War das Leben im Mittelalter schrecklich?

10 Antworten

Nicht nur, aber vor allem der Bauernstand wurde ausgebeutet bis zum Gehtnichtmehr; Willkür und auf Vorurteilen aufgebaute Justiz der Mächtigen, wozu Fürsten und auch die Kirche zählten; es gab keine Gefängnisse, sondern aufgrund der Armut wollte man keine Verbrecher über Jahre hinweg durchfüttern, so herrschten Todesurteile noch und noch; Folter gehörte sowieso dazu; Krankheit und Siechtum war weit verbreitet, da auch kleine Verletzungen zu Infektionen führten, was Amputationen erforderlich machten (ohne Narkose, versteht sich!); Nahrungsmittelproduktion war extrem von der Wetterlage abhängig und Magel- und Unterernährung für grosse Landstriche normal; auch Handel wurde kaum überregional betrieben.
Eine Art Kollaps erlebte die Zeit m.M.n. erst mit dem 30-jährigen Krieg, als am Ende schlicht mehr nichts mehr da war, was man als Fürst beherrschen konnte.

Nicht umsonst umfasste die Bevölkerung im Mittelalter nur ein Bruchteil jener, die in aufgeklärteren Zeiten die Länder und vor allem die Städte bevölkerten. Kunst und Kultur entwickelten sich erst, als eine gewisse Aufgeklärtheit eintrat und ein gewisser Humanismus bei den Mächtigen für chique angesehen wurde; Banken wurden gegründet, Kunst (Malerei, Musik u.a.) entwickelte sich zur Hochblüte usw.

Das Mittelalter war gewiss kein Spass!

Wenn ich das lese, dann weiß ich, daß zumindest die Vorurteile nicht so ausgeprägt waren wie heute...

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1000 Jahre Geschichte kann man nicht über einen Kamm scheren. Das Mittelalter gab es nicht. Ein wohlhabender Angehöriger der städtischen Oberschicht führte ein ganz anderes Leben als ein Bauer des Frühmittelalters.

Wenn du nicht unbedingt zur untersten Unterschicht gehört hast, war das Leben im Mittelalter nicht viel anders als vor 100 Jahren. Das Leben beinhaltete viel harte Arbeit, viele Pflichten und sehr viel weniger Rechte. Kindheit und Jugend im heutigen Sinne gab es nicht, schon die Kleinsten haben entweder im Handwerk oder auf dem Hof mitgearbeitet.

Allerdings sollte man Unterschicht und Armut nicht gleichstellen. Über weite Strecken hatten auch die unteren Schichten ein wenn auch mageres Auskommen. Der durchschnittliche Bauer oder Handwerker lebte zwar nicht in Saus und Braus, war aber auch nicht permanent am Verhungern, wie oft dargestellt. Der archäologische und anthropologische Befund zeigt uns deutlich, dass es den meisten Leuten gar nicht so schlecht ging, wenn man einmal von schlechten Jahren und Epidemien absieht. Die zahlreich vertretene Mittelschicht lebte in gar nicht unangenehmen Verhältnissen. Kriege trafen meist auch nur einen Teil der Bevölkerung, für den Rest gingdas Leben weiter. Der enge Familienverbund und auch die dörfliche Gemeinschaft konnten einen guten Teil auffangen, das Spätmittelalter kennt schließlich auch die Versorgung der Armen, Alten, Kranken und Waisen durch verschiedene Stiftungen.

Was Krankheiten und Lebenserwartung betrifft: Insbesondere Infektionskrankheiten waren natürlich nicht nach heutigen Maßstäben behandelbar. Allerdings sehen wir auch hier, dass der, der seine Kindheit überlebte, eine faire Chance hatte, weit über 60 zu werden, selbst wenn er nicht der Oberschicht angehörte. Die angeblich so geringe Lebenserwartung im Mittelalter ist ein Irrglaube, der aus der falschen Interpretation von Sterbestatistiken entsteht. Problematisch war die hohe Kindersterblichkeit, für Frauen das hohe Risiko, bei oder an den Folgen einer Geburt zu sterben.

