Sind Geringverdiener selber Schuld?

3 Antworten

Aber was ist der Grund warum in der Gesellschaft propagiert wird, dass solche Menschen nix wert sind?

Niemand propagiert irgendwas in der Richtung. Menschen sind hierarchische Lebewesen und der eigene Erfolg und das eigene Wohlbefinden hängt maßgeblich davon ab wie weit oben man in dieser Rangordnung ist, auch wenn es die Wenigsten zu geben.

Finanzen sind aber nur ein Teil in diesem Kampf um gesellschaftliche Anerkennung. Andere werden auf intellektueller oder sozialer Ebene geführt. Der "Müllmann" verdient gar nicht so schlecht. Trotzdem ist der Job nicht anerkannt, da er eine schmutzige Arbeit ausführt.

Sind Geringverdiener selber Schuld?

Du bist immer irgendwo Opfer deiner Umstände und irgendwo dein eigener Glückes Schmied. Wenn du einen IQ von 80 hast und unter Konzentrationsstörungen leidest, ist es wahrscheinlich nicht deine Schuld, dass du nur einfache Arbeiten ausführen kannst.

Meiner Meinung nach ist es aber durchaus möglich gutes Geld zu verdienen, wenn man einen einigermaßen geraden Lebensweg hat. Ganz viele sind auch einfach nicht bereit über den eigenen Schatten zu springen, nicht fleißig genug oder legen schlicht keine Priorität aufs Geld verdienen.

Oft wird ein geringes Einkommen kräftig bejammert, der Wille etwas daran zu ändern ist aber auch nicht da. Ich arbeite in der Industrie und viele meiner Kollegen neigen zu diesem Verhalten. Selber betreibt man kein Vermögensaufbau, der Techniker ist zu "teuer", aber man kann sich das dritte Motorrad auf Pump leisten... Das frustriert schon wenn man so etwa sieht.


Johannax32  11.02.2025, 15:25
und das eigene Wohlbefinden hängt maßgeblich davon ab wie weit oben man in dieser Rangordnung ist, auch wenn es die Wenigsten zu geben.

Das ist das, was man den "kleinen" Leuten erzählt. Aber nein, es wird nicht besser, nur weil man in der Hackordnung eine bessere Position hat. Du kannst nur stärker nach unten treten und dir einreden, dass das gerechtfertigt sei. Von oben kommt dasselbe Getrampel. Und ganz an die Spitze schaffen es nur die Wenigsten (-> Spitze!).

Dein Wohlbefinden hängt daher von dir selbst und deiner Einstellung ab.

Ganz viele sind auch einfach nicht bereit über den eigenen Schatten zu springen, nicht fleißig genug oder legen schlicht keine Priorität aufs Geld verdienen.

Ich muss deine Ansichten tolerieren, halte sie aber dennoch für diskriminierend.

Nein, als Kind eines einfachen Bauarbeiters und einer Hausfrau - gerne auch türkischstämmig in dem Beispiel - ist es alles andere als einfach. Mit ihm wurde die Kindheit weniger gesprochen (-> geringeres Vokabular, weniger Verständnis für die Umwelt, weniger kulturelle Kenntnisse), weniger gelesen und grundsätzlich weniger gemacht. In der Schule wird es noch weiter unterschätzt, bekommt nachweislich schlechtere Noten bei gleichen Leistungen und wird auch bei Bestnoten aussortiert, weil man befürchtet, dass die einfachen Eltern, die ggf. sogar kein/nur sehr schlecht Deutsch sprechen, nicht helfen können.

Es ist zudem ein erwiesener Fakt, dass der elterliche Einfluss erst ab dem 15./16. Lebensjahr sinkt, weswegen dann i.d.R. erst der Sprung stattfindet, die vorherigen (unverschuldeten) Defizite aufzuarbeiten. Das wird schwierig. Im Worst-case hat man dann die Schule bereits (schlecht) abgeschlossen und eine Ausbildung begonnen. Nach Abschluss der Ausbildung erlischt zunächst der Unterhaltsanspruch. Nur bei klarem Zusammenhang zur Erstausbildung kann der Ausbildungsweg fortgesetzt werden, sonst gibt es keine finanzielle Unterstützung. Und es ist hart, neben dem Studium in einem solchen Umfang zu arbeiten, dass man sich komplett selbst finanzieren könnte. Das Studium leidet und dauert länger. Neben dem Besuch einer Oberschule zur Erlangung des Abiturs ist es sogar unmöglich zu arbeiten (zeitliche Überschneidungen!). Auf der Abendschule ist es möglich und das Niveau entsprechend leicht, allerdings ist das keine angemessene Vorbereitung auf ein Studium.

