Waren die Nazis links oder rechts?
sie waren ja sozialisten, sie haben verschiedene industrien staatlich diktiert (hauptsächlich die kriegsrelevanten, sowie zb metall)
aber heutzutage werden sie ja als rechts angesehen. warum?
18 Antworten
Diese Frage wird der Plattform gutefrage.net gerecht.
Die Nazis waren in der Nationalsozialistischen Arbeiterpartei organisiert. In der Tat waren sie zum deutschen Volk sozial eingestellt. Das war aber nur Schein. Alles war auf Kriegsführung ausgerichtet.
Natürlich werden sie rechts eingestuft. Es war eine Diktatur, national verankert. Eine Diktatur allein ist noch nicht rechts. Nationalismus ebenfalls nicht; welches Volk hat keinen Nationalstolz?!
Andersdenkende wurden allerdings beseitigt. Man erhob die Arier über alles. Letztlich waren die Juden fehl am Platz.
Nach der Evolutionstherorie, bei der der Stärkere immer gewinnt und schwächere aussterben oder selektiert werden, hat Adolf alles richtig gemacht. Nur stimmt die Evolutionstheorie nicht; woher haben wir eine Ethik, warum verurteilen wir die Nazis und andere Kriegsführer?
Ich bitte bei solchen Themen um Differenzierung. Pauschalisierungen helfen uns nicht weiter. Danke.
Ich finde deine Antwort gut, nur in einem Punkt würde ich dir wiedersprechen. Du sagst eine Diktatur ist per se noch nicht rechts. Rechts ist ua. definiert durch die Werte Autorität und Loyalität. Eine Diktatur ist eine sehr Autoritäre Staatsform die Loyalität einfordert. Ich könnte noch mehr Gründe nennen, wenn du möchtest. Für mich ist eine Diktatur sehr wohl eine "rechte" Staatsform bzw per se rechts.
Nun, ja. Adolf hat allerdings schon rechtsradikal gehandelt. Das Gedankengut selbst ist links. Daher erwähnte ich die nötige Unterscheidung. Adolf war frontal gegen andere Menschen vorgegangen; die anderen Strömungen wollen eher unser politisches und soziales System untergraben.
Also Arbeiter für Kriegstreiberei auszubeuten, ein besonders enges Verhältnis zur Großindustrie zu pflegen und Sozialisten und Kommunisten zu vertreiben und zu ermorden klingt wenig nach Sozialismus, oder? ;)
Was im Name steht, entspricht nicht automatisch der Realität. Die Nazis waren zutiefst rechtsextrem und neoliberal. Die Nazis haben die Privatwirtschaft unterstützt.
Bis auf den Namen hat der Nationalsozialismus wenig mit Sozialismus zu tun.
Sozialisten geht es um die Aufhebung der kapitalistischen Wirtschaftsweise und der Klassengesellschaft. Internationalismus und der Gleichheitsgedanke spielen dabei zentrale Rollen, weshalb Nationalismus und Rassismus als spalterisch abgelehnt werden.
Der Nationalsozialismus ist hingegen eine Ideologie der Ungleichheit. Er propagiert nicht nur die Minderwertigkeit von anderen Nationen und Rassen, sondern auch die wirtschaftlichen und politischen Hierarchien innerhalb der Nation. Die Nazis wollten nicht die Klassen, sondern den Klassenkampf abschaffen, um eine klassenübergreifende "Volksgemeinschaft" zu schaffen, in der die Arbeiter mit ihrer unterlegenen Stellung zufrieden wären und die Position der wirtschaftlichen und politischen Eliten unangetastet bleibt.
Die Nazis und die Faschisten in anderen Ländern zogen ihr Mobilisierungspotential gerade aus der Sorge vor einer erstarkenden sozialistischen Linken und den Abstiegsängsten des Kleinbürgertums, das sich durch die Arbeiterbewegung bedroht sah.
Kommunisten, Sozialdemokraten und Gewerkschafter waren deshalb die ärgsten ideologischen und politischen Gegner der Nazis und wurden von ihnen massenhaft verhaftet, gefoltert und ermordet, während Liberale und Konservative sich in vielen Fällen mit den Nazis abfanden oder sie sogar aktiv unterstützten und zu ihnen überliefen. Nach Kriegsende waren es CDU/CSU und FDP, die den alten Nazikadern eine neue politische Heimat boten.
Der Antikapitalismus, der bei den Nazis vor allem in den 20er Jahren noch eine Rolle spielte (und spätestens mit der Ermordung von Ernst Röhm endete), war auf Phrasen begrenzt, inkonsequent, widersprüchlich und ging nur so weit, wie er antisemitisch ausgeschlachtet werden konnte. Deutlich wird das an dem Bild des "raffenden" Finanz- und Handelskapitals, das mit dem Judentum assoziiert wurde, und dem "schaffenden" Industriekapital, das mit Deutschtum und Tugendhaftigkeit verbunden wurde.