War das Leben im Mittelalter ein Zuckerschlecken? Sicher nicht. Für heutige Verhältnisse, wo jeder selbst auf Rechte pochen will, die er gar nicht hat, ist das enge Pflichtensystem im Mittelalter für die meisten sicher unvorstellbar. Die hygienischen Verhältnisse waren zwar lange nicht so schlimm, wie sie oft dargestellt wurden, sind aber vom heutigen Desinfektionswahn und täglich 2x Duschen natürlich weit entfernt. Die 40-Stunden-Woche und Arbeitnehmerschutz gab es selbst vor 100 Jahren noch nicht. Allerdings kannte das Mittelalter eine erstaunliche Anzahl an Feiertagen.

Als jemand, der sich beruflich seit Langem mit dem Alltag der Normalbevölkerung im Mittelalter auseinandersetzt, würde ich deutlich lieber im Mittelalter leben als in der beginnenden Neuzeit. Allein die anthropologischen Auswertungen von Friedhöfen zeigen, dass es den meisten Menschen in der frühen Neuzeit schlechter ging als im Mittelalter, insbesondere die Zeichen körperlicher Belastung steigen sprunghaft an. Ich würde auch den bäuerlichen Alltag oder den eines Handwerkers im Mittelalter jederzeit der Fabrikarbeit des 19. Jahrhunderts vorziehen. Die unterste Unterschicht hatte es zu keiner Zeit gut und als Frau hat man eh erst seit kurzem Rechte und Wahlmöglichkeiten.

Welche pflichten denn? Schuften bis zum umfallen? Die Unterschicht war grösser als heute, und auch die Unterschicht besteht aus menschen stell dir vor.

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@Hasag111

Man hat im Mittelalter nicht "geschuftet bis zum Umfallen". Sonntag war frei. Immer. Das kenne ich als Selbständiger im Jahre 2018 nicht. Auch wurde nur von morgens bis abends gearbeitet. Nicht wie ich als Selbständiger im Jahre 2018 auch mal 18 Stunden am Stück. Über mehrere Tage.

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@Hasag111

Warum so pampig? Wenn dir historische Tatsachen nicht gefallen, kann man nur schwer weiterhelfen...

Nochmal: Unterschicht bedeutet nicht automatisch bittere Armut. Die gab es freilich, aber nicht so, wie es häufig dargestellt wird.

Pflichten gibt es im mittelalterlichen Alltag genug. Im ländlichen Raum über lange Zeiten die Verpflichtungen gegenüber dem Lehnsherren, aber auch im städtischen Raum gibt es Pflichten wie beispielsweise das Ausheben eines Stadtgrabens. Nicht zu unterschätzen sind auch Normen- und Regelsysteme durch das enge soziale Gefüge und nicht zuletzt die Kirche. Je weiter man im Mittelalter voranschreitet, desto ausführlicher werden auch gesetzliche Normen, aber um die soll es hier gar nicht gehen.

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@Henryettex

Den Vergleich zur Selbstständigkeit habe ich mir (obwohl ich selbst Freiberuflerin bin) verkniffen. ;)

Außer dem freien Sonntag gab es im Mittelalter eine Flut von Feiertagen. Im Gegenzug muss man aber schon auch sehen, dass es keine geregelten Arbeitszeiten gab. In der Landwirtschaft muss Arbeit erledigt werden, wie sie anfällt, aber auch im Handwerk waren lange Arbeitszeiten mit unsagbar öden repetitiven Handgriffen die Norm. Aber da waren die Fabriken des 19. Jh. keinen Deut besser, nur dass da dann schon der auf Gewinn erpichte Fabrikbesitzer dahinter stand, während zumindest der Handwerksmeister im MA in die eigene Tasche wirtschaftete.

