Nach Stoa leben. Umgang mit Wut?


22.09.2023, 21:49

einfach Sport machen oder stattdessen diesen Gefühlen einen anderen gesünderen Weg zu geben ?

3 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Morbus est judicium in pravo pertinax.

Krank wird, wer sich auf falsche Urteile versteift.

Seneca

Für den Stoiker als Individuum gilt es, seinen Platz in dieser Ordnung zu erkennen und auszufüllen, indem er durch die Einübung emotionaler Selbstbeherrschung sein Los zu akzeptieren lernt und mit Hilfe von Gelassenheit und Seelenruhe (Ataraxie) nach Weisheit strebt.
Wikipedia

Um das machen / lernen zu können, braucht man natürlich Gelgenheit dazu. Die erhälst du immer wieder, bis du eine Herausforderung gemeistert hast. Diesen Umstand, dass das Leben ein Lernprozess, ein ständiges Lernen ist, den sollte man akzeptieren, denn dann wäre man im Frieden damit. Im Frieden, dass du nicht alles kannst, sondern Gewisses noch zu lernen hast. Das wäre schon mal eine gute Basis. Kein Widerstand ggü einem Lernen / ggü einem Unvollständig-sein zu haben.

Ich bin jemand der wenn er was böses gesagt bekommt es in mir sehr schnell kocht und nicht mehr denken kann.

Du urteilst eine Aussage als bös.
Generell haben wir meist Probleme aufgrund unserem Werten in gut und böse, weil es der Wirklichkeit und der Größe des Lebens nie gerecht wird, weil man dabei immer einen Teil davon auslässt / abschneidet.

Gothe erzählte auch davon in Faust:

Ich bin ein Teil von jener Kraft, die stets das Böse will und stets das Gute schafft.

Etwas, das in böser Absicht geschieht, kann zu etwas Gutem führen. Das aber übersehen wir gerne und leider mal.

Du erkennst im Gesagten einzig Böses, was jedoch nicht der ganzen Wahrheit oder Wirklichkeit entspricht. Daher dein Problem.
Das Gute, alle Vorteile und Chancen kannst du nicht erkennen.
Du bräuchtest für alles mehr Informationen und Wissen, um alles richtiger und wahrheitsgemäßer sehen zu können.

Verlange nicht das Unmögliche und eine Welt ohne Menschen, die nie Böses sagen, weil es sie nicht gibt. Das wäre mal grundsätzlich zu akzeptieren. Dann geht es darum, den Umgang damit zu erlernen, woran du ja bist.

Es gibt unverschämte / böse Menschen und du selbst hast ebenso und gleiche Anteile in dir. Und diese solltest du dir erlauben und wenn nötig auch anwenden. Darum geht es bei dir in der Hauptsache. Du erkennst zwar das Böse an anderen, nicht aber in dir selbst und willst es auch nicht haben, was jedoch unmöglich ist, denn wir alle haben alle Anteile in uns, und das ist auch gut so. Wir alle brauchen alle Eigenschaften. Wir alle brauchen mal unsere unverschämten Eigenschaften, um eine bestimmte Situation erfolgreich meistern zu können. Das gilt es zu akzeptieren. Sich selbst mit den verhassten Eigenschaften annehmen.

Dann wäre es noch gut und informativ für dich, mit dem Thema Wut, mit diesem Gefühl dich auseinanderzusetzen, um es besser zu verstehen, denn mit diesem Verständnis kannst du dann angenehm damit umgehen.
Einmal finde ich es gut zu wissen, dass jenes, worüber wir uns ärgern (böse Aussagen), gar nicht der Grund ist, warum wir uns ärgern. Prüfe doch mal bei dir, worüber du dich eigentlich in Wirklichkeit ärgerst.

einfach Sport machen oder stattdessen diesen Gefühlen einen anderen gesünderen Weg zu geben ?

Das kann man machen, sich im Sport auspowern, dann vergeht kurzfristig die Wut. Oder auch wie du schreibst, erst mal Innehalten, das ist schon auch eine gute Sache, damit man nicht blind vor Wut .....
Das eigentliche Thema aber hat man damit hat nicht berührt, auch nicht gelöst. So bleibt es also einem, auch die Aufgabe, daraus etwas zu lernen.

Es geht nicht darum, die Gefühle loszuwerden, sondern mit ihnen umzugehen.

