Warum genau glaubte Abraham nur an einen Gott?

12 Antworten

Ich weiß das die Frage sieben Jahre als ist, aber...

In der Bibel ist zunächst von den Elohim die Rede. Die Elohim waren die Götter des alten Pantheon: El und Ashera, die Eltern von Jahwe und Baal, waren einige der Götter unter vielen anderen. Aus Jahwe wurde später der einzige Gott, den die Israeliten verehren sollten, aus Baal wurde der Teufel. Lustigerweise ist Baal also der Bruder von Jahwe und selbst ein Gott. Daher stammt auch das Gebot: Du sollst keine anderen Götter neben mir haben.

Die Bibel wurde von den monotheistischen Priestern mehrfach überarbeitet und redigiert. Für den älteren Teil übernahm man die alten Texte und schrieb weiterhin "Elohim". In der Bibel finden wir einen abrupten Übergang. Am Anfang steht überall Elohim, also Götter, und plötzlich ist nur noch von Jahwe die Rede. Jahwe ist der höchste Gott, das bezeichnet man als "Henotheismus".

Das Gebot stammt also aus der henotheistischen Zeit und besagt: Du sollst von den Elohim, den Göttern, nur noch Jahwe verehren.

Das ist später, als man von Jahwe als dem höchsten Gott zu Jahwe, dem einzigen Gott, überging, nicht nochmal überarbeitet worden. Spuren dieser unvollständigen Überarbeitung findet man schon im ersten Satz der Bibel, der wörtlich übersetzt so lautet: "Am Anfang schuf (!) die Götter (Elohim) Himmel und Erde". Man setzte Elohim mehr und mehr mit dem einzigen Gott gleich, daher die falsche Grammatik: Die Götter (Mehrzahl) schuf (Einzahl) Himmel und Erde. In den ganzen Übersetzungen, die wir haben, ist das eingeebnet worden, da steht nicht "Elohim" und nicht "Götter", sondern gleich Gott.

Auch die Stelle mit dem Gebot hat man nicht mehr überarbeitet, sondern so gelassen, wie sie war - obwohl das in der Tat unlogisch ist. Es ist ein Versehen, wie bei dem ersten Satz auch, die Überreste einer unvollständigen Überarbeitung der Bibel.

Die Götter unterliegen einer kulturellen Evolution. Wir sehen mehrere Übergangsphasen, vom Polytheismus über den Henotheismus zum Monotheismus. Darin spiegelt sich ein Machtkampf wieder: Der erste Monotheist war Echnaton, der die Verehrung des Sonnengottes Ra als dem einzigen Gott durchsetzte - gegen die Priester. Damit erlangte Echnaton die Macht der Priester, gegen den Widerstand der Priester, die das wieder zurückdrehen konnten.

Denselben Machtkampf spiegelt die Bibel (AT) wieder, nur ging hier die Bewegung von einer kleinen Gruppe von Priestern aus, der sog. "Jahwe-Allein-Bewegung". Diese versuchten, die alleinige priesterliche Macht an sich zu ziehen - was im Polytheismus schwer möglich ist. Man kann sehen, wie aus den konkreten Naturkräften, den Göttern, allmählich ein immer abstrakteres Wesen entsteht, das sogar "über" der Natur steht. Während Naturkräfte etwas sind, was man erleben kann, ist der abstrakte, ferne, unsichtbare Gott etwas, was alleine der Deutungshoheit der Priester unterliegt.

Dies markiert den Übergang von der Erfahrungsreligion zur Glaubensreligion. Götter, Teil der Natur, Manifestation der Naturkräfte sind etwas, was jeder Mensch erfahren kann. Es kann keinen Streit darüber geben, dass Blitze und Stürme, Vulkane und Erdbeben etc. reale Kräfte sind. Die Kraft der Götter gehört zum eigenen Erleben, um das zu deuten, geht man zu einem Priester - d. h., man geht zu mehreren Priestern, je nachdem, um welche Kraft es sich handelt. Die Priester deuten dann, welche Be-deutung diese Erlebnisse haben.

Wenn man jetzt Gott in einer Sphäre "jenseits der Natur" ansiedelt, entzieht man damit das Göttliche der Erfahrung der Menschen - und man entzieht es ihrer Deutung. Jetzt sind nur noch die Priester für die Deutung zuständig, und zwar nicht verschiedene, sondern nur noch "die Priester" als Mittler zum Göttlichen. Mit dem Monotheismus schieben sich die Priester zwischen die Erfahrung der Menschen und der Deutung der Erfahrung. Priester bieten jetzt den einzigen Zugang zum Göttlichen, womit sie ihre Macht bündeln können. Während vorher, im Polytheismus, jeder seine eigene Moral damit bekundet, dass er erklärt, welchem Gott er folgt, gibt es jetzt plötzlich nur noch eine einzige göttliche Moral, die man allen Menschen vorschreibt. Damit vergrößert sich die Macht der Priester erheblich, und das ist der Grund, warum der Polytheismus allmählich verschwand - durch den Monotheismus wuchs die Macht der Priester, und sie nutzten diese Macht, um sich den Herrschenden anzubiedern, die ihnen dafür Macht gewährten, die sie wiederum zur Vernichtung des Polytheismus benutzten.