Und jetzt beachte, welch Belastung eine unprivilegierte Person nebenbei zu stemmen hat. Hinzu kommt, dass sich die Defizite aus der Kindheit kaum aufarbeiten lassen...

der Wille etwas daran zu ändern ist aber auch nicht da.

Ich bin hier, wo ich bin, weil ich so toll bin. Nein, bin ich nicht und ich breche mir deshalb auch keinen Zacken aus der Krone, nur weil mir meine Privilegien bewusst sind. Ohne diese wäre ich vermutlich nicht in meiner Position.

Selber betreibt man kein Vermögensaufbau, der Techniker ist zu "teuer"

Wenn das Gehalt gerade so reicht, um über die Runden zu kommen, d.h. die absoluten Grundbedürfnisse (Essen, Schlafen) gedeckt werden können, kann man kein Vermögen aufbauen.

Ich habe studiert und nie mehr Geld von meinen Eltern als den Bafög-Höchstsatz angenommen. Ich weiß, wie hart das sein kann und ich hatte Glück, ein vergleichsweise "günstiges" WG-Zimmer zu finden. Ich konnte mir nicht einmal das Essen in der Mensa leisten, mal mit Freunden ausgehen/feiern gehen war ebenfalls nicht drin. Ich habe daher viel nebenbei gearbeitet (z.T. bis zu 20 h pro Woche), sodass ein Sozialleben und eine günstige Woche Urlaub finanzierbar war. Da ich nicht wollte, dass mein Studium leidet, habe ich hierfür mir eine Nacht nach der nächsten um die Ohren gehauen und war konstant unter den Besten. Es war hart. Hart war es ebenfalls, wenn Kommilitonen, die hin und wieder mal etwas gejobbt haben, nicht verstehen konnten, weshalb ich mein Geld nicht angelegt hätte. Sie haben von ihren Eltern alles gezahlt bekommen, müssten auch ohne Gelegenheitsjob auf nichts verzichten und konnten das Geld frei verwenden. (Sei ihnen gegönnt, ich hätte es auch so haben können. Meine Erfahrungen waren mir jedoch wichtiger. Ich bin Ärztin und möchte meine Patienten schließlich verstehen können)

aber man kann sich das dritte Motorrad auf Pump leisten

Das ist nicht aussagekräftig. Ein Motorrad ist nicht "teuer" (d.h. sodass man das negativ angmerken müsste). Drei Motorräder über eine lange Zeit angespart ebenso nicht. In dem Fall rentiert es sich kaum, das Geld anzulegen. Man hätte deshalb nichts nennenswertes davon und könnte sich auch nicht mehr davon leisten, von dem Hobby hingegen zumindest Lebensfreude.

Fakt ist dass es Geringverdiener Jobs gibt weil sie Teil eines wachsenden Geschäftsmodells sind! Diese Jobs sind nicht von barmherzigen Arbeitgebern geschaffen worden damit "Minderleister" wenigstens etwas Geld verdienen können. Es ist vielmehr so dass diese Geschäftsmodelle nur existieren können weil man genügend Leute in diese Jobs pressen kann! Notfalls mit ungebremster Migration!

Dieses Mindset von vermeintlich Qualifizierten und Unqualifizierten soll uns nur von kritischem Denken ablenken! Und scheinbar funktioniert es!

Nein nicht unbedingt.

Sie könnten auch schlichtweg in einer schlechten Lebenssituation sein. Gibt unzählige Beispiele dafür.

Trotzdem sollte der Faktor das sie "Geringverdiener" sind nicht zwingend rechtfertigen das sie eine besondere Behandlung bekommen.