Ludwig Feuerbach Gegenkritik der Christen?

6 Antworten

Nichts Neues unter der Sonne - schon Xenophanes hat etwas Ähnliches gesagt

Wenn die Pferde Götter hätten, sähen sie wie Pferde aus.

Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Xenophanes#Bedeutung,_Lehre,_Wirkung

Ich würde mir gern mal anschauen, was Feuerbach dazu sagt, dass die Ägypter sich viele ihrer Götter mit Tierköpfen vorgestellt haben.

Aber auch - und gerade - vom christlichen Standpunkt her hat er in einem Sinne vollkommen recht: in der Psychologie ist bekannt, dass der Mensch auf andere Personen und auch Gegenstände seine eigenen Vorstellungen projiziert. Übertragen auf das Gottesbild kann es sich natürlich um ein Idealbild im üblichen Sinne handeln, aber auch um eine Art Über-Polizist oder Über-Pädagogen, der nur darauf wartet, dass jemand einen Fehler macht, um seine sadistische Ader ausleben zu können.

Feuerbachs Argument ist ganz leicht zu widerlegen, denn viele Jahrhunderte vor ihm hat es Anselm von Canterbury schon gemacht (vielleicht hat er ihn nicht zur Kenntnis oder nicht ernst genommen):

Wenn Gott nur ein Gedanke (eine Projektion) ist, dann ist er ja gerade nicht Gott, nämlich das Grösste, was man sich überhaupt denken kann. Also: Feuerbachs These ist in sich widersprüchlich, es sei denn wir gehen davon aus, dass die ganze Welt aus nichts als Gedanken bestehe. Beispiel: Wenn mein Hund zum Fressnapf läuft, dann hat er nicht wirklich Hunger, sondern ich bilde mir das nur ein oder projiziere dieses Bedürfnis auf ihn. Kein Mensch, behaupte ich, würde jemals so etwas denken, es sei denn er/sie hätte den Bezug zur Realität völlig verloren.

Lacrimis27  04.05.2020, 02:00

Kein Mensch würde sowas denken? Alle Geisteslehre beruhen auf diese Philosophie! Die hermetik ist über 10.000 Jahre alt und es finden sich Bruchstücke oder teils komplett übernommene Teile davon in allen esoterischen Schulen welche über die Jahrtausende entsprangen... Und schon weit vorher, auch stark psychedelische Substanzen kommen zu ähnliche Schlüsse beim egotot man kann also davon ausgehen das dieses Weltbild bereits in der Steinzeit begann und sich bis heute hält

Das Universum ist geistig im Geiste des All

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123rt  04.05.2020, 13:42

Was soll daran widersprüchlich sein, dann ist Gott eben nicht das Größte in dem man denken kann!

Außerdem gab es schon vor der Reiligiin Menschen, die haben auch ohne irgendwelche Götter überlebt.

Denn ohne die Projektion des Menschen hätte es niemals Gott in unserer Welt geben können, weil niemamd an ihn geglaubt hätte

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PWolff  04.05.2020, 13:54
@123rt

Wenn es tatsächlich einen Schöpfergott oder Schöpfergötter gibt, ist es keineswegs ausgeschlossen, dass die Menschen von Anfang an an diesen Gott bzw. diese Götter geglaubt hatten. Vgl. die Frage, ob wir in einer Simulation leben.

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yersiniapest185  04.05.2020, 13:52

Der von der angeführte Gottesbeweis gilt meines Wissens nach in der seriösen Philosophie als unsinnig. Nur weil man sich Gott nur als das Höchste vorstellen darf, ist seine Existenz noch nicht bewiesen. Bei diesem Beweis fehlt doch immer der letzte Schritt. Warum folgt aus dieser ,,richtigen" Vorstellung Gottes nun seine Existenz?

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PWolff  04.05.2020, 13:53

Wie schon Kant sagte, "hundert gedachte Taler sind nicht hundert wirkliche Taler".

Anselms Argument funktioniert nur (notwendige, aber nicht unbedingt hinreichende Bedingung), wenn Existenz in sich besser ist als Nichtexistenz (was damals anscheinend als gegeben hingenommen wurde).

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emilia32  04.05.2020, 13:56
@PWolff

Thomas von Aquin hat Anselms Argument zunächst auch abgelehnt. Ich kenne sein Werk zuwenig, um zu wissen, ob er ein besseres gefunden hat. Wissen Sie mehr darüber?