Platt gesagt: Aus den "demokratischen" Göttern, aus denen sich jeder aussuchen konnte, was er wollte, wurde eine "tyrannische" Gottheit, wo man keine Wahl mehr hatte, man musste diesem einen Gott folgen und seiner Moral - d. h., genauer gesagt, der Moral der Priester, was sie zu ihren eigenen Zwecken zu nutzen wussten. Die erste moralische Passage der Bibel beschreibt denn auch, was für katastrophale Folgen es hat, wenn man "dem Gott" (lies: den Priestern) nicht gehorcht. Die Menschen verloren den Kontakt zum Göttlichen, man entfremdete ihnen das Göttliche, die Priester zogen es an sich. Dasselbe machte man mit der Moral. Von jetzt ab bestimmten die Priester, was moralisch war und was nicht, was göttlich war und was nicht.

Man könnte auch sagen, dass sich das priesterliche Geschäftsmodell wandelte: Man zog alles an sich und monopolisierte es, was im Heidentum nur schwer möglich war. Das führte gleichzeitig zur religiösen Intoleranz: Wenn man an viele Götter glaubt, dann wundert es einen nicht, dass andere Kulturen andere Götter verehren, wobei es immer Überlappungen gab. Jede heidnische Kultur hatte immer ihre Göttin der Liebe (immer weiblich!), man nannte sie nur anders - aber man nannte alles in allen anderen Sprachen anders. Ob man seine Göttin also Venus oder Aphrodite nannte, das spielte keine Rolle. Mit dem Monotheismus konnte man gleichzeitig die Priesterinnen aus ihren Ämtern werfen, von jetzt ab war alles Göttliche eine allein männliche Angelegenheit - in der katholischen Kirche bis heute. Das ist der endgültige Sieg des Patriarchats. Mit dem Monotheismus war Schluss mit der antiken religiösen Toleranz.

Wenn heute Atheisten Intoleranz in religiösen Fragen vorgeworfen wird, ist das eigentlich lustig, weil Atheisten die religiöse Intoleranz nicht tolerieren. Was wehren sich die Atheisten auch gegen religiöse Intoleranz, das zeigt doch nur, dass sie auch intolerant sind! Aber nicht jeder versteht diesen Witz. So wenig, wie einige nicht begreifen, welches "Spiel" Muslime spielen, wenn sie ihre extreme religiöse Intoleranz so sehr toleriert haben wollen, bis jede Toleranz beendet ist. Die Forderung nach schrankenloser Toleranz führt immer zur Aufhebung jeder Toleranz, weil sich dann die Intoleranten durchsetzen, nach dem Motto: Deine Intoleranz gegenüber meiner Intoleranz ist intolerant. Dadurch verliert die Toleranz immer.

Viele "Warum-Fragen" sind nicht beantwortbar und schon garnicht die, welche die Motivation oder Intention von Menschen hinterfragen.
Da auch der "historische Abraham" wahrscheinlich so nicht existiert hat ist diese Hinterfragung müßig.
Was man hinterfragen kann ist , was der Autor der Schriften (oder die mündl. Überlieferungen dazu) aussagen wollte.
Auch da kommt man nicht ganz ohne "Spekulationen" aus.
Da hier Abraham als der Gerechte (recht Glaubende) dargestellt wird, wäre es nicht logisch, ihm einen Viel-Götter-Glauben zu zu denken, da dies wohl auch unterschiedliche Denkweisen (der Götter !, Lehren) unter einen Hut bringen müßte.

kann ich keiner Quelle entnehmen.

Eben, weil Spekulationen i.R. keine nachvollziehbaren Quellen haben.
Aber es wird hier schon noch einige Schlaumeier geben, welche dir dazu einen ganzen Roman raushauen.

Nein, zur Zeit Abrahams gab es nur den Glaube an einen Gott, andere Glaubensrichtungen gab es erst viel später, der erste Atheist war ungefähr zur Zeit Davids zu finden, Buddhisten und andere gibt es erst um einiges später...

Und (Wir sandten) Abraham. Als er zu seinem Volk sagte: Dient Gott und fuerchtet Ihn. Das ist besser fuer euch, wenn ihr (es) nur wisst.
Ihr dient anstatt Gott nur Goetzen und schafft (dabei nur) ungeheuerliche Luege. Gewiss, diejenigen, denen ihr anstatt Gott dient, vermoegen euch nicht zu versorgen. Sucht darum bei Gott die Versorgung und dient Ihm und dankt Ihm. Zu Ihm werdet ihr zurueckgebracht. (Koran 29:16-17)

Die Sagen im AT erwähnen auch noch mehrere Götter (Elohim) u. a. bei Moses ...

Die Sache mit dem Monotheismus war offenbar nicht so schnell gegessen, wie das manche wahrhaben wollen, und eher Wunschdenken der Autoren des AT im 1. Jh. vC. Das goldene Kalb (Baal) spielt auch immer wieder eine wichtige Rolle ...

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung
Aischylos  17.08.2020, 08:01

Abraham hat nicht gelebt; es existieren keine Primärquellen.

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