Muss ich meine Eltern lieben?

20 Antworten

Weißt du, Gefühle kann man nicht erzwingen. Du musst niemanden lieben...auch nicht deine Eltern...und auch nicht, wenn sie sich geändert haben und jetzt gut zu dir sind.

Was du erlebt hast, ist sowohl körperliche Gewalt als auch seelischer Mißbrauch (zu etwas gezwungen werden, was man nicht will...). Sowas ist schwer zu vergeben.

Wenn du bei ihnen wohnst, kannst du aber dankbar dafür sein, dass du davon gewisse Vorteile hast. Und du kannst auch dankbar sein für das, was sie Positives für dich gemacht haben als du klein warst (immerhin haben sie dir Nahrung und Kleidung gegeben, haben dich wahrscheinlich mit in den Urlaub genommen, dir Dinge gekauft usw.). Dafür kannst du ihnen dankbar sein.

Ich habe als Überlebende von emotionalem Mißbrauch auch kein vertrautes Verhältnis zu meinen Eltern. Das ist für mich einfach nicht möglich.

Mysteryboy123 
Fragesteller
 03.07.2020, 22:00

Also einfach weiter leben wie bisher, und schauen wo die Reise hinführt?

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Divanikima  03.07.2020, 22:02
@Mysteryboy123

Ja, du kannst dir ja allmählich Gedanken darüber machen, wo du wohnen willst, wenn du daheim ausziehst...

Wichtig ist mMn, dass du innerlich Frieden schließt, also die Vergangenheit hinter dir lässt. Ich habe ihnen alles vergeben. Lieben kann ich aber trotzdem nicht.

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Mysteryboy123 
Fragesteller
 03.07.2020, 22:09
@Divanikima

Wie schließe ich am besten mit meiner Vergangenheit ab? Wie macht man das?

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Divanikima  03.07.2020, 22:14
@Mysteryboy123

Zuerst habe ich es mit Briefe schreiben versucht. Ich hab damals meine Mutter sehr gehasst und hab ihr das in Briefen geschrieben...was mich verletzt hat an ihrem Verhalten usw. ...diese Briefe hab ich ihr aber nie gegeben.

Und dann hab ich mal gelesen, dass es hilft, wenn man für denjenigen betet, den man am meisten hasst. Also habe ich morgens und abends für meine Mutter gebetet. Ich hab ihr eine gute Gesundheit gewünscht und dass sie ein gutes Leben hat usw. Nach ein paar Monaten hatte ich dann endlich das Gefühl, dass ich frei bin. Seitdem kann ich neutral an meine Eltern denken. Ich habe übrigens seit Jahren keinen Kontakt mehr mit ihnen, weil mir der Kontakt immer unecht vorkam und ich im Kontakt nicht ICH SELBST sein konnte (sie wollten immer einen Menschen nach ihren Vorstellungen aus mir machen). Das ist emotionaler Mißbrauch. Heute halte ich mich distanziert davon und es geht mir besser damit.

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Doch, ich finde, dass du das musst. Die meisten hier haben meiner Meinung nach unrecht. Sie sind deine Eltern und haben nur das Beste für dich gewollt. Ab und zu eine Respektschelle zu verpassen gehört mit dazu, um disziplinierter zu werden, finde ich (solange die Schläge nicht gefährlich sind). Das macht dich meines Erachtens nach zum Mann.
mfg

Dazu besteht ja kein Zwang, ein höflicher Umgang sollte jedoch sein. Versuch so schnell wie möglich auszuziehen, dann wird sich auch erweisen, wie mit den Schuldzuweisungen umzugehen ist.

Nein, dass musst du nicht, aber immerhin sitzt du noch am Esstisch bei den Eltern und wohnst bei Ihnen. Respekt und Ehrung sind das Mindeste dass du aufbringen musst.

Wir sind gleich nach dem Krieg auf dem Land aufgewachsen, es gab kaum einen Tag ohne mindestens eine Watsche, das war eben damals ein probates Mittel der Erziehung, unsere Eltern haben das weitergeführt was schon immer war und sie sind auch nicht anders behandelt worden. Kinderarbeit war bei uns normal, man musste am Hof ständig mitarbeiten, für Schularbeiten blieb nur die halbe Stunde vor dem Zubettgehen übrig, zum Glück war man damals noch nicht durch TV und andere Gelegenheiten abgelenkt.

In den Ferien war Heuernte, Getreideernte angesagt, es wurde damals noch viel ohne den technischen Fortschritt wie Heumaschinen u. Mähdrescher abgearbeitet.

Wir Kinder hatten alle tägliche Pflichten zu erfüllen, ich musste für die Hühner und Schweine sorgen - was Urlaub bedeutet, war uns nicht bekannt.

Selbst vom Lehrer und vom Pfarrer bekamen wir wenn wir etwas gemacht haben, das für schlecht angesehen wurde, kräftig die Hucke voll, obwohl der Pfarrer stets viel von christlicher Nächstenlieben gesprochen hat. Unser Lehrer hat, wenn jemand den Unterricht gestört hat, seinen prallen Schlüsselbund in Richtung Störer geschmissen, er war ein mieser Werfer, er traf meistens den Falschen Schüler, heute würden solche Lehrer suspendiert und abgestraft.

Als wir 14 J alt waren sind wir aus der Schule gekommen. Uns hat niemand gefragt welchen Beruf wir erlernen wollten, unsere Eltern haben für uns eine Lehrstelle aufgetrieben und wir hatten dort anzutreten. Als wir die Lehre abgeschlossen hatten dauerte es nicht allzulange, dann ging es für 18 Monate zum Grundwehrdienst. Dort herrschte ein ähnlicher rauer Umgang, Wehrdienstverweigerung wurde damals noch mit Gefängnis bestraft. Unser Wehrsold war 3 DM pro Tag also 90 DM im Monat, kostenlose Bahnfahrten gab es damals für W18 nicht, also galt es sparsam zu sein.

Das Verhältnis Eltern zu Kindern war damals nicht auf einem solchen Schmusekurs wie heute - geachtet und respektiert haben wir die Eltern trotzdem. Für unsere Eltern und Schwiegereltern haben wir selbst die Altenpflege ohne murren übernommen, an Heimunterbringung dachten wir niemals, die Alten waren bei uns am Tisch integriert und hatten noch zu allem ihre eigene Meinung.

Auch das ist vorübergegangen. Wir hatten es noch nie so schön und so ruhig wie jetzt, hoffentlich bleibt das uns noch eine Weile erhalten, jetzt sind wir selbst weit über die 70.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Ich finde es vollkommen verständlich, dass du sie nicht liebst.