Sollte man den „Heilpraktiker für Psychotherapie“ besser abschaffen?

Das Ergebnis basiert auf 18 Abstimmungen

Ein approbierter Psychotherapeut behandelt fachgerechter 50%
Andere Option 44%
Ein Heilpraktiker für Psychotherapie behandelt besser 6%

8 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet
Andere Option

Hallo,

eine sehr gute Frage, die nach einer differenzierten Antwort verlangt. Ich selbst bin Psychologin und Psychotherapeutin i. A. Ich habe vor dem Studium eine dreijährige heilpraktische Ausbildung gemacht.

Grundsätzlich muss man einfach sagen: Psychotherapeuten (PT) sind besser ausgebildet. Das ist einfach Fakt. Ich habe beide Ausbildungen durchlaufen (bzw. durchlaufe sie gerade noch) und der Umfang an Wissen in der Psychotherapie-Ausbildung für Psychologen ist einfach soooooo viel größer!

Nun muss man aber sagen, dass wir viel zu wenig Therapieplätze haben. Und dass es auch durchaus gute Heilpraktiker (HPs) für Psychotherapie gibt. Meine Ausbildung als HP war nun auch alles andere als schlecht, und die Schule, auf der ich gelernt habe, unterwirft sich strengen Qualitätskontrollen. Bei einfachen Fällen psychischer Erkrankungen, z. B. einer Erstmanifestation einer Depression, kann ich mir vorstellen, dass ein guter HPler das auch locker hinbekommen kann. Insofern können sie eine wichtige Ergänzung des Systems darstellen, das eben mit arger Ressourcenknappheit zu kämpfen hat. Braucht jemand mit einer leichten Depression wirklich einen PT, der 8-10 Jahre Ausbildung hinter sich hat, um auch die krassesten und komplexesten Fälle angemessen behandeln zu können? Oder reicht da nicht vielleicht auch ein HP mit 3 Jahren Ausbildung und einem soliden Grundwissen über die Störungsbilder und deren Behandlung?

Wichtig ist nur folgendes: Man muss sich der Unterschiede zwischen HP und PT bewusst sein. Ich würde Menschen mit verschiedenen komorbiden Erkrankungen, komplexen Traumata und Co. zumindest zu Beginn von einem HP abraten. Wenn es dann um die Nachbehandlung geht und das Schwierigste überstanden ist, kann aber ein guter HP sicherlich weiter begleiten.

Die Schwierigkeit ist halt nur, einen guten HP zu finden (wobei es auch durchaus schwierig sein kann, einen guten PT zu finden!). Das ist bisher sehr intransparent und ich würde mich dafür stark machen wollen, dass da bessere Qualitätskontrollen durchgeführt werden und transparenter gemacht werden muss, was in der Ausbildung drankam. Von esoterischem Bullshit würde ich abraten und das als "Redflag" titulieren.

Liebe Grüße!

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – M. Sc. Psychologie
HalloDu597 
Fragesteller
 25.04.2024, 15:47
Von esoterischem Bullshit würde ich abraten und das als "Redflag" titulieren.

das sind auch meine persönlichen Bedenken (werden ebenfalls im Video angesprochen), die mich bewogen, diese Frage zu stellen.

vielen Dank für dein ausführlich, gut begründetes Statement!

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ZionsDaughter  25.04.2024, 15:50
@HalloDu597

Ich hatte irgendwann vor Jaaahren mal - zu Beginn meines Studiums, glaub ich - so eine Redflag-Liste gemacht: Woran erkennt man einen guten HP und wann sollte man lieber die Beine in die Hand nehmen. Esoterischer Bullshit stand mit ganz oben ^^' .

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Andere Option

Kann man so m.M. pauschal nicht sagen.

Eine Patient:in muss halt sehr aufpassen, ob und wenn ja welche Ausbildung ein HP hat.

Ob eine Passung zwischen Therapeut:in und Patinent:in und der angebotenen Arbeitsweise (Verfahren) besteht, muss so oder so gut erwogen werden.

Man bekommt in Deutschland nur mit Richtlinienverfahren eine Approbation. Es gibt aber durchaus Verfahren, die z.B. im Ausland anerkannt sind (z.B. personenzentrierte Psychotherapie nach Rogers aka Gesprächstherapie). Hier haben Personen, die eine ordentliche und grundständige Ausbildung bei der GwG absolviert haben, keine andere Chance, als über den HP in Deutschland zu arbeiten.

Andererseits kann auch jeder ohne grundständige Ausbildung, nur durch bestehen der Überprüfung, ob sie die Volksgesundheit nicht gefährden (eine Prüfung der Heilungskompetenzen findet nicht statt!), als HP niederlassen.

Wie gesagt, muss eine Patient:in sehr gut prüfen, welche Qualifikation de:r HP mitbringt.

