Könnte es sein, dass alle Menschen "bi" sind?

18 Antworten

Nein, da es Homosexuelle aus/in JEDER Religion und Kultur/Gesellschaft gibt, schließe ich mal kategorisch aus, dass das etwas mit dem "Glauben" oder "der Gesellschaft" zu tun hat. Noch dazu, wo Kinder (sagen wir mal einschränkend bis 9-10 Jahre) weder mit Kirche, sozialen Umgangsformen im tieferen Sinne noch mit Sexualität wirklich etwas anfangen können - sie sind einfach nur gute Nachahmer (Stichwort: Modell-Lernen) und schauen sich eben Vieles bei Eltern, Peer-Groups usw. ab. Das heißt aber nicht, dass sie deswegen immer verstehen, was sie tun... oder gar: warum.

Du solltest hierbei auch unterscheiden zwischen "biologischer Fortpflanzung", "Sex aus Lust...", "... bzw. Liebe" - alle erst mal als "gebürtig bisexuell" darzustellen kommt mir unsicher-verallgemeinernd vor, weil man es nicht besser weiß - sonst nix ;-)

ich würde die Theorie in leicht abgewandelter Form unterstützen.

Daher zunächst: wie entsteht sexualität: entsprechend unserer Chomosomensätze wird unser Gehirn in der Entwicklung in mehreren Phasen entweder weiblich oder männlich programmiert. Es gibt Regionen im Gehirn, die bestimmen, ob wir eher männlich oder weiblich auftreten, oder ob wir auf Männer oder Frauen stehen. Wie eine lange Reihe von Schaltern, die entweder auf Männlich oder weiblich gestellt sind.

Allerdings funktioniert die Natur nicht immer nach Plan. Es kommt immer wieder dazu, dass einzelne Schalter „vertauscht“ werden. Dadurch erklärt sich, warum manche Männer vielleicht sehr weiblich und zerbrechlich wirken, aber dennoch auf Frauen stehen, oder warum es Schwule gibt, die ein übermäßig Männliches Auftreten zeigen und welche, die schon sehr weiblich/tuntig auftreten.

Jetzt die Frage: Was versteht man unter „Bi“? Ganz trivial ist jemand bi, wenn er sowohl auf Männer wie auf Frauen gleichermaßen steht. So trivial ist die Natur nur leider nicht. Wenn man in die Hirnforschung schaut, gibt es zwei zentren, die die sexuelle Anziehung bestimmen. Eines, um auf Männer zu stehen, eines um auf Frauen zu stehen. Bei Frauen ist das ehr ausgeprägt, was auf dafür sorgt, dass die Frau auf Männer steht und bei Männern ist es umgedreht. Man hat durchaus herausgefunden, dass es sich bei Schwulen und Lesben anders verhält, also dass bei schwulen Männern der Teil, der eigentlich auf Frauen stehen sollte weniger stark entwickelt oder ausgeprägt ist, wie bei hetero-Männern, dafür ist aber der Bereich für ausgeprägt, der auf Männer steht. Ist ja logisch – das sind eben diese besagten „vorprogrammierten Schalter im Gehirn“.

Das sind aber nur die "Reinformen". Dazwischen gibt es eine große Vielzahl an Kombinationen. Es gibt also auch Männer, die sehr stark auf Männer stehen (sagen wir, der Schalter liegt zu 100% auf Männer) aber gleichzeitig auch ein ausgeprägtes Empfinden für Frauen haben (sagen wir 60 %). Was ist er dann, stark schwul mit einem Hang zu bi?

Und wir reden hier nur von dem Zentrum im Gehirn, dass darüber entscheidet, was wir attraktiv finden. Es gibt, wie gesagt, weitere Zentren die zu einem gewissen grad bestimmen, ob wir ein klassisches weibliches oder männliches auftreten haben, etc. Das heißt, es gibt eine riesige Vielzahl an sexuellen Identitäten, die durch unser Gehirn bereits vorprogrammiert sind. Darauf haben wir dann keinen Einfluss, das wird uns in die Wiege gelegt.

Und erst danach kommt der Einfluss, den Gesellschaft, Erziehung, Sozialisation und Bildung auf uns haben. Wenn man einen großen Teil in sich hat, der beispielsweise auf Männer steht, aber auch einen ähnlich großen Teil, der eher auf Frauen steht, dann kann ich mir schon vorstellen, dass man den Schwulen Teil eher verdrängt und sich auf die klassische Hetero-Rolle beschränkt, um gut ins gesellschaftliche Bild zu passen und um allen Erwartungen zu entsprechen.