Dazu sollten wir sie dringend zulassen. Einfach die innere Wut und Energie spüren und zulassen. Dabei passiert noch nichts. Allerdings mit dieser Wut besser erst mal nichts unternehmen oder sagen, denn aus der Wut heraus reagieren wir oftmals falsch.
Wenn wir Wut so für uns einfach innerlich zulassen, brauchen wir uns nicht zu fürchten davor. Es passiert dabei nichts Schlimmes.
Dennoch können wir sie einfach zulassen und beobachten.
Unterdrücken wir unsere Energie und Wut, dann sammelt sie sich nur in uns an und wird größer, sicher aber keine angenehme Lösung für uns. Dann also doch besser zulassen und verarbeiten.
Wer ist das, der deine Wut beobachtet?
Das bist du bzw. dein Selbst. Dein Ego erzeugt deine Wut und Angst. Dein Selbst beobachtet es. Auch sehr wichtig, hier zu unterscheiden.

Hinter der Wut, können wir dann beobachten, steckt Angst. Auch eine sehr wichtige Information hinsichtlich Wut.
Angst spüren wir immer, wenn wir uns hilflos und bedroht fühlen.
Ärgerst du dich in Wirklichkeit über deine eigenen Unfähigkeit, Hilflosigkeit?
Angst ist eine Folge von sehr engen und zu eingeschränkten Gedanken über etwas.
Bestätigte sich deine Angst denn bisher? Passierte wirklich was Schlimmes, wenn andere blöde Sprüche über dich machten oder dir böses sagten?
Hinterfragt man seine Ängste genau und tief genug, kommt man meist zu dem Schluss, dass sie falsch sind und gar nicht der Wirklichkeit entsprechen, weil sie auf einem falschen bzw. zu eingeschränkten Urteil basieren, das wir berichtigen sollten (umdenken, weiter offener denken als bisher).

Hier geht es noch weiter ..... aber ich höre mal auf zu schreiben, waren jetzt ja doch ne Menge Anregungen für dich. Prüfe, ob da was für dich dabei ist. Im Internet findest du sicherlich auch Einiges dazu, was dir weiterhelfen könnte, um es zu vertiefen. Lernen können wir auch immer nur Schritt für Schritt und sich eigenen Ängsten zu stellen ist auch nicht immer so leicht und braucht Zeit, die man sich dazu erlauben sollte.

Genial wäre es, wenn du alles nicht als fiese Demütigung sehen könntest, sondern vielmehr als gesunde Herausforderung für dich, denn nur so ist es vom Leben gedacht.

Marwin388 
Fragesteller
 25.09.2023, 15:53

Vielen Dank. Ich werde dann das Buch von Seneca über Wut lesen. Aber was meinst du eigentlich mit :

Dazu sollten wir sie dringend zulassen. Einfach die innere Wut und Energie spüren und zulassen

Das Problem ist dass ich bei solchen Momenten leider nicht wirklich nachdenken kann und meistens bereue ich das was ich gesagt habe. Zulassen ist also keine Option für mich..

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amormutuus  25.09.2023, 18:16
@Marwin388

Vielen Dank für alles, ich freute mich sehr!

Das Problem ist dass ich bei solchen Momenten leider nicht wirklich nachdenken kann

Ok. Das wird jedoch mit der Übung dann mal kommen. Aber mach dir keinen Druck, ist normal alles und dass wir Zeit brauchen.

Dann entweder einfach ohne zu denken oder Selbsterkenntnis zu machen, zulassen. Nur innerlich natürlich. Sollte keine Anstiftung sein. ;-))) Innerlich wahr nehmen, die Energie, Wut, die eigenen Gedanken. Zulassen, wahr nehmen, beobachten. Das war es eigentlich schon. Viele können dies nicht aushalten, was jedoch ungünstig ist, denn die Energien sollen fließen und nicht von uns unterdrückt werden.
Und mit der Zeit kannst du immer besser damit umgehen.
Später, wenn du abgekühlt bist, dann kannst du alles innerlich / mental noch mal alles herholen und überdenken. Was genau dir eigentlich so Angst bei allem macht und ob die Angst wirklich zutrifft oder eher eingebildet ist.

