Warum ist Transgender keine Krankheit?

10 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Guten Morgen,

Deine Frage ist wichtig und es ist verständlich, dass du nach Klarheit suchst. Die Anerkennung von Transgender-Personen als nicht krankheitshaft beruht auf wissenschaftlicher Forschung und einer evolutionären Entwicklung des Verständnisses von Geschlecht und Identität.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat 2019 Transgeschlechtlichkeit von ihrer Liste der psychischen Erkrankungen gestrichen. Das bedeutet nicht, dass sie die Erfahrungen von Transgender-Personen leugnet, sondern dass sie nicht als pathologisch angesehen werden. Die medizinische und psychologische Gemeinschaft hat anerkannt, dass Transgender-Personen eine inkongruente Geschlechtsidentität haben können, bei der ihr inneres Geschlecht nicht mit dem ihnen bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht übereinstimmt.

Das Transgender-Personen keine "Krankheit" sind, sondern Menschen, die in ihrer Geschlechtsidentität anders empfinden. Es gibt verschiedene biologische, genetische und hormonelle Faktoren, die die Entwicklung der Geschlechtsidentität beeinflussen können. Das Konzept der Krankheit bezieht sich normalerweise auf Störungen der normalen Körperfunktionen oder des Wohlbefindens, während die Geschlechtsidentität an sich keine Funktionsstörung ist.

Es ist entscheidend, Transgender-Personen mit Respekt und Akzeptanz zu begegnen, da ihre Erfahrungen real und gültig sind. Anstatt sie als "krank" zu bezeichnen, konzentriert sich die medizinische Gemeinschaft darauf, ihnen Unterstützung bei der Erfüllung ihrer individuellen Bedürfnisse anzubieten, einschließlich medizinischer Behandlungen wie geschlechtsangleichenden Maßnahmen, um ihre Lebensqualität zu verbessern.

Hab einen schönen Samstag und genieß das Wetter!

Dultus, UserMod Light  
Fragesteller
 10.06.2023, 09:57

Moin, danke für die präzise und neutrale Antwort!

Das erklärt meine Frage super und ich finde es schade, dass solche Fragen teils wertend aufgenommen werden. Insbesondere wenn man Fragen dazu hat, kann man sie sonst schlecht stellen, wenn man sofort "gecancelt" wird.

Das Problem an "krank" ist eben diese negative Wertung, dass etwas nicht normal ist. Das finde ich generell schade, weil kranke Menschen auch in der Vergangenheit verfolgt wurden. Dieses Vorurteil hält sich also irgendwo bis heute.

Ich wünsche dir auch einen schönen Samstag! Leider ist es mir zu warm, also wird mehr geschwitzt, als genossen. :-)

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"Transsexuell" ist sowieso ein veralteter Begriff. Es heißt "transgender" und wird folgendermaßen definiert:

Transgender oder als undeklinierbares Adjektiv transgender (aus lateinisch trans „jenseits von, darüber hinaus“ und englisch gender „soziales Geschlecht“),[1] kurz trans[2][3] oder mit einem Sternchen trans*, bezeichnet Personen, deren Geschlechtsidentität nicht oder nicht vollständig mit dem in der Regel anhand äußerer Merkmale vor oder unmittelbar nach der Geburt bestimmten Geschlecht übereinstimmt.

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Transgender

Die Ursachen dafür sind noch ungeklärt:

Die Ursache dafür, warum es Personen gibt, deren Geschlechtsidentität nicht oder nicht vollständig mit dem nach der Geburt anhand der äußeren Merkmale eingetragenen Geschlecht übereinstimmt, ist nicht bekannt. Zwar existiert eine Vielzahl von psychologischen Theorien, darunter auch einige, die körperliche Ursachen annehmen, jedoch konnte keine dieser Theorien bisher empirisch belegt werden. Zu jeder einzelnen bis dato postulierten Theorie lassen sich etliche Gegenbeispiele finden, sowohl unter Transgendern, auf die die postulierte Ursache nicht, als auch unter Cisgendern (Nicht-Transgendern), auf die sie zutrifft.

Allerdings wird nicht das Trans-sein als Störung klassifiziert. Wieso? Das hast du in deiner Definition eigentlich schon selbst beantwortet.

Die WHO Stift auch die damit verbundene Geschlechtsdysphorie nicht als psychische Störung ein:

Mit der 11. Auflage der Internationalen Klassifikation der Krankheiten (ICD-11, veröffentlicht 2018, international gültig seit 2022) hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) die Entpathologisierung der fehlenden Geschlechtsidentifikation vollzogen. Während in der ICD-10 noch von „Störungen der Geschlechtsidentität“ die Rede ist, hat diese nun den Rang einer als „Genderinkongruenz“ bezeichneten Normvariante. Diese ist nicht als psychische Störung eingeordnet, sondern als „Zustand mit Bezug zur sexuellen Gesundheit“.

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Genderinkongruenz

Mit einer Krankheit ist immer eine Art von Leiden verbunden. Dieses Leiden entsteht bei tarnsgendern nicht dadurch, dass sie transgender sind, sondern dadurch, dass ihr Körper nicht mit ihrer Identität übereinstimmt.

(Siehe oben: Genderinkongruenz).

Eine psychische Störung wird so definiert:

Eine psychische oder seelische Störung ist ein Muster des Erlebens und Verhaltens, das persönlichen Leidensdruck oder eine eingeschränkte Alltagsbewältigung verursacht.