Unsere Sexualität ist also etwas sehr einzigartiges, auch wenn es gerne in die drei Schubladen homo/hetro/bi gepackt wird. Zusätzlich zu diesem Einzigartigem, was uns von Natur aus gegeben ist, kommt unser eigener Wille, also die Art und Weise, wie wir auf diese Impulse, die uns unser Körper sendet umgehen. Also spüre ich als Mann zwar, dass ich auf ein weniger mehr auf Männer stehe als auf Frauen, und lebe aber trotzdem lieber ein heterosexuelles Leben, weil ich mir etwas anderes nicht traue? Hier hat die Gesellschaft und die eigenen Lebenserfahrung einen großen Einfluss. Daher erklärt sich auch, warum manche Menschen erst so spät in ihrem Leben zu ihrer Sexualität stehen – sie ist nun mal nicht so eindeutig und trivial wie die bipolare Einteilung in Mann/Frau.

Um also deine Frage zu beantworten: Ja - ich denke, dass es einen kleinen Teil von Menschen gibt, die zumindest in kleinem Maße bereits bisexuell veranlagt sind, wobei sich das je Mensch sehr unterschiedlich ausprägen kann. Von diesen denke ich, werden viele sich eher an gesellschaftliche Normen halten, also sich nicht wirklich mit allen Seiten ihrer Sexualität auseinanderzusetzen. Jedoch pauschal zu sagen: alle sind bisexuell - das halte ich für falsch - es gibt definitiv den größeren Anteil von Menschen, die wirklich nur "heterosexuell programmiert“ und einen kleinen Anteil von Menschen, die „homosexuell programmiert“ sind und bei denen auch Erziehung nichts daran ändern würde. Dann gibt es aber auch einen Teil Menschen, die in irgendeiner Kombination auf beide Geschlechter programmiert sind.

Also: Religion und Gesellschaft sorgen dafür, wie wir uns mit unserer Sexualität auseinandersetzen. Aber die Sexualität selbst - darauf hat der Mensch keinen Einfluss. Er kann sich nur entscheiden, wie er damit umgehen kann/möchte/darf.

Zaladine  28.11.2013, 18:21

Sehr sehr spannend zu lesen. Danke dass du dir die Mühe gemacht hast das so ausführlich zu beantworten

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ja  genau so ist es alle Menschen sind Bi und jeder der es zuläßt und unvoreingenommen an die Sache heran geht hat somit viel mehr Möglichkeiten,

in der Bibel heißt es auch liebe Deinen Nächsten wie Dich selber , und da steht nicht weiblich oder männlich

und ich persönlich habe es erlebt das man als Mann auch andere Männer lieben kann wenn man es zuläßt

Sex ist nicht auf ein Geschlecht fixiert sondern mit allen Geschlechtern möglich

" Ist das nicht seltsam? "

Nein - viele heterosexuelle haben gleichgeschlechtliche Erfahrungne gesammelt; bei der Sexualität ist es eben nicht so das es ganz strikt entweder oder ist; auch muss man sich der eigenen Sexualität erst bewusst werden bzw selbige sich entwickeln. Gerade in der Pupertät ist da eine recht starke Findungsphase mit vielen Fragen

Wie genau welche sexuelle orientierung entsteht weiß man noch nicht genau; man vermutet wie so oft eine Mischung aus genetischen und entwicklungstechnischen Faktoren. Das da alle zu einer gewissen Sexualität gedrängt werden ist nicht unbedingt so: auch wenn man sich da manche recht isolierten oder ursprünglichen Kulturen ansieht die da recht offen umgehen wird man feststellen, dass es da durchaus Präferenzen gibt. Aber ggf wird es da eindeutig das es diese künstliche masssive Grenze wie manche sie gerne hätten so nicht gibt Natürlich werden auch hier Personen geprägt durch das Umfeld und die Umwelt - das ist gar nicht anders möglich; aber wie gesagt: wie eine sexuelle Orientierung genau entseht weiß man noch nicht

00fra  25.08.2013, 23:39

In den aktuellen Studien konnte kein "homosexuelles Gen" nachgewiesen werden.

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kayo1548  26.08.2013, 18:13
@00fra

Wenn es nachgewiesen worden wäre wüsste man es ja - Genau weil man das nicht weiß vermutet man es ;)

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Na ja, Freud hat dies nicht behauptet. Er hat dies als eine Annahme formuliert (in Rückgriff auf eine zusammenfassende biologisch motivierte Annahme von Fliess). Die Idee als solche ist schon sehr alt, wurde bereits vielfach diskutiert und auch kulturell gelebt (zB im antiken Griechenland oder auch im feudalen Japan).

Freud selbst sah dies als eine biologische Determinante, er ging grundsätzlich aber von einer Heterosexualität als Ergebnis einer vollständig und abschließenden Sexualentwicklung aus (was bei ihm nichts mit Gehirnwäsche zu tun hat). Nicht zuletzt wurde homosexuellen Praktiken innerhalb der Psychoanalyse lange ein Störungscharakter, was durch eine Analyse zu überwinden sei, zugeschrieben (und schon früh sehr kontrovers diskutiert).