Verliert der Begriff "Nazi" an Bedeutung durch die tagtägliche Verwendung?

6 Antworten

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Ja, das ist so. Dieser Begriff wird geradezu sintflutartig missbraucht. Ich bin der Überzeugung, dass mindestens 95 % derer, die diesen Begriff verwenden, nicht eine Spur von Ahnung haben, was ein Nazi überhaupt ist, was er tut und so weiter.


Brain300 
Fragesteller
 25.05.2024, 11:49

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Die Antworten gehen ja meist in die Richtung: "weil es so viele sind, kann es ja gar nicht sein, dass der Begriff gerechtfertigt wäre."

Allerdings verkennt dies ja das Problem, dass problematische Einstellungen tief im Bürgertum, bei ganz normalen Leuten, verwurzelt sind. Und auch wenn der Begriff "Nazi" halt oft übertrieben stark ist, darf man nicht denken "ein Nazi ist er ja nicht, alles ist alles ok". Nein, es ist nicht ok, wenn junge Menschen den Hitlergruß zeigen.
Ist es einfach nicht.

Es ist auch nicht ok, wenn 20-30% dieser GF-Community hier zu den notorischen Verharmlosern gehören. Nicht zu den "Nazis", sondern zu den Verharmlosern. Das sind Leute, die es einfach nicht wichtig finden, gegen rechtsradikale Einstellungen vorzugehen, die oft "totale Meinungsfreiheit" heucheln, aber zugleich die bösen Ampelparteien auf eine Stufe mit einem menschenverachtenden System stellen.

Auch wenn man "kein Nazi" ist, kann man eine höchst problematische Einstellung zu unserer Demokratie haben. Und ich habe nicht die Zeit, mich mit jedem der hier präsenten normalen, verharmlosenden Menschen auseinanderzusetzen. Wer nach Hitlergrüßen mit "Meinungsfreiheit" argumentiert, hat den Schuss anscheinend nicht gehört.

Natürlich unterscheide auch ich Neonazis von Wohlstands-Kids, die den Hitlergruß zeigen. Aber ich sage dann nicht, dass damit schon alles OK wäre. Ist es nicht.

Heutzutage sind ausländerfeindliche Aussagen völlig akzeptiert in weiten Teilen der Gesellschaft. Und der Hitlergruß wird mehr und mehr als verzeihlicher Fauxpas gesehen (mit der Ausrede, dass der Begriff Nazi inflationär gebraucht werde, und das ist gar nicht das Hauptproblem).

Ich sag mal so: wer einen Hitlergruß zeigt, dazu einen Oberlippenbart andeutet und dazu Ausländer raus gröhlt darf sich danach nunmal nicht aussuchen, ob man ihn Nazi, Neonazi oder einfach nur Ar******* nennt.

Sozialdemokraten: „Sozis“

Nationalsozialisten: „Nazis“

Letzteres gibt’s nicht mehr. Höchstens welche, die es sein wollen, aber nicht leben können. Wir leben bekanntlich im Kapitalismus.

Alles, was nur ansatzweise ins rechte Spektrum gehört, ist somit noch lange nicht „Nazi“. Das sind Rechte innerhalb der jeweiligen Abstufungen.

Die inflationäre Benutzung dieses Begriffs ist einfach nur dumm und undifferenziert. Noch schlimmer finde ich bei der Nutzung des Begriffs „Faschist“ bzw „Faschismus“.

Ums kurz zu machen: Die Leute wissen überhaupt gar nicht was das ist und würden gut daran tun, ihr Allgemein-/Geschichtswissen mal etwas aufzupolieren.


OlliBjoern  25.05.2024, 12:42

Und du bist sicher, dass du weißt, was ein Faschist ist?

"Letzteres gibt’s nicht mehr. Höchstens welche, die es sein wollen, aber nicht leben können. Wir leben bekanntlich im Kapitalismus."

Man kann sich aber auch blöd stellen.
Natürlich gibt es Neonazis. Und es gibt Menschen mit einer faschistischen Einstellung. Und das ist ein Problem.

Erklär mir doch mal, was deiner Ansicht nach ein Faschist ist.
Unabhängig von der Zeit (also unabhängig von 1940 oder 2020).
Einfach mal inhaltlich.

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Ja, allerdings. Die inflationäre Verwendung führt zwangsläufig dazu. Bei mir geht das sogar so weit, dass ich Leute nicht mehr ernstnehmen kann, welche diesen dementsprechend verwenden. Damit entlarvt man sich quasi schon als Person, welche meiner Meinung nach politisch etwas weniger gebildet zu sein scheint.

Das der Begriff medial gerne verwendet wird geht halt daraus hervor, dass er so schön plakativ ist und Aufmerksamkeit generiert.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Master in Psychologie - Schwerpunkt Kognitionspsychologie