Angst begleitet uns alle ein Leben lang. Das ist nicht das Problem. Sondern einfach nur unser Unwissen darüber und unser ungünstiger Umgang damit.
Verständlich ist es schon, dass wir vor unserer eigenen Energie zurück schrecken und sie schnell los haben wollen, dennoch bleibt es ungünstig. Wir brauchen ja auch unsere Energie, um ein gutes Leben führen zu können und deine Wut will dir ja nur etwas sagen und dich auf einen Missstand aufmerksam machen. Das war es ja schon. Den sollst du halt erkennen, damit du künftig deine Energie in für dich günstigere Bahnen lenken kannst.
Oftmals lenken Menschen ihre Energien gegen sich selbst oder andere. Besser aber wäre es, sie für etwas einzusetzen. Für ein gewolltes Vorhaben......

Das Problem ist dass ich bei solchen Momenten leider nicht wirklich nachdenken kann und meistens bereue ich das was ich gesagt habe.

Ja klar, so geht es uns ja allen recht häufig.
Daraus hast du schon etwas gelernt. Wunderbar.
Dann geht es weiter. Du kannst die Energie einfach nur innerlich für dich zulassen und es kochen lassen.
Je nach Situation und Möglichkeiten, die du gerade hast.
Wenn du aus der Situation treten kannst, dann tust du das, um deine Energie für dich zu behalten und alles mit dir selbst auszumachen. Auch später, wenn nötig.
Wenn du in der Situation bleiben musst, dann musst du deine Energien auch für dich behalten, deshalb aber nicht zwingend unterdrücken, sondern einfach fließen und da sein lassen. Ohne dass du darauf reagierst. Nur da sein lassen und gewiss sein, dass so ja nichts passieren kann. Wenn du sie nur innerlich da sein lässt, dann passt das ja.
Äußerlich bleibst du ruhig, cool. Oder, wenn es dir möglich ist, machst du Sport oder putzt die ganze Wohnung, dann hast du was davon ;-)))

Das aber soll es nicht gewesen sein. Du solltest alles dann innerlich, sobald es dir möglich ist, bearbeiten, anschauen, überdenken.

Du könntest dir für Situationen, in denen du mit Menschen konfrontiert wirst, eine Strategie deiner Vorgehensweise ausdenken, um sie anzuwenden. Du gestaltest dein Leben und deine Reaktionen, nicht dein Ego.

Das andere ist, dass du dir aber auch gerne erlauben würdest, aggressiv, schlagfertig zu antworten. Das könntest du auch üben bzw. dir gewisse Sätze einprägen und sie parat zu haben.

Du solltest dir böse Worte erlauben. Das, was andere mit dir machen, wenn sie Böses sagen, das solltest du dir auch erlauben. Das kommt vor, wie oben beschrieben. Das gehört auch mit zum Leben und du brauchst dann nichts zu bereuen, sondern das passiert halt mal.

Beides ist mal nötig: Böses / Dummes sagen, was man bereut, und Disziplin und Energie in eigene Vorhaben lenken.
Keines von beiden ist komplett zu unterdrücken, sondern beides ist mal zu leben. Beides solltest du dir erlauben. Dann kannst du dir einen Plan machen, wann was gut für dich ist. Da aber sind wir dann schon bei der Kunst des Lebens. Denn zu wissen, wann was richtig ist, das ist schon viel dann.

Angst / Wut lässt uns nun mal auch scharf reagieren und sprechen. Kommt halt auch mal vor. Ist für uns selbst kurzfristig erleichternd, aber langfristig nicht sonderlich gut. Aber auch nicht sonderlich schädigend. Und mit der Zeit wirst du den rechten Umgang damit erlernen und immer besser. Immer kannst du dir überlegen, wo hinein du am liebsten deine Energie fließen lassen willst. Ja, das ist anfangs dann bissl holprig und schon mal ungeschickt, weil man ja noch ungeübt ist. Aber das darf sein. Ist nur ein Lernprozess, für den du nie bestraft wirst, korrigiert mal, ok, aber nie bestraft, denn das Leben passiert immer für dich, sehen sollten wir das halt viel öfter können.

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Marwin388 
Fragesteller
 25.09.2023, 18:45
@amormutuus

also böses mit böses zu verteidigen kommt mir schonmal nicht in Frage, weil ich somit meine Wut noch mehr die Kontrolle über mich selbst geben lasse. Das ist meine Erfahrung.

