft, aber gesetzlich zum handeln gezwungen ist. Und das alles auf Grund einer einmaligen psychischen Ausnahmesituation? Deswegen... Solange es irgendwie geht, sollte man Behörden aus psychischen Notfällen raus halten und das im geschützten Rahmen, sehr patientenorientiert lösen.

Die Situation mit deinem besten Freund tut mir von Herzen leid und ich hoffe, dass du mit der Situation irgendwann umgehen kannst.

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Silo123  08.01.2022, 19:46
@iwaniwanowitsch

Ja so einen Notarzteonsatz mit Polizei hatte ich auch mal, echt traumatisch.Eine alte Frau, die in ihrer Wohnung gestürzt war und von mir auf dem Boden liegend aufgefunden wurde, aber nicht mehr aufstehen konnte. Sie sah den Ernst der Lage absolut nicht ein. Es war ein Oberschenkelhalsbruch und die Frau schrie die ganze Zeit um Hilfe, weil sie nicht ins Krankenhaus wollte.

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