Die Nazis mobilisierten also lediglich gegen die abstrakten Seiten des Kapitalismus, lobten aber hingegen den sozialdarwinistischen Konkurrenzkampf auf dem freien Markt. Tatsächlich sind das nur zwei Seiten des gleichen Systems. Das Finanzwesen war auch keinesfalls nur jüdisch besetzt, und tatsächlich gehörten die meisten jüdischen Deutschen der Arbeiterklasse an. Die absurde Folge davon ist, dass nicht nur das Finanzkapital, sondern auch der Kommunismus als "jüdisch" galt.
Im Zuge dieser oberflächlich antikapitalistischen Mobilisierung wurden auch zahlreiche aus dem Marxismus stammende Begriffe völlig umgedeutet, eben auch der "Sozialismus", der zur Volksgemeinschaft umgedeutet wurde. Bei denjenigen Arbeitern, die bereits sozialdemokratisch oder kommunistisch organisiert waren, verfing diese Strategie kaum, unter den Arbeitslosen fanden die Nazis mit dieser Strategie aber eine gewisse Basis.
Nach der Machtübergabe an die Nazis zeigte sich, dass sie weder den Arbeitern noch den Kleinbürgern tatsächliche Vorteile boten, tatsächlich schlossen sie Bündnisse mit dem Großbürgertum, das nun viel hilfreicher für die Ausrichtung der gesamten Industrie auf rassistischen Vernichtungskrieg war. In der Folge wurden Monopole gefördert, Löhne auf niedrigen Niveau eingefroren, Streiks illegalisiert, die Gewerkschaften und Arbeiterparteien zerschlagen, Banken, Reichsbahn und Metallindustrie privatisiert und Sozialleistungen gestrichen bzw. an halb-private Organisationen abgegeben und an rassische Voraussetzungen gebunden.
Auch die Führung der kleinbürgerlichen und proletarischen Nazi-Schlägertruppen, darunter Ernst Röhm und Gregor Strasser, wurde kaltgestellt, weil sie in dieser Phase der Naziherrschaft nicht mehr benötigt wurden. Den großen Kapitalisten ermöglichten die Nazis hingegen riesige Profite durch die Beschlagnahmung jüdischen Vermögens, die Plünderung der besetzten Gebiete und den Einsatz von Zwangs- und Sklavenarbeit.
Der Rassenwahn der Nazis stand aber immer an erster Stelle und machte in manchen Fällen Interventionen in die Privatwirtschaft notwendig. So wurden bestimmte Industrien zwangsweise auf die Herstellung von Rüstungsgütern ausgerichtet. Auch der Holocaust bedeutete punktuell Konflikte zwischen der Naziführung und Unternehmern, denn diese hätten mehr davon profitiert, die Arbeitskraft von ethnischen und politischen Gefangenen auszubeuten, statt sie im großen Stil zu vernichten - auch wenn die Kosten und Einträge der Konzentrationslager genau kalkuliert wurden.
Die Lenkung der Wirtschaft während des Krieges war auch kein Alleinstellungsmerkmal der faschistischen Diktatur, sondern wurde in ähnlicher Weise auch in den liberal-kapitalistischen Ländern, wie etwa England und Frankreich, praktiziert - hier wie dort aus reiner Notwendigkeit. Weder äußerten die Anführer der Nazis die Absicht, die planwirtschaftlichen Elemente nach dem Krieg beizubehalten, noch waren die deutschen Unternehmer zu irgendeinem Zeitpunkt über diese Möglichkeit besorgt. Das allein spricht Bände, da Unternehmer für gewöhnlich gegen jede Einschränkung ihrer Profitaussichten Sturm laufen.
sie waren ja sozialisten
Nein.
aber heutzutage werden sie ja als rechts angesehen
Immer, nicht erst heute. Tatsächlich, nicht nur angesehen.
Es gab einen sozialistischen Flügel in den 20er Jahren, unter Otto Strasser. Dieser Flügel verlor aber rasch an Einfluss.
Otto Strasser verließ die NSDAP bereits 1930.
Spätestens mit der Entmachtung seines Bruders Gregor 1932 und dem „Röhm Putsch“ 1934 wurde dieser Teil der Partei bedeutungslos.
Hauptsächlich orientierte sich die NSDAP an der faschistischen rechtsextremen Bewegung in Italien.
Fazit: trotz gewisser sozialistischer Elemente war die NSDAP eine rechtsextreme Partei.
Die Leute um Gregor Strasser und Ernst Röhm wurden am 30. Juni bzw. 1. Juli 1934 ermordet!
Dieser Sozialdarwinismus wurde in einer gemässigten Form auch von der Fabian Society und von den Jungtürken vertreten. Erstere war klar links.