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@Jerne79

Die Monotonie ist bei heutigen Fließbandarbeiten immer noch sehr groß. Die Nervenkliniken ("Klapsen") in meiner Ecke sind voll von VW-Arbeitern. Und das liegt nicht unbedingt an der Bezahlung...

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Nur aus Interesse, darf ich fragen, was Du beruflich machst? Es klingt jedenfalls sehr interessant. (Wenn Du das aus Datenschutzgründen nicht willst, habe ich natürlich volles Verständnis.)

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@pythonpups

Ich bin Archäologin (inkl. historischer Quellenarbeit und anthropologischer Auswertungen).

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Stell dir einfach einen Besuch beim Zahnarzt ohne gescheite Betäubung vor..

nicht so toll.

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Wie der Durchschnittsmensch das empfunden hat ist schwer zu sagen. Wenn man nichts anderes kennt, weiß man eben auch nicht, dass es besser sein könnte. Religion hat sicher auch eine große Rolle gespielt, das Leben, wie es eben war, als die natürliche, gottgewollte Ordnung der Dinge erscheinen zu lassen.

Das Leben im Mittelalter würde uns sicherlich hart, grausam, entbehrungsreich, gefährlich, womöglich unmenschlich und sicherlich vielfach eintönig und langweilig vorkommen. Aber wir sind weit mehr Möglichkeiten, Wissen und Zugang zu Information gewohnt und in anderen Bahnen zu denken ist für uns natürlich. Wo wir einen Ausweg oder eine Alternative für etwas suchen würden, wurde es im Mittelalter wohl hingenommen, weil das eben so war, immer so gewesen ist und so sein muss. Es wurde sicherlich viel mehr hingenommen und weniger hinterfragt, sei es im Hinblick auf die gesellschaftlichen und politischen Gegebenheiten (Gottesgnadentum, Ständegesellschaft usw.), als auch im Hinblick auf die Lösung von Problemen und die Verbesserung von Lebensumständen. Wenn jemand durch einen Unfall bei der Arbeit umkam, dann weil Gott das eben so gewollt hatte, nicht etwa weil niemand offensichtlich Gefahren beseitigt hatte. Den meisten dürfte Selbstbestimmtheit im Leben weitgehend fremd gewesen sein.

Also würde ich annehmen, dass das Leben zwar zweifellos sehr, sehr hart gewesen ist, dass man aber auch körperlich und vor allem geistig viel besser darauf eingerichtet war, dies zu ertragen.

hoffentlich wird extreme armut bald eliminiert sein.

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Also hier in Europa Vielleicht nicht unglaublich unerträglich, aber bestimmt schwieriger als heute. Leichte Krankheiten konnten zum Tod führen, man hatte viel Arbeit.. Sowas wie Urlaub gab es nicht, kein internet, keinen Strom womit alles einfacher ist, nicht soviele nützliche Technologien wie wir es heute haben, man hatte kein Zauber gerät, welches Nahrungsmittel kühlt und sowas.. Es war ein ganz anderes Leben und sicher schwieriger und anstrengender als heute. Aber ich denke soo schlimm wars auch nicht.

das leben bestehte vor allem aus arbeit und sonst nicht viel ja.

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@Hasag111

Für einige besteht es auch darin, sich in der Kindheit Grundbegriffe der Rechtschreibung und Zeichensetzung anzueignen. Nicht für alle. Leider.

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Heute besteht das Leben aus einem sehr viel größerem teil auch aus Spaß haben und sein Leben zu genießen..

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@Muslimhelper

manche denken hedonismus ist falsch. Aber solange es anderen nicht schadet sehe ich das nicht so. Ich meine leiden kann ja nicht der einzige sinn im leben sein?

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@Hasag111

Wenn man leidet, kann es vermutlich helfen, sich diesen Sinn einzureden.

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@Muslimhelper

für einige besteht das Leben aus dem sich durchschmarotzen und andere für den eigenen Spaß zahlen zu lassen. Eine Gattung die ich zutiefst verabscheue

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