Aber sowie ich dich verstanden habe tust du mich dann vorschlagen mein Wut mit Sport rauszulassen oder ähnliches ?

Und noch ein Problem! Das Gefühl von Wut ist so unangenehm dass ich mir sehr viel Mühe gebe um mir überhaupt ein Konflikt stellen zu können.

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Ich denke, du solltest nicht den dritten Schritt vor dem ersten Schritt machen.

Es gibt viele Möglichkeiten gibt, sich der Philosophie und Persönlichkeitsentwicklung zu nähern. Bevor man in tiefere und möglicherweise abstraktere Philosophien wie die der Stoa eintaucht, könnte es hilfreich sein, mit praktischeren und direkter anwendbaren Ansätzen wie dem von Dale Carnegie in seinem Buch "Wie man Freunde gewinnt" zu beginnen.

Dale Carnegies Ansatz konzentriert sich auf zwischenmenschliche Fähigkeiten, Kommunikation und den Aufbau positiver Beziehungen zu anderen. Die Ratschläge und Techniken, die er in seinem Buch vorstellt, sind praktisch und direkt in den Alltag umsetzbar. Sie können Einzelpersonen dabei helfen, effektiver zu kommunizieren, Konflikte zu vermeiden und positive zwischenmenschliche Beziehungen aufzubauen.

Die Stoiker hingegen, mit Philosophen wie Seneca, Epiktet und Mark Aurel, konzentrierten sich darauf, wie man ein gelassenes Leben führt, indem man die Dinge akzeptiert, die man nicht ändern kann, und sich auf das konzentriert, was in der eigenen Kontrolle liegt. Die Stoische Philosophie kann als eine Art tieferes Fundament oder eine Erweiterung der Fähigkeiten angesehen werden, die jemand durch das Lesen von Dale Carnegies Buch erwerben könnte.

Das Lesen und praktizieren der Gedanken von "Wie man Freunde gewinnt" könnte also ein guter Einstieg sein, um grundlegende Fähigkeiten in der Kommunikation und im zwischenmenschlichen Umgang zu erlernen. Anschließend kann man sich der stoischen Philosophie zuwenden, um ein tieferes Verständnis von Selbstkontrolle, Akzeptanz und Tugend zu gewinnen.

Das Wichtigste ist jedoch, dass jeder Einzelne den besten Weg für sich selbst findet, um sich persönlich und philosophisch weiterzuentwickeln. Einige könnten direkt mit der Stoa beginnen, während andere von einem praktischeren Ansatz wie dem von Carnegie profitieren könnten. Es hängt alles von den individuellen Bedürfnissen ab.

Marwin388 
Fragesteller
 23.09.2023, 13:24

Oh. Das ist interessant. Ich werde mir das Buch anschauen... hoffe dass die Werte und Sichtweise die in dem Buch stehen nicht so anders sind wie die Stoa Philosophie. ?

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yuutuuber  23.09.2023, 13:34
@Marwin388

Eine Zusammenfassung des Buches findest du hier:

https://www.youtube.com/watch?v=Chm-aolfY5M

und auch das komplette Hörbuch könntest du vielleicht bei Youtube finden.

Wenn du dir alle Hinweise und Methoden antrainierst und in dein Leben integrierst, solltest du nicht mehr "kochen", wenn dir etwas Böses gesagt wird --- bzw. es wird dir vermutlich nichts Böses mehr gesagt werden.

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Die Gelassenheit erreichst du indem du alles akzeptierst.

Ich bin stoiker

Ich kann nichts ändern nur mich selber. Wenn du das verstehst ist die Wut und Zorn weg.

Das ist eine Befreiung von primitiven Emotionen und erlangen von innerem Frieden.

Möge die Macht mit dir sein

Marwin388 
Fragesteller
 22.09.2023, 23:49

Was genau akzeptieren? Dass es auch solche Menschen gibt ? Weil wenn ja.. das versuche ich ja aber irgendwie gelingt mir das nicht. Gibt es da eine Übung die man machen könnte?

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kaempferdersonne  23.09.2023, 22:05
@Marwin388

Versuche alle anderen Menschen zu akzeptieren.

Das kann ich und tue ich.

Ich lebe danach.

Dadurch habe ich Frieden in mir gefunden.

Ich reagiere nicht mehr sondern agieren nach meinem Bewusstsein und Werten.

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