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Psychische_St%C3%B6rung

Wie gesagt, ist nicht das Trans-sein an sich das, was das Leiden auslöst, sondern der damit verbunde Stress, dass man sozusagen im falschen Körper lebt. Das ist genau diese Genderinkongruenz, die ich weiter oben bereits erwähnt habe.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Teil der LGBTQ+ Community
Dultus, UserMod Light  
Fragesteller
 10.06.2023, 10:05
"Transsexuell" ist sowieso ein veralteter Begriff

Entschuldige, wollte ich eigentlich auch durchgehend verwenden, ist mir aber bei "Transsexualität" doch nochmal durchgerutscht.

Ich danke dir für deine erklärende Antwort!

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LunarEclipse  10.06.2023, 10:06
@Dultus, UserMod Light

Sehr gerne doch, ich freue mich grundsätzlich immer, wenn Fragen gestellt werden, die wirklich aus Interesse sind!

Es kommt hier ja oft vor, dass in Fragen bereits eine gefestigte Meinung zu erkennen ist, daher an der Stelle ein großes Danke!

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Dultus, UserMod Light  
Fragesteller
 10.06.2023, 10:10
@LunarEclipse

Es ist wirklich ernstes Interesse. Ich bin in dem Thema nicht groß unterwegs, aber es interessiert mich ja trotzdem, warum etwas so ist.

Ich finde es wirklich schade, dass man für solche Fragen teils angegangen wird oder die Fragen direkt gemeldet werden. Da ist es dann meist auch gar nicht möglich, darüber zu fragen, ohne sein eigenes Bild zu äußern.

Und ich bin echt froh, in der heutigen Zeit zu leben, wo in den westlichen Ländern mehr Toleranz herrscht und den Menschen beigestanden wird und gar sowas wie Umwandlungen möglich sind. Die Menschen mussten ihr Leben viel ertragen, insbesondere bei Themen wie Mobbing und Diskriminierung und bin dahingehend sehr froh, dass darüber gesprochen wird und es akzeptiert wird.

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Was "krank" ist und was "gesund", beruht auf Beschlüssen. Und damit auf dem Willen derer, die den Beschluss fassen.

Hätte die Mehrheit der Beschliessenden andere Ansichten, würde der Beschluss anders ausfallen.

Homosexualität wurde mal als Krankheit angesehen. In den 1980er Jahren hoben die Gremien der WHO und der amerikanischen Psychiatrischen Gesellschaft diese Einordnung auf.

Der Psychotherapeut Watzlawick bemerkt dazu ironisch: "und so wurden mit einem Federstrich Millionen von ihrer Krankheit geheilt".

Wird wieder anderes beschlossen, kann sich das wieder ändern und was derzeit als "gesund" gilt, wird wieder "krank". Immer nach der Mehrheitsmeinung in den Gremien, die dazu einen Beschluss fassen.

So simpel ist das.

Ebenfalls ohne zu werten, denke ich, dass das an der heutigen Zeit liegt.

Vor 200 Jahren bist du mit sowas noch ins Tollhaus gekommen.

Heutzutage ist es aber möglich, einen Körper zu einem anderen Geschlecht umzuformen.

Entweder man sieht da eine große Marktlücke für ein profitables Geschäft,

Oder man denkt sich: "Naja, warum eigentlich nicht? Jemand der größere Brüste will oder eine kleinere Nase ist ja auch nicht krank, sondern einfach nur unzufrieden".

Ich denke, die heutigen Mittel sind so fortgeschritten, dass es nicht mehr nötig ist, so etwas als psychische Störung zu sehen.

Hingegen bei richtigen psychischen Störungen kannst du zwar ein Medikament verschreiben, aber ob das wirkt ist nicht zu 100% gesagt.

Die meisten hier gehen nicht auf deine Frage („Warum?“) ein. Fachsprachlich ausgedrückt erklären sie lediglich, dass die Krankheit von der WHO zur Genderinkongruenz erklärt wurde.

Ich habe bisher keine wissenschaftliche Erklärung hierfür gefunden.

Manche argumentieren, Transpersonen würde im falschen Körper per se ja nicht leiden. Das halte ich für ziemlich skurril und außerdem müsste man zB Blinden ebenso ihre Krankheit aberkennen, wenn sie ein glückliches Leben führen.

Transgender ist keine Krankheit, weil Krankheit als Stigma gesehen wird. Deshalb verlangen auch viele Autisten etc. nach einer Aberkennung.

KinkyDeer  10.06.2023, 11:24

die geschlechtsdysphorie erzeugt leid, nicht trans sein an sich. ich kenne zwar niemanden auf den es zutrifft, aber es soll auch trans leute ohne geschlechtsdysphorie geben.

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Rollo489  10.06.2023, 11:26
@KinkyDeer

Das klingt mir dann aber eher nach nicht-binären Menschen. Warum sollte sich ein Mensch dem Streben nach dem gegenteiligen Geschlecht hingeben, wenn er sich im jetzigen Geschlecht nicht unwohl fühlt?

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KinkyDeer  10.06.2023, 11:31
@Rollo489

wie gesagt ich kenne selber niemanden, auf den das zutrifft, und kann somit nicht für die sprechen. soweit ich weiß fällt nonbinary aber auch unter den trans sammelbegriff.

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Seraphiel0  10.06.2023, 15:32
@Rollo489

Liegt am Gegenstück zu Geschlechtsdysphorie: Geschlechtseuphorie. Wenn man sich seinem biologischen Geschlecht über eher neutral fühlt, aber vom biologisch entgegengesetzten Euphorie bekommt, dann kann das ausreichen.

Außerdem: Nichtbinär ist eine Unterart von transgender.

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