Legerit et nolit rescribere? Unklare Konjunktive in Ovids ars amatoria?
Salvete liebe Lateiner,
In der Hoffnung, dass es in einer speziellen Frage nicht verschwindet...
Zwei Verse aus Ovid AA:
,,Legerit et nolit rescribere? Cogere noli"
und
,,Pessima sit, nulli non sua forma placet"
Hat irgendjemand eine Idee oder einen schlagkräftigen Beweis, ob legerit, nolit und sit Potentialis sein können? Ich bin mir quasi 90 pro sicher, dass das konzessive Optative sind, find es aber unlogisch, dass ein Schulbuch das dann reinnehmen würde, wenn die garnicht in der Grammatik dabei sind!? Außerdem stört da dann das Fragezeichen. Ich denk iwie über Potentialis nach, aber warum dann einmal Perfekt (legerit) und dann Präs.?? Verszwang?
Falls einer das weiß, echt vielen, vielen Dank
1 Antwort
Hallo,
zu legerit:
Legerit ist Konjunktiv Perfekt und kommt deswegen als Potentialis nicht in Frage.
Möglich ist der als erfüllbar gedachte Optativ oder ein konzessiver Konjunktiv:
Mag sie es immerhin gelesen haben und sie will nicht zurückschreiben?
Der Potentialis der Vergangenheit ist Konjunktiv Imperfekt. Dann müßte da legeret stehen, nicht legerit.
Herzliche Grüße,
Willy
Wenn die Aussage zeitstufenlos ist, kann der Potentialis der Gegenwart auch durch den Konjunktiv Perfekt ausgedrückt werden. Das geht.
Dann könntest Du ganz einfach übersetzen: Liest sie es und will nicht zurückschreiben?
Dann drücke ich aber den Konjunktiv doch garnicht aus?
Aber so ganz direkt würden diese beiden Üs (auch wegen/ trotz des Fragezeichens nach rescribere) stimmen?
Könnte/sollte sie (wohl) lesen und nicht zurückschreiben wollen? Zwing sie nicht!
Und
Mag sie auch gelesen haben und nicht zurückschreiben wollen? Zwing sie nicht!
Sie hat es gelesen und will nicht zurückschreiben? geht auch.
Das Lateinische benutzt den Konjunktiv häufiger als das Deutsche. Du kannst ihn oft mit einem Indikativ übersetzen, mußt es manchmal sogar.
Hier sieht die Sache ja so aus: Der Schreiber weiß nicht hundertprozentig, ob die Angebetete sein Schreiben gelesen hat, nimmt es aber als sehr wahrscheinlich an.
Daher paßt ein konzessiver Konjunktiv auch ganz gut, bei dem es um eine Annahme geht: Angenommen, sie hat es gelesen, will aber nicht antworten? Das ist ja der Sinn der Sache. Hier würde das Wort angenommen den lateinischen Konjunktiv ausdrücken, obwohl sie hat es gelesen ein Indikativ ist. Eigentlich übersetzt man nicht aus dem Lateinischen ins Deutsche, sondern überträgt eher. Die beiden Sprachen haben so unterschiedliche Strukturen, daß sich wortwörtliche Übersetzungen so gut wie immer verbieten. Es geht mehr darum, den Sinn des Originals zu erfassen mit seinen Nebenbedeutungen und diese möglichst verlustfrei im Deutschen wiederzugeben.
Ja, das mit dem angenommen macht Sinn. Mich stört nur das Fragezeichen ein bisschen, aber da sind die eher schuld.
Das mit übertragen übersetzen ist klar, mich ärgert es nur immer. Ich versuche das immer echt richtig wörtlich, weil ich dann einfach im sicheren Boot sitz...
Der Originaltext hatte keine Satzzeichen. Die wurden später von den Herausgebern hinzugefügt für die bessere Lesbarkeit.
Der Fluch des Schülerseins. Ich habe seit über 40 Jahren das Abitur und kann lateinische Texte nach Lust und Laune übersetzen. Ich halte mich an den Grundsatz: So wörtlich wie nötig, so frei wie möglich.
Ich studiere das um ehrlich zu sein...
Aber den Satz kenne ich von meinem Lateinleher, den ich 5 Jahre hatte.
wollte ich sagen... hab das ,,Buchautoren" vergessen. ,,da sind die BUCHAUTOREN ehet schuld.
Danke, das rettet mir grad mein Leben gefühlt... aber ich dachte Potentialis kann in der Gegenwart durch Kon. Präs und Perf. ausgedrückt werden? Also im Sinne von ,,könnte/ sollte sie (wohl) lesen und nicht zurückschreiben wollen"