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PWolff  04.05.2020, 14:05
@emilia32

(Bleiben wir beim Du, wie in Internet-Foren üblich)

Nein, leider weiß ich nichts Näheres dazu. Aber zu den verschiedenen "Gottesbeweisen" ist schon mehr als genug geschrieben worden.

(Der jüngste "ontologische" Gottesbeweis, von dem ich bisher gehört habe, stammt vom österreichischen Mathematiker Kurt Gödel. Andere Mathematiker haben ihn überprüft und für stichhaltig befunden. - Natürlich ist er nicht voraussetzungslos, aber als Mathematiker der Neuzeit erwähnt Gödel diese Annahmen explizit, im Gegensatz zu den Scholastikern.)

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emilia32  04.05.2020, 14:13
@PWolff

Wow! Danke! Ich werde mich über Gödel kundig machen. Dankeschön!!

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Er sieht es so, dass sich der Mensch Gott nach seinen Bilde erschafft. Er projeziert damit sein Verlangen auf Gott.

Eduard von Hartmann hat darauf geantwortet:

"Nun, es ist ganz richtig, dass darum etwas noch nicht existiert, weil man es wünscht; aber es ist nicht richtig, dass darum etwas nicht existieren könne, weil man es wünscht [...]

Wenn die Götter Wunschwesen sind, so folgt daraus für ihre Existenz oder Nichtexistenz gar nichts, sondern nur, dass man subjektiv prädisponiert sein könne, unwillkürlich auch auf unzulängliche Gründe hin das zu glauben, was man wünscht, und das deshalb in solchem Falle doppelte kritische Vorsicht bei der Prüfung aller Gründe und Gegengründe von Nöten sei."

E.v.Hartmann, Geschichte der Metaphysik 1899/1900

Ich kenne diesen Mann nicht, aber als Christ brauche ich das auch nicht, denn ich kenne meinen Schöpfer. Jeder Mensch, jedes Knie, wird sich Ihm beugen müssen

Denn es steht geschrieben: “So wahr ich lebe, spricht der Herr, mir soll sich jedes Knie beugen, und jede Zunge soll Gott bekennen”.

ROEMERS 14:11

Er sieht es so, dass sich der Mensch Gott nach seinen Bilde erschafft.

Das denke ich nicht. Viele von den ersten Christen sind verfolgt worden, sie hatten kein Interesse, sich Gott einfach auszudenken.

666Phoenix  04.05.2020, 08:44

Sie wären nicht verfolgt worden, hätten sie ihn sich nicht "ausgedacht"!

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PWolff  04.05.2020, 13:37
@666Phoenix

Wenn sie sich etwas ausgedacht haben, dann etwas, das von der etablierten Gottesvorstellung erheblich abwich. Und wenn nach dem Bilde des Menschen, dann nicht so sehr in Richtung des Menschen, wie er ist, sondern in dem Bilde, wie er - nach dem, was Nietzsche später "Sklavenmoral" nennen würde - sein sollte.

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666Phoenix  04.05.2020, 14:36
@PWolff

Zunächst wurden sie von den Römern (siehe die ursprüngliche Mission des Paulus) nicht wegen der abweichenden Lesart ihrer Glaubensvorstellungen verfolgt, sondern weil sie überhaupt mit ihrem Monotheismus gegen die Vielgötterei der Römer aufbegehrten. Dass den Römern das dann im 4. Jhdt. sehr gefiel und die Christen eigentlich erst durch die Römer zu einer Weltglaubensgemeinschaft avancierten konnten, gehört zu den Eulenspiegeleien der Geschichte!

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PWolff  04.05.2020, 14:47
@666Phoenix

Was spricht gegen die überlieferten Berichte, dass das Christentum - wie auch einige andere Sekten des Judentums - zunächst von der offiziellen Religion verfolgt wurden, während den Römer kleine, von religiösen Spinnern geleitete Splittergruppen völlig egal waren, solange sie keine Waffen trugen und nicht zu zivilem Ungehorsam aufriefen?

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666Phoenix  04.05.2020, 15:09
@PWolff

Ja, auch andere Glaubensrichtungen machten das, was das Christentum dann praktizierte: Verfolgung Anders-und Nichtglaubender!

Den Römern, glaube ich, waren kleine religiöse Splittergruppen nur egal, wenn sie ihre Ordnung nicht gefährdeten. Man bedenke, dass es viele römische Provinzen gab, die weit entfernt von Rom lagen und deren Kontrolle nicht immer gewährleistet war! Eine der Ursachen für den Niedergang des Römischen Reiches.

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