Andere Option

Da ich die Erfahrung gemacht habe, dass mir Leute, die keine sonderliche Ausbildung gehabt haben, teilweise besser geholfen haben als manch ein Profi, würde ich beides nicht ausschließen und versuchen.

HalloDu597 
Fragesteller
 27.04.2024, 11:01

Dein gutes Recht.

für so manchen einzelnen mag der Besuch beim Heilpraktiker auch etwas bringen, oder sogar eine gute Übergangslösung sein. Bestreite ich gar nicht.

in der Gesamtheit gesehen scheint es aber doch Schwierigkeiten zu geben..

bsw. Betreffend Leute mit schweren psychischen Problemen.

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Darkrider280  27.04.2024, 13:29
@HalloDu597

Ich würde mal sagen, dass ich schwere psychische Probleme hatte, wobei hier die Frage ist, was Du oder man unter schweren psychischen Problemen versteh(s)t. Bei mir waren /sind es u.a. schwere chronische Depression, mehrere Traumata und suizidale Absichten bzw. Gedanken. Wie ich oben schon schrieb, haben mir bei der Bewältigung dieser Leute, die mit der Materie nichts oder nicht viel zu tun hatten, um einiges besser geholfen bzw. überhaupt geholfen als bspw. Fachleute wie Psychiater.

Ich denke, dass es sehr individuell ist und man weder Psychiater noch Psychologen noch Therapeuten oder Heilpraktiker komplett ausschließen sollte. Dass es in jedem Fall ganz ohne fachmännische Hilfe geht, glaube ich allerdings auch nicht.

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HalloDu597 
Fragesteller
 27.04.2024, 14:36
@Darkrider280
Dass es in jedem Fall ganz ohne fachmännische Hilfe geht, glaube ich allerdings auch nicht.

dem ist auch so.

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Andere Option
sollte man dieses Berufsbild besser abschaffen?

Ja unbedingt! ? 🤢🤷‍♀️

In einer Zeit wo es sowieso schon an Therapeuten und anderem wissenden Personal im gesamten Gesundheitssystem mangelt, sollte man da nicht einfach den Rest auch noch platt machen?

Hilft zwar keinem Hilfesuchenden wirklich weiter, aber die eigenen Vorstellungen von Sinn oder Unsinn sind doch dann hoffentlich befriedigt? Für mich wäre das schon ein voller Therapieerfolg.

Nun mal Spaß bei Seite - solch eine Frage kann doch bitte nicht wirklich ernst gemeint sein? Oder etwa doch? Dann bleibt mir eigentlich nur zu wünschen, dass man selbst nie in die Situation kommt als psychisch angeschlagener Mensch nach Hilfe zu suchen und genau diese dringend nötige Hilfe über Monate nicht zu finden 😶‍🌫️

https://www.google.com/search?q=Suizidrate+steigt&oq=Suizidrate+steigt&gs_lcrp=EgZjaHJvbWUyBggAEEUYOdIBCDQ2OTVqMGo3qAIAsAIA&sourceid=chrome&ie=UTF-8

Übrigens kann es durchaus schon helfen, wenn man in einer psychischen Notlage auf einen vollkommen ungeschulten, aber empathischen Menschen trifft, der einfach nur in der Lage ist zuzuhören und dann zur Stelle ist, wenn man ein offenes Ohr braucht!

Gutes kann so einfach sein💝

HalloDu597 
Fragesteller
 02.05.2024, 13:31
Übrigens kann es durchaus schon helfen, wenn man in einer psychischen Notlage auf einen vollkommen ungeschulten, aber empathischen Menschen trifft, der einfach nur in der Lage ist zuzuhören und dann zur Stelle ist, wenn man ein offenes Ohr braucht!

natürlich kann das bereits helfen.

….stand sogar in der hilfreichsten Antwort, die ich gewählt habe.

aber nur zu Vorsicht:

Was bei einem hilft, hilft grundsätzlich nicht bei jedem!

Es gibt auch fälle, da ist ein HP definitiv nicht die richtige Wahl (steht ähnlich übrigens so auch in der hilfreichsten Antwort).

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erwartet ihr mehr Fachkompetenz von einen amtierenden Psychologen (Arzt)

Es herrscht immer wieder eine Begriffsverwirrung wer für psychische Erkrankungen "zuständig" ist. Ein Psychotheapeut (macht Gesprächstherapien) kann ein Arzt oder ein Psychologe sein, der jeweil eine Zusatzausbildung zum Psychotherapeuten gemacht hat. Dabei ist ein Psychologe kein Arzt und ein Arzt kein Psychologe.

Zur Frage: Ich habe mit Heilpraktikern das Problem dass es keine geregelte Ausbildung für sie gibt. Von daher kauft man da ein bisschen die Katze im Sack.